Freitag, 23. Feber 1973
Die ÖMV hat Meszaros, da Bauer erkrankt ist und Schmatberger, der
bei den Verhandlungen dabei war, Gruber und Reisinger über die Be-
sprechungen mit der Gas de France informiert. Die Ruhrgas, ÖMV und
Snamm wollen einen europäischen Gasverbund aufbauen. Zu diesem Zweck
wird die ÖMV wahrscheinlich von der Snam und von der Ruhrgas ent-
sprechende Gasmengen bekommen, die sie nachher, wenn die Algerier
oder die Sowjetunion mehr Gas liefern wieder körperlich zurückgeben
wird. Die ÖMV wird aber nichts dagegen haben, Bauer behauptete mir
gegenüber sogar er wird sich dafür einsetzen, wenn die ÖMV nicht zum
Zuge kommen kann, daß die Austro-Ferngas ins Konsortium für algerisches
Gas aufgenommen wird. Sicher ist jetzt bereits, daß Monfalcone eben-
falls Anlandehafen mit einer entsprechenden Leitung nach Süddeutschland
gebaut wird. Fraglich ist nur ob 6 Milliarden wie Reisinger glaubt, oder
4 Milliarden, wie Schmatberger annimmt, durch diese Leitung transportiert
wird. Da die Algerie angeblich schon eine Ausschreibung für ihre Hafen-
anlage und Verflüssigungsanlage für 13,5 Milliarden ausgeschrieben haben
und Vossiomär 9,5 Milliarden übernimmt, bleiben nur mehr 4 Milliarden
für Monfalcone. Gruber war der einzige, der dort sehr dezidiert er-
klärte, daß die Austro-Ferngas die ÖMV über alle Schritte vorher in-
formiert hat, während Meszaros, der die Verhandlungen sehr geschickt
geführt hat, erst jetzt die Austro-Ferngas informiert. Den gewünschten
Brief, den ich an alle Minister wegen Aufnahme der Austro-Ferngas in
das Konsortium schreiben sollte, habe ich alle anwesenden lesen lassen
und sie waren damit einverstanden. Die Austro-Ferngas wird sich jetzt
nächste Woche in Brüssel resp. in Paris bemühen in das Konsortium aufge-
nommen zu werden. Ich bin neugierig ob die Vertreter von der Gas de
France die bis jetzt sich dagegen ausgesprochen haben, wirklich ihren
Einspruch zurückziehen, wie Bauer dies mir gegenüber behauptet hat.
Bei der BÜRGES-Gewerbestrukturverbesserungsgesetz hat man vorgeschlagen,
daß ein Arbeitsausschuß über Änderung der Richtlinien verhandeln sollen.
Im Zuge des Stabilisierungsabkommens wurde bei der Verbändebesprechung
von Mussil die Forderung erhoben , daß die Richtlinien sowohl bei der
Stammbürges als auch im Gewerbestrukturverbesserungsgesetz zu Gunsten
der Unternehmer abgeändert gehört. Der Handelskammer schwebt vor, daß
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auch Betriebe, die aus Wohnvierteln in Industriegebiete übersiedeln
müssen, daß vor allem auch Unternehmer die Arbeitskräfte in andere
Räume z. B. Bayern abgeben, als Schwerpunktfälle in die Richtlinien
aufgenommen gehören. Ich habe anschließend mit Lacina von der Arbeiter-
kammer und den Vertretern des Gewerkschaftsbundes vereinbart, daß wir
wohl diese Forderung der Handelskammer uns überlegen sollten. Was die
Frage der Aussiedlungen aus Wohngebieten in Industriegebiete oder gar
von Wien in die niederösterreichischen Gemeinden betrifft, so könnte
nur dort ein Schwerpunktfall gesetzt werden, wenn diese Aussiedlung
auf Grund einer behördlichen Weisung oder im Zuge einer städtebauliche
Sanierung von der Behörde verlangt wird. Ansonsten würde jeder Betrieb
der übersiedelt erklärt, er müßte unter diese Richtlinien fallen. Be-
züglich der Stammbürges kommt eine gewünschte Änderung der Handelskammer
wonach auch Firmen, die die bankmäßige Deckung haben, unbedingt eine
BÜRGES-Zinsenzuschuß bekommen müssen, nicht in Frage. Hier muß man bei
den Richtlinien und den Statuten bleiben, weil ansonsten eine zu starke
Belastung des Budgets erfolgen würde.
Im Bundesparteivorstand hat Kreisky, Günter Grass und die Geschäfts-
führerin der Bürger- oder Wählerinitiative Schrötter vorgestellt.
Schrötter ist Architektin und hat jetzt die Organisation in den ver-
gangenen Jahren geführt. Grass selbst hat durch 7 Jahre für die SPD
Wählerinitiativen in den 11 Bundesländern der BRD aufgebaut. Am Abend
hat Grass dann sehr geschickt und literarisch mit einer blendenden
Sprache nochmals die Einzelheiten wiederholt. Im Parteivorstand wurde
insbesondere über die Finanzierung dieser Wählerinitiativen geredet.
50 % davon kommen aus der SPD die 2. Hälfte wird durch Verkauf von
Plakaten, Posters oder Ansteckplaketten, sogenannten Potten, herein-
gebracht, Ein solcher Brandtpotten kostete 9 Pfennige, wurde um 50
Pfennige verkauft und in Millionen aufgelegt. Der SPD Ortsverein oder
auch einzelne Berzirksorganisationen waren mit dieser Wählerinitiative
gar nicht glücklich und zufrieden. Grass selbst wird sich jetzt
zurückziehen und ich bin neugierig, wie dies ohne diesen bedeutenden
Führer an der Spitze dieser Wählerinitiativen weitergehen wird. Für
meine Person und die Landstraße kann ich mit ruhigem Gewissen behaupten,
daß wir diese Entwicklung kommen sahen und teilweise vorweggenommen
haben. Durch unsere Akademikerdiskussion kommen wir seit Jahrzehnt
an die Intellektuellen des Bezirkes besser heran und versuchen sie
nicht parteipolitisch zu organisieren. Durch die entsprechenden
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Forumsdiskussionen, insbesondere im AEZ, glaube ich haben wir genau
die Möglichkeit, die Grass anderen Indifferenten machen will und
gibt, bei uns schon eingeführt. Außerdem stehe ich auf dem Stand-
punkt, daß wenn sich bei uns auf der Landstraße irgendwo Bürger-
initiativen zeigen würden, daß wir sofort in diese eintreten müßten
um sie in die Hand zu bekommen oder zumindestens beeinflussen zu
können. Unter gar keinen Umständen darf man sich auf den eingefahrenen
Parteiapparat, der bei uns wesentlich stärker und besser ist als
in der BRD allein, verlassen.
Marsch und Kreisky berichteten dann über die Delegationen, wobei
mir aufgefallen, daß in den Aufsichtsrat der CA Hrdlitschka ent-
sandt wurde. Dies soll hauptsächlich dazu dienen, um ihn für die
nicht erreichte Vizepräsidentenstelle der Nationalbank moralisch zu
entschädigen. Die Aufsichtsräte zur Stahl AG wurden bestellt und
dort ist zu meiner größten Verwunderung auch Gatscha wieder no-
miniert worden. Sicherlich ist es für ihn ein schwerer Verlust, daß
er jetzt nicht mehr in den vier Aufsichtsräten der einzelnen Gesell-
schaften, wo er glaube ich gesessen ist, delegiert wird, sondern
nur in einem einzigen. Eben den konzentrierten. wenn man aber be-
denkt, wie Kreisky sich immer ganz entschieden und abfällig über
Gatscha geäußert hat, so hätte ich eigentlich angenommen, daß
er ihn überhaupt in keinen Aufsichtsrat mehr schickt. Dies geht
allerdings deshalb so schwer, weil er als Leiter der Sektion ver-
staatlichter Betriebe zweifelsohne ein gewisses Anrecht auf
die Nominierung hat. Marsch berichtete dann auch über die beab-
sichtigten Konferenzen der 4. ökonomischen und vor allem der
Verkehrskonferenz, die jetzt endgültig das Verkehrskonzept präsent-
ieren soll. Die Raumordnungskonferenz in Schärding soll primär
dazu dienen, um Oberösterreich und den bayrischen Raum sowie die
Abwanderung zu besprechen, aber hauptsächlich LH-Stv. Fridl eine
gute publicity über Fernsehen usw. zu geben. Kreisky kündigte bei
Beginn seines Referates unangenehme Sachen an und hat dann aller-
dings nur die Lehrerstreiksituation erwähnt. Ich hatte eigentlich
angenommen, daß er darunter auch die Stillegung des Verhältnisses
der Partei zum VSM meint und vorbringen wird. Zu meiner größten
Verwunderung wurde aber über dieses Problem überhaupt nicht im
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Parteivorstand berichtet. Scheinbar ist es im Präsidium zu keiner
einvernehmlichen Auffassung gekommen oder man hat gesagt, dieses
Problem erst zu einem späteren Zeitpunkt behandeln zu wollen.
Probst hat bekanntlicherweise im letzten Wiener Vorstand und im
Wiener Ausschuß angekündigt, daß der Parteivorstand sich jetzt
endgültig mit dieser Frage beschäftigen müsse. Die wirklichen
Entscheidungen in politischer und wirtschaftlicher Bedeutung fallen
in Wirklichkeit im Präsidium nicht einmal dort, sondern mit Einzelaus-
sprachen w zwischen Kreisky, Benya, Waldbrunner und vielleicht noch
einigen anderen Bilateralen. Natürlich muß aus rein formellen Gründen
dann im Parteivorstand dann die entsprechenden Bestätigung von De-
legationen, Kongressen, Parteitagen usw. eingeholt werden.
Bei den Handelsdelegierten aus Süd-Europa ist außer Meisl nach
langer Zeit wieder SChef Reiterer dabei gewesen. Der Handelsdele-
gierte aus Griechenland Haschtschisch berichtet, daß die Vertreter
österreichischer Waren ihm immer mehr erklären, daß sie in Hinkunft
nicht mehr durch die Diskriminierung auf dem Zollsektor im Stande
sind, österreichische Exportgüter zu vertreten. Griechenland hat
mit der EG ein Assoziierungsabkommen und senkt die Zölle jetzt syste-
matisch. Die griechische Regierung hat vor einiger Zeit den Wunsch
geäußert, bilaterale Besprechungen mit Österreich zu führen, um
ev. auch eine entsprechende Regelung für Österreich auszuhandeln.
In den letzten Wochen haben sie sich aber nicht mehr gerührt. Wahr-
scheinlich spielen politische Gründe da mit, denn sie würden sofort
kommen, wenn wir eine entsprechende Ministerbesprechung ansetzen
würden. Noch lieber wäre es sicher den Griechen, wenn wir nach Grie-
chenland fahren würden. Ich habe dezidiert erklärt, daß das Handels-
ministerium bereit ist alle Voraussetzungen zu schaffen, um die wirt-
schaftliche Situation zu normalisieren, d.h. den österreichischen Ex-
porteur die Möglichkeit zu geben den griechischen Markt zu halten.
Ich habe dies auch bei der Steyr-Daimler Puch bewiesen, ich bin aber
nicht bereit, hier die politische Aufwertung des griechischen Militär-
regimes auf Wirtschaftsgebiet durchzuführen. Eine Einladung von mir
nach Griechenland kommt nicht in Frage.
Ähnliche Verhältnisse bezüglich des EG-Assoziierungsabkommens
besteht auch in der Türkei. Dort gibt es aber keinerlei politische
Schwierigkeiten und ich habe deshalb Meisl ersucht, er soll unver-
züglich alle Vorkehrungen treffen, damit entsprechende Besprechungen
zwischen der Türkei und Österreich in Angriff genommen werden können.
Bezüglich der anderen Staaten Italien gibt es keine Probleme. Das
EG-Arrangement kommt hier den Italien mehr zu Gute als Österreich, da
wir bis jetzt schon 2/3 der Waren aus Italien als Landwirtschaftspro-
dukte oder zollfrei exportiert haben. Spanien erwartet eine Lösung
der EFTA-Aufnahme. Hier berichtete ich den Delegierten über die letzte
EFTA-Tagung und die vertrauliche Ministersitzung über dieses Problem.
Wenn Spanien ein konkretes Ansuchen stellt und Norwegen, das bis jetzt
am meisten abgelehnt hat, dem zustimmt, weil auch Schweden, die die
Spanier nicht drinnen haben wollen, aber dies nicht so dezidiert er-
klären wollen, auch zustimmt, wird Österreich auf alle Fälle diesem
Verlangen Rechnung tragen. Spanien ist nicht mehr undemokratisch als
Portugal, welches heute bereits Mitglied der EFTA ist. Der Handels-
delegierte in Portugal erklärte, daß die Regierung alle Anstrengungen
unternimmt um insbesondere den Fremdenverkehr zu verbessern. Den
Handelsdelegierten in Jugoslawien erklärte ich die beabsichtigte
Reise zu den Aussenhandelsministern und zu Dr. Snuderl, um das Fremden-
verkehrsabkommen zu unterzeichnen. Er war noch nicht in Detail infor-
miert und ich habe ihn insbesondere über das Mißverständnis restlos
aufgeklärt. Damit er ebenfalls alles unternimmt, um das Mißverhältnis
wieder zu verbessern. Der Handelsdelegierte in Israel bestätigte mir,
daß die Ernte der Südfrüchte keinesfalls so katastrophal ruiniert ist,
daß nicht mit entsprechenden Mengen zu rechnen sei. Eine gewisse Preis-
steigerung wird aber die Mißernte auf alle Fälle bringen. Diese Gruppen-
sprechtage geben mir Möglichkeit mit den Handelsdelegierten einen per-
sönlichen Kontakt herzustellen. Sachlich allerdings habe ich kaum
Möglichkeiten sie wirklich zu beeinflussen. Allerdings bin ich überzeugt,
daß die Bundeskammer dies genauso wenig kann. Es liegt ausschließlich
an der Initiative der Handelsdelegierten, wie sie in dem Land dann
draußen die Geschäfte der einzelnen Firmen favorisieren und versuchen
durchzusetzen. Ich glaube, daß die wichtigste und entscheidenste Frage
die ist, daß wir bei der Besetzung dieser Handelsdelegiertenpositionen
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doch versuchen müssen und uns gegebenenfalls einschalten, um den
richtigen Mann am richtigen Platz zu plazieren. Dies ist in der
letzten Zeit sowohl bei Carnisius in Moskau als auch bei Jehli in
Peking glaube ich geglückt.
Reiterer, Meisl und Hillebrandt berichteten mir über die Verhand-
lungen mit der DDR. Wider erwarten ist es zu keinem konkreten Ab-
schluß gekommen und in den strittigen Artikeln, nämlich ob wir die
Liberalisierung geben und die Ostdeutschen ihre Kontingente aufstocken,
Art. 2 und über den Zahlungsverkehr, Art. 5, zu keiner Annäherung ge-
kommen. Die Ostdeutschen werden jetzt einen entsprechenden Gegenvor-
schlag vorbereiten. Auf alle Fälle ist jetzt Ostdeutschland am Zuge
und wir können und müssen warten. Beim Abschluß fragte Reiterer, ob
er nicht doch zur Leipziger Messe fahren soll. Ich verwies, daß eigent-
lich MR. Meisl bereits zugesagt hat und er doch schon in Brüssel sein
wird. Er erklärte zwar, daß er gar nicht fahren will, aber zu diesem
Zeitpunkt noch nicht in Brüssel sein wird, da sein Agreement solange
dauert. Ich verwies auf unsere schwierigen finanziellen Verhältnisse
und sagte, er solle mal Ottahal fragen wie die Finanzsituation steht.
Reiterer meinte nur es sei eine Desavouierung der Ostdeutschen wenn
er nach so jahrelanger Einladung jetzt, wo alles in Ordnung ist,
auch nicht fährt. Ich kann dies nicht abschätzen, glaube aber, daß
es nur eine plumpe Ausrede ist.
Leherb und Lotte Profohs wollten mich unbedingt sprechen. Leherb war
jetzt in Brüssel und ich weiß nicht wo überall, um die Präsentation
seiner Plakate zu arrangieren. In Paris meinte er könnte es nicht
von der Fremdenverkehrsstelle gemacht werden. Frau Schmid, aber
auch der Handelsdelegierte Korimsky seinen dazu nicht in der Lage.
Er wird deshalb eine eigene Ausstellung machen und in diesem Rahmen
seine Plakate präsentieren. In Mailand soll am 10. Mai in der Villa
Cumonale, d.h. beim Bürgermeister, eine ganz große Repräsentation
erfolgen. Zu diesem Zweck soll man ein Dekret ausstellen. Ebenso
bräcuhte er zwei Medaillen, allerdings vergoldet von der ÖFVW.
Anmerkung für HEINDL
Bitte wenn sonst keine Kosten erwachsen, diese Wünsche erfüllen.
In Belgien wird in Gent, am 27. März bei der Messe und am 28. in
Brüssel im Schabel de Spal unter Schirmherrschaft des Kulturministers
eine ganz große Repräsentaiton erfolgen. Leherb erscuhte nur, daß
man den Botschafter, der dort nicht sehr aktiv ist, doch auf diese
bedeutende Österreichwerbung aufmerksam machen müsse.
Anmerkung für HEINDL
Bitte mit dem Aussenamt besprechen.
Antwerpen soll am 29. März repräsentiert werden. In der BRD meint
Leherb wäre es am zweckmäßigsten, wenn die ÖBB einen Waggon an die
deutschen Züge anhängen und dann jeweils 1 – 2 Tage in den Städten
stehen lassen. Er hat diese Idee mit Zolles schon besprochen, der
sie ebenfalls für sehr positiv beurteilt. Ich selbst habe antürlich
überhaupt gegen eine solche Show-Methode nichts, ganz im Gegenteil,
frage mich allerdings nsur immer wer dies alles bezahlen wird. Heindl
hat mir am Abend bei dem Heurigen-Empfang, wo Leherb mitgegangen ist
versichert, daß uns dies nichts kostet. Ganz kann dies allerdings
nicht stimmen weil Leherb mich aufmerksam gemacht hat, daß er noch
immer nicht die November-Spesen abgerechnet bekommen hat.
Anmerkung für HEINDL
Bitte kläre jetzt endügltig, welche Verpflichtungen uns aus der
Repräsentation und der gesamten Plakatserie erwachsen. Falls wir
irrsinnig hohe Kosten dadurch haben, werden wir früher oder später
von der Opposition angefragt und wahrscheinlich hart attackiert.
Leherb bezieht nun seine Villa in Paris, hat dort irrsinnige Ausgaben
und viel Raum. Profohs wird daher dort eine Litho-Werkstätte errichten.
Leherb und Profohs schwebt vor, daß österreichische Künstler vom
Unterrichtsministerium angehalten werden oder subventioniert werden,
bei ihnen in der Lithowerkstätte zu arbeiten. Ich werde dies-
bezüglich mit Sinowatz sprechen, habe aber keinelei konkrete Zusagen
meinerseits gemacht.
Leherb und Profohs haben als sie erfahren haben, daß ich zu Günter
Grass zum Vortrag gehe, großes Interesse gezeigt und haben die Ein-
ladung, die ich namens Kreisky sofort ausgesprochen habe, gerne
akzeptiert. Günter Grass war für sie, aber auch für mich ein wirk-
liches Erlebnis. Beim Heurigen habe ich dann meinen Augen nicht ge-
traut als wir bereits Hutter dort vorfanden. Ich erklärte Leherb,
daß ich keine Ahnung hatte daß sein Intimfeind jetzt auch anwesend
ist und er sagte das macht nichts. Allerdings hatten sie sich nicht
einmal begrüßt, ja nicht einmal gegenseitig angeschaut. Da kann man
sehen wie Künstler untereinander verkehren. Da sind politis che
Gegner oder sogar auch Gegner innerhalb einer Partei doch von anderem
Holz geschnitzt. Wahrscheinlich müssen sie dies auch, denn eine solche
Intimfeindschaft kann man sich wirklich nur in den seltensten Fällen
leisten.
Kreisky hat bei der Einleitung zu Grass im Konzerthaus wieder einmal
ganz geschickt unterspielt. Er sagte"Sie sind doch alle gekommen um
Günter Grass zu hören und ich habe es deshalb abgelehnt, als das Renner-
Institut mich aufforderte, ich sollte auch hier eine Rede halten."
In Wirklichkeit hat er dann in der Einleitung, allerdings kürzer,
doch alles das gesagt, was er wahrscheinlich in der Rede anbringen
wollte. Da alle 2.000 Gäste, die eingeladen waren, fast erschienen
sind, und anschließend dann zum Heurigen fahren sollten, hat er nur
erklärt, daß dort kaum so viel Parkplätze sind, daß alle Autos hin-
fahren können und wenn die ersten gegessen haben, werden die zweiten
dann schon noch ein Platzerl finden, so daß eigentlich dann der Heurige
nurmit der Hälfte belegt war. Ich sagte Kreisky zum Schluß, ihm ist
es durch Manipulation, wir hatte gerade eine solche Diskussion
mit Leherb und Suchanek und Prof. Fantl an unserem Tisch als Kreisky
kam, ihm ermöglicht hat einen vollen Konzerthaussaal zu erreichen und
einen leeren Heurigen.
Tagesprogramm, 23.2.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)