Freitag, der 16. Februar 1973

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Freitag, 16. Feber 1973

Herr Ebner vom Landesarbeitsamt Steiermark möchte für die In-
vestorenberatung eine Zentralstelle. Er glaubt nicht, daß das
Ministerium diese Arbeit bewältigen kann und möchte die Investoren
von Anfang bis zum Ende betreuen. Zu diesem Zweck soll ein eigener
Verein und ein eigenes Institut gegründet werden. Ebner glaubt und
Gehart ist derselben Meinung, daß es möglich wäre, die Länder da-
für zu gewinnen, daß sie sich einen solchen Verein beteiligen.
Ich halte dies für vollkommen aussichtslos. Jedes Land, inkl.
Wien hat seine eigenen Interessen und größtenteisl sogar seine
eigenen Betriebsansiedlungsgesellschaften. Sie werden deshalb
niemals bereit sein, in einer zentralen Stelle finanziell oder auch
nur durch sonstige Unterstützung mitzuarbeiten. Jedes Land hat
zwar großes Interesse, daß Investoren dann in sein Land kommen,
doch im selben Moment, wo sie einen potenten Investor erkannt
haben, werden sie sich ausschließlich allein um ihn bemühen und
keinesfalls mehr eine Zentralstelle und eine Investorenwerbungs-
institut einschalten. Ich habe Ebner, um ihn nicht allzu sehr zu
enttäuschen gebeten, nachdem er sich wirklich sehr intensiv mit
diesem Problem beschäftigt hat und vorbereitet hat, eine ent-
sprechende kurz gefaßte schriftliche Unterlage mit Gehart gemeinsam
auszuarbeiten. Ebner hätte müssen aus der steirischen Erfahrung
schon erkennen, daß er als Leiter des Landesarbeitsamtes, wenn er
solche zentralistischen Ideen im konkreten durchsetzen will, so-
fort mit seinen Landesregierungsmitgliedern jeder Fraktion in
Konflikt kommen wird.

Mit den Zeitungsherausgebern wurde vereinbart, daß im Gewerbestruk-
turverbesserungsgesetz versucht wird für die Expedite, d.h. für
die Vertriebsformen gegebenenfalls die Richtlinien geändert werden
sollen. Im Zuge der Unterstützung und Förderung der österreichi-
schen Presse könnte man vielleichterreichen, daß die kleineren
Druckerein für die das Gewerbestrukturverbesserungsgesetz in Frage
kommt, als Schwerpunktfälle betrachtet werden, soferne es sich um
Rationalisierung im Betriebsbereich handelt.



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Anmerkung für HEINDL
Bitte mit Jagoda besprechen und mir berichten.

Interessant war, daß mir der Sekretär Schaffelhuber mitteilte,
daß er mit der Abteilung 24, Thun-Hohenstein, Verhandlungen ge-
führt hat, ob man auch Zeitungsherausgeber, die in Lohndruck
arbeiten alssen können, helfen kann. Thun-Hohenstein hätte vor-
geschlagen, daß man den Krediten, welche man den Druckereien
eventuell gibt, gewisse Auflagen geben kann,mdie sie an die Ver-
leger weitergeben müßten, d,h, Druckerei die zufällig eine kleine
Zeitung druckt, müßte, wenn sie vom Gewerbestrukturverbesserungs-
gesetz einen Kredit bekommt, sich verpflichten, die Vorteile dieses
Kredites in dem Fall gewisse Kostenersparnisse eben an die Zeitungs-
herausgeber weiterzugeben. Eine irreale und skurille Idee, die
doch kaum jemand akzeptieren, geschweige denn jemand prüfen könnte.

Anmerkung für WANKE:
Ich kann mich immer nur wundern, wie einzelne Abteilungen die
größten Schnapsideen verbreiten.

Kreisky hat den Herausgebern für das letzte Quartal 20 Mio S
versprochen. Nächstes Jahr sollen dann 65 Mio S flüssig gemacht
werden. Die Absicht ist, allen Herausgebern bis Hunderttausend –
Auflage, einen Sockelbetrag zu gewähren. Von diesen 65 Mio. resp.
von den BÜCK und den 20 Mio in diesem Jahr sollen 3 Mio die APA
und 2 Mio. Zeitungen bekommen, die österreichische Journalisten
im Ausland für ihren Dienst direkt und neu engagieren und den
Rest sollen dann die Gebühren, die durch Post und Telefon ent-
stehen, teilweise abgegolten werden. Ebenso müßte eine Verein-
barung mit der Papierindustrie zustande kommen, wonach eben die
Zeitungsherausgeber österreichisches Rotopapier verwenden. Sonst
erklärte Kreisky, droht die Taxparafiskal. Die österreichischen
Herausgeber erklärten, daß durch Vertrag bis 1975 gebunden sind
und derzeit nur größere Streitigkeiten wegen ev. Erhöhung der
Papierpreise haben. Ich wiederholte mein Anbot, wenn beide Teile
es wünschen, als Schiedsrichter fungieren würde. Da in Österreich
250 Wochenzeitungen und nur 20 Tageszeitungen bestehen, haben
die Herausgeber gebeten, daß der von Kreisky genannte Schlüssel
47 Mio für Wochenzeitungen und 18 Mio für Tageszeitungen, d.s.



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zusammen die 65 anders aufgeteilt werden können, was Kreisky
sofort akzeptierte. Kreisky wird nun einen Brief an die
Zeitungsherausgeber senden, wo er die Abmachungen bestätigt.
Gleichzeitig hat er angedeutet, aß eine gesetzliche Regelung
über die Parteifinanzierung zum selben Zeitpunkt erfolgen müßte.
Dort würde auch drinnen stehen, daß die Parteien veranlaßt werden,
in die Zeitungen zu inserieren. Allerdings sollte drei Monat vor
einer Wahl keine Wahlpropaganda mehr erfolgen dürfen. Kreisky
hofft, daß mit der Lösung für die Förderung der österreichischen
Presse gleichzeitig die gesetzliche Regelung der Parteifinanzierung
über die Bühne bringen kann, ohne daß ihn die Presse angreift und
damit ein großer Teil der Massenmedien neutralisiert ist. Auf alle
Fälle ist die Koppelung äußerst geschickt.

Für die 10. Internat. Reiseausstellung "Bunte weite Welt" habe
ich als Redeunterlage die letzten Ziffern für die Fremdenverkehrs-
statistik bekommen. Zum Glück habe ich mit Koppe vorher noch ganz
kurz gesprochen, sonst hätte ich wahrscheinlich doch einige davon
verwendet. Koppe aber meinte mit Recht, daß wir dies erst am
Montag beim Pressefrühstück präsentieren sollen.,Die "Bunte, weite
Welt-"Ankündigung wäre sowieso in die Zeitungen gekommen und
unsere guten statistischen Ergebnisse hätten wir vorzeitig ausge-
spielt.

Anmerkung an ALLE:
Bitte doch vielmehr die Fragen der zweckmäßigen Pressepolitik zu
koordinieren.

Koppe hat vollkommen recht, ich konnte die Eröffnung über die
Bühne bringen mit einem gewissen allgemeinen Schmäh.

Die Aussprache mit der Industriellenvereinigung hat ergeben, daß
diese bis 1977 ein sogenanntes Herausforderungsprogramm konzipiert.
77 ist das Ende der Übergangsperiode des EG-Vertrages. Danach soll
Stärkung des Eigenkapitals, Stärkung der internationalen Wettbe-
werbsfähigkeit durch Ausbau der Auslandsorganisationen und ein
unternehmerisches modifiziertes Management geschaffen werden.



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Die Mitbestimmung müsse unter diesen Gesichtspunkt neu überprüft
und vor allem doch nach österreichischen Bedürfnissen doch erst
gestaltet werden. .......... berief sich auch darauf, daß
ich gestern erklärt hätte, daß ich gegen gesetzlichen Mißbrauch
bin. Konkrete Forderungen waren die Exporte und die Währung. Hier
referierte Willhelm. Es seien sehr die Kapital und Geldströme ent-
scheidend gewesen, jetzt müßte es die Handelsbilanz sein. Grund
der Währungspolitik und deren ununterbrochene Krise sei die Handels-
bilanzfrage der USA, insbesondere gegenüber Japan. Wilhelm ergänzte,
daß die Entwicklungshilfe Milliarden, die von ausländischen Staaten
immer bilateral gegeben werden, auch in Österreich nicht durch Kre-
ditgewährungen, sondern wie er sich ausdrückte, Faktureien, d.h.
Verkauf von Fabriken oder Anlagen die in Österreich erzeugt werden,
durchgeführt werden sollte. Kreisky erwiderte, daß die Investitions-
kredit und Austroplan mit echten Gründungen sich jetzt beschäftigt.
Er hätte dies mit Withalm, der von Afrika sehr beeindruckt zurück-
gekommen ist, besprochen.

Zu Steuern referierte Fetzl, beschwerte sich, daß die Altanlagen-
entlastung in 1973 mit 5 % zu hoch sei, der Verschmutzungseffekt
nicht berücksichtigt wurde und daß insbesondere die Steuer indirekten
Charakter haben wie z. B. die Gewerbesteuer, d.h. die Lohnsummen-
steueranteil der auch 0,5 % beträgt, ohne daß man gegen interna-
tionale Verpflichtungen verstößt, abgeschaffen werden sollte. Der
Einkommenssteuerreform sei eine Verewigung der Steuerzuschläge er-
folgt. Bei der Lohnsteuer wäre die Geldentwertung durch Tarif-
senkung und Sonderbegünstigung, sinsbesondere der Freibeträge
für Arbeitnehmer und Pensionisten und ganz besonders natürlich
der Schmutzgefahren und Erschwerniszulage auf 5.080,-- eine Be-
vorzugung der Unselbstständigen. Die Selbsständigen hätten nur
durch die Einkommensteuer den 20%igen Investitionsbeitrag erhalten.

Über die Lohn- und Preisfrage berichtete Seidel. Da die Währungskrise
noch weiter besteht, müßte das Stabilisierungsabkommen verlängert
werden. Frage ist, ob man eine Lohnobergrenze festsetzen soll, wo
die Gefahr allerdings dann besteht, daß sie sofort Mindestlohnsätze
werden. Schoeller Philipp machte soforot eine Bemerkung die ich hörte,
erklärte nämlich, daß das falsch wäre. Lohnleitlinien seien eine


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ausgesprochen schlechte Lösung. Seidel meinte dann zum Schluß es
sollte ein kleiner Kreis über vernünftige Grenzen der Lohnpolitik
reden und er können sich sehr gut vorstellen, daß dafür Kompensationen
auf dem Preisgebiet geben werde. Er ergänzte, daß das Budget doch
zu groß sei, in der Kreditpolitik die Betriebsmittelkredite
ausgenommen gehörten und man die Lohn- und Preispolitik nicht über-
fordern dürfte, sonst entstehe ein Aufstaueffekt. Androsch repli-
ziete, in dem er auf die Maßnahmen seit dem Jahr 1969-70 hinwies.
Abhängen des Schillings von den anderen europäischen Währungen kommen
nicht in Frage, da ansonsten der Kostendruck bei 120 Milliarden
Importen und nur 87 Milliarden Exporten ungeheuer wäre. Diese Ver-
teuerung ginge dann doch letzten Endes über Löhne wieder auf Kosten
der Industrie und ihre Konkurrenzfähigkeit. Dollarbereich beträgt
jetzt derzeit 15 %, die Industriellenvereinigung behauptete 40.

Über die Mitbestimmung referierte GenDir der ITT Mayer. Er meinte,
daß der jetzige Entwurf für Industriellenvereinigung vollkommen
unakzeptabel sei. Die Industriellenvereinigung bat insbesondere um
eine Verlängerung ihrer Begutachtungsfrist und Kreisky erklärte,
er werde sich dafür bei Häuser einsetzen. Allgemein hat Mayer auch
darauf verwiesen, daß er doch hofft, wie ich bei der Industriellen-
vereinigung angedeutet habe, daß die Sozialpartner über deh Ent-
wurf noch sprechen und verhandeln werden. Kreisky versicherte eben-
falls, daß er sich sehr gut vorstellen kann, daß unabhängig von
der beschlossenen Stahlösung jetzt die Mitbestimmung im Zuge der
Arbeitsrechtskodifikation auf Sozialpartnerebene besprochen werden
könnte.

Interessant für mich ist, daß die Industriellenvereinigung nicht
nur Minister zu ihren Vollversammlungen einlädt, mich wird sie
sogar ein 2. Mal zu einer Vorstandssitzung bitten, sondern daß
auch mit dem Bundeskanzler von Seiten der Industriellenvereinigung
engster Kontakt gesucht wird. Die Handelskammer hat bis jetzt solche
Kontakte nie gewünscht und legt eigentlich damit vollkommen daneben,
obwohl dieselben Herren, die bei der Industriellenvereinigung da-
bei waren, auch bedeutende Funktionäre in der Handelskammer in der
Industriesektion sind. Scheinbar ist der Einfluß den der Wirtschafts-
bund auf die Handelskammerorganisation hat, wesentlich größer als
ich mir dies eigentlich vorgestellt habe. Ob es zweckmäßig w ist,


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daß sich die Handelskammer mehr oder weniger ganz sichtbar von
der Regierung distanziert, bleibt dahingestellt. Ich kann mir
sehr gut vorstellen, daß gerade Wirtschaftskreise es sehr gerne
hätten, wenn hier gewisse Annäherungen seitens der Handelskammer
versucht werden und dadurch von der Regierung doch ein größerer
Anteil von Entgegenkommen und Zugeständissen aus den verschiedensten
Gebieten erreicht werden könnten. Ein guter Geck war, als Mayer
darauf hinwies, daß er hofft, daß meine Auffassung auch die der
Regierung ist Kreisky sofort erklärte, dies könne keinesfalls
gelten, denn ich sei der Vertreter der Handelskammer in der Re-
gierung.

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Tagesprogramm, 16.2.1973

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TB Koppe 16.-18.2.1973: Tagung Kautsky-Kreis

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TB Wanke, 16.2.1973

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hs. Notizen




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Obmann Sekt. Ind. BHK


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      Tätigkeit: Finanzminister
      GND ID: 118503049


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: IV


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Bundeskanzler
            GND ID: 118566512


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SChef HM
              GND ID: 12195126X


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                Tätigkeit: Ökonom, ab 1981 Sts.


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: ITT Austria GmbH, Präs. IV


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Verband österr. Zeitungen


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


                          Einträge mit Erwähnung:
                            GND ID: 118634100


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                              Tätigkeit: Ministerialrat Handelsministerium


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