Samstag, 25. November 1972
Die Information des nördlichen Oberösterreichs – Urfahr und Umgebung
bis zur Grenze hinauf – brachte zwar einen vollen Saal, aber dafür
keine Diskussion. Sogar der Parteiobmann von Oberösterreich
Hillinger war erschienen.
Bei der Landeskonferenz der Lebensmittelarbeiter habe ich das erste
Mal über das Stabilisierungsabkommen zwischen den Sozialpartnern
referiert. Ich nützte die allgemeine Meinung, die heute bei dem
grössten Teil der Arbeiter besteht, nämlich dass die Lohnerhöhungen
ja doch keinen Sinn haben, wenn die Preise nicht endlich einmal ein
bisschen weniger steigen, um diese Aussage, die sicherlich auch von
der gesamten Bevölkerung geteilt wird, als Grundlage für das Abkommen
zu strapazieren. Ich glaube nämlich und bin überzeugt, dass wenn es
wirklich zu einer Beruhigung kommt, die Leute bereit wären, auch
eine Zeitlang auf Lohnforderungen zu verzichten. Umso mehr als alle
unsere Gruppen ja jetzt gerade abgeschlossen haben. Trotz einer sehr
lebhaften Diskussion erfolgte deshalb eigentlich keine Ablehnung
wegen der Einschränkung der betriebsrätlichen Tätigkeit. In unserer
Branche spielt dies allerdings eine geringere Rolle als wie
z.B. bei den Metallarbeitern, Bauarbeitern oder sonstwo. Wir haben
auch in den vergangenen Jahrzehnten immer versucht, auf gewerkschaftlicher
Basis die Kollektivvertragslöhne auf die tatsächlichen Verdienste aufzu-
bauen. Die Salinendelegierten haben dagegen protestiert, dass wir sie
bei der letzten wilden Streik nicht so unterstützten, wie sie sich's
vorgestellt haben. Nachdem ich meinem Schlusswort aber ganz energisch
festgestellt habe, dass eine Organisation nur auf Disziplin aufgebaut
einen Erfolg erzielen kann, glaube ich habe ich auch die Konferenz
überzeugt, dass wenn sie mit mir Pferde stehlen wollen, das nur so machen
können, dass ich davon vorher informiert bin. Wenn wir nämlich wilde
Streiks anerkennen, dann kann es uns passieren, dass mehrere vom Zaun
gebrochen werden, gerade in der nächsten Zeit, und dann ist es natür-
lich mit dem Image der Gewerkschaftsbewegung nicht nur als vernünftige
und überlegte Organisation sondern auch als eigentlich schwache Organisa-
tion gebrandmarkt, dann vorbei.
Die Bergbefahrung im Wolfsegg-Traunthal-Gebiet und ganz besonders
dann die Besichtigung der neuen Fabrik Werzalit, welche in der
Brikettierhalle aufgebaut wurde, hat mich in der Annahme verstärkt,
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dass wir so schnell wie möglich schauen müssen, bessere Lösungen zu
finden. Das Bergwerk ist hoch modernisiert und mechanisiert.
Was die Förderung betrifft. In der Sortierung oben aber stehen Leute
und klauben Steine aus den Kohlen heraus. Eine Schwemme hat mir der General-
direktor gesagt, sei nicht rentabel, weil das 14.– S auf die Tonne
kosten würde und aus dem Preis nicht zu decken sein. Bei der anschliessen-
den Diskussion mit allen Betriebsräten, es waren fast 30 anwesend, habe
ich darauf hingewiesen, dass die wichtigste Frage ist, ob die Kohle
abgesetzt werden kann. Die OKA ist nur bereit 400.000 t zum Preis von
78.– S zu übernehmen. Das Fernheizwerk Linz kann maximal 60, Gen.Dir.
Zaininger meinte 65.000 übernehmen. Sowohl die Stadtwerke – Fernheiz-
werk Seitlinger, als auch Gen.Direktor Klimesch von der OKA meinen,
dass sie noch 5 Jahre die Kohle übernehmen, dann müsste der Beschluss
der ÖIAG zum Tragen kommen und Wolfsegg-Traunthal schliessen. Die Beleg-
schaft aber hofft und auch der Bürgermeister Kaltenbrunner hat dies-
bezüglich interveniert, dass mindestens noch 10–12 Jahre Kohle abge-
setzt werden könnte. Dann sei ein reibungsloser Übergang möglich.
Vorreiter meinte, dass bis 77 noch 500 Beschäftigte, derzeit sind es
ungefähr 1000, übrig blieben, die dann nur mehr Stromkohle, d.h.
nicht mehr sortierte Kohle an Trimmelkam lieferten. Das Durchschnitts-
alter ist 47 Jahre der Belegschaft und alle hoffen, die Bergarbeiterpension
zu erleben. Der Betriebsrat Smolek wies darauf hin, daß irgendwo ein
Punkt 4 existieren soll, der die Sonderabfertigungen regelt. Sie hoffen,
dass sie dasselbe bekommen, wie seinerzeit die LAKOG, als sie schliessen
musste. Angeblich liegt jetzt dieses Schreiben bei uns im Handelsministerium.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte diese Frage sofort prüfen und entsprechenden
Vorschlag ausarbeiten lassen.
Da in Oberösterreich tiefster Winter herrschte, habe ich Heindl angerufen
dass ich unmöglich um 14.30 Uhr in Strengberg sein kann. Als ich
dieser Vereinbarung zustimmte, hatte ich überhaupt angenommen, dass
die Strengberge bei Amstetten gemeint sind. Heindl behauptet zwar,
er hätte mich ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass ich diese
Zeit nicht einhalten könne, doch kann ich mich überhaupt nur daran er-
innern, dass ich immer die Strengberge bei Amstetten gemeint habe. Selbst
wenn diese winterlichen Verhältnisse nicht gewesen wären, wäre ich unmög-
lich in der Zeit von 1/2 2 bis 1/2 3 Uhr in Puchberg, NÖ sein können.
In Hinkunft bitte ich, selbst wenn ich so blöde Vereinbarungen treffe,
mich zeitgerecht darauf aufmerksam zu machen, dass es unmöglich ist,
Termine auch tatsächlich einzuhalten. Da ich angenommen habe, dass die
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Betriebsrätekonferenz von der Landstrasse in Strengberg nicht nur
am Samstag, sondern auch am Sonntag stattfindet, wollte ich Sonntag
früh gegebenenfalls mein Referat dort nachholen. Zu meiner grössten
Verwunderung sind aber die Betriebsräte nur für Samstag nach Strengberg
gefahren. Ich glaube, dass man im Winter überhaupt nur Vereinbarungen
treffen kann unter Hinweis, dass dies nur dann funktioniert, wenn
die entsprechende Wetterlage dies erlaubt. Ich halte es für vollkommen
unmöglich, fixe Vereinbarungen einzugehen, wenn man dann, wie das bei uns
der Fall war, erst um 6 Uhr abends nach Hause kommt.
Tagesprogramm, 25.11.1972