Sonntag, 17. Dezember 1972
Von Dr. Kienzl erfahre ich, dass er als Vizepräsident des Ford-
Instituts auf dem dortigen Computer ein Österreich-Modell programmiert
hat. Die Leute vom Ford-Institut, die nebenbei bemerkt jetzt vom
Finanzminister gekapert werden, arbeiten Tag und Nacht, um endlich
einmal computermässig zu versuchen, Auswirkungen, die wir durch das
Stabilisierungsabkommen z.B. jetzt setzen wollen, auf die Gesamtwirt-
schaft in Modellform durchzuspielen. Leider ist das Ergebnis voll-
kommen negativ. Meine Behauptung, die ich also im Gewerbeverein ge-
macht habe, dass der Computer, wenn ihn der Mensch nicht durch Pro-
gramme entsprechend mit Leben erfüllt, ein Blechtrottel ist, hat sich
auch hier wieder bewahrheitet. Die Nationalbank hat Fritsch für sein
Institut mit einem grösseren Betrag in die hunderttausende Schilling
gehend, unterstützt. Auch dort hat Kienzl umsonst bis jetzt gehofft,
ein Modell zu bekommen, das ihm aber auch vor allem uns allen eine
Entscheidungshilfe sein könnte. Androsch hat einige jüngere tüchtige
Kollegen vom Ford-Institut mit Sonder-Verträgen in seine Grundsatzab-
teilung transferiert. Da diese Leute das doppelte bezahlt bekommen
was ein normaler Beamter dort erreichen kann, sollen diese Sonder-
verträge grosse Unruhe in der Beamtenschaft ausgelöst haben. Ich kann
mir sehr gut vorstellen, dass im Finanzministerium die Reaktion durch
die Personalvertretung nicht anders war als auch bei uns. Die in
der letzten Zeit angedeutete Illiquidität der Banken unter anderem hat
mir auch Dr. Drennig von der Girozentrale diesbezügliche Mitteilungen
gemacht, war nur vorübergehend. Kienzl analysiert dies dahingehend, dass
die Importeure auf Zahlungsziel gekauft haben und die billigen Kredite
des Auslands zu lukrieren und jetzt vor Weihnachten eben diese Zahlungen
dann doch durchführen mussten, wodurch die Banken Milliardenbeträge ins
Ausland überweisen mussten. Bei der OeNB andererseits wollten sie keine
Refaktie, da diese beschlossen hat, im Direktorium, es müsste dann
jedes einzelne Institut überprüft werden, ob es sich bei diesen Über-
weisungen wirklich um Zahlungen für Importeure handelt. An diesem
Beispiel zeigte sich für mich klar und deutlich, dass die Kreditinsti-
tute, bevor sie eine solche Überprüfung über sich ergehen lassen,
selbst durch die OeNB, lieber auf eine Refinanzierung verzichten.
Kienzl erwartet für das Jahr 1973 übrigens genauso wie ich – ich habe
das ja auch im Parlament klar und deutlich erklärt – keinesfalls eine
Rezession. Die Gefahr einer Stagflation ist damit überhaupt nicht gege-
ben. Dies ist zumindestens auch die Ansicht aller nationalökonomischen
Institute und Kollegen, die sich mit diesem Problem beschäftigen.