Donnerstag, 20. Dezember 1973
Dr. Zolles teilt mir in einem Vier-Augen-Gespräch mit, dass
er die Verleumdung, die Profohs ausstreut, er trinke, resp.
hätte sich bei der Poster-Erzeugung unbedingt 10.- S pro Stück
holen wollen, ganz entschieden zurückweisen. Profohs und Leherb
sind verärgert, dass die ÖFVW nicht noch mehr für seine Aktion
der preisgekrönten Plakate macht. Zolles verweist mit Recht
darauf, dass wir über jeden Betrag früher oder später Rechenschaft
ablegen müssen und daher eine kontrollose Ausgabe von immerhin
in die Hunderttausend Schilling gehenden Beträge von ihm aber
auch von mir niemals akzeptiert werden könne. Wie ich vermutete,
hat Zolles nur versucht, bei der Posterherstellung nur einen Teil
der Kosten, die die ganze Aktion für uns kostet, eben durch
Bereitstellung der Filme einen Kostenbeitrag zurückzuholen. Immer-
hin sollen angeblich 80.000 Posters gedruckt werden. Sicherlich
auch für uns, nachdem unverändert der Werbetext Austria oder
komm nach Österreich weiter drinnenbleibt, eine zusätzliche
Werbung. Wenn sie aber verkauft werden, für Leherb ein ganz ein
gutes Geschäft. Ich habe Zolles mein vollstes Vertrauen ausge-
sprochen, da ich ja bereits überzeugt war, dass die Anschuldigungen
nur aus Verärgerungen entstanden sind. Zolles slebst wird die Ge-
schäftsführung bekommen und dann eine entsprechende Reorganisa-
tion der ÖFVW Schritt für Schritt durchführen. Er teilt meine seit
je geäusserte Auffassung, dass die ÖFV-Stellen von der bis jetzt
geübten Tätigkeit im Ausland weggehen müssen. Bis jetzt war es
pblich, dass man die Passanten, die sich gelegentlich in unsere
Stellen verirrten mit Prospekten versorge, in der Hofnung, dass
dadurch der eine oder andere vielleicht wirklich nach Öster-
reich kommt. Aus diesem Grund mussten oft sündteure
Gassenlokale gehalten werden. In Wirklichkeit braucht man tüch-
tige Manager, deren Aufgabe es sit, durch BEarbeitung der Reise-
büros, durch entsprechende Marketingpolitik grosse Organisationen
zu veranlassen, für Österreich direkt zu werben, resp. durch ent-
sprechende Vermittlung konkrete Aktionen und Geschäften zum
Abschluss zu bringen. Er möchte seine Truppe Austrian sells force
nennen. Österr. Verkaufskraft. Bezüglich seines jetzigen Rolle.
gen Kübler, der sein Stellvertreter werden soll, wogegen ich
gar nichts habe, möchte er, dass gewisse Agenden von ihnen beiden
nur gemeinsam wie Personal z.B. entschieden werden könne.
Dagegen äusserte ich grosse Bedenken und erinnerte ihn, dass
mein Konzept darin besteht, dass ein Mann für alles verant-
wortlich sien muss und es ist der Geschäftsführer, der dann
natürlich nur mit einem Team die Arbeit leisten kann. Zolles
hat richtig erkannt, dass er nicht nur allein die Geschäfts-
führerposition in Hinkunft innehaben sollte sondern sich
auch die Abteilung Werbung behält. Nur so, sagt er mit recht,
bleibt er mit dem effektien GEschehen eng verbunden. Da Zolles
und Kübler ja in Wirklichkeit die Geschäfte der ÖFVW
schon seit längerer Zeit führen, Langer-Hansel ist doch nur mehr
eine Repräsentationsfigur, habe ich keine SOrge, dass wenn er
dann offiziell die Geschäftsführung übertragen bekommt, doe
Aufgabe nicht nur zur Zufiredenheit aller sondern auch mir durch-
führen könnte.
Der Geschäftsführer der Firma Texaco Dr. Dorn möchte bei den Be-
sprechungen über die Versorgungsmöglichkeit und Liefermöglichkei-
ten, die ich mit den Internationalen, die bei der AWP beteiligt
sind und der ÖMV immer abführe, anwesend sein. Ich rufe sofort
Elsinger, der meine Mienung teilt , dass wir auf die Zusammen-
setzung keine Einfluss nehmen wollen und vielleciht auch gar
nicht können, sollten aber alle Importeure bei deiser Sitzung
anwesend, dann würden noch einige Dutzend dazukommen. Ich ver-
spreche ihm und Elsinger sagt es auch sofort zu, dass er jeder-
zeit Texaco entsprechend informieren wird und sich die Firma
andererseits jederzeit an ihn oder sogar an mich wenden kann.
Gen.Dir. Bauer teilt mir mit, dass er erschüttert ist, dass über
die so streng vertraulich geführten Verhandlungen über Erhöhung d
der Erdgaslieferung nun doch die ERgebnisse in die Öffentlichkeit
gesickert sind. Zum Glück hat in meinem Haus überhaupt neimand
die Detailinformationen bekommen, sodass er nicht eneurdings
behaupten kann, das Handelsministerium hätte Informationen weiter-
gegeben. Meiner Meinung nach lässt sich in einer Demokratie, wenn
eine Delegation in Österreich weilt und wenn dies nicht aus ganz
streng zu haltenden Geheimnis sehr geschickt getarnt wird, was
in dem Fall nicht zutraf, überhaupt nicht verhindert werden kann,
dass fürher oder später der Grund ihrer Anwesenheit und damit in
weiterer Folge durch geschciktes Recherchieren der Reporter
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auch das Ergebnis der Verhandlungen ans TAgeslicht kommt.
Natürlich ist es sehr unangenehm, wenn die Vertreter ausdrück-
lich ersucht haben, dass über die Ergebnisse nichts verlautbart
werden soll, weil sie grosse Schwierigkeiten bei den anderen
Oststaaten befürchten, die ebenfalls grössere Mengen von Gas
und Erdöl erhalten wollen.
Beim jour fixe hatten wir erstmalig wirklich lange Zeit, um
eine Analyse der gegenwärtigen Situation durch Umstellung un-
seres Bürobetriebes durchzuführen. Die Hauptschwierigkeit liegt
darin, dass wir in der Hektik des Tages und ganz besonders
in der jetzigen Phase der Ölknappheit eine gleichzeitige Reor-
ganisation vornehmen müssen. Dies trifft nicht nur für das Büro
zu sondern auch für das Haus, wo Hanisch jetzt endgültig aus-
scheidet. Gleichzetig das neue Ministeriengesetz in Kraft tritt
und damit die Reorganisation gleichzeitig auf allen Ecken durchge
führt werden müsste. Die Zusmamenfassung der Ergebnisse wird
Wanke festhalten, ich selbst möchtenur meiner Befriedigung Aus-
druck geben über die offene Aussprache die wir führten.
Ich selbst begrüsse sie auch dann, wenn ich hart kritisiert
werde, da ich alle ANregungen und Bemerkungen neimals als
Kritik auffasse. Ich hoffe, dass dies auch bei allen anderen zu-
trifft, weil nur dies die Gewähr nd Garantie ist, dass wir
durch diese Art der Teamarbeit wieder entsprechend schlag-
kräftiger werden. Theoretisch müsste sich unser Büro jetzt
durch die Vergrösserung auf eine breitere Basis stützen können.
Anderseits aber gebe ich mich keiner Illusion hin, dass durch
die "externe" Mitarbeit von Koppe und Heindl eine ganz neue
Form von unserem Büro geschaffen wird. Ob wie überhaupt mög-
lich ist – ich hoffe es – wird die ZUkunft weisen.
Gröger, aber auch Preglau, die sich um die Bewirtschaftungs-
frage von Benzin zu lösen grosse Verdienste erwerben, sind wie
sie ausdrücken, am Boden zerstört. Die Versicherungsunternehmungen
sind nicht bereit, die Reklamationen durchzuführen, wenn der
einzelne sich aus welcehn Gründen immer die Bezugskarte nicht bei
der Post abgeholt hat, wenn er zu Hause nicht angetroffen wurde.
In diesem Fall hat Gröger vorgeschlagen, wäre die Kontrolle,
dass der einzelne eine Bezugskarte schon erhalten hat oder nicht,
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dadurch gewährleistet, wenn der Postbote bie der Aushändigung
der Bezugskarte die Nummer im Zulassungsschein vermerken
würde. Die Personalvertretung hat dies entschieden abgelehnt.
Eine Rücksprache bei Lanc hat mir nur bestätigt, dass die Per-
sonalvertretung dies sogar zurecht macht. Lanc hat nur die
Möglichkeit, vom Postler zu verlangen, dass er im Zuge seiner Aus-
tragetätigkeit gegen Rückschein den ihm bekannten oder durch Legi-
timation ausgewiesenen Bezugsmarken aushändigt und sich
diese Übernahme von ihm bestätigen lässt. Dass er aber noch in ein
Dokument – eben dem Zulassungsschein – Eintragungen vornimmt,
kann mna nicht verlangen. Im Bundesrat habe ich mit dem ZS der
Gewerkschaft der Postler Bednar, dem ich diese Schwierigkeit aus-
einandersetzte, gesprochen und er meinte, dies sei nicht böser Wille
aber seine Postler, D-Beamte manchmal, sind ausserstande, und
man kann sie nicht beauftragen, irgendwelche Eintragungen in irgend-
welchen Dokumenten vorzunehmen, di-e er nicht bei seiner Ausbil-
dung gelernt hat und die man dahergar nicht so rasch von ihm
verlangen könnte. Er behautpete, es gibt sicher Dutzende Postler
die noch niemals einen Zulassungsschein gesehen haben. Ich versuchte
GRöger auseinanderzusetzen, dass man ganz hoffnungslos hier in idies
dem Sinne vorgeht, wenn man sich auf dieses System versteift.
Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, dass die Nichtzugestellten
und dann in der zweiten Phase auch nicht bei der Post abgeholte
Bezugsmarken nicht an die Versicherungen zurückgehen sondern an
die Bezirkshauptmannschaften. Dazu müsste die EDV eine Liste
ausdrucken, die alle Bezugsscheinberechtigten enthält und zwar
nach BH gegliedert. Von den rund 2,5 Mill. Empfänger, rechnet die
Post mit durchschnittlich 10 %, die nicht anzutreffen sind, das
sind 250.000, die Hälfte davon holt sich dann am Postamt die
hinterlegten Bezugsmarken sodass erfahrungsgemäss ungefär 130.000
übrigbleiben, die über die Bezirkshauptmannschaften verteilt werden
müssten. Gröger meint, dass die BH nicht einmal imstande wären.
diesen 5 %-igen Anteil zu verteilen und dass chaotisch dieses
System dort zusammenbrechen wird. Eine fatale Situation, aber ich
weiss keinen anderen Ausweg, wie wir dieses Bewirtschaftungsproblem
lösen könnten.
Im Bundesrat gab es über das Pickerlsystem d.h. den autofreien Tag
eine Diskussion, da ich aber nciht sehr hart attackiert wurde,
habe ich glaube auch sehr unzulänglich und gar nicht wie im
Nationalrat bei der Budgetdebatte hart geantwortet. Sowohl der
Abgeordnete Schweiger als auch Heger verlangten eine Raffinerie
im Westen oder zumindestens Errichtung von Lagern. Keine inter-
nationale Gesellschaft oder auch die ÖMV beabsichtigen eine solche
Raffinerie im Westen zu errichten. Wenn überhaupt, so käme maximal
der oberösterreichische Raum um Linz in Frage und keinesfalls
Kufstein oder gar Dornbirn, da dort die Absatzmöglichkeit viel zu
gering ist und damit jede Raffinerie als unrentabel, d.h.
als viel zu klein zu errichten wäre.
Kreisky informierte mich, dass die internationalen Gesellschaften
bei ihm waren und zwei konkrete Punkte verlangten. Man sollte
sich an der Preislizitation nicht beteiligen und die ÖMV grössere
ZUrückhaltung an den Tag legen. Ein Direktkauf und Österreich
und den arabischen Staaten vielleicht sogar auf staatlicher S
Basis sollte ebenfalls nicht in Erwägung gezogen werden, weil da-
durch nur sich die Einkaufsverhältnisse verschlechtern. Nebenbei
bemerkte Kreisky dass sich die Internationalen sehr lobend über
meine Politik und mein Verhaltne ausgesprochen haben. Ich selbst
setzte Kreisky auseinander, dass meine bisherige Politik darin
bestand, zwar der ÖMV jedwede Unterstützung zu geben, aber
keinesfalls die internationalen schlechter zu behandeln oder gar
eine offensichtliche Politik zu starten, wo sie früher oder später
wie z.B. in Italien ihre Gesellschaft und Tankstellen womöglich
verkauft. Dies ist sicherlich das Ziel der ÖMV kann aber niemals
mein Ziel sien, weil die Versorgung und die Konkurrenz für Österreich
sich äusserst günstig beim jetzigen System sich auswirkt. Ich er-
suchte Kreisky neuerdings, noch womöglich vor dme Schah-Besuch
die verschiedenen Auffassungen zwischen ÖIAG-Chef Geist, der
ja mit den Persern gemeinsam eine Raffinerie errichten will
und der ÖMV, die davon nicht genug warnen kann, zu koordinieren,
weil ansonsten der in aller Öffentlichkeit ausgetragene Streit
weder der ÖIAG noch der ÖMV guttut und früher oder Später
man auch sagen wird und was will der Chef der verstaatlichten
Betriebe ? Kreiyky wird nun doch am Samstag den Schah zu
einer Besprechung empfangen udndann am Konterdinner teilnehmen
meint aber, dass ich nicht unbedingt daran teilnehmen muss.
Es genügt, wenn ich Freitags beim Essen des Bundespräsidenten
anwesend bin. Auf alle FÄlle ist der Urlaub, der einzige,
den ich heuer gehabt hätte, damit auch zumindestens für einige
Tage im Eimer.ä
Bei der Weihnachtsfeier der Lebensmittelarbeiter-Jugend habe ich
aus innerer Überzeugung davon gesprochen, dass man immer fröhliche
ruhige, glückliche Weihnachten uns wünschen und dass es eigent-
lich von Jahr zu Jahr bezüglich der ruhigen Weihnachten nicht
nut weltpolitisch sondern zumindestens für mich persönlich
immer unruhiger, d.h. hektischer wird. Dass wir hier eine
Änderung vornehmen müssen, wird mir schön langsam auch schon klar.
Sicherlich, ich kann nicht aus meiner Heut heraus und meine
Arbeitsmethode kann wederich ändern noch kann sie jemand
wahrscheinlich grundsätzlich unkrempeln. Den guten Vorsatz
aber sollte ich wenigstens haben. Das neue Jahr mit einer neues AR
Arbeitsmethode zu beginnen. Alle raten mir, ich müsste zurück-
schalten, ich selbst späre auch, dass ich wahrscheinlich auf die
Dauer dieses Tempo wahrscheinlich nicht durchstehen kann, trotzdem
fürchte ich aber, dass es nur beim guten Vorsatz bleiben wird.
Tagesprogramm, 20.12.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Büro-Jour-fixe, 20.12.1973
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