Freitag, der 23. November 1973

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Freitag, 23. November 1973

In der Fraktion des Gesamtvorstandes bei den Lebensmittelarbeitern
Gewerkschaft gab es über mein Referat doch eine Diskussion, an der
sich neun Kollegen beteiligten. Wirklich kritisiert wurde, dass die
Arbeitsverfassung im Entwurf von Häuser wesentlich Fortschritte
hatte, während sie jetzt als das Ergebnis der Sozialpartnerbespre-
chungen gerade für unsere Organisation und Betriebsräte kaum etwas
bringt. Ich glaube, dass dies nict zutrifft, doch bin ich viel zu
wenig im Detail informiert. Letzten Endes wurde noch eine Presseaus-
sendung angenommen, in der über das erfreuliche Ergebnis berichtet
wird.

In der Gesamtvorstandssitzung entwickelte nach meinem mehr sachlich
geahltenen Referat zum UNterschied von der Fraktion, wo ich die
politischen Grundlagen und Analysen versuche, referiere ich in der
Gesamtvorstandssitzung ausschliesslich Probleme des ÖGB un unserer
Gewerkschaft- Hier beteiligten sich in der Diskussion 16 Kollegen,
was ich für sehr positiv erachte. jetzt wollte der BRO von der
Gösser Brauerei Smaga, ein Sozialist eine Abänderung der Presse-
aussendung, wo er den Abschluss der Verhandlungen über die Arbeitsver-
fassung begrüssen, in "zur Kenntnis nehmen" umwandeln. Wenn er in der
Fraktion darüber mit mir diskutiert hätte, hätte ich vielleicht eine
andere Formulierung akzeptiert. Nachdem aber bereits ein Beschluss
vorliegt und ich auf dem STandpunkt,stehe, was einmal beschlossen ist,
muss man auch versuchen einzuhaltne, konnte ich ihm in dieser Be-
ziehung nicht REchnung tragen. WEnn wir in unserer Organisation eine
so verhältnismässig grosse Ruhe haben, beruht dies hauptsächlich
glaube ich darauf, dass wir nicht die höchsten Lohnerhöhungen immer
herausfetzen wie die Unternehmer und teilweise andere Gewerkschaften
behaupten, sondern weil wir diese Ergebnisse ausschliesslich durch
Verhandlungskomitees der Betriebsräte erreichen. Ich hatte auch neuer-
dings versichert, dass ich an diesem System festhalten werde. Etwaige
Wünsche der Unternehmer, wir sollten für die gesamten Lebensmittel-
arbeiter, so wie dies die Bauarbeiter und Metallarbeiter und viele
andere Gewerkschaften tun, einheitlich verhandeln, lehnte ich neuer-
dingsentschieden ab. Alles, was ich in Komitees, bestehend auch
Betriebsräten und Sekretären selbst erkämpfen müssen, achten sie doch
wesentlich höehre als eine noch so hohe gebrachte Lohnerhöhung, die
womöglich von einem Spitzengremium ausgearbeitet und vielleicht gar
noch im kleinsten Kreis mit den Unternehmern ausgehandelt wurde.



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Gen.Dir. Bauer und Dr. Kreutler sehen jetzt grössere Schwierigkeiten
in der Versorgung mit Benzin und Heizöl, schwer. Ich bin mir nie ganz
sicher, wieweit Kreutler die Situation soweit überblickt, dass er so
dezidierte erklären kann, die Versorgung ist absolut gesichert. Von
Bauer nehme ich an, dass er überhaupt die Details kaum so genau kennt,
um ausser eben allgemeine Floskeln wirklich die Situation richtig zu er-
fassen. Seine Haupttätigkeit sieht er darin, Gen.Stv. Feichtinger
und Dr. Kreutler, die beide sehr leicht gleich in Rage kommen, immer
wiederzu beruhigen. Bauer hat mir erzählt, dass sich bei ihm ein
gewisser Käptn Eder von der AUA gemeldet hat, der als Konsulent bei
der ÖMV angestellt werden will, damit er entsprechende Geschäfte mit
der SU vermittelt. Er soll Gwischiani sehr gut kennen und Bauer
fürchtet, dass bei jeder zusätzlichen Menge, die an Öl oder Gas von
der SU gebracht wird, von Eder dann eine Provision verlangt wird, ob.
wohl er vielleicht gar nicht damit zu tun hat. Da Eder angibt, bei der
Tabakregie schon eine solche Stellung zu haben, erkundigte ich mich
bei Blümel. Zu meiner grössten VErwunderung musste ich erfahren, dass
in der Tabakregie von Eder gehört hat, dass er von mit geschickt wurde,
und deshalb dort ebenfalls einen Konsulentenvertrag anstrebt.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wer ist dieser Eder und wieso kann sich der auf
mich berufen ?

Bauer hat gehört, dass die EG Gemeinschaft Sanktionen gegen die Araber
ergreifen mächte. Es käme vor allem einmal die Einstellung von Exporten
insbesondere für Getreide in Frage. DArüber hinaus könnte die Entwick-
lungshilfe gestrichen werden und als letzten und schwerster Schlag
wäre, die Geldkonten der arabischen Staaten zu beschlagnahmen. Ich
glaube nicht, dass es zu solchen drastischen Massnahmen kömmt, genauso
wenig, dass es zu einer militärischen Intervention in Saudi-Arabien
oder einem anderne arabischen Staat kommen würde. Alerdings muss ich
zugeben, dass das vielleicht von mir ein Wunschdenken ist, möglich
ist in dieser verrückten Welt alles.

Kreutler ist mit den bisherigen Massnahmen der 100 km-Beschränkung nicht
sehr zufriedn. Er möchteauf alle Fälle den Oktangehalt herabsetzen. Ich
erklärte, dass die Anordnung für Preise nur von einem Mindestoktange-
halt für Superbenzin von 96 spricht. Die Industrie wird den Oktangehalt
von 98 auf 96 herabsetzen, was eine dreiprozentige Benzinersparnis, d.h.
ein Strecken des Benzins ermöglicht. Die ÖMV überlegt noch eine
Sonntagssperre der Tankstellen. Nachdem sie zur Kenntnis nehmen


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musste, dass ich derzeit gar keine gesetzliche Möglicheit habe, ein
Sonntagsfahrverbot zu erlassen. Die grössten Schwierigkeiten sieht aber
Kreutler in der Heizöl-schwer-Lieferung.

Mussil, Messinger, Rief, Klose und noch ein Vertreter der Handelskammer,
den ich nicht kenne, kamen, um auf die schwierige Situation insbesondere
bei Heizöl, schwer, hinzuweisen. Nach Meinung Mussils fehlen 250.000 t
in Rumänien soll es grössere Bestände geben. Die teilweise schon auf Donau-
frachtern verladen waren und jetzt wieder entladen werden mussten. Eine
Bevorratung kommnt nach Mussil derziet überhaupt nicht in FRage und es
würde das Auffüllen von Lagern noch Monate, um nicht zu sagen, Jahre
dauern. Messinger, der Fachverbandssekretär schlug vor, die EVUs sollten
entsprechende Heizölmengen abgeben. Da die Kohlen- und Ölvorräte der Kraft-
werke äusserst günstig sind, könnte eine Reduzierung der Anlieferung
für sie keine schwerwiegenden Folgen haben. Die frage war für mich und ich
habe erklört mich darüber mit den Kraftwerken auseianderzusetzen, wie
sie dann Ersatzbrennstoffe und zu welchen Preis sie diese kaufen müssten
erhalten können. Sollten die EVUS imstande sein, die Ölmengen durch
oirgendwelche andere Betriebsstoffe zu ersetzen, könnte ich mir
unterder Voraussetzung, dass die Abnehmer des Öls bereit wären, höhere
Preise zu bezahlen, vorstellen, dass die E-Werke vielleicht einen Teil
dieser Ölmengen abgeben. Da wir über die Möglichkeiten der Lagerung und
vor allem einmal die derzeit vorhandenen Lager überhaupt keinen Überblick
haben, hat Mussil letzten Endes zugestimmt, dass wir gegebenfalls wenn
es auf freiwilliger Basis nicht gehen sollte, auch Anordnung des Roh-
stofflenkungsgesetzes eine Erhebung starten sollten.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte mit Schwarz eine rechtlich einwandfreie Er-
hebungsverordnung starten.

Nach der Sitzung über die Einführung der Geschwindigkeitsbeschränkung
die einstimmig vom Ausschuss gefasst wurde, hatte ich die Interessens-
vertretungen und die Kraftfahrverbände zu mir gebeten, um ihnen die
weiter zu erwartenden Massnahmen zur Herabsetzung des Oktangehaltes
eventuelles Sonntags-Tankstellensperre mitzuteilen. Alle, auch der
ÖAMTC und ARBÖ und Handelskammer Dkfm. Schaller, AK Ambrosi, Gew.Bund
Trempel , waren mit dieser Massnahme einverstanden. Ich habe deshalb
auch abschliessend den Gen.Sekr. Mussil von den zu ergreifenden zusätz-
lichen Massnahmen informiert und er hat auch diese zur Kenntnis ge-
nommen.



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Bei einer Uraufführung, das schöne der gute Jahr, traf ich den Produzenten
Antel und Spiess, sowie auch den Vorsteher der Fachgruppe, den ich
persönlich nicht kenne und wir sprechen über die Filmförderung. Alle
haben mit zugegeben, dasss solangeim Handelsministerium die Materie
behandelt wurde, ein vernünftiges Ergebnis zu erwarten war. Insbesondere
wurde dem Vertreter vom Constantin-Verleih vorgeworfen, dass eben der
Verleih, gerade als es zu einem Abschluss kommen sollte, wieder auge-
sprungen ist und isch so wie die Filmtheater Komm.Rat Hermann sich von
einer Leistung drückten. Dadurch wurde die Gesetzwerdung verhindert,
das Ganze dann letzten Endes im Unterrichtsministerium von den Kultur-
leuten weiter bearbeitet und jährlich 12 Mio S Filmförderung für
kulturelle Zwecke hinausgeschmissen wird. In der Branche ist das
Handelsminister fein heraussen,weil man sagt, wir hätten dieses Problem
besser gelöst und vor allem es wäre jetzt bereits positiv erledigt.
So sieht man keine Lösungsmöglichkeit. Wie sehr ich mict meiner seiner-
zeitigen Einstellung mich niemals in die Qualität eines Filmes einzu-
mischen recht habe, zeigt, dass mir der Film REIGEN überhaupt nicht gefall
hat und jetzt ein richtiger Kassenerfolg zu werden verspricht. Bis jetzt
wurden 5 Mill. S eingespielt, allerdings hat der Film 16 Mill. gekostet.
Der Krimi, das schöne Jahr, welchen ich als äusserst positiv beurteile
weil er sehr intelligent, sehr humorvoll, nicht nur gut gespielt, sndern
auch gut durchdacht ist, ist noch nicht siche,r ob er sich auch finan-
ziell so gut einführt, wie der Reigen. In diesem FAll würde ich mich
neuerdings geirrt haben.Da aber nach unserem Konzept wir sowieso keine
wie immer geartete Klassifikation vornehmen, Hiendl wollte seinerzeit
verhindern, dass ausgesprochene obzöne oder pornographische Filme eine
Subvention bekommen, doch ich hätte mich damals auch noch nicht endgültig
zu dieser Meinung durchgerungen. Heute ist es nicht nur aktuell, vielleic
ist es nächstes Jahr oder übernächstes Jahr baer im Grunde möchte ich auf
alle Fälle die kommerzielle Filmförderung so verstanden wissen, dass
nur der kommerzielle Erfolg eine Rolle spielt. UNsere Aufgabe könnte es
nur sein, einem Filmproduktionsbetrieb zu helfen, die Ware, die er erzeugt
d.h. den Film, den er eben dreht, muss er selbst verkaufen. Verkauft er ih
gut, d.h. sind die Einspielergebnisse befriedigend, dann soll er die
Filmförderung weitestgehend wieder zurückzahlen oder für den nächsten
Film bereits anlegen. Sind seine Ergebnisse schlecht, soll er noich
einen weztien und dritten VEruch haben und dann soll es aus sein. Momen.
tag aber isst es unaktuell, denn niemand denkt daran, auch Antel und
Spiess nicht, dass wir nächstes Jahr eine Filmförderung gesetzlich ver-


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ankern werden, SOlangedies nicht der FAll sit, brauche ich mich
nicht endgültig in diesem Punkt entscheiden.

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Tagesprogramm, 23.11.1973

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Fachverband der Lichtspieltheater


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MA vw. Referat ÖGB


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖMV
        GND ID: 132912112


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: HK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD ÖMV


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Sekr. Fachverb. Erdölind.


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Leiter verkehrspol. Abt. HK


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Leiter Wirtsch.pol. Abt. HK


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                    Einträge mit Erwähnung:


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Sekt.R HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ÖMV, Dir. Fa. Semperit


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                                Tätigkeit: BR Gösser Brauerei [1972; so nicht gefunden]


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                  GND ID: 102318379X


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