Mittwoch, der 13. Dezember 1972

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Mittwoch, 13. Dezember 1972

Beim Zuckerförderungsgesetz – dem Initiativantrag im Handelsaus-
schuss – hat das Finanzministerium im letzten Moment noch die Be-
stimmung hineinwollen, dass die Beiratsmitglieder und Sachverstän-
digen ehrenamtlich wirken. Androsch fragte mich im Klub, ob ich
beabsichtige, den Leuten etwas zu bezahlen, da die Abteilung Kretsch-
mer
ihm einen diesbezüglichen Vorschlag gemacht hat, dass eben
nach ihrer Auffassung, der sich Androsch sofort anschloss, diese
Tätigkeit ehrenamtlich sein müsste. Ich erklärte, dann müsste
man unbedingt mit der ÖVP reden, da es ein gemeinsamer Initiativ-
antrag ist. Auch Schwarz wusste dann im Ausschuss von diesem Wunsch,
denn nach seiner Auffassung richtet sich diese Bestimmung ausschliess-
lich gegen Dr. Hauffe. Das Finanzministerium weiss, dass er in
den Fonds ehe Entschädigung bekommt und vergönnt ihm scheinbar
dies nicht. Da ich nicht beabsichtigte, den Mitglieder etwas zu
bezahlen und vor allem Hofstetter sofort diese Idee des Finanz-
ministers aufgriff und auch Mussil damit einverstanden war, kam
also diese Bestimmung noch in den Initiativantrag. Man könnte
fest sagen: ein Ministerialrat-Hauffe-Paragraph. Ich habe Kretschmer
vom Finanzministerium nach der Sitzung vorgeworfen, dass er doch
früher diesen Vorschlag hätte machen sollen, da Schwarz immer erklärt
er hätte so schlechte Kontakte mit ihm finden können. Kretschmer
erwiderte nun, dass er den Entwurf erst gestern abends bekommen hat.
Sekt.Rat Schwarz hat dem nicht widersprochen, wohl aber mit ihm
nachher noch diskutiert. Ich glaube, wirklich, dass hier ein sehr
schlechter Kontakt zwischen den beiden Ministeriums-Vertretern be-
steht, obwohl eigentlich sie einer Couleur angehören und natürlich
per Du sind.

In der Budgetdebatte waren noch drei Redner, bevor ich meine Stel-
lungnahme und Erwiderung abgeben konnte. Da die Sitzung erst um
10 Uhr begann, hatte ich Gelegenheit mir über die Nacht und dann
ganz besonders morgens die Antwort gut zu überlegen und vor allem
auch mit dem Büro zu besprechen. Ausserdem bekam ich dann die ent-
sprechenden Zwischenrufe von Gen.Sekr. Mussil und insbesondere
Präsident Mitterer. Das begeisterte natürlich dann die sozialistische
Seite. Obwohl man nach einer alten Tradition – und ich habe mich
immer grösstenteils daran gehalten – von der Regierungsbank nicht
polemisieren sollte, konnte ich mich doch meiner Haut ganz gut wehren
ohne, wie man mir versicherte, beleidigend zu sein.



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Ganz energisch wies ich nur die Behauptung Mitterers zurück,
dass meine Personalpolitik ausschliesslich danach gerichtet ist,
rot muss er sein. Ich habe Mitterer eine Anfragebeantwortung in
dieser Personalpolitik betreffend geben können und nachher kam
Mitterer und meinte, dass bei den Sonderverträgen, die ich an
geführt habe, die Herren Wanke, Koppe und Heindl fehlen. Ich er-
widerte, dass diese nicht in einem Sondervertrag stehen, sondern
deren Bezüge refundiert werden. Ausserdem hätte diese Anfragebe-
antwortung das Präsidium so gemacht und ich bin überzeugt, dass
sie in Ordnung ist.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte kläre, wieso wirklich ihr nicht in die-
ser Anfragebeantwortung aufscheint, da ich überzeugt bin, dass die-
ses Problem wiederkommen wird.

In der Paritätischen Kommission erzählte mir dann Mussil, dass er
eigentlich sehr beleidigt sei. Ich hätte ihm einige Sachen unter-
stellt, die nicht zutreffen, obwohl er mir keinen einzigen Fall
im Konkreten sagte. Er meinte nur, im Radio hätte man ihn nur immer
dazwischenrufen gehört, aber nicht was er sagt, meine Antwort sei
sehr deutlich zu vernehmen gewesen. Mussil dürfte also von irgendjeman-
dem gehört haben, dass er im Radio verhältnismässig schlecht abge-
schnitten hat, was ihn ein klein wenig betrübt. Er meinte deshalb
auch zu Sallinger, dass ich ihn hart attackiert hätte. Der Präsident
war darüber sehr verwundert und ich erklärte, dass ich eigentlich
nichts anders getan habe, als seine aufgeworfenen Fragen beantwor-
tet. Was die Aktion STOP der Gewerkschaftsjugend betrifft, hätte Muss
erklärt, dass dies ein Pamphlet sei, und dies hätte ich natürlich
nicht auf mir sitzen lassen können. Die Aktion STOP wird von mir
nicht weiter subventioniert, sondern ich habe nur 30.000 S zur
computermässigen Auswertung beigesteuert, um Unterlagen für den
Arbeitskreis Lehrlingsausbildung, den ich neu geschaffen habe, zu
bekommen. Mussil meinte darauf, auch die Handelskammer wird jetzt
eine Erhebung starten und er erwartet, dass auch ich einen diesbezüg-
lichen Beitrag leiste, wenn sie sich an mich wenden. Dies musste
ich natürlich zusagen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich nehme nicht an, dass sie tatsächlich etwas
machen, dann vor allem sich an mich wenden, wenn dies aber der Fall
ist, müssen wir tatsächlich leider 30.000 S auch dafür bereitstellen.



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In der Paritätischen Kommission gelang es dann nach einer Unter-
brechung und langen Verhandlungen mit den einzelnen Brauerei- und
Gastwirtevertretern einen Kompromiss in der Bierfrage zu erzielen.
Durch diese Regelung erübrigt sich jetzt die Gastwirteaktion weiter
für die Abwicklung der Individualanträge so formgerecht abzuwickeln
wie bisher. Die Arbeiterkammer verzichtete und auch der ÖGB ganz be-
sonders auf die weitere Zusendung der Anträge zur Stellungnahme. Die
Handelskammer, Dr. Hecke, meinte nur mit Recht, dass sie selbst die
Anträge nur sehen wollen. Mussil und Sallinger schlugen vor, dass wenn
ein Individualantrag wirklich genau begründet ist und es sich um ein
Luxus-Hotel oder ein besonderen Gaststättenbetrieb handelt, dann müsste
dieser natürlich behandelt werden. Mein Vorschlag lautete deshalb, wir
werden eine Sitzung einberufen, wo alle Anträge den Interessensvertre-
tungen gezeigt werden und damit das Begutachtungsverfahren, wie im
Gesetz vorgesehen, erfüllt ist. Die Schimmelanträge, wie selbst
die Handelskammer sie bezeichnete, werden dann kurzerhand von uns ab-
gelehnt. Da die Arbeiterkammer und der ÖGB wahrscheinlich zu dieser
Besprechung gar nicht mehr kommen werden, muss nur noch der Handels-
kammer diese Möglichkeit gegeben werden. Dies gibt uns allerdings dann
die Möglichkeit und ich glaube, wir sollten sie nützen, den Ablehnungs-
bescheid so zu gestalten, dass wir ausdrücklich festhalten, im Ein-
vernehmen mit den Interessensvertretungen oder, vielleicht noch besser:
nach Zustimmung mit den Interessensvertretungen. Damit soll und muss
nämlich festgehalten werden, dass es nicht ein Willkürakt vom Handels-
ministerium ist, wenn nun der Schimmelantrag eben entsprechend abgelehnt
wird. Ausserdem wäre es vielleicht zweckmässig irgendwie darauf hinzuwei-
sen, dass auf eine Rückziehung des Antrages von der Interessensvertretung
wie Handelskammer verzichtet wurde, damit nicht weitere Kosten durch
Bundesstempeln dem einzelnen Gastwirt entstehen.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte veranlasse, dass mir ein solcher Bescheid-
Entwurf, der natürlich rechtlich einwandfrei sein muss, vorgelegt wird,
nach einer entsprechenden Rücksprache mit Marsch und Jagoda.

Mit Frau Profohs habe ich längere Zeit telefoniert. Es ist wirklich
ein Skandal, dass man sie mit anonymen Briefen und Anrufen dauernd
belästigt. Wenn ich alles erwartet hätte, auch eine harte Auseinander-
setzung in der Öffentlichkeit, ob die Plakatserie für die Österr-
reich-Werbung zielführend ist, dass sich aber Menschen finden, die
ihr unzüchtige Anträge stellen, nur weil sie wissen, dass sie Modell


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gestanden ist für die Plakate finde ich für haarsträubend. Sicherlich
sind dies nur vereinzelte – wie ich sie bezeichne – Herren Karl, doch
trifft das die sensible Frau sehr hart. Sie befürchtet, dass im Ausland
womöglich von Österreichern angestachelt oder durch Pressepolemiken
ausgelöst, eine ähnliche Diskussion beginnen könnte. Leherb hat mir
am Vortag bei der Geburtstagsfeier von Muliar spät nachts schon seine
Sorge wegen seiner Frau mitgeteilt. Zum Glück bezieht er aber auch
sie diese Aktion als ein Konkurrenzmanöver von Neidern auf. Deshalb
flüchtet sich Frau Leherb, d.h. Lotto Profohs in die Theorie, das ist
nichts anderes als ein Angriff auf das Werk Leherbs, das sie eben
jetzt verteidigen muss und wenn sie dabei auch als amoralische Person
für manche gilt unter die Räder kommen könnte. Ich bin überzeugt, dass
es sich hier um vereinzelte Psychopathen handelt, die aber natürlich
die Grundstimmung gewisser Kreise nützen und kennen. Profohs soll sogar
auf der Strasse angestänkert worden sein, dass sie sich zu so etwas
hergibt. Sie fürchtet nun, dass ihr Sohn, der zu Weihnachten nach Wien
kommt, womöglich auch noch in den Schmutz hineingezogen wird. Muliar
hat glaube ich eine richtige Antwort resp. Charakteristik für dieses
Problem gegeben. Er meint, dass Künstler, Politiker und Huren in eine
Kategorie geworfen werden.

Klubobmann Koren und Peter habe ich im Parlament übrigens schon das
zweite Mal in einem Gang diskutierend getroffen und nützte die Gelegen-
heit, um mit ihnen die Probleme der wirtschaftlichen Landesverteidigung
zu besprechen. Ich schlug ihnen vor, dass ich mit den von ihnen nominierten
Hauptverantwortlichen, das sind Tödling und Zeillinger, eine Grundsatzbe-
sprechung wegen der Doktrin der wirtschaftlichen Landesverteidigung
führen möchte und werde und dann gemeinsam eine Lösung wegen der Bezah-
lung von Vorratslagern zu finden. Koren erklärte, dass er bereits als
Finanzminister diese Probleme sehr genau kennengelernt hat und dass
dafür hunderte Millionen Schilling notwendig seien. Ich versicherte
beiden, dass die technischen Vorarbeiten in meinem Ministerium die ganze
Zeit laufen und Min.Rat Hanisch dafür zuständig sei.

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Tagesprogramm, 13.12.1972

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TB-Notiz betr. BfI, VKI, WIFI, 13.12.1972

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TB Koppe, 13.12.1972

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Tätigkeit: MR HM; evtl. ident mit Hanisch, Peter?


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: SChef HM
    GND ID: 12195126X


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM
      GND ID: 133521052


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg., Volksanwalt


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Künstler


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Finanzminister
              GND ID: 118503049


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR FM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                      Tätigkeit: Sekt.R HM


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                        Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                          Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                          GND ID: 136895662


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                            Tätigkeit: Leiter wirtschaftspolit. Abt. HK [1971 zuerst in einer Enquete; im Juni 1971 als Referent und Verantwortlicher f. Statistik und Wirtsch.pol. nach Klose bez.]


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                              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., GF Fa. Steirerobst


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                                Tätigkeit: Grafikerin und Malerin


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                                  Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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                                    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                      GND ID: 102318379X


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                                          Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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                                            Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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