Freitag, 18. Mai 1973
Im Unterausschuss des Handelsausschuss geht es in der zweiten
Runde nicht so schnell wie manche gehofft haben. Trotzdem kommen
wir natürlich bedeutend schneller vorwärts als in anderen Unteraus-
schüssen. Es gibt welche, wo wenn zwei Paragraphen an einem Tag ge-
macht werden, dies als eine besondere Leistung bezeichnet wird. Aller-
dings haben wir ja durch ein Jahr VOrarbieten mit der Handelskammer
das Feld weitestgehend abgesteckt und die grössten Differnezen schon be-
reinigt. Trotzdem wird es glaube ich noch einige Wochen dauern,
bis wir endgültig alle FOrmulierungen durchhaben. Dann beginnt das
gross Tauziehen wegen der finanziellen Gesetzesnovellen sowie die Novel-
le des Genossenschaftsgesetzes und auch bezüglich der Zugehörigkeit
der Arbeitnehmer von den Lagerhausgenossenschaften, auch wenn diese
der Gewerbeordnung unterliegen, zu den Landarbeiterkammern. Im letzten
Punkt sehe ich keine Möglichkeit eines Kompromisses. Ich nehme an ,
dass sowohl Häuser als auch die Arbeiterkammer einen solchen Vorschlag
ganz rigoros ablehnen, doch brauche ich mir darüber jetzt noch nicht
den Kopf zu zerbrechen. Jetzt muss vor allem die Formulierung im
Unterausschuss für die Gewerbeordnung gefunden werden.
Die BEsprechung: Stabilisierungsabkommen mit den Landeshauptleuten und
Finanzreferenten verlief in meinen Augen negativ. Der einzig konkrete
Vorschlag von Androsch, die 15 %-ige Bindung, welche die Länder auch
durchgeführt haben und welche jetzt durch die Mehreinnahmen aus dem
Finanzausgleichsgesetz den Ländern Überschüsse geben, d.h. die höheren
Ertragsanteile bei der Nationalbank auf eine gewisse Zeit stillzulegen,
wurde ganz entschieden abgelehnt. Schweda als Sprecher der Finanzrefe-
renten hat erklrt, dass sie sich mit einem solchen VOrschlag bereits
beschäftigt hätten und einstimmig ablehnen. Androsch hat angeduetet,
dass er gegebenenfalls das Finanzausgleichsgesetz novellieren wird,
doch glaube ich kaum, dass er sich so etwas traut, da Schweda sofort
replizierte, dass hier die Gemeinden aber auch die Länder alle ihnen
zur VErfügung stehenden Mittel nützen würden, um gegen eine solche
Gesetzesnovelle zu agieren. Bezüglich des VOrschlages, bei den Bauten
sichm zurückzuhalten, die 90 Mia Bauvolumen werden zu 70 % von der
öffentlichen Hand, davon 15 % Bund und 55 % Länder und Gemeinden ver-
baut, könnten durch allegemeine Erklärungen, dass man ZUrückhaltung
üben wird, zumindestens optisch einen Erfolg bringen. Der Vorschlag
Androsch, fliegende KOmmissionen einzusetzen, aht zumindestens solange
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ich noch anwesend war, ebenfalls kein positives Echo gebracht.
Die 9. Konfrontation der Mitglieder des Bundesjugendringes über die
Lehrlingsausbildung verlief äusserst friedlich. Sinowatz war am Vor-
mittag dran und es kam zu keinerlei agressiven Angriffen. Am Nachmittag
wo ich ihn abgelöst habe, ging es ausschliesslich um die Lehrlingsfrage,
isnbesondere ob sie weiter in der Gewerbeordnung verankert bleiben soll,
ob man nicht staatliche Lehrwerkstätten einrichten sollte, wie der VSM
und die FÖJ vorschlug, und wie man ds Image der Lehrlinge allgemein heben
könne. Die Diskussion verlief ebenfalls sehr harmlos. Kreisky selbst dürf-
te dies, er hat kurz eine Einleitung vormittags gegeben, bemerkt haben,
denn er hat für die nächste Jugendkonfrontation das Problem über die
Privilegien zur Debatte gestellt. In dieser Beziehung bewunderte ich ihn,
dass er immer mit denselben Leuten aus dem Bundesjugendring alle Probleme
von denen er annimmt, dass sie die Jugend interssiert, stundenlang
diskutiert. Ich hätte wahrscheinlich scon längst diese Gruppen als Berufs-
diskutierer klassifiziert und ein anderes Forum oder eine andere Me-
thode der Konfrontatin gewählt.
Die Aktionen: Versprochen und Gehalten, die die Wiener Bezirke jetzt
mit Stadträten und mit Ministern durchführen, sind wie allgemein festgestel
wird, nur sehr schwach besucht. Ich selbst konnte sowohl im 9. als auch
im 3. und auch im 23. Bezirk feststellen, dass nur 100 Besucher ungefähr
anwesend waren. Für die Landstrasse und für Liesing war dies ein sehr
schlechtes ERgebnis. Am Samstag hatte ich dann die Aktion in Simmering.
Hie wwaren es wengistens 220 Personen. Die Genossen selbst sind sehr depri-
miert, dass so wenig sich dafür interssieren. Ich bemühe mich und es gelin
mir bis jetzt hervorragend, wie ich bei aller BEscheidenheit feststellen
möchte, die Genossinnen und Genossen durch aufgelockertes Referat mit
rcht viel Wiener Schmäh und einigen Gags die Zuhörer auf ihre Rechnung
kommen zu lassen. Suttner in Liesing meinte, dass ich Muliar ganz ent-
scheidnede Konkurrenz mache. In Wirklichkeit glaube ich, dass unseren
Genossinnen und Genossen nicht zuletzt weil viele Referenten oft in die
Bezirke geschickt werden und der Bezirksobmann und der Sekretär unsere
Funktionäre dann mit Gewalt zusa-mentreibt, über diese Art der faden Re-
ferate mehr als genug haben. Ich hoffe zumindestens, dass dies der Grund
ist, warum sie jetzt so versammlungsmüde sind. In 8 Tagen werden wir
es wissen, ob es vielleicht noch andere GEsichtspunkte gibt, dass unsere
Mitglieder und Funktionäre für diese Thema nicht zu gewissen sind.
Tagesprogramm, 18.5.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)