Samstag, der 2. Dezember 1972

13-1461

Samstag, 2. Dezember 1972

Die Landeskonferenz der Lebensmittel- und Genussmittelarbeiter von
Kärnten verlief so wie bisher alle Landeskonferenzen planmässig.
Ich habe eigentlich erwartet, dass ich wegen des Stabilisierungs-
abkommens insbesondere wegen des Bremsens der Aktivitäten der Be-
triebsräte grössere Kritik bekommen werde. Zu meiner grössten Ver-
wunderung bleibt die aber aus. Dies kann darauf zurückzuführen sein,
dass vielleicht doch ein Minister als Obmann nicht nur eine noch
grössere Autorität darstellt, sondern vielleicht und dies würde ich zu
tiefst bedauern, die Kollegen zur Auffassung neigen, dem kann und
soll man nicht widersprechen. Vielleicht aber haben auch trotz meiner
intensiven Aufklärung die Betriebsräte noch gar nicht im Detail
erfasst, um was in diesem Abkommen es für sie geht. Ich lasse sie niemals
im Unklaren, dass in Hinkunft sicherlich jedes Unternehmen auch auf die
kleinste Forderung des Betriebsrates negativ reagieren wird und dies
an die Gewerkschaft resp. an den Lohnunterausschuss abtreten wird.
Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass ein Unternehmen und
noch dazu, wo in Hinkunft die Gefahr besteht, die entsprechenden Zuge-
ständnisse nicht mehr im Preis berücksichtigt zu bekommen, bereit ist,
mit dem Betriebsrat noch Detailverhandlungen und Lohnergänzungen zu
führen und zu genehmigen. Das Maximum wird sein, dass er sich die
Wünsche des Betriebsrates anhört und dann sofort erklärt, er kann
dies nicht bezahlen, dies war sicherlich auch die Vorgangsweise bis jetzt
doch konnte der Betriebsrat dann entsprechende Druckmittel ansetzen,
um Teilerfolge zu erzielen. In Hinkunft muss er sich aber an die
Gewerkschaft wenden und wird dadurch eigentlich in seiner Aktivität
sehr gehemmt. Dieses Problem spielt wahrscheinlich in unseren Branchen,
wo es sich um preisgeregelte Waren handelt, nur eine unbedeutende
geringere Rolle gegenüber den Metall-, Bau- und sonstigen Arbeitsgruppen.
Dort war es doch überhaupt so, dass in Wirklichkeit die Betriebsräte
für ihre einzelnen Betriebe entsprechende Vereinbarungen getroffen haben
und wahrscheinlich bis jetzt immer sogar erfolgreich abgeschlossen
haben. Ich bin schon sehr gespannt, wie dies im nächsten halben Jahr
funktionieren wird.