Donnerstag, der 9. August 1973

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Donnerstag, 9. August 1973

Prof. Seidel vom Wirtschaftsforschungsinstitut gibt zu, dass er für
die Prognose des Energiekonzeptes in der ÖVP-Zeit keinen Groschen
vom Handelsministerium bekommen hat. Allerdings sagt er mit recht,
dass damals das Institut von der Bundesregierung das Haus bekommen
hat und deshalb für einen Teil der Leistungen natürlich keine weiteren
Zuschüsse mehr verlangen konnte oder verlangt hat. Ich selbst erkläre
ihm, dass wir eine andere Prognose wünschen als die seinerzeit von der
ÖVP-Regierung in ihrem Energiekonzept verlangt qwurde. Wichtig er-
scheint mir, dass wir alle Jahre vom Wirtschaftsforschungsinstitut eine
Korrektur der Prognose bekommen, die auch nicht langfristig sondern kurz-
fristig sein soll. Ich könnte mir vorstellen, dass man für das Jahr 1974
jetzt eine Energiebedarfsprognose erstellt, die nur ergänzt für das
Jahr 1980 auch erstellt wird, d-h- eine sehr kurzfristige Prognose.
Alle Jahr muss dann auf Grund der Ergebnisse des laufenden Jahres
die Prognose korrigiert werden. Dies müsste auch gleicvhzeitig
im Modell vorgesehen sein und ausdrücklich im Energiekonzept gesagt
werden. Seidel wird dieses Problem mit Frank und Gehart, der anwesend
war, im einzelnen besprechen ung ist mit der Vorgangsweise einverstan-
den. WEnn er sich dann ein Bild machen kann, welcher Arbeitsaufwand
für diese kurzfristige Prognose notwendig ist werden wir uns über
die Bezahlung der Arbeit, die jährlich erfolgen muss und erfolgen wird
einigen. Seidel gibt mir zu, dass im ursprünglichen ÖVP-Konzept
ein verhältnismässig nur sehr kleiner Teiol für die Massnahmen, die
auch nichtssagend gewesen sind vorgesehen war und letzten Endes dann
auch tatsächlich im Energiekonzept nur nicht einmal 2 Seiten umfasste.
Die Prognose und die Schilderung des damaligen Zustandes hat aber
36 Seiten umfassst. Ich erkläre und wenn es nach mir gehen würde, würde
ich dieses Verhältnis umkehren. 2 Seiten Prognosen und 36 Seiten
Massnahmen, die in der Energiewirtschaft notendig sind. Ich verweise
auch Seidel auf die umfangreiche Prognosearbeit, die die ÖMV von
einigen Professoren um fast eine halbe Million Schilling bestellt hat
und die jetzt bis 1985 vorliegt. Seidel drfte die Arbeit kennen, weil
er meint, man würde sihc natürlich auf dieses Material stützten könen,
obwohl es sehr unzulänglich ist. Auf alle Fälle wäre es sinnlos, wenn da
Wirtschaftsforschungsinstitut nur eine ähnliche Arbeit erstellen würde.
Das Gutachten resp die Prognose der ÖMV hat umfangreiches Zahlenmaterial
auch der Welt und Europa Daten zusammengetragen.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Da im Energiekonzept neben Elektrizität natürlich
auch Öl, Gas und Kohle beinhaltet sein muss,
bitte sobald alle Referenten der OB anwesend sind,
einen Termin mit mir zu vereinbaren.



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Bei der Enquete Abverkauf österr. Mittelbetriebe an das Ausland
war die Pressebeteiligung wie Puffler feststellte, natürlich sehr
minimal. Insgesamt waren nur 4 Zeitungen anwesend, der Kurier, die Wirt-
schaft und die APA. Die anderen ca. 30 Teilnehmer waren grösstenteils
von der Handelskammer, abr auch Investkredit, ÖIAG, ÖGB und natürlich
vom Haus. Die Kurzfassung des Seidel ergab sich eine sehr interessante Dis-
kussion. Sowohl Lachs als auch andere fragten, was die Regierung beab-
sichtigt, gegen diese Entwicklung des Ausverkaufes der österr. Industrie
zu unternehmern. Ich selbst habe auf der Dornbirner Messe schon fest-
stelln können, dass viele Unternehmer aber auch schon Funktionäre der
Unternehmer beginnen, über die Entwicklung besorgt zu sein. Solange sie
selbst nicht von dem Problem betroffen waren, haben sie naütrlich gegen
eine Überfremdung der österr. Industrie kaum etwas einzuwenden gehabt,
jetzt bemerken sie – und ich habe das auch bei der Enquete deutlich gesagt
– dass die Konzentrationstheorie von Karl Marx stimmt und dass jetzt alle
früher oder später von anderen grösseren Konzernen und multinationalen
Unternehmungen aufgefressen werden. Die Ergebnisse der Untersuchung
zeigen allerdings, dass die Unternehmen nicht gekauft werdne, um still-
gelegt zu werden oder gar um sie dann irgendwie weiterkümmern zu lassen,
sondern dass im Gegenteil sehr wohl durch grosse Investitionen und durch
Forschungs- und Entwicklungsaufträge vor allem aber durch entsprechende
Managementänderung diese Unternehmungen dann sehr wohl in einen Gross-
konzern besser und ertragreicher arbeiten als früher, wo sie selbstän-
dige österreichische Unternehmer gewesen sind. Für die Arbeiter ergibt
sich dadurch eine gesichertere und bessere Verdienstmöglichkeit als bisher.
Meine Einstellung, die ich auch bei der Enquete vertreten habe, war und
ist, dass wir in einem kapitalistischen System leben, dass dieses System
zwar von den Gewerkschaften reformiert werden soll und reformiert wird,
dass wir aber inWirklichkeit natürlich damit rechnen müssen, dass eben
das Konzentrationsgesetz gilt und unser BEstreben nur sein kann und
sein soll, die optimlaste Lösung zu erreichen. Da die Schwerindustrie in
Österreich verstaatlicht ist, kann ein Einbruch des internationalen Kapi-
tals auf den bedeutendsten Teil der österr. Wirtschaft nicht mehr erfolgen.
Der Vorschlag Lachs, es sollten eventuell die verstaatlichten Banken auf
den REst der österr. Unternehmungen, soweit sie nicht verstaatlicht sind,
und so weit sie nicht derzeit schon in ausländischem Besitz sind, finanziell
absichern, kann und habe ich dort erklärt, meiner Meinung nach in einem
kapitalistischen System nicht so einfahc manipuliert werden, wie er das will
Die verstaatlichten Banken aber auch die Bawag wird mit Recht sich höchstens
an Betrieben sich beteiligen, wo sie eine Gewinnaussicht hat Und sie
aus der leidvollen Erfahrung der Banken die meistens Industriebetriebe, die


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sie vorher finanzierten, und die nachher in finanzielle Bedrängnis ge-
kommen sind, doch letzten Endes von ihnen übernommen werden müssten und
mussten, wird kaum ein modernes Management in der Bank eine solche
Politik fortsetzen wollen. Obwohl sie es manchmal tun müssen. Die
Hauptschwierigkeit besteht nämlich nicht nur allein in der finanziellen
Sicherung der wirtschaftlichen Expansion eines Unternehmens, sondern auch
richtige Manager und eine richtige Produktion und Organisation in dem
Betrieb aufzubauen. Prof. Rothschild hat deshalb vorgeschlagen und ich
haltediese Idee für sehr gut, man müsste eben jetzt auch untersuchen,
wie die Managerauswahl in Österreich und in Europa erfolgt und ob wir
hier nicht eine entsprechende Änderung veranlassen sollten. Ich glaube,
dass die Arbeitsgemeinschaft über Managementschulung sich mit diesem
Problem beschäftigen sollte.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte nach Rücksprache mit Rothschild – er hat mir
Detailinformationen über diese Idee verspro-
chen – die Arbeitsgemeinschaft Managementschulung
mit diesem Problem beschäftigen.

Obwohl so wenig interssierte Akteure von den Zeitungen gekommen sind, hat
der Rundfunk dann ein Interview und auch eine Fernseh-Sendung gestartet,
sodass ich überzeugt bin, auch andere Zeitungen werden über die APA die
Ergebnisse übernehmen. Dadurch können wir uns konnten wir in der
Sauren-Gurken-Zeit sicherlich einen grösseren Widerhall in der Öffent-
lichkeit mit dieser Studie errechen als wenn wir das Ergebnis zu einem
anderen Zeitpunkt präsentiert hätten. Für nächste Jahr Sommerzeit sollten
wir uns unbedingt, wenn wir Studien wieder vergeben den Veröffentlichungs-
termin für Juli-August vorsehen. Allerdings wird es dringendst not-
wengi sein, dass dann unbedingt ein Waschzettel für die Beteiligten vor-
bereitet wird. Das VEreilen der Studie allein setzt voraus, dass es
auch dann gelesen wird und dies ist meistens nicht der FAll. Ein Kurz-
referat kann zwar die notwendigen Unterlagen zusammenfassend darstellen,
müsste aber natürlich für die Presse und auch für andere Institutionen
schirftlich vorher verteilt werden.

17_0891_01

Tagesprogramm, 9.8.1973

17_0891_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)




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