Donnerstag. 28. Juni 1973
Landwirtschaftsminister Weihs hat mich einmal gefragt, was ich eigent-
lich bei diesen Dekret- und Ordensüberreichungen sage. Er selbst
macht das jetzt auch schon enige Male und natürlich weiss er aber
auch ich nicht mehr, was man Neues bei einer solchenGelegenheit
von sich geben soll. Interssanterweise fällt mir aber dann doch
irgendetwas ein. Obwohl ich mich jetzt überhaupt nicht mehr darauf
vorbereite. Ich fürchtenur, dass es doch immer nur dasselbe ist.
Anerkennung, mehr als Pflichterfüllung, Dank usw.
Bei der Ordensüberreichung versuche ich immer durch persönliche
Bemerkungen den BEtreffenden mehr zu sagen, als dass man sich eben
bedankt und im Namen des Bundespräsidenten diese hohe und höchste
Auszeichnung überreicht. Reg.Rat Puffler, den ich immer ersuche, er
soll persönliche Informationen über dne Ausgezeichneten sammeln,
Hobby usw. stösst dabei natürlich auf Schwierigkeiten. Was ich
aber sagen soll, wenn als einziger VErmerk Chauffeur oder Hilfsar-
beiter beim Namen des Ausgezeichneten steht, ist äusserst schwierig.
Puffler meint allerdings mit REcht, dass manche Direktoren sich be-
schwert haben, dass man ihr Hobby in aller Öffentlichkeit nennt
Auch dieser Einwand kann seine BErechtigung haben. Trotzdem glaube
ich, dass auf einige persönliche Bemerkungen der BEtreffende doch
positiv eragiert und die Feier nicht einer Ordensausgabe ruck-zuck
gleichkommt. Erstmalig war ein Betrieb Henhapel und Heine mit fast
zwei Dutzcend Ausgezeichneten, eben vom Direktor bis zum Hilfsar-
beiter, vertreten. Hier glaube ich sollte man in Hinkunft es so arran-
gieren, dass ich in dieem Fall lieber in den Betrieb fahre und dort
die Auszeichnung vornehmen, als dass mit anderne Ausgezeichneten
eine ganze Belegschaft gleich angetreten ist.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Grössere Gruppen von Betriebsangehörigen oder
Organisationen bitte in Hinkunft so organi-
sieren, dass ich dies eben nicht im Ministerium
sondern an deren Dienststellen oder im Betrieb
überreiche.
Der bulgarische Vizeministerpräsident Popow und der Aussenhandelsmini-
ster Nedew sowie der Vizeaussenminister Trykov sind zwar inoffiziell
d.h. nicht von uns eingeladen, hier, doch hat mir der Handelsdelegierte
Sirowatka recht gegebne, dass Popow ein bedeutender Mann in Bulgarien
ist. Popow ist mItglied des Zentralkomitees und hat wirtschaftlich
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mehr zu reden als Nedew. Kirchschläger hat mir auch abends beim
Essen des bulg. Botschafters mitgeteilt, dass er sehr froh ist,
dass ich mich so um Popow kümere. Ich habe deshalb meinen ganzen
Zeitplan umgeändert Und werde Popow so weit wie möglich, insbe-
sondere in die Steiermark begleiten. Bie der ersten Aussprache, an-
geblich im kleinen Kreis, hat Popow auch sofort das Wort ergrif-
fen und die Wünsche der Bulgaren präzisiert. Die lagen genau auf
dem Gebiet wo wir sie auch erwarteten, ihnen aberkaum helfen
konnten. Sie möchten: langfristige Kredite mit besonders günstigen
Konditionen, Zollermässigungen oder Zollbefreiungen, besser
für Kooperationsgeschäfte, sie stellen sich vor, dass sie die
Anlagen mit hundertprozentiger Kompensation bezahlen können.
Die Bulgaren nehmen an, dass es der österr. Industrie z.B. der
VÖEST mit ihrer Verkaufsorganisation möglich ist, Elektrokarren,
Elektrokatzen, d.h. Transporteinrichtungen, wo sie ganz gute
Produkte erzeugen, in rauhesten Mengen abnehmen und dann über
ihre Verkaufsbüros im Ausland eben absetzen. Dabei müssten aber
die österr. Firmen noch sehr vorsichtig sein, weil gewisse Gebiete
von den Bulgaren dann gesperrt werdne, die dann natürlich selnst
mit diesen Transportgeräte beliefern. Die österr. Industrie ins-
besondere VÖEST, Böhler usw. hat deshalb einer Aussprache, die
Nedew und Popow dann mit der Bundeshandelskammer gehabt ahben,
sehr negativ, d.h. zurückhaltend reagiert. Ich selbst habe bei
dieser ersten Aussprache versucht, den Bulgaren die realen Verhältnis-
se nahezubringen. Diesen Versuch habe ich dann auch bei der zweiten
mit Nedew am Nachmittag, die interessaterweise als Hauptaussprache
von den Bulgaren vorgesehen war und wo sowohl von ihrer als aber au
auch von unserer SEite wesentlich weniger Teilnehmer waren, ich
fürchte erfolglos, fortgesetzt. Nedew hat einen Plan entwickelt,
er entschuldigte sich dann sogar, weil er so ausführlich in die
Detils gegangen ist und so lange dazu gebracuht hat, wie die
bulgarische Seite sich vorstellt, dass bis zum Jahre 1990 gemeinsam
womöglich für beide verpflichtende Ziele festgelegt werden sollen.
Für den 10-Jahresplan, den wir jetzt im Prinzip abgeschlossen
habe, möchten die Bulgaren eine Erhöhung des Aussenhandelsvolumens
auf 200 Mill. $. Dies entspräche fast einer Vervierfachung. Ich
setzte den Bulgaren neuerdings auseinander, dass wir ein anderes
System haben und daher es ganz unmöglich ist, rigendwelche Ver-
pflichtungen eingehen zu können. Andererseits möchten die Bulgaren
unter allen Umständen bis zum Besuch ihres Staatspräsidenten
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Schiwkow vom 9. bis 13. Oktober konkrete Ergebnisse. Die Bulgaren
sind bereit und ich weiss, dass sie Blecha vom IFES-Institut seit
Monaten darauf drängen, er soll einen Entwickungsplan für Öster-
reich ausarbeiten, dem sie sogar bezahlen würden. Blecha selbst
ist büer diesen Vorschlag sehr unglücklich, dnen er weiss genau,
dass dies viel Arbeit , Zeit ud Geld kostet und doch kaum dazu
beitragen wird, den österr.-bulgarischen Handel zu beleben. Min.
Rat Fälbl bemekrte unter uns im kleineren Kreis, dass die Bulgaren
vielleicht damit spekulieren, dass Blecha als soz. Abgeordneter
mit seinem IFES-Institutsbericht dann uns d.h. das Handelsministerium
beeinflussen könnte, dass die Bulgaren mehr Chancen haben, Waren
nach Österreich zu liefern. Da den Bulgaren jetzt aber schon alle
Möglichkeiten offenstehen, die auch andere Staaten haben, kann ich
mir wirklich nicht vorstellen, warum sie so viel Geld hinaus-
schmeissen.
Nedew entwicklte zum Schluss einen Terminplan, aus dem ersicht-
lch war, dass sowohl hier in Wien als auch in Sofia fast ununter-
brochen mit Delegationen verhandelt werden soll und vielleicht
sogar er und ich letzten Endes dann vor dem Schiwkow-Besuch noch
einmal zuammenkommen sollten, um die letzten Vorbereitungen zu
treffen oder zu finalisieren. Da weder Fälbl entsprechende Zeit
hat noch ich Lust habe, dass wir hier wieder durch Delegationen
Kosten haben, die letzten Endes gar nicht viel bringen, habe ich
vorgeschlagen, man sollte den Wunsch der Bulgaren noch dahingehend
verbessern, dass wir unmittelbar mit den Verhandlungen beginnen.
Christof, der Generaldirektor auf der drüberen Seite im Aussen-
handelsministerium und Fälbl sollen am nächsten Tag bereit die
ersten Gedanken austauschen, die Entwürfe – Bulgarien hat einen,
wir haben den sowjetischen – besprechen und so bereits auf
Wiener Boden und unmittelbar die Vorbereitungen für den
Schiwkow-Besuch einleiten. Wenn die Bulgaren wollen, können
sie dann noch zwischendurch eine Delegation heraufschicken und
im Rahmendes jährlichen Protokolls ergäbe sich dann ebenfalls in
Wien eine weiere Verhandlungsmöglichkeit. Irgendetwas wird bis zum
Schiwkow-Besuch sicherlich zustandekommen, umindestens ein umfang-
reiches Papier mit Absichtserklärungen. Wie dieses ja auch auf dem
Sektor des sowjetischen Vertrages geschehen ist. Unerklärlich ist
für mich, warum die Bulgaren jetzt den 10-Jahresvertrag und den
Meistbegünstigungsvertrag unterschrieben haben. Dies hätte man
sicherlich noch bis zum Schiwkow-Besuch liegenlassen können und dann
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wäre ein ganz grosser Erfolg von Schiwkow-Besuch festzustellen gewesen.
Formell hat diese Delegation ungeheur Möglichkeiten. Selbst Kreisky hat
ihen einen Termin gegegeben, der alerdings dann verschoben werden musste,
kurz war, wo er – wie mr der Handelsdelegierte berichtete – mehr von
seiner Reise nach Malta zu Mintoff, von dem er glaubt, dass er bulgarisch
Abstammung ist, gesprochen hat als über kontkrete Probleme. Nedew hat
mir dann wiedr erzählt, dass er beim Finanzminister war, ein sehr
junger und schweigsamer Mann, der aber dann doch zum Schluss erklärt
hat, dass er die bulgarische Seite bezügliche der Kredite und Zoll-
begünstigungen unterstützen wird. Nedew war mit dieser Ausprache
wie er sich ausdrückte- sehr zufrieden. Die konkreteste Tätigkeit war
glaube ich aber von Min.Präsidenten Popow, der bei Kohmeier wegen einer
Ketten-Kooperation bei Schember wegen eine Kombination zwischen bulga-
rischer Elektronik und österr. Waagen ud bei Paragon wegen einer Kühl-
anlagekooperation vorgesprochen hat. Insbesondere von Kohmeier
war Popow begeistert, weil Dr. Kohmeier ihm erklärt hat, er möchte
drei Firmen haben, eine in Rumänien, wo er eine grosse Kooperation mit
Kapitalbeteiligung an einer rumänischen Firma eingegangen ist, eine in
Bulgarien und die dritte in Wien und mit diesen drei Firmen möchte er
auf der ganzen Welt womöglich gemeinsam Ketten verkaufen. Popow meinte
dies sei ein moderne amerikanischer Unternehmertyp und er ver-
srpicht sich sehr viel davon.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Hier sollten unsere Kooperationsreferenten Zembsch
und die Branchenreferenten wirklich dahinterkommen
was an konkreten Absichten und Möglichkeiten, die
österr. Firmen tatsächlich haben.
Trotzdem es ein inoffizieller Besuch ist, gibt es Essen, Gegenessen,
also den ganzen Jammer, der mich besonders immer am meisten stört.
WEnn dann irgendetwas durch Zeitverschiebung anders geregetl werden
muss als wir es ursprünglich geplant haben, zeigt sich, wie sehr
unser Haus unbeweglich ist. Die Vertragsunterzeichnung sollten um 15.30
sein, wurde auf 15 Uhr schon am vorhergehenden Tag festgelegt udn das
Endergebnis war, dass der Saal bei uns zugesperrt war, die Füllfedern
ausgetrocknet und der Wein dann nur mit Untertützung von Min.Rat Zembsch
der ihn géingeschenkt hat, aufgewartet werden konnte. Ottahal meinte, er
hätte ausdrcklich mit Dersch alles besprochen, Dersch hätte auch erklärt
es sei alles in Ordnung, Fälbl hat sich natürlich auch sehr geärgert,
weil letzten Endes er ja auch mitverantwortlich ist, geklappt hat
es nicht sondern wir mussten wieder ienmal ungeheur improvisieren.
Tagesprogramm, 28.6.1973