Donnerstag, der 24. Jänner 1974

19-0113

Donnerstag, 24. Jänner 1974

Die ÖVP richtete bei der Wirtschaftsdebatte zur Regierungserklä-
rung von Kreisky den Hauptangriff natrülich gegen mich. Da
mich Koren in die Gruppe der Fussmaroden des Regierungsteams
einordnete, kam Leodolter zu mir und fragtremich, ob mich
diese Angriffe hart treffen. Sie meinte – und dies mit Recht –
sie wird viel härter attackiert und ist dies jetzt schon ge-
wöhnt. Ich versicherte ihr, sofort, dass mich Angriffe des Gegners
überhaupt nicht tangieren und vor allem nicht irritieren. Auch
Androsch kam um mir zu sagen, dass er den Angriff von Koren
als sehr unfair betrachtet. Bei dieser Gelegenheit habe ich mit
Androsch neuerdings über die Änderung der Bürges gesprochen.
Ich verlangte von ihm die Zusicherung, dass wenn es mir gelingen
sollte die Handelskammer davon zu überzeugen, dass wir das Bürges-
System ändern müssen, dann für das Jahr 1975 16 Mill. S zusätz-
lich benötige, um neben dem Auslaufen der Bürges-Aktion in die
neue Zuschussaktion starten zu kommen. Derzeit lehnt die Handels-
kammer diese Änderung auf das entschiedenste ab. Gehart meint mit
Recht, dass die Handelskammer sich wahrscheinlich überlegt, wenn
sie wieder einmal die Möglichkeit hat, am Stubenring zu bestimmen,
dann die Bürges wieder so ausgebaut werden soll, wie sie es
wünscht. Androsch sah ein, dass ich einer Änderung für die Direkt-
zuschüsse entsprechende Mittel brauche und natürlich die auslau-
fenden Zinszuschuss-Zusagen weiterhin erfüllen muss. Da dies aber
von Jahr zu Jahr weniger wird, wenn keine neuen Zinszuschüsse
mehr gegeben werden, wird diese Doppelbelastung erträglich.
Auf alle Fälle ist mein Vorschlag deshalb für die Verhandlungen
mit der Handelskammer günstig, weil er uns die Möglichekit gibt,
alle ihre Wünsche auf Änderung der Bürges-Kreditkonditionen abzu-
lehnen. Da ich befürchtete, dass die Kreditinstitute beim Finanz-
minister intervenieren, um die 8 % Kredithöhe auf 8,5 oder viel-
leicht gar 9 % zu erhöhen udn damit die Höchstgrenze hinaufsetzen
wollen, andererseits die Handelskammer wieder statt 200.000 S
300.000 S wünscht, besteht die GEfahr, dass vielleicht seine
Kreditsektion irgendwelche Zusagen macht. Solange aber über ein
System verhandelt wird und das direkte Zuschussystem noch in Ver-
handlung steht, kann ich zumindestens um Jahre 1974 über die
Runden kommen. Für das Wahljahr 1975 möchte ich dann auf alle
Fälle die neue Aktion starten.



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ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte durch Besprechungen mit Vranitzky
im FM die entsprechneden Weisungen an die
Beamten erwirken, dass sie bei den Verhand-
lungen über das neue System eine positive
Stellungnahme abgeben.

Die Verhandlungen über den Strompreis werden immer schwieriger,
die Spitzenfunktionäre haben mehr oder minder zugestimmt, das
wir 8 Groschen auf die kWh machen können und sollen. Bei den
Detailbesprechungen, der Teufel steckt eben im Detail, ergeben
sich nun fast unüberwindbare Schwierigkeiten. Jeder der einzelnen
Interessensvertretungen möchte auf Kosten der anderen eine geringe-
re Belastung. Frank hat deshalb auch stundenlange Verhandlungen
mit den Kammervertretern und ganz besonders mit dem Konsumenten-
verband für Energiewirtschaft – Schachinger – ohne zu einer
Übereinstimmung zu gelangen. Er hätte deshalb den Vorschlag
und hat ihn mit Jagoda besprochen, dass wir nur einen generellen
Bescheid herausgeben, der in Wirklichkeir sehr ungenau wäre, weil
er erklärt, im Durchschnitt sollten um 8 Groschen die Tarife er-
höht werden. In einem zweiten Bescheid sollten dann die einzelnen
Tarifsätze in einem späteren Zeitpunkt erst genehmigt werden.
Hier sehe ich politisch eine ganz grosse GEfahr. Abgesehen davon,
ob esüberhaupt rechtlich einwandfrei wäre, man wird mir in der
Öffentlichkeit und ganz bsonders im Parlament dann vorwerfen,
dass ich nicht imstandewar, einen ordentlichen Preisantrag
ordentlich zu erledigen. Ich habe deshalb Frank sofort erklärt,
er soll die Verhandlungen so führen, dass spätestens am Dienstag
die Preiskommission über die endgütlgien Strompreise entscheiden
kann. Bis dahin müssten die Detailverhandlungen mit den Kammern
geführt werden und wenn auch diese keine endgültige Zustimmung
geben können, ich fürchte, dass die untergeordneten Organe
gar nicht jemals die Möglichkeit haben werdne, im Einzelnen
zuzustimmen, dann muss eben entschieden werden. Wenn wir bei
den 8 Groschen im Prinzip bleiben, habe ich meiner Meinung
nach geung Rückendeckung, um diese Strompreiserhöhung durchzu-
ziehen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Singer habe ich davon schon verständigt, bitte
dränge, dass selbst unter HErnaziehung von
Samstag/Sonntag die Vorarbeiten erledigt
werden.



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Der Kurier dürfte irgendwo von dieser Dienstag-Sitzung gehört
haben, die kein normaler Termin ist, denn der normale Preis-
termin ist Freitag und daraus schliessen, dass ich den Benzin-
preis zu diesem Zeitpunkt rasch über die Bühne bringen möchte.
NAtürlich wäre ich selbst daran sehr interessiert, wenn es ge-
länge, auchn die Benzinpreisregelung so schnell zu verhandeln.
Hier fürchte ich aber wird der Vorschlag der Ölindustrie ein so
exorbitant hoher sein, dass es unmöglich sein wird, in einem
Schnellverfahren die Entscheidung herbeizuführen. Sprecher der
Internationalen Mieling hat mir in der Früh mitgeteilt, ohne
dass er mir auch nur seinen Wunsch für Österreich sagen konnte
oder wollte, dass die Deutschen um 10 Pfennig die Preise erhöhen.
Interessant war, dass auch er diese Mitteilung aus dem Radio
hatte. Ich forderte ihn deshalb sofort auf, mit Shell/Deutschland
die Verbindung aufzunehmen und mir die effektiven Preise und Inten-
tionen mitzuteilen. Tatsächlich haben die Deutschen diese Preis-
erhöhung mit nächstem Tag – Freitag – vor und kommen damit weit
über einen Schilling Differenz z.B. bei Super gegenüber dem öster-
reichischen Preis. Wir müssen daher rechnen, dass die Deutschen
im Grenzgebiet mehr denn je nach Österreich tanken kommen werden.
Die Shell teilte mir gleichzeitig mit, dass sie jetzt in Hinkunft
von ihrem Recht, aus der Lohnverarbeitung 10 Tage Ausstoss auf
ÖMV-Lager zu legen, Gebrauch machen wird. Die Internationalen
werden G also nebn der ÖMV selbst jetzt ein Benzinlager
anlegen. Kreutler, der mir mitteilt, dass das Benzinlager jetzt
191.000 t beträgt, bezweifelt, dass die Internationalen dies in
stärkerem Ausmass tun werden. In den 191.000 t sind 80.000 t
Manipulationslager, die Kreutler erklrt, er könne dieses Lager
auf die 200.000 t, die er dringend braucht, anrechnen. Da ich
nicht ganz überzeugt bin, dass er in kürzester Zeit, wenn dnan
wirklich ein Umschwung auf der Benzinversorgung festzustellen ist,
dies wieder abstreitet, so sollen wir ihn glaube ich schriftlich
auffordern, uns mitzuteilen, wann die von ihm benötigte Vorrats-
menge vom Sommer erreicht ist. Ich bin überzeugt, er wird in diesem
Fall dann die Manipulationslager einbeziehen. Bei Einlangen dieses
Briefes werde ich dann sofort die Pickerl-Aktion, d.h. den
autofreien Tag abbrechen.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte so ein Schreiben an die ÖMV aktmässig
vorbereiten.



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Dr. König behauptete in der Debatte, dass die ÖMV gar nicht
imstande ist, dieses Lager anzulegen, weil sie angeblich schon über-
geht. Er verwies auch darauf, dass deshalb die Produktion um 10 %
zurückgenommen werden musste. Tatsache ist und ich habe dies Kreut-
ler
mit aller Deutlichkeit gesagt, dass von Seiten der ÖMV Informa-
tionen an die ÖVP hinausgehen, die nach Mitteilung von Kreutler
nicth stimmen. In Wirklichkeit, glabue ich, wird nur der ZUsammenhang
von der ÖVP nicht genau erkannt. Kreutler selbst hat zugeben müssen,
dass die Produktion zurückgenommen hat,angeblich deshalb, weil ein Schi
nicht zeitgerecht gekommen ist. Der einzige, der sich glaube ich, auf
diesem Sektor einigermassen auskennt, ist Elsinger. Da die Abteilung
Schleifer bis jetzt in der Ölstatistik versagt hat, müsste es ein
leichtes sein, jetzt die Reorganisation vrzunehmen. Die Informationen,
die ich von Schleifer bis jetzt bekommen habe, waren unzulänlgich
veraltet und wie sich jetzt sogar herausstellt, falsch. Im Vorjahr
hätten Revisionen vorgenommen werden müssen, diese Zahlen hätten müssen
auch in unsere Statistik aufgenommen werden und dies ist dann nicht
geschehen. Einer der grundsätzlichsten Fehler wurde damit gemacht.
Um irgendetwas zu decken, wurde mit den Mineralölgesellschaften und
isnbesondere mit der Bundeskammer die endgültigen Zahlen abgesprochen
aber nicht in unsere Statistik offiziell übernommen. Frank selbst
erklärt, dass er diese Vorgangsweise weder versteht noch decken würde.
Ich verlange deshalb sofort eine entsprechende Korrektur.

ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Dies ist sachlich ein sehr guter Grund, um die Re-
organisation für die Ölstatistik und das Einsetzen von Elsinger auch ge-
schäftsordnungsmässig zu verankern. Eine grosse Sache soll man aber nicht
daraus machen, weil in der Öffentlichkeit würde dies letzten Endes ja
doch auf mich zurückfallen, da ich natürlich für das gesamte Ressort und
für alle Fehler auch verantwortlich bin.

Heindl hat seine Jungfernrede gehalten und sich leider nicht ganz
an meine Empfehlen. Ich hatte ihn gebeten, er soll mich üverhaupt
nicht verteidigen, da dies letzten Endes nur ZEit kostet und lange
Reden sind im Parlament nicht erwünscht. Ich habe durch Zufall ge-
hört, wie Withalm zu den eigenen Leuten sagte, eine sehr gute Rede
nur zu lang. Eine zweite Empfehlung war an Kurt, dass er unter allen
Umständen frei sprechen sollte. Dies hat er auch zeitweise getan und
dabei immer sofort die Aufmerksamkeit des Hauses gehabt und sogar aus
eigenen Reihe Beifall. Da ich aber weiss, wie schwierig es ist und wie
nervös man ist, habe ich mit ihm mitgefühlt.

19_0112_02

Tagesprogramm, 24.1.1974


Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD Shell


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Finanzminister
      GND ID: 118503049


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Gesundheitsministerin


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Chef Energiesektion


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 118634100


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Beamter HM


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ÖMV, Dir. Fa. Semperit


                      Einträge mit Erwähnung:
                        GND ID: 1017902909


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Beamter HM


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                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


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                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                  GND ID: 118566512


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                                    Tätigkeit: Straßburg


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