Donnerstag, der 15. März 1973

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Donnerstag, 15. März 1973

Das Referat auf der Ökonomischen Konferenz

Wenn ich hochgestochene REden Lesen könnte, und wenn ich dies wollte
dann gäbe es vielleicht für dieses Problem eine Lösung. Da ich
dies aber weder Kann noch will, bleibt mir nichts anders übrig
als eben zu meinem Stil so schnell wie möglich zurückzukehren.
Am deutlichsten bemerkte ich dieses Problem als ich dann nach der
ökonomischen Konferenz die Eröffnung des Einkaufszentrums von
Kaindl vornahm. Hier hatteich meinen Stil wieder gefunden. Das
befriedigte mich und ich glaube auch die Zuhörer. Ich erinnere
mich auch jetzt noch an eine öhnliche Situation in der Oppositions-
zeit. Damals hatte ich den Auftrag erhalten, das Wirtschaftspro-
gramm im Plenum darzulegen. Für mich war dies eine vollkommen unbe-
friedigende Aufgabe. Da ich dozierend die einzelnen Kapiteln,
die ich gar nicht erwartet hatte vortragen musste. Waldbrunner
und andere Genossen kamen dann zu mir und beglückwünschten mich
zu diesem entscheidenden Referat. Ich hab mich damals nur gewundert.
MIr persönlich hat es weder Spass gemacht, noch habe ich gefunden,
dass es meinem Stil entspricht, noch war ich überzeugt, dass dies
wirklich eine gute Rede gewesen ist. Jetzt werde ich immer mehr
in dieses Fahrwasser gedrängt. Ich kann und will nicht.

Koppe hat sich vor der Ökon.Konferenz den Kopf zerbrochen, ob es
nicht zielführend wäre, wenn wir anregen, dass Arbeitsgruppe dann
Einzelprobleme, die vielleicht bei der ökon. Konferenz nicht im
Detail bearbeitet werden können, in Arbeitsgruppen weiterzuspinnen
und dort dann einer Lösung zuzuführen.. Da ich nicht der Veranstal-
ter dieser Konferenz war, hatte ich nur zum Schluss darauf hingewie-
sen, dass es zielführend ist, das Gehirnschmalz und die Aktivitä-
ten der Mitglieder der Ökon.Konferenz weiter arbeiten zu lassen.
Scheinbar hatte entweder Waldbrunner oder Kreisky auch das Ge-
fühl, dass hier mit dieser Ökon.Konferenz nicht mit den Referaten
insbesondere das von Rothschild und Androsch war hervorragend,
sein Bewenden sein zu lassen. Deshalb wurde ex präsidium zwischen
den beiden Kreisky und Waldbrunner vereinbart, Arbeitsausschüsse ein-
zusetzen. Wir sollten uns in unserem Arbeitsausschuss ein verhältnis-
mässig bescheidenes Programm geben. Vor allem gibt es jetz die
Möglichkeit, unseren Energie-Ausschuss in diesen Arbeitsausschuss


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zu integrieren. Ich kann mir nämlich nur so vorstellen, dass wir doch
Arbeitsgruppen für einzelne Probleme einsetzen. Z-B- wird es notwendig
sein, über die Preisregelung und gesamte Preispolitik eine solche
Arbeitsgruppe zu installieren. Damit ahben wir eine parteipolitische
Deckung für unsere Absichten. Kienzl selbst wollte beim Mittagessen
womöglich schon von mir einen vollkommenen Plan haben, damit er sich
entscheiden kann, zu welcher Arbeitsgruppe er sich letzten Endes
meldet. Ich glaube, dass wir uns das genau überlegen sollten und
vor allem dann natürlcih abgrenzen gegenüber den Arbeitsgruppen
von Androsch. Prinzipiell werden natürlich wieder die REssortaufgaben
einerseits im Vordergrund stehen müssen. Ich selbst plädiere unbedingt
für Energie, Preispolitik und Fremdenverkehr.

ANMERKUNG FÜR WANKE KOPPE HEINDL: GEHART: Eine Aussprache erscheint
dringend notwendig, um unsere Tätigkeit genau abzugrenzen. Da es sinn-
los wäre, ein zu grosses Arbeitsprogramm zu nehmen, das wir dann letz-
ten Endes in der Praxis nicht durchziehen können und als einziges Er-
gebnis über eine theoretische Arbeit nicht hinauskommen würden, die
letzten Endes auch die Mitglieder unbefriedigt lassen muss.

Mit Ernst Winkler und Blaha besprach ich die Möglichkeit, doch mit
Einführung der neuen Preisregelungskompetenz für Brotgetreide die
Zuschuss- und Abgaberegelung fallen zu lassen. Ernst Winkler, bisher ein
absoluter Verfechter der Marktordnung und des Systems, wie wir es der-
zeit haben, meinte, dasss es jetzt wirklich an der Zeit wäre, etwas
zu ändern. Er ärgert sich scheinbar masslos, dass die Bauernvertreter
insbesondere natürlich der Bauernbund ununterbrochen Forderungen an
die Regierung stellen. Hier meint er, das könne man nicht anders rea-
gieren, als eben das System für sie in Frage zu stellen. Blaha teilte
diese Meinung. Ernst Winkler dürfte leider auch mit Weihs nicht einen
sehr guten KOntakt haben. Er meinte, dass im Arbeitsbauernbund der
Vorstand die Tatsache, dass ich es gewesen bin, der vorgeschlagen
hat, dass ein Arbeitsbauernbündler in die Weinkommission kommt, dort
grosse Verärgerung über Weihs ausgelöst hat. Er brachte dies dadurch
zum Ausdruck, dass er sagte: der nächste Landwirtschaftsminister
müsste nach Vorschlag des Arbeitsbauernbundes ich sein. Das hätte
mir gerade noch gefehlt. Ich glaube, dass es wirklich sehr schlecht ist,
wenn ein Minister eine andere Materie eine positive ERledigung durch
oft reinen Zufall erreicht. Das muss fen Eindruck erwecken, als ob er
besser wäre als der zuständige Ressortminister. Ich kann mir sehr gut vo


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vorstellen, dass dies auch in unserem REssort vorkommt und vorkommen
kann. Wenn wir infolge finanzieller Mängel irgendwelche Projekte ablehnen
oder zumindestens erklären, dies können wir nur dann tun, wenn der
Finanzminister die entsprechenden Mittel gibt und dann der Finanzminister
angesprochen wird und diese Mittel bereitstellt, muss es den Eindruck
erwecken, als wen ich nicht wollte und der andere Minister eben das
dann durchzieht. Aus diesen Gründen kann es meiner Meinung nach auch
für andere Minister nur unangenehm sein, wenn ich gelegentlich dasselbe
tue. Dies ist auch einer der Hauptgründe, warum ich Ursprunger ausein-
andergesetzt habe, dass wir die Aktionen, die er jetzt im Rauristal
machen will, nur im Einvernehmen und auf VOrschlag von Weihs machen kön-
nen. Ähnliches spielt sich sicherlich auch auf dem Gebiet der Preis-
regelung mit Rösch ab.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte hier immer grösste Vorsicht walten lasssen
da ich nicht den Eindrukc erwecken möchte, mich
in die Kompetenzen anderer Minister einzumischen.

Bei der Eröffnung von Cercle Wien konnte einmal mehr nicht nur die
KUgel sondern auch der Schmäh rollen. Durch ZUfall war die erste Kugel,
die ich warf, eine rote. IN weiterer Folge passierte das dann noch
einige Male. Cissy Kraner, scheinbar eine leidenschaftlicher Roulette-
spielerin, denn sie war ganz ungeduldig endlich beginnen zu können,
fragte mich um eine Zahl. Ich antwortete natürlich sofort ich würde
nur auf rouge setzen mit dem Unterschied, das bringt nichts, weil es
ja nur verdoppelt. Meine Argumentation dagegen sofort: aber dafür umso
sicherer. Als dann schwarz kam, meinte ich, das sei nur Graz. Zum
Glück brauchte ich dann keine weitere Kugel mehr zu werfen. Fast hätte
man dies als delphisches Orakel auffassen können, wenn nämlich vielleicht
wirklich noch einige Mal schwarz gekommen wäre. Was mich überrascht hat
war, dass Dr. Wallner , der Direktor von der Casino AG mir mitteilte,
dass bei der heutigen Eröffnung, wenn dann die echten Spieler
kommen und die Adabeis, die das ganze Cercle bevölkerten weggegangen
sind, wahrscheinlich mit 50 Mill. S Umsatz zu rechnen ist. Da sieht
man, wieviele Leute bereit sind, die Teppen-Steuer zu bezahlen. Für
den Staat eine einmalige Einnahmegelegenheit aber auch für die Casino-
AG ein ganz schöner VErdienst.

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Tagesprogramm, 15.3.1973




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Finanzminister
    GND ID: 118503049


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
        GND ID: 130620351


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Architekt


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: AK


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SChef HM
              GND ID: 12195126X


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 119100339


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                  GND ID: 102318379X


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                      Tätigkeit: Ökonom


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                        GND ID: 118566512


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 114650888


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: GD Casinos Austria


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