Dienstag, den 7. Jänner 1975
Landeshauptmannstellvertreter Frühbauer hat angerufen, weil
die Sektion V die Kärntner Landesregierung ermächtigt hat,
eine 110-KV-Leitung in Kärnten zu kommissionieren und zu ge-
nehmigen. Nach seiner Information hat die Sektion V jetzt die
Delegierung widerrufen, obwohl er schon mit 20. Jänner eine
Verhandlung ausgeschrieben hat. Ich habe ihm sofort, ohne die
Details zu kennen erklärt, daß die Kompetenz sicherlich bei
uns liegt und er meinte nur, seine Juristen sind anderer Mei-
nung. Ich versprach ihm mit Frank zu klären, wie wir eine
Lösung finden können. Frank hat mir dann eindeutig mitgeteilt,
daß sie Kärnten zuerst delegiert haben, weil dies eine saubere
Lösung sei. Kärnten hätte drauf erklärt sie hätten die Kompetenz,
worauf sie die Delegierung wieder zurückgenommen haben. Damit
würde der Rechtsstreit jetzt um die Kompetenz entfachen. Ich er-
suchte Frank nachdem die Verhandlung bereits ausgeschrieben ist,
ob es nicht zweckmäßig ist, die Verhandlung auf alle Fälle am
20. Jänner durchzuführen, vielleicht zu erklären, daß die Landes-
regierung in unserem Auftrag durchzuführen hätte. Frank ver-
sprach mir, ohne daß die Verhandlung abgesetzt werden muß, eine
für beide Seiten erträgliche Lösung.
ANMERKUNG für GEHART: Bitte interessiere Dich für den Fall und
halte mich auf dem Laufenden.
Gen.Dir. Gruber von der NEWAG und NIOGAS hat angerufen, weil er
jetzt wegen der Festsetzung von Gaspreisen für seine Gesell-
schaft sehr beunruhigt ist. Ich habe ihm sofort einen Termin
gegeben und er ist dann mit Dir. Stock, Ing. Schmidt , der auch
in der Austro-Ferngas sitzt, zu einer Besprechung mit Kurzel,
Burian, Wais erschienen. Die NIOGAS hat zugegeben, daß sie bis
zu 120 % den Gaspreis erhöhen mußte, weil sie jetzt ein Preis-
band erstellt hat, das noch unter dem Konkurrenzprodukt Öl
liegt, aber doch für den Großteil der Gasabnehmer eine wesent-
liche Verteuerung bringt. Einige, wieviel hat sie uns nicht
sagen können, hätten eine Gaspreissenkung bekommen. Tatsache ist,
daß sie mit 80 % der Gasabnehmer angeblich einig sind, nur 20 %,
darunter aber so wichtige Industriezweige wie die Glasindustrie
oder die Zementindustrie seien noch offen. Mein Hinweis, daß ich
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sogar von der Tullner Zuckerfabrik, Dr. Vogler, ein Parteifreund
von Gruber, über die Methode der Neupreis muß akzeptiert werden,
sonst liefern wir kein Gas mit 1. Jänner, sehr empört hat, zeigt
mit welcher Härte die NIOGAS vorgegangen ist. Angeblich be-
hauptet Gruber, hätten sie mit der Handelskammer, Sektion In-
dustrie, Schoeller, diesbezügliche Besprechungen geführt und diese
wäre mit einer Gaspreiserhöhung, wie sie es jetzt durchgeführt
haben, d.h. eine wesentliche Erhöhung, aber dafür ein nicht mehr
so breites Preisband, sondern ein wesentlich schmäleres, einver-
standen gewesen. Wir einigten uns daß die NIOGAS unverzüglich
Unterlagen Dr. Kurzel schicken wird resp. Burian, der ja die Vor-
prüfung zu führen hat, um dann auf Grund der Unterlagen mit den
Interessenvertretungen die Verhandlungen zu beginnen. Sollten
die Interessensvertretungen einverstanden sein, daß sie so wie
das letzte Mal die NIOGAS in der Paritätischen Kommission die
Genehmigung für die Erhöhung bekommt, dann würden wir auf eine
Preisregelung verzichten. Wenn dies nicht der Fall ist, dann
mußten sie damit rechnen, daß wir einen Gaspreis für die NIOGAS
festlegen. In diesem Fall meinte Gen.Dir. Gruber, daß einige
Probleme wie z.B. die Abgrenzung zu anderen Ländern, die Fest-
setzung des Gaspreises auch für die ÖMV die Ausnahmegenehmigungen
die dann nicht mehr für gasintensive und gefährdete Betriebe wie
Glas usw. genehmigt werden könnten, neue Probleme aufwerfen würden.
Ich informierte die Austria-Ferngas, Vertreter der NIOGAS, d.h.
Gen.Dir. Gruber und insbesondere Ing. Schmidt, über die Algeriengas-
bezugsmöglichkeit und insbesondere meinen Brief, den ich an den
algerischen Minister geschrieben habe. Gruber hat davon gewußt,
den Brief allerdings im Wortlaut nicht gekannt. Ich habe Wais
sofort ersucht, man soll eine diesbezügliche Abschrift an die
Austria-Ferngas schicken. Schmidt ist davon überzeugt, daß die
Algerier auch bereit sind über eine neue Finanzierung wegen
des Algeriengases zu verhandeln. Derzeit halten nur noch die
Belgier an der alten Finanzierung fest, weil sie glauben da-
durch einen tieferen Gaspreis in Hinkunft zu haben. Schmidt wird
das Ministerium am Laufenden halten.
ANMERKUNG für GEHART: Bitte den Kontakt auch mit der Austria-
Ferngas so zu gestalten, daß wir über die laufenden Entwicklun-
gen informiert werden.
Dr. Reim, der ebenfalls anwesend war meinte nachher, daß Gruber
auf ihn einen guten Eindruck gemacht hatte und daß er sich
interessiere was ich dazu denke. Gruber ist ein sehr geschickter
Politiker und auch zweifelsohne ein Fachmann. Nicht zuletzt hat
er sich ja einen guten Freund von mir, Romuald Riedl aus der
Arbeiterkammer und christlichen Gewerkschafter in den Vorstand
geholt, weil er mit den Saustall von der NEWAG und NIOGAS, d.h.
das Erbe Müllners, aufräumen wollte und auch wahrscheinlich
größtenteils aufgeräumt hat. Die Arbeiterkammer, Dr. Zöllner,
die ich, da ja von Arbeitnehmerseite, wie ich Gruber erklärte,
die Beschwerden ebenfalls laut wurden informierte, meinte daß
man sich die Preiserhöhungen genau ansehen muß. Im Gefolge der
NIOGAS möchte jetzt auch die burgenländische BEGAS kommen und
wahrscheinlich eine ähnliche Preiserhöhungsmethode einführen.
Ich fürchte nur daß die Kuh in beiden Gesellschaften schon
aus dem Stall ist und wir es sehr schwer haben werden sie
wieder einzufangen. Kurzel, den ich vor der Sitzung fragte
wieso er so spät erst dieses Problem ins Rollen brachte,
obwohl ich ihn ja schon vor längerer Zeit ersuchte er möge sich
über die Gastarife der Gesellschaften kümmern, sagte, er hätte
bereits am 28. Oktober den Landespreisbehörden bei einer Preis-
referententagung die Forderung überreicht ihm eine Übersicht
über die Gastarife in den einzelnen Ländern zu geben. Bis jetzt
sei allerdings überhaupt nichts abgeliefert worden.
MR Würzl berichtet daß auch seiner Auffassung nach die Weihnachts-
fremdenverkehrs-Saison äußerst gut war. Er stimmt mir zu daß
wir bezüglich der Lawinenunglücke eine Aktivität entfalten müssen.
Hier kann es zu entsprechenden größeren Rückschlägen im Aus-
länderfremdenverkehr kommen, wenn in Deutschland durch die
Illustrierten und vielleicht sogar noch durch Fernsehsendungen
usw. Österreich ein Image das gefährdetste Wintersportland be-
kommt. Er wird dies Problem beim Kuratorium für den Fremdenver-
kehr zur Sprache bringen und dann mit Hilfe der österreichischen
Fremdenverkehrswerbung in Deutschland eine Gegenkampagne ver-
suchen.
Bukowski teilt mir mit, daß sich Gehart jetzt doch dafür interes-
siert im Rahmen des Sekretariats, jetzt heißt es ja Kabinett,
eine entsprechende Funktion zu übernehmen. Ich bin damit ein-
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verstanden, ärgere, mich aber ein wenig daß wir erst jetzt,
nachdem die Geschäftseinteilung bereits vereinbart und in
Ausarbeitung ist, sofort wieder eine Korrektur vornehmen müssen.
Bukowski gelingt es mit Kieslich, daß wir doch noch in die Ge-
schäftseinteilung die Zweitzuteilung von Gehart durchführen kön-
nen. Es hätte einen sehr schlechten Eindruck gemacht, wenn wir
nachdem die Geschäftseinteilung, womöglich ins Haus gekommen wäre
nachher eine Präsidialerinnerung oder eine Korrektur der Ge-
schäftseinteilung sofort wieder vorgenommen hätten um Gehart
als Kabinettsmitglied auszuweisen. Reim will sich einarbeiten
und meint, er müsse sich jetzt an meine Fersen heften, womit ich
sehr einverstanden bin. Trotzdem wird es notwendig sein daß
innerhalb kürzester Zeit alle Mitglieder des Kabinetts sich eine
Arbeitsteilung zurecht legen. Wenn ich nämlich Besprechungen
im kleineren Kreis halte ist es unzweckmäßig, daß dann zwei,
drei oder vielleicht gar vier Kabinettsmitglieder ebenfalls
daran teilnehmen. Hier müssen wir ein System finden, wo eben
nur der unmittelbar Betroffene teilnimmt, um dann die anderen
zu informieren. Darüber hinaus gilt nach wie vor mein Ersuchen,
daß auch über wichtige Besprechungen oder, was noch viel wichtiger
ist, über Eindrücke jedermann verpflichtet wäre Tagebuchaufzeich-
nungen zu machen. Leider sind alle diese Appelle bis jetzt ver-
geblich verhallt.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte eine Bürobesprechen , jetzt Kabi-
nettsbesprechung festlegen, um diese Probleme zu bereinigen.
Jagoda berichtet mir, daß bei der Reinschrift im Preisregelungs-
gesetz ein Satz ausgefallen ist der jetzt die Übernahme des
Preisbestimmungsgesetzes für sinnlos erscheinen läßt. Nach der
jetzigen, im Nationalrat beschlossenen Fassung müßte der Unter-
nehmer alle Zölle und Ausgleichsabgaben vom Preis absetzen.
Natürlich war es so wie bisher nur notwendig daß er die Zoll-
senkungen und Ausgleichsabgabensenkungen die im Zuge der EG-
Verhandlungen festgelegt wurden entsprechend weitergibt. Jagoda
hilft sich jetzt mit einem Durchführungserlaß wo er auf die
Strafbestimmungen hinweist, wo klar und deutlich nur von dieser
Differenz die Rede ist. Das ganze ist furchtbar blamabel, der
Fehler ist dadurch passiert daß dies genau gelesen wurde, dann
aber doch in der letzten Phase nicht mehr korrigiert. MR Schwarz
hat mir mitgeteilt er hätte vorgeschlagen, man sollte das Ganze
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noch einmal durchlesen, doch wäre man dann davon abgekommen.
Singer hätte übernommen daß dies alles in Ordnung gehen wird.
Der Gesetzesauftrag würde jetzt klar und deutlich sein, daß
alle Zölle und Ausgleichsabgaben aus den Kalkulationen zu ent-
fernen sind. Wenn also jemand klagt, dann müßten wir tatsächlich
so vorgehen. Ich fürchte deshalb daß die Handelskammer, die dies
auch jetzt weiß, eine legistische Korrektur verlangen wird.
Dadurch kommt das Ganze ins Parlament und wir sind die Bla-
mierten. Daß so etwas passieren konnte, ist mir rätselhaft.
Reim meint es hätte ja auch die ÖVP dem zugestimmt und damit
trage auch sie die Mitverantwortung. Das hilft mir gar nichts.
Die Blamierten sind auf alle Fälle wir, d.h. das Handelsministerium
und in dem Fall natürlich der verantwortliche Minister. Momentan
weiß ich noch nicht wie wir hier aus der Patsche herauskommen.
Da es sich um einen Abänderungsantrag des Parlamentes handelt
wäre es zweckmäßig und glaube ich auch für mich optisch günstiger
wenn das Parlament eine diesbezügliche Initiative entfaltet. Ich
werde mit Heinz Fischer über dieses Problem mich eingehend be-
raten, wenn die erste Reaktion der Handelskammer vorliegt.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte laß Dich sofort von Jagoda über die
einzelnen Schritte der Handelskammer resp. ÖVP informieren.
Bezüglich der Exportbeschränkung von Süßwaren, d.h. zuckerhaltige
Exportwaren die nicht Umgehungsmischungen sind, hat die Be-
sprechung zwischen den Interessensvertretungen und meinem Haus,
die am 2. Jänner bereits begonnen wurde, ergeben, daß die Handels-
kammer dem nicht zustimmt. Sie sieht zwar ein daß eine solche
Regelung notwendig ist und ist auch bereit sachlich zur Ver-
ordnung Stellung zu nehmen, lehnt aber weil sie die Kontingen-
tierung abgelehnt hat auch eine diesbezügliche Exportbeschränkung
ab. Die Arbeiterkammer war zuerst einverstanden, nur hat Zöllner
dann Krywult wieder zurückgepfiffen und meinte man müßte auch
bei den Exporten eine 80 %-ige Kontingentierung bezogen auf 1973
verfügen. Ich konnte ihn dann davon überzeugen, daß wir doch
wegen diesen Fall nicht neuerdings mit der Handelskammer und
der Exportindustrie eine Differenz haben sollten und er hat sich
bereit-erklärt indem er erklärte dies sei kein Kriegsfall für
ihn, wenn wir also die Verordnung jetzt ohne diese 80 % fest-
legen. Ich bin über die ganze Entwicklung nicht sehr glücklich.
Diese Verordnung muß ins Bundesgesetzblatt gehen, wird neuer-
dings die Unternehmer beunruhigen und wahrscheinlich auch von
der Handelskammer entsprechend unterstützt, aufwiegeln. Natür-
lich können die Unternehmer jede Menge von Süßwaren exportieren
wenn sie so wie in der Vergangenheit sich zusätzlichen Zucker
vom Weltmarkt kaufen. Diese Exportbeschränkung ist ja nur not-
wendig weil eben gewisse Inlandszuckermengen nur zur Verfügung
stehen und damit insbesondere zuerst der Konsum gedeckt werden
muß. Wie ich ja dann am Abend in der Bezirksausschußsitzung
erfahren mußte, kommt es immer wieder zu Verknappungen in den
Kleinhandelsläden. Es gibt zwar Zucker aber es ist das Zucker-
regal immer in kürzester Zeit leer und niemand weiß eigentlich,
wie die Zuckerversorgung jetzt wirklich klappt. Wenn wir die
Landesbehörden anfragen wie sich in ihren Ländern die Verteilung
auswirkt, resp. ob und inwieweit die Versorgung gesichert ist
so werden wir wahrscheinlich ein umfangreiches Erhebungssystem
auslösen und damit eine neuerliche Beunruhigung bei den Unter-
nehmern und letzten Endes auch bei den Konsumenten erreichen.
Da die Zeitungen jetzt momentan darüber schweigen, dürfte es
doch im Großen und Ganzen zu keinen schwierigen Situationen
bei den Einzelhandelsgeschäften kommen. Andererseits schließt
jetzt bereits die Fachpresse, daß sie Erhebungen auf Grund der
landwirtschaftlichen Anordnung 135 des Lebensmittelbewirtschaf-
tungsgesetzes den Großhändler Meldeverpflichtungen auflegen, die
durch die Spannen überhaupt nicht gedeckt sind. Ich fürchte,
daß wir die Zuckerlagermeldungen sehr spät und wahrscheinlich
sogar unvollkommen bekommen werden. Wenn wir dann nicht zumin-
destens stichprobenartige Kontrollen machen, wird sich herum-
sprechen daß sich kein Mensch um die Informationen kümmert und
die nächsten Erhebungen dann überhaupt nur mehr irgendwelche
Hausnummern beinhalten. Bewirtschaften kann man eben nur in
Kriegszeiten, oder wenn zumindestens die Handelskammer mitspielt.
Ich habe Zöllner klar und deutlich zu verstehen gegeben, daß wir
von der Arbeiterkammer mehr oder minder eine Zustimmung erwarten
um eine wirklich bessere Lösung für den Zucker zu finden, als
dies derzeit der Fall ist.
In der Gewerkschaft besprach ich die Kritik von Hofstetter
wegen der Lohnerhöhungen für die Gewürzindustrie, die im
Durchschnitt 21 % beträgt. Hier handelt es sich um eine Gruppe,
wie ich bereits Hofstetter sofort mitteilte als er mich anrief,
die in Frauenlöhnen insbesondere sehr stark zurückgeblieben ist.
Wenn die Unternehmer selbst bereit waren solche Lohnerhöhungen
zu akzeptieren so erklärt dies schon die Tatsache daß eben tat-
sächlich es sich hier um ein Nachziehverfahren handelt. Ich habe
die Gruppe Müller und Bäcker darauf aufmerksam gemacht daß jetzt
in der nächsten Zeit, weil wir den Brot-und Mehlpreis unbedingt noch
im Jänner regeln müssen, auch mit Verhandlungen auf diesem Sektor
gerechnet werden kann. Kurzel hat zwar erst für 15. Jänner die Vor-
besprechung einberufen, ich bin überzeugt aber daß es wahrscheinlich
jetzt schlagartig zu entsprechenden Besprechungen kommen muß.
Der Finanzminister ist nicht bereit und hat finanziell keine Mög-
lichkeit im Jahre 1975 die Getreidepreisdifferenz zu bezahlen.
Als ich vor Monaten die Industrie und das Gewerbe auf diese Tat-
sache aufmerksam gemacht habe, hat mich die Arbeiterkammer
hart attackiert und Schoeller von der Sektion Industrie soviel ich
mich erinnern kann sogar noch erklärt, sie sehen keine Veranlas-
sung die Preise zu erhöhen.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte diese Äußerung, die ich in der Zeitung
gelesen habe, beschaffen.
Tagesprogramm, 7.1.1975