Sonntag, 13. April 1975
Da es die Strassenverhältnisse zuliessen, fuhr ich dann doch
nach Serfaus zum Symposium über Interdesign. Dort hat eine Gruppe
von 15 ausländischen Architekten und sonstigen Fachleuten und
5 Österreichern zwei Gebiete sich vorgenommen. Das eine ist die
Bergsicherung und das andere ist, die Dorfgestaltung von Serfaus.
Landesrat Bassetti, mit dem ich auch über dieses Problem sprach, ist
sehr pessimistisch. Er glaubt, dass hier gar nichts anderes geschieht
als dass man eben 20 Leuten durch Unterstützung von Firmen aber letzten
Endes auch vom Land und ich glaube auch wir vom Bund haben 100.000 S
dazu gegeben, mehr oder minder einen Urlaub gestalten lassen. Ich
war aber bei dem Besuch eigentlich angenehm enttäuscht. Natürlich
wird auch ein wenig Ski gefahren, aber man wird doch aus den Ergebnis-
sen sehen, dass sich die Leute den Kopf zerbrochen haben und ganz
gute Vorschläge machen. Was ich nur befürchte ist, dass sie überhaupt
nicht Rücksicht nehmen, welche finanziellen Möglichkeiten Serfaus hat.
Die Vorschläge gehen garantiert ins Gigantische. Die Gemeinde aber
muss die Wasserleitung wesentlich verstärken, weil einmal 850 Men-
schen dort wohnen, während in der Hochsaison 4.000 mit Wasser versorgt
werden müssen. Ausserdem muss für die Viehgenossenschaft auf der
Alm, wo sich Skizirkusse befinden, ähnlich wie am Arlberg nur halt
natürlich in einem kleinen Gebiet, ein Gemeinschaftsstall errichtet
werden. Diese beiden Mittel, die zusätzlich jetzt notwendig sind,
erschöpfen das Gemeindebudget. Wie man dann für die an und für sich
interessanten und richtigen Projekte noch Geld auftreiben kann, ist
jetzt unklar. Ich habe ihnen keinerlei konkrete Zusage gemacht,
obwohl ich überzeugt bin, dass Würzl alles daransetzen wird, um
diese experimentierfreudige Gemeinde zu unterstützen. Dass man in
der Gemeinde nicht mit dem Wagen fahren darf, halte ich für richtig,
dass man aber deshalb gleich eine Parkgarage bauen muss, die nicht
nur irrsinnig viel kostet sondern auch in Betrieb dann nachher noch
erhalten werden muss, wie die Planer vorschlagen werden, halte ich
schon nicht mehr für sie notwendig. Westreicher hat glaube ich eine
gute Bemerkung gemacht, als er den Wissenschaftler und Architekten
gegenüber meinte, sie könnten nicht nur für den Gast interessante
Einrichtungen schaffen wie Wanderwege, Kinderspielplätze, Erhaltung
alter Bauernhäuser und Dorfzentren sondern müssten auch daran denken,
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dass dies alles viel Geld kostet und eigentlich nur indirekt dazu
führt, den Gast an Serfaus zu binden.
Eine Aussprache mit dem Gemeinderat ergab, dass die Unternehmer, die
unheimlich viel dort investiert haben, daher eigentlich einen unge-
heuren Wert besitzen, sich wegen der Nachfolge grosse Sorge machen.
Angeblich sind ihre Kinder gar nicht mehr bereit, diese Arbeits-
aufwendungen, die zur Führung der Betriebe notwendig sind, zu er-
bringen. Dies glaube ich nicht ganz, weil letzten Endes natürlich
jeder, wenn er dann den Wert tatsächlich verwalten kann, daran Freude
haben wird. Das Hauptproblem wird nur, wie lange es dauert, bis er
endgültig in den Besitz des Erbes seines Vaters kommt. In der Zwischen-
zeit muss er Jahre ja sogar wahrscheinlich Jahrzehnte lang als Mit-
arbeiter sicherlich länger als 8 Stunden im Tag tätig sind . Da jeder
ausserdem ununterbrochen verbessert, vergrössert, d.h. bis jetzt in-
vestiert hat, wachsen natürlich auch die Belastungen. Die Ertragslage
hat sich, wie mir ein Hotelbesitzer an einem Beispiel aus der Buch-
haltung konkret darlegte, gerade in der letzten Zeit verschlechtert.
Ich versprach ihm die Unterlagen von Würzl genau prüfen zu lassen
und ihn zu benachrichtigen.
ANMERKUNG FÜR WÜRZL: Bitte überprüfen lassen.
Auf der Heimfahrt hörte ich dann über den grossen Erfolg von Fritz
Mayer, Bürgermeister von Bregenz, bei den Gemeinderatswahlen. Dass
er 51 % der Stimmen bekommt, hätte ich niemals für möglich gehalten.
Damit ist seine Tätigkeit für die nächsten 5 Jahre gesichert, wes-
halb er jetzt als Nachfolger von Nyvelt, öst. Tauernkraftwerke
ausscheidet. Darüber bin ich zwar nicht sehr glücklich, weil er als
ausgesprochener Fachmann sicherlich auch der richtige Nachfolger
Nyvelts gewesen wäre, der auch die notwendigen politischen Vor-
aussetzungen und Verständnis mitbringt, andererseits aber freue ich
mich mit ihm, dass ihm tatsächlich ein solches unmögliches Resultat
möglich zu machen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Erkundige Dich, was jetzt die Fraktion über
die neue Situation denkt.