Montag, 12. März 1973
Beim jour fixe mit Mussil mache ich ihn neuerlich darauf aufmerksam,
dass die Zollämterermächtigung in den VErträgen, die ich mit Zu-
stimmung ja sogar auf Formulierung der Handelskammer abgeschlossen
habe, auch die verfahrensrechtliche Meistbegünstigung beinhalten.
Aus diesem Grund sehe ich keine Möglichkeit, auf den Termin 1.1.1975
alle die diesbezüglichen WÜnschen der Oststaaten zu verschieben. Aus-
serdem erkläre ich, dass unmöglich dann alle Verfahrensrechtlichen
Neuerung bis zu diesem Zeitpunkt sofort eingeführt werden könnten,
ohne dass eine grosse GEfahr für die österr. Industrie rein auf Grund
der-sofortigen Umstellung erfolgen könnte. Mussil ist bereit, sofort
in einem kleineren Kreis nach Rückkunft von Gleissner, das
Problem neuerdings zu verhandeln. Er ersucht nur wegen eines
kleineren Kreises, da er wie er sich ausdrückt mit Fälbl sich
sehr schwer spricht. Da ich ja doch entschlossen bin, auf alle
Fälle die bereits festliegenden Daten durchzuziehen, kann dies
natürlich auch in einem kleineren Kreis besprochen werden. Auf alle
Fälle würde Min.Rat Meisl daran teilnehmen.
Ich setze Mussil auseinander, dass er den Kampf gegen das Handels-
ministerium wegen der Durchführung des Preisbestimmungsgesetzes
verlieren muss. Alle Unterlagen hat die Handelskammer bekommen.
Gegen Ende der BEsprechung ruft er Dr. Hecke, dem ich die Einztel-
Heiten auseinandersetze, der sie aber sehr gut kennt. Hecke bestreite
nicht, dass die von uns getroffenen Massnahmen gesetzlich gedeckt
sind, bis auf die Ausnahme wie er glaubt, dass wir auch die ent-
sprechenden beanständeten Preise, die nicht von behörlidchen Organen
kommen, den behördlichen Organen zur Exekutierung geben. Ebenso
beschwert er sich, dass in den Von-bis-Preisen die Preiserhebungen
der freiwilligen Mitarbieter insbesondere der soz. Frauen beinhal-
tet sind. Die Handelskammer glaubt noch immer, dass wir tausende
Preise von diesen Orgnaisationen insbesondere von den soz. Frauen
erhalten haben. In der letzten Preiserhebung sind aber nun minimale
Abteilungen von den soz. Frauen bekommen. Mussil ist bereit, die An-
griffe sofort einzustellen, wenn wir bereit sind , die Von-bis-Preis-
veröffentlichung aufzugeben. Da ich bemerkte, dass Mussil an diesem
Wunsch sehr gelegen ist, schlage ich ihm vor, nicht die von-bis-Preis-
veröffentlichugn aufzugeben, wenn er den Kampf gegen das HM einstellt
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sondern wenn wir uns unverzüglich zu einer besseren Regelung aller
Preisprobleme zusammensetzen und womöglich sehr schnell eine Überein-
stimmung überunsere weitere Vorgangsweise besprchen und vereinbaren.
Dazu erklärt er, dass er in so kurzer ZEit keine Möglichkeit sihet.
Ich glaube aber, wenn wir hier ihm entgegenkommen, dass wir unverzüg-
lich BEsprechungen in der Richtung umfassende Preispolitik einzugehen
dann in Aussicht stellen, die von-bis-Preise-Veröffentlichungen einz.
stellen, wir schnellerzu einer Gesprächsrunde kommen können. Mussil
erklärt, er wird alle Unternehmer zu Auskunftserteilung über ihre
Preiserhebung, die im konkreten computergespeichert ist, ins Handels-
ministerium schicken. Er spricht davon, dass er eine Ameisenstrasse
von der Handelskammer über den Stubenring ins Handelsministerium
eröffnen wird. Soviele tausende wird er schicken. Dieser Bluff
wirkt auf mich überhaupt nicht, denn selbstverständlich werden
wir jeden einzelnen Unternehmer, der kommt, mitteilen, dass seine
Erhebungsergebnisse bei den Bezirkshauptmannschaften oder Mag.
Bezirksämtern liegt und dort eingesehen werden kann. Dort kann
er auch gleichezitig mit dem Erhebungsorgan KOntakt aufnehmen.
Mussil weist darauf hin, dass jetzt auf dem Arbeitsverfassungsgebiet
es handelt sich um die Mitbestimmung der Arbeiter, die fOrderung
des Sozialministers resp. der Gesetzentwurf für ihn und die Handels-
kammer vollkommen unakzeptabel sei. Er selbst hat grösste Befürch-
tungen, wenn dies Gesetz werden sollte. Scheinbar will er sich
auf diesem Sektor nicht einmal mit meinem Hinweis, den ich vor
längerer ZEit schon machte, begnügen, dass im Rahmen der Sozialpartner-
schaft über diees Problem ja noch gesprochen werden kann und sollte.
Die ÖVP dürfte in diesem Punkt beschlossen haben, da auch der ÖAAB
schwer sich gegen diesen Gesetzentwurf ausspricht, den Kampf sofort
dagegen aufzunehmen und erst gar nicht auf VErhandlungen sich allzu
sehr sich einzulassen.
Mussil frägt, was mit den Verkehrsgesetzen, die von der Verkehrs-
kommission im Frühbauer-Ministerium ausgearbeitet wurden, jetzt ge-
schieht. ICh erkläre, dass sobald wir diese erhalten, in die Begut-
achtung ein entsprechender Entwurf geschickt wird. Damit sit Mussil
sehr einverstanden, da er ja die Gesetze so bald wie möglich im
Parlament haben möchte. ICh selbst sehe allerdings keine Veranlassung
mich besonders zu beeilen. ICh bin überzeugt, dass ihm Rahmen der
Begutachtung einige wesentliche Änderungen kommen werden, die mich
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dann veranlassen werden, neuerdings die Verkehrskommission bei
Frühbauer dann damit zu beschäftigen. und dadurch die ganze Gesetzes-
materie erst von Frühbauer selbst wenn das grosse Kompetenz mit 1.1.74
in Kraft tritt bei ihm abgewickelt werden soll.
Im Berggesetz fürchtet er, dass wir im Handelsministerium auch
der Gemeinde Parteienstellung geben. Ich teile ihm mit, dass noch
nicht die endgültige Formulierung des Gesetzentwurf gefasst werden
kann, weil noch immer die Stellungnahme der Handelskammer aus-
ständig ist. Beabsichtigt ist aber nur den Ländern Parteistellung zu
geben. Die Handelskammer wird wie Mussil sagt, sich gegen eine
Gemeindeparteistellung - wie Mussil sagt – mit aller ENtschieden-
heit aussprechen. Genau eie solche Stellungnahme brauchen wir.
Auch bezüglich der idfferenten Auffassung wegen der Einstufung von
Magnesit wird die Handelskammer jetzt endgültig STellung beziehen.
Bezüglich der WÜnsche der Erdölindustrie auf Grund ihrer jetzigen
BEsprechungen, die einen positiven ABschluss erwarten lassen. Mit
dieser Auskunft ist Mussil zufriedne.
Als Waldviertler Mandatar interesiert er sich besonders, ob es
möglich ist, in Zwettl der Industriezone, die beabsichtigt ist,
einenWasserbehälter zu finanzieren. Ich erkläre rundwegs, dass
wir dies unter gar keinen Umständen schon allein aus präjudiziellen
Gründen und budgetärem Mangel durchführen können. Wichtig erscheint
zum Abschluss der von uns vorzulegenden Studie, dass endlich das
Institut für Raumplanung von der Landesregierung Detailinformationen
die diese besitzt, bekommt. Mussil wird diesbezglich intervenieren.
Bei dieser Gelegenheit bedankt er sich, dass ich in einem Brief
wegen Schmidt-Rehberg geschickt habe. Ich weiss aber genau, dass in
diesem Brief keine wie immergeartete Zusage gemacht wurde. Die Firma
Rehberg hat nur 90 % ihrer Schuhexporte jetzt mit einem Warenhaus in
London vereinbart, sie bekommt von dort die Leisten und produziert
Schuhe, die vor der Pfund-Abwertung noch einigermassen ksotendeckend
exportiert werden konnten. Jetzt ist dafür keine Möglichkeit mehr-
ICh kann mir nicht vorstellen, wie man Rehberg helfen kann. Ausser
dem England-Export hat die Firma fast ausschliesslich nach der SU
Schuhe exportiert. Die Firma hat überhaupt fast keinen inländischen
Absatzm was Mussil als katastrophal bezeichnet,e. Bei dieser Gelegen-
heit stelt Mussil auch neuerdings fest, dass sie keinerlei Wünsche
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bezügliche Betriebsansiedlungen in einigen Orten vom Waldviertel
haben. Z.B. meinte er, dass man weder in Gmünd noch in Siegharts
Arbeitskräfte zur Verfügung stellen könnte. In Siegharts hat eine
Textilfabrik Reithofer eine neue Produktionsstätte von Wien dort-
hin verlegt,hat das Werk auf 400 Beschäftigten ausgelegt und
hat jetzt maximal 70 Beschäftigte und kann diese 400 nie erreichen.
Dies bedeutet aber, dass der BEtrieb auf alle Fälle derzeit unrentabel
produziert und wenn er nicht bald 400 Beschäftigte irgendwo auf-
treibt, sperren muss. Der BEtrieb gewährt heute nicht nur kosten-
lose Werkküche und sonstige soziale Einrichtungen sondern möchtejetz
sogar ein Arbeiterhotel schaffen, wo die Beschäftigten, die von
weiterher kämen, dort auf Kosten der Firma wohnen könnten. Mussil
stimmt mit mir üverein, dass man bei der ANsiedlung von BEtrieben
im Waldviertel heute schon sehr vorsichtig vornehmen müsste.
Bezüglich der Nachfolge von Langer-Hansel in der ÖFVW tritt er nach
wie vor für Lukas ein, weiss aber, dass er keine Chance hat, den Mann
durchzubringen. Er würde an zweiter Stlele dann auf alle Fäl-
le Fröhlich vorschlagen, nimmt mehr oder minder aber zur KEnntnis
dass auf alle Fälle dieser Posten von uns ausgeschrieben wird.
Dr. Zedek hat ihm mitgeteilt, dass eine Appartement-Studie von der
Handelskammer vereanlasst wurde und dafür finazielle Bedeckung
gefunden werden muss. Das Handelsministerium sollte sich mit
300.000 S daran beteiligen. Da ich aber bereits einerzeit in
Tatzmannsdorf einen diesbezüglichenWunsch von Min.Rat Würzl auf
diesen BEtrag abgelehnt habe und maximal 100.000 S zugesagt, erkläre
ich auch Mussil, dass eine höhere Dotierung unter gar keinen Um-
ständen in Frage kommt. Mussil meint, er muss jetzt irgendwo die
finanziellen Mittel zusammenkratzen, um die Fremdenverkehrssektion
nicht hängen zu lassen. Dies ist sein Problem. Ich selbst erkläre n
nur denselben BEtrag für gerechtfertigt, den ich auch Würzl gesagt
habe. ICh halte nämlich es für vollkommen unmöglich, dass auf Inter-
vention dann wir mehr geben, als Würzl seinerzeit zugesagt hat,
dass er nach Rücksprache mit mir aufbringen kann. nämlich eben
100.000 S.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte achte darauf, dass Würzl jetzt diese
Zusage in offizeller Form und damit bindend f
für unsere Haus nach Rücksprache mit Marhold
abgibt.
Beim Journalistenfrühstück weise icherstmalig auf die Polemik
die ziwschen Wirtschaftsbund Dr. Busek und mir entstanden ist
hin und erkläre, dass dies eine Ausnahme ist. Eine Ausnahme in
zweifacher HInsicht, erstens, dass ich mich mit einer politischen
Materie so offensichtig beschäftige und in zweiter HInsicht, dass
ich hoffe, dass dies nach dreijähriger Tätigkeit die erste wirklich
konzentrierte Attacke des Wirtschaftsbundes ist und bleibt. Ehrlich
muss ich mir aber eingestehen, dass wahrscheinlich in der näch-
sten Zeit öfter vom Wirtschaftsbund solche Attacken kommen werden.
Ich glaube auch, dass die ruhigen ZEiten vorüber sind. Je mehr
einzelne Wahlen verloren gehen, dasto störker wird die ÖVP an-
greifen und desto mehr wir d auch der Wirtschaftsbund in dieses
Kampfgeschehen eingreifen. Sallinger als Obmann dieser ORganisation
wird selbst wenn er sich dagegen wehren möchte, sich kaum durchset-
zen. Selbst Herr Bauer, der einen offenen Brief an den Handels-
minister in den Zeitungen veröffentlicht hat und BEsprechungen
mit Römer, Wagner und Hönel führt, erklärt mir, nachdem ich
ihm seine UNgehörigkeit des VOrgehens vorgeworfen habe, dass
er sehr wohl sehr interessiert ist, wenn er nächstes Mal wieder
auf der Messe ausstellen kann. Ich erkläre mich bereit, für ihn
bei der Messe zu intervenieren.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: BItte diesbezügliche Gespräche mit Proges
führen, wenn es gelingt, Römer oder Wagner
den Fall positiv zu erledigen.
Bei der Enquete der Metallarbeitergewerkschaft über die Lehrlings-
fragen hat Jagoda referiert und ich komme gerade auch zu
seinem Schlusswort zurecht. Jagoda erkennt die Probleme genau, ver-
steht diese LEute auch für seine Ideen zu gewinnen.
Bei dem Vortrag im Rotary-Club wo einige Bekannte aus der Wirtschaft
teilnehmen, hat sich als anderer Rotary-Gast Präs. Igler eingefun-
den. In seinem DIskussionsbeitrag meint er nur bezüglich der Ex-
portindustrie, dass wir eine autonome Währungspolitik betreiben
sollten, was ja sicherlich der Fall sein wird. Bezüglich der Ent-
wicklung des Handelsbilanzdefizites von der meine Auffassung,
dass dies nicht allzu kritisch sei, nur meint er, dass in weiteren
grosen gemeinsamen Markt verbleibende Europäer Österreich nach
der Übergangsfrist nach 1977 bis 1980 einen grösseren Anteil an
dem Binnenmarkt haben wird . Österreich wird dann innerhalb der
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durch Nullzoll und andere handelsmässige restriktive Massnahmen
verbunden sein, d.h. eigentlich fast Mitglied des Binnenmarktes
sein. In diesem FAll wird nicht nur unser Export auf das Zwei- bis
Dreifache anwachsen, sondern auch die Importe werden um diese Menge
steigen. Für mich ist diese Äusserung in aller Öffentlichketi von
ihm abgegeben von grösster BEdeutung, weil, wie ich dann in der Er-
widerung festhalte, es vereinzelt LEute gibt, die nur eine Export-
steigerung erwarten und wünschen, ohne den Namen zu nennen, habe ich
eben hier an Mitterer gedacht und Igler weiss dies auch sehr
genau-
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Ich glabue, dass wir diese Äusserung in einer
späteren Pahse, wenneinmal eine entsprechende
Attacke wegen unserer Exportpolitik kommen
wird, dringendst benötigen werden können. Bitte
für diesen Zeitpunkt aufheben.
Sekt.Chef Jagoda erklärt sich bei eienr BEsprechung bezüglich der
Anreicherung seiner Sektion mit zusätzlichen Agenden ausserstande.
alle diese Arbeit von ihm persönlich durchführen zu können. Jagoda
"leidet" unter genau demselben Fehler, den auch ich habe. Er möchte
sehr gerne alle Details selbst zumindestens überwachen, wenn nicht
sogar selbst durchführen. Dass er dazu aber ausserstande ist, ist für
mich vollkommne klar. Trotzdem bleibt uns im Zuge des grossen Kompetenz-
gesetzes gar keine andere Möglichkeit, als z.B. die Entflechtung des
Patentamtes, d.h. die Herausnahme des Gewerblichen Rechtsschutzes
durchzuführen und sie einer Sektion zuzuteilen. Natürlich könnten
wir eine eigene Sektion machen, dch halte ich wie auchvor allem
Heindl eine solche Vorgangsweise als nicht zielführend. Gehart hat
zwar ein Konzept entwickelt, das diesen GEdankengang REchnung trägt,
doch glaube ich, dass politisch eine weitere Sektion als Ausdehnun
des Ministeriums bezeichnet wird und kaum durchzustehen sein wird.
Ausserdem fehlen uns derzeit die entsprechnedne tüchtigen Leute.
In diesem Fall bleibt uns nichts anderes übrig, als eben die ent-
sprechenden Agenden aus dem Patentamt wenn sie herausgelöst sind,
dann aus Einsparungsgründen erklärt wird, dass diese Agenden einer
Sektion zugeteilt werden. Jagoda kann auf GRund des Ministeriums-
gesetzes sich ein entsprechendes Büro,des Sektionsleiters einrichten
und mit Hilfe von tüchtigen jungen LEuten, er denkt an zwei, die not-
wenidge Arbeit delegieren und durchführen lassen. Als Muster kann ihm
das Ministerbüro und vor allem die Sektionsleiter-Büros bei der Sek-
tion I und III, die jetzt schon bestehen und dann durch das Ministerien-
gesetz sanktioniett werden, dienen.
In der Ministerratsvorbesprechung ersucht Kreisky, dass die
Wirtschaftsminister am Mittwoch abends nach seinem Referat bei
den Eingeladenen verbleiben, da er selbst zu einer anderen Ver-
anstaltung muss. Er erklärt, er wird maximal eine Rede von 3/4
Stunden halten und anschliessend daran eben eine DIskussion ab-
wickeln. Nach dem Nachtmahl sollen aber auf Anregung vom Finanzmini-
ster die Wirtschaftsminister und insbesondre auch Firnberg bei den
eingeladenen verbleiben. Kreisky selbst hat von der ganzen
Konferenz jetzt ein sehr unangenehmes Gefühl, da er ja ausser nach
seinem Referat erst am nächsten Tag den Leuten nach dem Mittagessen
eine kleine Möglichkeit gibt, eine Diskussion abzuführen. Ich bin
ja überzeugt, dass diese Art der Abwicklung der Experten-Aktivitäten
weder für die Teilnehmer noich für die Regierung befriedigend sein
kann. Kreisky meint dann noch, ob Weihs seine Änderungen des
Marktordnungsgesetzes nicht dort zur Diskussion stellen soll.
Weihs meint dazu müssten erst die Stellungnahmen der einzelnen
Interessensvertretungen abgewartet werden, die auch von der AK
noch nciht vorliegen. Trotzdem besteht Kreisky darauf, dass Weihs
Ideen dort zur Diskussion gestellt werden sollten. Kreisky möchte über-
haupt, dass eine politische Strategie von Ressortministern in Fragen
der Bauernpolitik vorgelegt und diskutiert werden sollte. Er verweist
neuerdings, dass 56 Mill. S für die Instruktoren ausgegeben werdn,
die nur gegen die Regierung polemisieren. Kreisky hat eine Infor-
mation von einer steirischen TAgung erhalten, die Weihs angeblich
auch kennt. Kreisky glaubt nun, dass wenn die Richtlinien vom
Land- und Forstwirtschaftsministerium den Instruktoren gegeben werden,
was sie und wie sie entsprechende Informationen den Bauern zu geben
haben, dann wenn sie dies nicht machen, zumindestens ein Verstoss
von Seite der Regierung festgestellt werden kann. Mit der Bauern-
politik, d.h. vor allem mit der Gegenargumentation gegen den Bauern-
bund haben wir viel zu spät begonnen. Hier sei es Aufgabe des Landwirt-
schaftsministers, eine eigene Strategie zu entwickeln. Auch der neue
Bergbauernkataster, der in drei Jahren fertig wird, Weihs korrigiert
dass dies in 1 1/2 Jahren der Fall sein kann, kommt nach Kreiskys
Auffassung zu spät.
Beim Staatsbesuch Schiwkows am 3. April sollen die Besprechungen
in der Präsidentschaftskanzlei stattfinden, obwohl nach Auffassung
Kreiskys der Bundespräsident hier keinerlei Kompetenz hat. Aus
Courtoisiegründen aber hat Kreisky dem zugestimmt und ersucht den
Aussenminister und den Handelsminister daran teilzunehmen. Fraglich
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ist, ob auch der Unterrichtsminister oder Wissenschaftsminister
daran teilnehmen soll. Kreisky würde dies sehr begrüssen.
Bei der Bürgerinitiative Sternwartepark entwickelt sich jetzt endlich
wie Kreisky meint, eine Gegeninitiative. Er selbst wird bei einer
Diskussion in Währing nicht Firnberg desavoieren sondern nur seinen
modifizeirten Standpunkt vertreten. Firnberg ist über diese ganze
Entwicklung sehr verärgert, was man aus ihren Antworten heraushört.
Rösch teilt mit, dass man für die Gegenbürgerinitiative Unterschrif-
ten am Sonntag z.B. bei einer Bezirkskonferenz in Lilienfeld gesammelt
hat. Firnberg wieder teilt mit, dass für die ursprünglich Initiative
im Türkenschanzpark die Frauen aufgesucht hat, um dort Unterschriften
zu sammeln. Kreisky selbst sagt, dass er noch niemals irgendwelche
Minister desavoiert hat, sondern immer dann den sachlich zustndigen
Minister das Kompromiss oder die Lösung verkünden liess. Diese Behaup-
tung trifft meiner Meinung nach nicht ganz zu. Im Falle der Datums-
regelung aht er sicherlich nicht den Landwirtschaftsminister Weihs
das Kompromiss mit der ÖVP aushandeln oder gar vereinbaren lassen
sondern hat dies im Zuge einer Besprechung der ÖVP letzten Endes
zugestanden. Ich selbst kann aber die Details natürlich nicth sagen
und wissen, da ich ja damals bei dieser Besprechung nicht anwesend
war. Kirchschläger bemerkt mir gegenüber mit recht, dass Kreisky
jetzt immer nervöser wird. Ich selbst führe dies – wie ich Kirch-
schläger erkläre – auf die Wahlniederlagen zurück, auch dann wenn
Kreisky sich das nicht eingesteht und damit im Zsuammenhang die zu er-
wartenden Spannungszustände, die natürlich innerhalb der Regierung
oder auch des Parteivorstandes oder sonstiger Gremien automatisch
entstehen müssen. Ichg laube, dass nämlich die Abnützungserscheinung
einer Regierung durch solche Spannungen entstehen, die zwischen den
einzenlnen Ministern oder zwischen einzelnen Gremien automatisch
auftreten. Scheinbar gibt es dagegen keine Lösung. Ich zumindestens
weiss keine. Die einzige Möglichkeit wäre die, nämlich dass eine
Regierung nicht mit Volldampf beginnt sondern so viele Kraftreserven
in Bereitschaft hält, dass sie dann bei entsprechenden Niederlagen
zeitmässig aber auch materiell ZUsätze und zusätzliche Aktivitäten
dann entfalten kann – genau das Gegenteil ist aber bis jetzt bei allen
Regierung der Fall gewesen. Jede Regierung steigt – wie man in Wien
sagt – mit dem ganzen GEschäft ein, muss dann in dem einen
oder anderen Punkt Schiffbruch erleiden und kann dann keine zusätz-
lichen freien Kapazitäten mehr einsetzen. Dadurch wird der Stress,
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unter dem die einzelnen Arbeiten leiden noch grösser und das End-
ergebnis sind dann entsprechnede Spannungen. Diesgilt natürlich
ganz besonders für den Bundeskanzler. Selbst wenn man am ENde einer
Regierungstätigkeit dann als Fazit das wahrscheinlich feststellen
wird, nützt es einem wenig, weil es keine Möglichkeit gibt, das
System zu ändern. Der VErsuch von Klaus durch Auswechslung von
Ministern dieses Problem zu lösen ist mehr oder minder auch ge-
scheitert.
ü ber die Frage der Nachfolge von Lotheisen entwickelt sich eine
für mich rechtlich schwer zu verstehende Debatte. So wie immer gibt
es verschiedene REchtsmeinungen der Verfassungsdienst meint, es
müsste ein neuer Dreier-Vorschlag erstellt werden. Gratz verweist
mit REcht darauf, dass wir auf alle Fälle im Parlament eine Debatte
bekommen. Kommt ein neuer VOrschlag, wird diskutiert, wird der zweite
vom Bundespräsidenten ernannt gibt es genau so eine Diskussion im NR
wahrscheinlich sogar eine dringliche Anfrage. Der Bundeskanzler ist
von dieser ganzen ANgelegenheit materill-rechtlich überhaupt nicht
berührt und zuständig. Er fungiert hier nur als Briefträger zwischen
dem VOrschlag des NR und dem Herrn Bundespräsidenten, sowie von
der Ernennung des Haerrn Bundespräsidenten als Briefträger zur Übermitt-
lung der Entscheidung an den Verfassungsgerichtshof resp. an den
zu Ernennenden. Trotzdem wird Kreisky sicherlich in der Debatte hart
attackiert werden.
Der jug. Botschafter war bei Broda um ihm für die Idee zu gewinnen,
Tito für dne Friedensnobelpreis vorzuschlagen resp. diesen VOrschlag
zu utnerstützen, Kirchschläger weist darauf hin, dass die Frist
mit l. Feber 1973 war und damit eigentlich schon abgelaufen ist.
Kreisky sagt mit REcht, wenn wir diesen VOrschlag unterstützen,
geben wir der ÖVP eine einmalige Chance uns zu attackieren und damit
endgültig die Wahlen in Kärnten zu verlieren. VOrschläge für einen
Friedensnobelpreis können alle Mitglieder des Nationalrates und
die Regierungen, die Mitglieder der interparlamentarischen Union
sind, vorbringen. Für die österr. Bundesregierung besteht diesbezüg-
lich keine VEranlassung.
Androsch berichtet über die Währungssituation. Die Hartwährungs-
länder Europas mit Ausnahme von GB, Italien und
werden und sollen gemeinsam floaten. Von den EWG-Finanzministern
werden Schweden, Norwegen, Schweiz und Österreich offiziell einge-
laden. Die DM wird um 3 % aufgewertet und die Benelux-Staaten ahben
sich noch nicht endgültig entschieden. Österreich wird die atuonome
DM-Aufwertung nicht voll mitmachen sondern mit einer Decalage von
1,5 bis 2 % durchführen. Dies soll aber auch nicht offiziell ver-
lautbart werden sondern man wird nur mit HIlfe der technischen Be-
rechnung unserer Wechselkurse eine solche geringfügige Aufwertung mit-
machen. Eine offizeille Erklärung möchte Androsch deshalb unter allen
Umständen vermeiden, damit, wenn wir später durch VErechnungsmethoden
diese Aufwertung wieder rückgängig machen, nicht von einer Ab-
wertung reden müssen. Dieser Lösungvorschlag nämlich alles mit
der TEchnik zu erklären und letzten Endes auch über die TEchnik
der Wechselkurserstellung abzuwickeln, halte ich für sehr zielführend
Wir ersparen uns dadurch eine riesige Polemik in der Öffentlichkeit
ob wir auf- oder abwerten und erreichen de facto einen TEilerfolg
den wir aus Stabilitätsgründen sicherlich benötigen. Andererseits
will Androsch selbst, wie er sich ausdrückt die Exportförderung
durch weitere Massnahmen, die bereits in der Vergangenheit teilweise
getroffen wurden, jetzt aber noch zusätzliche notwendig sind, unter-
stützen. Offen ist noch die Forderung der EWG, einen europäischen
Währungsfonds zu gründen und ob Österreich daran teilnimmt, sowie
ob die Interventionen, die letzten Endes von den europäischen
Währungen erfolgen sollen, nicht in Dollar durchgeführt werden können
Schweden hat seine Währungsreserve zur Gänze in Dollar und Österreich
hat auch grösstenteils Dollarbestände. Über diese Detailprobleme wird
noch zu verhandeln sein. Androsch fliegt deshalb vor allem, um sich
mit der Schweiz im einzelnen abzustimmne, einige Stunden nach Zürich.
Wird aber zur 17 Uhr-Sitzung morgen bereits wieder zurück sein.
Kreisky verweist neuerdings darauf, dass diese ganze Währungssituation
unsere Exportproblematik darlegt. Er glaubt, dass durch die neuen
Austauschrelationen grosses Schwierigkeiten für die Exportwirt-
schaft entstehen werden. Er warnt davor, dass wir nicht wiederin
eine Alpendollar-Situation kommen. Er meint damit, dass die
Währung Österreichs als ausgezeichnet betrachtet wird, unsere
Exportwirtschaft aber und insbesondere unsere gesamte Wirtschaft so
wie in der Zwischenkriegszeit dadurch sehr schwer geschädigt wird.
Mit Benya während einer Sitzungsunterbrechung zwischen Kreisky
Androsch und Benya das Problem besprochen und Kreisky teilt mit,
dass Benya damit einverstanden ist. Ich habe nie daran gezweifelt
dass Kreisky und Benya als auch für die verstaatlichte Industrie ver-
antwortliche den Exportinteressen denVorrang geben werden. Von
der seinerzeitigen Androsch-Konzeption, die Stabilität hat
VOrrang, sit natürlich jetzt nur mehr ein bescheidener Teil
übriggeblieben.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Du siehst, wenn ich als Handelsminister die
Stabilitätan die Spitze bei der Abwertungsfrage
gestellt hätte, wäre ich restlos übrig ge-
blieben.
Wenn man bedenkt, dass die GEfahr bestanden hat, wenn wir durch
entsprechnede Lohn- und Preiszugeständnisse in eine ungünstige
Austauschrelation in unserem Aussenhandelsbeziehungen kommen und
dann von mir aus gesehen noch als Arbeiterkammer-Mann als
Ausweg aus dieser Problematik gegebenenfalls eine Abwertung ins
Auge gefasst wurde, so hat sich die Situation doch wesentlich
zugunsten der Regierung jetzt verbessert. Trotz der Lohn- und
Preissteigerungen brauchen wird nicht an eine Abwertung zu
denken, sondern ausschliesslich nur ein Mittelmass der europäischen
Währungen beschreiten. Durch die VErankerung mit den anderen
europäischen Währungen kann die NB durch die Rechnungstechniken
einen Kurs der Währungsparitäten festlegen, der flexibel ist und
uns aus der Diskussion, ob wir abwerten oder aufwerten weitestgehend
heraushelfen. Da die ÖVP sicherlich für die Industrie eintreten
wird und die Handelskammer nicht so sehr fürchtet, als dass wir
eine grössere Aufwertung ähnlich der DM durchführen, wird es auch
in der Öffentlichkeit keienrlei Diskussion über diesen Beschluss
geben. Der Einwadn Wankes, den ich jetzt höre, dass abr letzten
Endes bei weiteren Preissteigerungen sich diese Politik
niederschlagen wird, trifft sicherlich zu, spielt aber eben in
politischer Auseinandersetzung nicht die Rolle, die Wanke angenom-
men hat. Das kleinere Übel acuh in meinen Augen ist das weit ent-
ferntere, nämlich die entsprechenden Preissteigerungen durch die
Nicht-Aufwertung zumindestens die Nicht-Aufwertung in vollem Um-
fang wie es die DM durchführt. Der unmittelbare Grund und
die nähere Entscheidung ist eben unsere Situation de Export-
industrie Wanke und allen, denen die Stabilität näherliegt, haben
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sicherlich in long run recht, wie sagt man aber ? In long run
sind wir alle tot, in diesem Fall dauert es allerdings nicht solange
aber sicherlich länger als eine Legislaturperiode.
Bezüglich des Gesetzentwurfes für ein Filmförderungsgesetz fragt
Kreisky Sinowatz und mich, wann mit einer VOrlage zu rechnen ist.
Nicht, dass ihn diese Materie besonders brennt, doch möhcte er
scheinbar irgendwo auf Interventionen anworten können, dass dies
jetzt bald zu einem Ergebnis kommt. Sinowatz erklärt, dass die
Verhandlungen sehr weit fortgeschritten sind und ich stelle neuer-
dings an den Finanzminister die Frage, ob undin welchem Ausmass er
bereit ist, budgetäre mittel dafür zur VErfügung zu stellen. Androsch
erklärt, dass die Filmleute bei ihm waren, 30 Mill. verlangt haben
und erklärt haben, das Geld werden sie verputzen. Darauf repliziere
ich, dass dies die falschen Leute waren, die mit ihm geredet haben,
wahrscheinlich dieselben, die auch bei Kreisky immer vorsprechen.
Trotzdem benötigen wir eine entsprechende Zusage des Finanzministers.
Ich habe ihn diesbezüglich schon einige Male angeschrieben. Ich glabue
die beste Lösung ist, wir bereiten jetzt einen Entwurf vor, den wir
dann Kreisky und Androsch als endgültigen ENtwurf des Handelsmini-
steriums zuschicken, wo bereits ein fixer BEtrag von einer gewissen
Minimumsumme, die das Budget zu elisten hat, enthalten ist, und ver-
langen dann konkrete Stellungnahme bis zu einem gewissen Termin,
sollte bis zu diesem Zeitpunkt keine negative Stellungnahme kommen,
werden wir den Entwurf in die Begutachtung schicken.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: BItte diese VOrgangsweise mit Unterrichtsmini-
sterium abstimmen.
Tagesprogramm, 12.3.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)