Mittwoch, der 30. April 1975

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Mittwoch, 30. April 1975

Beim Besuch von Ausch, den ich die Begründung Abberufung vom
Aufsichtsrat der Tauernkraftwerke geben mußte, fiel mir als zweites
Gesprächsthema ein, ihn zu fragen, was er von einer Gesamtausgabe
Otto Bauers sämtlicher Bücher, Artikel im Kampf und Arbeiterzeitungs-
artikel hält. Dadurch sprach ich nicht nur allein über das so
unangenehme Thema, ihn als 82 Jährigen, der noch geistig sehr
rüstig ist, doch auseinandersetzen zu müssen, daß eben jüngere Leute
in alle Positionen schön langsam nachrücken. Ich erklärte ihm, daß
vor allem diese Entscheidung gar nichts mit seinem jetzt von ihm
als Lebensaufgabe betrachteten Kampf gegen die hohen Lohnforderungen
der Gewerkschaften, zu tun hatte. Natürlich kamen wir auch auf dieses
Thema zu sprechen. Er glaubt nach wie vor, daß der einzige Grund
der inflationären Entwicklung, die er für äußerst schädlich hält,
die überhöhten Lohnforderungen sind. Sicherlich gibt es hier sach-
liche Gründe die ihm dazu veranlassen, aber ich habe doch ein wenig
den Eindruck, da es sich hier um Altersstarrsinn handelt. Dann
helfe eigentlich nur das Motto ehre die Alten, aber lasse sie nicht
reden. Dies ist Gott sei Dank in der Demokratie nicht möglich und
so wird er immer wieder sein mahnendes Wort gegen die erhöhten Lohn-
forderungen der Gewerkschaften erheben. Wichtiger war aber für mich
sein Ausspruch, bei den Tauernkraftwerken gibt es keinen Nachfolger
von Nyvelt.

Das Gespräch mit Bandhauer am Abend in der Verbundgesellschaft,
daß Bandhauer vor allem wünschte, bezog sich aber genau auch auf
diesem Punkt. Bandhauer möchte unter allen Umständen, daß Perl,
derzeit in der Verbund für Verträge, Tarife und Lastverteiler zu-
ständig, Nyvelts Nachfolger wird. Sowohl Gehart als auch ich, waren
auf diesem Wunsche Bandhauers vorbereitet, da er bereits einige male
versuchte Perl als ehemaligen Betriebsrat und sicherlich guten
Organisator, in eine bessere Position zu bringen. Für mich ergibt
sich aber die Frage ob er wirklich der optimal beste Mann ist.
Bandhauer gab zu, daß Fazokas, der derzeitige Betriebsdirektor und
ehemaliger Bürgermeister von Kaprun, der wesentlich beste Mann wäre.
Dieser will aber nicht. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates Vize-
bürgermeister Bock, ist übrigens genau derselben Meinung und wird
deshalb mit Fazokas persönlich einmal sprechen. Als Zweiten muß


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Bandhauer zugeben, käme dann der jetzige Assistent Draukraftwerken,
Dr. Gmeinhart, in Frage. Erst an dritter Stelle rangiert, selbst nach
Bandhauer, der ein guter Freund von Perl ist, dieser. Meine Anfrage,
was er von Edwin hält, der derzeit in Aachen ein betriebswirtschaft-
liches Institut auf der Universität führt, wurde von ihm wegen der
menschlichen Führungsmängel, die Edwin hat, sehr skeptisch beurteilt.
Ich habe keinerlei Entscheidungen bis jetzt getroffen, und erklärte
rundwegs, daß vor dem Oktober unter gar keinen Umständen von mir
eine Entscheidung oder auch nur eine endgültige Meinung zu hören
ist.

Bandhauer erwähnte dann, daß die Illwerkeabtretung von Anteilen
an das Land nur mehr durch Initiativantrag im Parlament zeitge-
recht erledigt sein könnte. Er gibt aber zu, es würde auch genügen,
wenn der Finanzminister die Einrede der Verjährung verzichten
könnte, wodurch die Ansprüche des Landes gewahrt werden, Ansonsten
müsse Landesrat Mandl im August das Schiedsgericht anrufen. Im
Syndikatsvertragsentwurf von Mandl ist sehr positiv die Forderung,
der 4. Punkt, daß nichts gegen die Illwerke durchgesetzt werden soll
was nicht ebenfalls die deutschen Partner dann zu bezahlen hätten.
Wenn also eine Forderung erhoben wird und sich dann herausstellt,
daß die Deutschen dies nicht bezahlen, dann wird diese Forderung
von den Landesvertretern fallengelassen.

Die Verhandlungen der Verbund wegen Abtretung der ÖDK-Anteile an die
Kelag werden jetzt auf meinen Wunsch aufgenommen und so hoffe ich,
endgültig finalisiert. Bei der ÖDK gibt es nun eine neue Schwierigkeit,
weil der Volksparteimann Kern als Aufsichtsrat seinerzeit bei der
Bestellung Dichtls weggegangen ist, ohne eine Ermächtigung der ÖVP
für seine Stimme zu geben, wodurch nach Auffassung Kerns eine dem
Gesetz entsprechende Mehrheit zustande gekommen ist. Bandhauer wird
aber jetzt nicht diesen Rechtsstreit von der Verbundgesellschaft aus-
lösen, sondern eben unter Darlegung des Sachverhaltes, den Register-
richter es überlassen, ob er Dichtl als Vorstandsdirektor registriert
oder nicht.

Bei der Überreichung des Staatswappen an die Firma Pischl-Loden
bedankte sich der Inhaber insbesondere über die Studie, die wir
mitfinanzierten und die ihm eine gute Grundlage auch für die Koope-
ration, die er mit anderen Firmen jetzt ohne Vertrag de facto prak-


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tiziert. Pischl beschwerte sich nur, daß im Wahlkampf die SPÖ
in Tirol in der Dokumentation sich sehr gegen die Unternehmer
wendet und meinte ich sollte hier eingreifen. Ich erklärte sofort
meine Unzuständigkeit und wies darauf hin, daß die Wahlkampfmethode
der ÖVP auch nicht gerade ausschließlich von Wohlwollen getragen
sei. Pischl mußte zugeben, daß in den Dokumenten und Wahlkampf-
mittel der Sozialisten in Tirol nicht Falsches behauptet wird, sonder
nur eine harte Formulierung gebraucht wird. Wenn man sich da die
ÖVP-Wahlkampfmethode und Aussagen hernimmt, ist wahrscheinlich
zumindestens ein Gleichziehen festzustellen.

Typisch dafür ist, daß z.B. die Firma Hauenstein, Holz-Her wegen
betrieblicher Schwierigkeiten bei mir vorspricht und sich u.a.
auch deshalb beschwert, daß die öffentliche Meinung auf so ne-
gative Weise beeinflußt wird, daß jetzt Schwierigkeiten bei
den Firmen schön langsam entstehen. Nach Auffassung der Firma sind
nämlich die Voraussetzungen für ein derartiges Krisengejammer
gar nicht gegeben. Ich konnte mir nicht verkneifen auf die Schreib-
weise der Presse und des Kuriers, die doch immerhin von Unternehmer-
organisationen mitfinanziert werden, hinzuweisen. Sicherlich hat
es bis jetzt viele Firmen gegeben, denen es wenig ausmachte, wenn
auch auf nicht gerade objektiver Weise die Zeitungen gegen die
Regierung polemisierten. Jetzt wo es sie zu spüren bekommen, wollen
sie natürlich, daß ich das ändern soll. Dr. Reim und das Branchen-
referat wird sich um die Firma kümmern und entsprechend versuchen
einen 10 Millionen Schilling Betriebsmittelkredit irgendwo aufzu-
treiben.

Bundesrat Steindl, der Zentralsekretär Ing. Ettl und vom Gewerk-
schaftsbund zuständige Wirtschaftsreferent sprachen wegen der
schlechten Situation in der Textilindustrie bei mir vor.Insbesondere
wurde das Problem der Strumpfhosenimporte neuerdings diskutiert.
Statt der vorgesehenen 9.6 Millionen werden 12.8 Millionen herein-
kommen, weil die Handelskammer immer wieder Newcomer-Kontingente
gibt. Dadurch wird die Selbstbeschränkung schön langsam zur Farce.
MR Steiger warnte aber ein weitergehendes Mittel, oder gar viel-
leicht eine Entliberalisierung zu versuchen. Hier würden wir nicht
nur auf stärksten Widerstand stoßen, sondern es könnten sich auch
unabsehbare Retorsionsmaßnahmen von der EFTA und noch vielmehr von
den europäischen Gemeinschaften ergeben. Ich ersuchte dies genau
zu prüfen und schlug vor allem vor, daß MR Hillebrandt jetzt alle


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Teilnehmer wieder zu sich bittet und eine Verschärfung der
Selbstbeschränkung und besseren Kontrolle verhandeln soll.

ANMERKUNG für WANKE: Wenn die Sekt. II zu keiner endgültigen
zweckmäßigeren Lösung kommen kann, muß man vielleicht in der
Grundsatzgruppe dieses Problem neuerdings besprechen.

Die Maikundgebung in Stockerau war für mich sehr beeindruckend,
weil immerhin 3000 bis 4000 Menschen am Fackelzug und der an-
schließenden Demonstration teilnahmen. Der Bürgermeister Land-
tagsabgeordnete Blabolil, der mit meinen Ausführungen sehr zufrieden
war, vermerkte mit Stolz, daß ich schon sehr oft in Stockerau gewe-
sen bin. Er setzte sich auch dann noch stundenlang im Gasthaus mit
mir zusammen um Wünsche von Stockerau zu besprechen. Das wichtigste
wäre ihm, daß für das Bad, wo sie 22 Millionen präliminiert haben
und welches jetzt 30 Millionen kostet, sie einen billigen Kredit
bekommen sollten. 80% der Besucher sind aus Wien, leider haben sie
nur 11.000 Übernachtungen, davon 4.000 Ausländer. Ich glaube kaum
daß man ihm dafür einen Fremdenverkehrskredit geben kann.

ANMERKUNG für GEHART: Bitte versuche mit Würzl eine Lösung zu
finden.

Das Lustigste war aber die offene Bemerkung vom Bürgermeister,
der allen Ernstes glaubte ich hätte Heindl deshalb in den National-
rat geschickt, damit ich ihm als Konkurrenten los werde. Er war
sehr verwundert zu erfahren, daß ich dies aus genau dem gegenteili-
gen Grund gemacht habe. Als ich Heindl beim Maiaufmarsch dies er-
zählte, stellten wir beide belustigend fest, daß diese Variation
wir noch niemals von jemand gehört hatten.

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Tagesprogramm, 30.4.1975

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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    Tätigkeit: GD Tauernkraftwerke


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      Tätigkeit: Wiener Stadtrat und Vizebgm., SPÖ


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        Tätigkeit: kfm. Dir. ÖDK


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          GND ID: 12195126X


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              Tätigkeit: Landesstatthalter Vbg.


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                Tätigkeit: GD Verbund


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                    Tätigkeit: Beamter HM


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                        Tätigkeit: ZS Textilgewerkschaft


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                            Tätigkeit: Dir. TKW


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                              Tätigkeit: SPÖ-BR-Abg., NÖ; Obmann Textilarbeitergewerkschaft


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                                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
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