Mittwoch, der 16. Oktober 1974

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Mittwoch, 16. Oktober 1974

Blümel arbeitet jetzt in der Gewerkschaft wieder halbtägig.
Der ÖAAB in der Tabakregie, Blümel ist dort gleichzeitig auch
Aufsichtsrat, Vorsitzender wollte unseren Kandidaten in Hain-
burg trotz der verlorenen Betriebsratswahl als Obmann unter-
stützen. In diesem Fall hätte der Betriebsratsobmann mit einer
Minderheitsfraktion gegen die stärkste Fraktion der KP immer
angewiesen auch die Unterstützung des ÖAAB niemals wirklich
richtig agieren können, deshalb werden wir den Kandidaten, dem
bisherigen Betriebsratsobmann Wendt nicht mehr vorschlagen. Die
KP wird allerdings mit ihrem Vorschlag auch nicht die Mehrheit
bekommen, weshalb Neuwahlen ausgeschrieben werden müssen. Ich
bis neugierig, wie diese Neuwahlen dann ausgehen werden. Unsere
Genossen sind voller Hoffnungen, da angeblich viele Wähler erklärt
haben, sie hätten ja nicht gewußt, daß dies solche Folgen haben
könnte. Auf die große Politik übertragen, läßt sich eine Betriebsrats-
wahl ziemlich leicht wiederholen, bei Landes- oder Nationalrats-
wahlen sieht dies natürlich schon wesentlich anders aus. In
manchen Staaten wie in Italien, wo auch oft wiederholte Wahlgänge
keine endgültige Entscheidung bringen, kann dann eine starke Partei
wie die sozialdemokratische leicht zerrieben werden. Das Wahl-
system in Großbritannien hat bis jetzt eine so negative Entwicklung
wie in Italien oder in anderen Staaten verhindert, dort diskutiert
man ebenfalls aber das Wahlsystem zu ändern. Die Schwierigkeit,
Politik machen zu müssen ohne eine entsprechende Mehrheit zu
haben, ist glaube ich, für eine Partei wie die Sozialdemokratischen
Parten sind, verheerend und tödlich, diese müssen fast, würde ich
sagen, mit Sicherheit dann aufgerieben werden. Es war ein weiter
Exkurs, von einer kleinen Betriebsratswahl in die große Politik
daher sinnlos?

Bandhauer erzählt SChef Frank und mir, daß er unmöglich die Finanzierung
der Verbundgesellschaft mit den Elektrizitätsprojekten durchführen
kann. Von 1967, wo man ca. 2 Milliarden Schilling im Verbund in-
vestierte, ging es bis 1969 auf 1.6 Milliarden zurück, dann stieg
durch Baubeschlüsse der Finanzbedarf sprunghaft an und beträgt
jetzt 6 Milliarden, die Rückzahlung über 1 Milliarde, im nächsten
Jahr wird allein der Investitionsbedarf 8 Milliarden sein und in
kürzester Zeit wird die Tilgung und Rückzahlung der Anleihen eben-
falls gigantische Beträge erfordern. Bandhauer wollte mich darauf


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vorbereiten, daß eben keine neuen Baubeschlüsse gefaßt werden
dürfen. Ich habe ihm sofort erklärt, daß ich diesen Standpunkt
nicht akzeptieren kann. Vom elektrizitätswirtschaftlichen und
energiewirtschaftlichen Standpunkt wurde das Ausbauprogramm vor
Jahren festgelegt und ich halte es für unmöglich, daß es jetzt
ganz einfach auf Jahre hinaus gestreckt, ja vielleicht sogar teil-
weise überhaupt nicht in Angriff genommen wird. Die Finanzierungs-
frage muß irgendwie gelöst werden. Wir haben durch die gute Wasser-
führung und nicht zuletzt durch die Strompreiserhöhung im Feber
dieses Jahres einen gigantischen Ertrag bei der Verbundgesellschaft,
während die Eigenkapitalverzinsung früher 2 % maximal betrug, ist sie
jetzt auf 11 % gestiegen, nämlich auch seinerzeit den Kreisky-Vor-
schlag oder Wunsch, man möge die Bauarbeiten bei den einzelnen
Kraftwerken noch beschleunigen, wenn es nach Kreisky gegangen wäre,
hätten wir im Vorjahr beschlossen, daß gleichzeitig zwei Donau-
kraftwerke gebaut werden, daß aber allein schon aus technischen
Gründen gar nicht ging und ich daher diesem Vorschlag zwar nicht
widersprach, aber auch niemals ernstlich in Erwägung zog, so bin
ich absolut aber dagegen, daß wir jetzt eine Erstreckung der
Elektrizitätsausbauten vornehmen. Ich werde die nächste Strompreis-
erhöhung, die sicherlich unmittelbar nach Oktoberwahlen kommen
wird, nach ganz anderen Gesichtspunkten führen als die letzten.
Bei der letzten ist es mir durch die 8 Groschen gelungen, der
Öffentlichkeit scheinbar einzureden, daß 8 Groschen eine Belastung
ist, die man auch tatsächlich für jeden einzelnen zumuten kann.
Die nächste Strompreiserhöhung werde ich gestaffelt vornehmen, denn
den normalen durchschnittlichen Verbrauch, der im Lebenshaltungs-
index zugrunde gelegt ist, werde ich geringfügig, wenn möglich
überhaupt nicht erhöhen, jeden Verbrauch der darüber hinausgeht
aber, werden wir mit einer sehr starken Erhöhung der Kilowatt-
stunde belasten müssen. Getarnt wird die ganze Politik durch ein
angebliche notwendige Einsparung der Energie werden, in Wirklich-
keit dient dieser Vorschlag primär um weitere Geldmittel für die
Energiewirtschaft zur Verfügung zu stellen, um den Ausbau der Werke
und Leitungen zu ermöglichen. Wahrscheinlich werde ich noch mit
einer Auflage arbeiten, daß diese Mehreinnahmen ausschließlich
für einen Ausbau der Elektrizitätswirtschaft verwendet werden muß;
dies wird natürlich rein optisch sein, denn das Geld hat keine
Mascherln und ein gewisser Ausbau wird ja sowieso von jeder Ge-
sellschaft ob Verbund – Sonder- oder Landesgesellschaft automatisch
betrieben.



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Ich habe Frank ersucht, er möge darauf drängen, daß Burian
den von mir am Jahresanfang schon geäußerten Wunsch, die Tarif-
gestaltung, die ich ihm bereits im Frühjahr ersuchte, jetzt
endlich in diesem Sinne in Angriff nehmen sollte.

Bei der Eröffnung der Autoklinik Jeschek hatte ich Gelegenheit,
mit dem französischen Exporteur und sonstigen Herren des Stamm-
hauses zu sprechen, allerdings hatte ich nicht nur die Absicht,
im kleineren Kreis sie auf die Preispolitik ihres Peugeot in
Österreich aufmerksam zu machen, sondern habe dies auch bei meiner
Ansprache, wenn auch teils in launiger Weise, mit aller Deutlich-
keit gesagt. Lachs, der hinter mir saß, meinte, du läßt auch keine
Gelegenheit vorüber gehen, um Forderungen zu präsentieren: Genau
dies aber war meine Absicht, denn auch im kleineren Kreis setzte
ich dann den Peugeot-Leuten auseinander, daß sie in Österreich eine
andere Situation vorfinden als vielleicht in anderen europäischen
Staaten. Natürlich wurde mir, und das wahrscheinlich zurecht, darauf
hingewiesen, wie sehr die Löhne und Kosten in Frankreich gestiegen
sind, deshalb eine Verteuerung der Autos unumgänglich ist. Meine
Ansprache und dann die Aussprache, ob die einen Wert gehabt haben,
wird sich zeigen. Herrn Walter von Peugeot, der wirkliche Initiator
und Manager dieses Unternehmens, Komm.Rat Jeschek ist schon alt
und wahrscheinlich gar nicht so initiativ, scheint aber meine Aus-
sprache und insbes. so viel Wert zu sein, daß er anschließend ein
Privatflugzeug nach Klagenfurt arrangierte, das Neueste ist eine
7- bis max. 9-sitzige Düsenmaschine, die 16 Millionen Schilling
kostet und 18.000 Schilling pro Flugstunde, dieses Düsenflugzeug
kann höher als die Verkehrsmaschinen, nämlich bis 12.000 m rauf-
steigen und ist in 35 Minuten in Klagenfurt. Bei einer Fahrt oder
Flug vermindert sich dann der Preis auf 60 % Rückflug. Beide
Piloten gaben mir aber recht, daß derzeit in Österreich noch
so wenig geflogen wird, daß sich die ganzen Fluganlagen, der
Klagenfurter Flughafen war total leer, kaum rentieren. Der optimale
Einsatz dieser Maschine ergibt sich für Manager, die womöglich
an einem Tag in Frankreich, Paris, Zürich und dann wieder in Wien
sein müssen, da meiner Meinung nach aber überall nur ein ganz kurzer
Aufenthalt in Frage kommt, stehe ich auf dem Standpunkt, hier
könnte man wahrscheinlich mit Telefon ebenfalls ein Maximum erreichen,
ohne daß man wie verrückt in der europäischen Landkarte herumfliegt.
Bei großen Firmen dürfte es jetzt aber zum Sozialprestige gehören,


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und das Endergebnis wird sein, daß früher oder später auch
bei uns ein stärkerer Gelegenheitsflug oder gar vielleicht
eigene Maschinen wie jetzt die Voest die Folge dieser Hektik
sein werden.

Die Aussprache mit Dir. Hautzenberg von der ÖDK gerade über die
finanziellen Bedürfnisse der Sondergesellschaften und die weiteren
Ausbaumaßnahmen hat mich in der Meinung bestärkt, daß wir auf alle
Fälle versuchen müssen, die notwendigen finanziellen Mittel bereit
zu stellen. Bei der offiziellen Ansprache hat mich Landeshauptmann
Wagner, nachdem er mich vorher bereits informierte, auch um die
Unterstützung gebeten, daß die letzte mittlere Draukette Annabrücke
noch in diesem Jahrzehnt vollendet werden müßte. Ferlach, die vor-
letzte, ist ja durch die gute Bausaison soweit fertig, daß nur mehr
die Maschinen notwendig sind, hier hat die Planung einen wesentlich
späteren Termin in Aussicht genommen gehabt, vielleicht ist es aber
gut, denn dadurch können wir die Finanzierung für Ferlach programm-
gemäß durchführen und müssen sie nicht bei frühzeitiger Lieferung
die Maschinen möglich auch noch früher zahlen, wo die Verbund sowieso
kein Geld hat.

Mit Frühbauer und den Vertretern der KELAG Pacheiner und Hofstätter,
besprach ich das Problem des stärkeren Einkaufes in der ÖDK. Da
dies ein Parteibeschluss ist, werde ich ihn selbstverständlich
durchführen, auch dann, wenn ich nicht davon überzeugt bin, dass
wir hier der Elektrizitätswirtschaft als zentrale Gesellschaft
der Verbund besser gesagt, einen guten Dienst damit erweisen. Das
einzig Positive ist dabei eine stärkere finanzielle Beteiligung.
Aus diesem Grund habe ich Hofstätter und Pacheiner auch erklärt,
ich würde und erwarte, dass sie mehr als das Nominale für die
neuen Beteiligungen bezahlen. Hofstätter hat sofort richtig
reagiert und meinte, wenn der Bund ebenfalls dann für eine entspre-
chende Aufstockung vorsieht, könnte man darüber reden. Hofstätter
sagt glaube ich mit Recht, die Sondergesellschaft ÖDK ist in diesem
Fall schon jetzt eine gemischte Gesellschaft von Landes- und Bundes-
interessen und Beteiligungen und deshalb müsste, wenn ein Land mehr
bezahlt für neue Bezugsrecht dies natürlich auch für den Bund gelten.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte auch diesen Gesichtspunkt in unseren
Überlegungen berücksichtigen und prüfen, wie weit er stimmt.



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Wagner und Frühbauer waren ein wenig enttäuscht, dass ich seinerzeit
bei der Aussprache der Landesregierung bei der Bundesregierung nicht
anwesend war. Ich erklärte ihnen, dass ich Kreisky darauf aufmerksam
gemacht hatte, zu diesem Zeitpunkt die Feier anl. d. 75-jährigen Be-
stehens des Patentamtes zu haben. Frühbauer insbesondere wollte,
dass wir im Fremdenverkehr Zinsenzuschüsse für Fremdenverkehrsbe-
triebe geben, die durch die Kanalisationsbelastungen sehr stark ge-
troffen sind. Ich habe Frühbauer sofort erklärt, es kann sich hier
nur im individuelle Fälle handeln, eine generelle Richtlinie für Zin-
senzuschüsse könnte ich mir schwer vorstellen. Frühbauer wird entspre-
chende Vorschläge machen.

ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte verfolge dieses Projekt weiter und
sprich dann auch mit Würzl, wenn die Unter-
lagen von Frühbauer eingetroffen sind.

Das wirklich ungelöste Problem und das Problem, das uns wahrscheinlich
bei den nächsten Landtagswahlen im Frühjahr in Kärnten schwer treffen
wird, ist nach wie vor die leidige Minderheitenfrage mit den Slowenen.
Statt dass sich dieses Problem schön langsam löst, entstehen immer
neue Komplikationen. Dies wird sich sicherlich bei den Frühjahrswahlen
negativ für unsere Partei auswirken.

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Tagesprogramm, 16.10.1974


Tätigkeit: KELAG


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        Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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              Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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