Freitag, 2. August 1974
Koppe und Wais befürchten, dass die Preissenkungsaktion im Herbst
letzten Endes, wenn sie keinen spektakulären Abschluss hat, sich
schön langsam "wie ein totgeborenes Kind" im Sande verlaufen wird.
Meine Idee war, die Aktion den Landeshauptleuten zu übertragen.
Eine weitere Möglichkeit ist, auch die Interessensvertretungen ins-
besondere die Handelskammer vielleicht sogar den Paritätischen Un-
terausschuss für Preise dafür zu gewinnen. Dieser ist für die
Preiserhöhungen zuständig, warum sollte er nicht auch die Preis-
senkungen in seine Kompetenz übernehmen. Koppe meint, dass es
notwendig wäre, neben der unzulänglichen Bürokratie in meinem
Ministerium ein Institut ähnlich wie es das Gesundheitsministerium
mit dem Gesundheitsinstitut gemacht hat, ein Preisinstitut zu
schaffen. Hier wäre ich nicht an das Schema des Bundes gebunden
und könnte mir ein Dutzend von Fachleuten anstellen. Abgesehen davon
dass ich die budgetären Mittel gar nicht habe und kaum bekommen
würde, machte ich Koppe darauf aufmerksam, dass damit die Inter-
essensvertretungen sich konkurrenziert fühlen würden. Insbesondere
die Arbeiterkammer, welche auf der einen Seite die wirtschaftswissen-
schaftliche Abteilung hat, die sich mit diesen Problemen beschäftigt
und vor allem einmal in der wirtschaftspolitischen eine solche
Konkurrenz niemals zulassen würde. Ich würde dadurch in den Gegen-
satz zu der Institution kommen, von der ich nicht nur herauskam
sondern dessen Apparat und Aufbau ich genau auf diese Tätigkeit
seinerzeit ausgerichtet hatte. Löhne – Gewerkschaftsbund, Preise–
Arbeiterkammer. Ich habe deshalb eine solche Idee mit aller Ent-
schiedenheit abgelehnt. Koppe hat aber recht, dass wir ein neues
Konzept brauchen. Da ich auf der legislativen Seite in der
nächsten Zeit nicht aktiv werden möchte, wird er versuchen
mit Suppan und den seinerzeitigen Teilnehmern an der Studien-
reise neuerdings eine Konzeption für ein besseres neues wirt-
schaftliches Preisrecht zu entwerfen.
Die Besprechung mit der Mineralölwirtschaft verlief nicht so, wie
ich es mir eigentlich vorstellte. Natürlich konnten die Vertreter
der einzelnen Firmen, die grösstenteils Sympathisanten wenn nicht
sogar Mitglieder der ÖVP waren, weder den Standpunkt Mocks, d.h.
des ÖAAB, noch des Wirtschaftsbundes vertreten. Ganz im Gegenteil
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sie distanzierten sich sofort und meinten sogar, dass diese
Politik der ÖVP unverantwortlich ist. Die meisten, wie z.B.
Stemberger von der Shell, Hirnigel von BP, aber auch Käs von
Total meinten, es seien Versorgungsschwierigkeiten bei Realisie-
rung dieser Ideen zu erwarten. Trotzdem waren sie sehr zurück-
haltend, lehnten nur sowohl eine Preissenkung als auch die Aufhebung
der Preisregelung ab. Beides würde nur die Preisstruktur in ihrem
Gefüge so erschüttern, letzten Endes aber sogar zu einer Ver-
schlechterung der Situation für die Konsumenten aber natürlich
auch für ihre Gesellschaft führen. Insbesondere waren sie nicht
bereit, über die Einzelauswirkungen auch nur in konkrete Verhand-
lungen einzugehen. Was ich wollte wäre gewesen, die Forderungen der
einzelnen Gruppen, Raffinerie, Mineralölhandel, Tankstellen usw.
zu konkretisieren, damit ich dann beweisen kann, dass in Wirklich-
keit eine Preiserhöhung zu erwarten ist. Ich entschied deshalb,
dass wir die Sitzung unterbrechen, sie Ziffernmaterial zusammentra-
gen soll, wir – das Handelsministerium – weitere Einschau in die
Rohölpreisgestaltung vornehmen und dann nächste Woche fortsetzen.
Meine Idee ist, nach der entsprechenden montägigen Diskussion
mit der Mineralölwirtschaft sofort beim Pressefrühstück auf dieses
Problem besonders einzugehen. Anschliessend werden die Interessens-
vertretungen informiert und ganz besonders der Wunsch der Arbei-
terkammer erfüllt, die eine Preisprüfung nach einem halben Jahr
verlangte. Zwischendurch muss man dann mit dem Mineralölhandel
als auch mit den Tankstellen spezifische Besprechungen führen.
Das ganze Problem muss jetzt politisch gesehen weiter "gekocht"
werden. Sollte es tatsächlich eine Möglichkeit geben, Preissenkungen
von der Mineralwirtschaft zu verlangen, dann werde ich unter allen
Umständen die Fortsetzung der Preissenkung für extra leicht, d.h.
Ofenheizöl verlangen. Gegebenenfalls werde ich, wenn es auf freiwil-
liger Basis nicht möglich wäre, diesen Preis amtlich entsprechend
reduzieren. Der letztere Weg wäre mir sehr unangenehm, weil er dann
wenn es im Winter zu Versorgungsschwierigkeiten kommen sollte,
wahrscheinlich wieder nur mit viel Tamtam und öffentlicher Kritik
erhöht werden müsste. Wenn es sich um eine freiwillige Preis-
senkung handelt, kann, wenn es gar nicht anders geht, die Mineral-
ölwirtschaft entsprechend den Preis dann erhöhen. Ich hoffe, dass
ich imstande bin, der ÖMV zumindestens dies Politik zu erklären
und dass sie dabei mitmacht. Da es sich bei Ofenheizöl extra leicht
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ja um die Produktion ausschliesslich der ÖMV handelt, müsste es
gelingen, diesen Plan zu verwirklichen.
Mit Ehrbacher besuchte ich das Dampfkraftwerk Korneuburg. Dort
baut die Verbund, es ist gar keine andere Sondergesellschaft einge-
schaltet, mit seinen Baufachleuten, wie Ehrbacher sich ausdrückte,
ein 285 MW-Dampfkraftwerk, es ist dies einer der grössten Blöcke.
Von der Technik verstehe ich nicht allzu viel, doch beeindruckt mich
diese gigantische Ingenieurleistung. Die Einheit werden immer
grösser, die finanziellen Aufwendungen allerdings auch. Mit 1,3 Mia
war das Projekt präliminiert, wahrscheinlich wird es fast 2 Mia S
kosten. Trotzdem meint man, ist dies noch billig, denn es liegt
noch unter der 7.000 S-Grenze. Sollten wird in Voithberg, wenn
die Kohlenvorräte vorhanden sind, ein Kraftwerk auf ähnlicher Basis
bauen, das Korneuburger würde auf Öl und Gas ausgelegt, dann wird
man weit über die 7.000 S pro kWh kommen. Elin hat den Liefertermin
nicht eingehalten und deshalb wird das Kraftwerk nicht im heurigen
Winter sondern wahrscheinlich im nächsten Jahr erst in Betrieb
gehen. Ich habe beim Begräbnis von Schwartz Grünwald darauf aufmerk-
sam gemacht, dass immer wieder ich Klagen über die Elin höre.
Grünwald selbst ist der Meinung, dass wirklich dieser Betrieb sehr
schlecht geführt wird. Sekt.Chef Gatscha, der dort aber Vizepräsi-
dent des Aufsichtsrates ist, behauptet bei Kreisky immer das Gegenteil
Grünwald hat mir empfohlen, ich soll einen Brief an die ÖIAG richten
wo ich darstelle, welchen Nachteil die verspätete Lieferung des
Generators mit sich bringen wird.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Ein solches Schreiben wäre, wenn die Verbund es
wünscht, sehr zweckmässig, um die Schuld bei einer eventuellen Versor-
gungsschwierigkeit klarzustellen.
Gen.Dir. Koller, der bei Schwartz die Trauerrede namens des VÖEST-Alpine
Konzernes hielt, erzählte ich anschliessend die Situation für das
VÖEST-Südafrika-Geschäft. Er war über alle Details informiert
ist nach wie vor der Meinung, dass dieses Geschäft für die VÖEST
lebenswichtig ist und hofft, dass wir alle Schwierigkeiten über-
winden können.
Tagesprogramm, 2.8.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)