Freitag, 15. September 1972
Regierungsrat Puffler hat einen Redakteur Hauptmann mir ge-
schickt, der ein Interview über EWG und Gewerbeordnung haben
wollte. Zu meiner größten Verwunderung hat er sich nur zum
Schluß ganz wenig um das große Kompetenzgesetz erkundigt. In
Wirklichkeit wollte er wissen, ob eine Familie Lacina aus
Nairobi, angeblich sehr reich, in Österreich Geschäfte abwickeln
könnte. Da er sich am nächsten Tag nach Nairobi begab, war
für mich ganz klar, daß er in Wirklichkeit nur nachweisen wollte,
gegenüber dieser Familie, daß er sich. einsetzte und sogar mit
dem zuständigen Minister ein Gespräch darüber geführt hat. Dies
wäre gar nicht aufzeichnungswürdig, wenn nicht Puffler, als ich
ihm dies mitgeteilte hatte, erklärte, das kann er sich gar nicht
vorstellen, denn bis jetzt war Redakteur Hauptmann ein Offizier
alter Schule, makellos in seinem Auftreten, was ich feststellen
konnte, niemals auf solche Tricks verfallen.
Frau MR. Wildauer von der OB, Stellvertreterin von Abteilungs-
leiter Dworak, hat die Personal- und Organisationsfrage der Bergbauhptmannschaften zu behandeln. In Salzburg will nun die OB
seit längerer Zeit bereits einen weiteren Dipl.Ing. einstellen.
So wie in Klagenfurt, wo man mir vor etlichen Monaten einen zweit-
zugeteilten einreden wollte, habe ich auch für Salzburg dieser
Aufnahme nicht zugestimmt. Gasser versuchte das einigemale, ist
aber bei mir bis jetzt immer auf Ablehnung gestoßen, weil ich
einen Reorganisationsplan der Berghauptmannschaften verlangt habe.
In Wirklichkeit müßten wir auch die OB reorganisieren, was ich
vielleicht im Zuge dieser Diskussion ergeben wird. MR. Wildauer
kam deshalb ohne den Vorgesetzten mitzugenehmen , um, wie sie sagte,
jetzt endlich einmal ein klares Bild zu bekommen und gleichzeitig
aber mit mir die Probleme zu besprechen. Ich war von dieser Idee
so begeistert, daß ich nach einer 3/4-stündigen Aussprache, ich
glaube auch zur Überraschung von Frau MR. Wildauer, nachmittags
die Aussprache fortsetze. Wildauer erzählte mit, daß die Berg-
hauptmannschaften von SChef Kern den 1. Leiter der OB nach dem Motto
klein aber fein, aufgebaut wurde. Kern hat damals Nazis eingestellt,
hat sich um die politischen Probleme nicht gekümmert, sondern war
12-1104
bestrebt, die OB zu einer mächtigen Organisation zu machen.
Dies kann ich bestätigen, denn ich weiß, daß Sekretär Rauscher
von der Arbeiterkammer eine richtige Achtung vor dieser Institution
gehabt hat Nach Kern hat man den Berghauptmann von Leoben, Gasser,
nach Wien berufen und seit der Zeit, ohne daß Wildauer dies sagte,
weiß man kaum, wie die Politik aussieht. Gasser hat letzten ange-
deutet, daß ein Mann etliche tausend Schilling als Judaslohn be-
kommen hat, um die Reorganisation der Berghauptmannschaften,
Material der Verwaltungsreformkommission zu geben. Wildauer be-
stätigt mir, daß dies ein gewisser Neumer von der OB gewesen ist,
der dann wegen Spionage für die CSSR auch verurteilt wurde. Auf
Neumer geht zurück, daß er die Berghauptmannschaften I und II in
Wien zusammengelegt werden konnten. Damals ist allerdings eine
personalpolitisch einmalige Situation gewesen. Die beiden Berg-
hauptleute gingen in Pension, die nachrückenden hatten kein Doppel-
studium oder waren dafür auch gar nicht im Stande diese Funktion
auszuüben, Dipl.Ing. Mayer z. B. wurde ins Ministerium versetzt,
so daß dann tatsächlich ein einziger Berghauptmann in die Berg-
hauptmannschaft vom Ministerium dorthin geschickt wurde. Wildauer
erkennt und muß zugeben, daß die Berghauptmannschaft in Klagenfurt
kaum noch eine Funktion hat. Derzeit ist sie hauptsächlich mit der
Liquidierung des Bergbaues im Lavanttal beschäftigt. Der Berghaupt-
mann geht Ende 1973 in Pension und der zweitzugeteilte soll selbst
nach ihrem Vorschlag als Tirol wieder nach Innsbruck rückversetzt
werden. Allerdings steht dort der Berghauptmann Merlin, der sich
in Tirol überhaupt nicht durchsetzen konnte, der, wie sie selbst
sagt, gerne wieder als Kärntner nach Klagenfurt zurückginge.
Merlin ist ein Unglücksrabe, trifft immer die falsche Entscheidung,
ist aber sonst ein loyaler Beamten, der es nach besten Wissen
seine Arbeit verrichtet. Dieses menschliche Problem wird noch da-
durch verschärft, daß Merlin in Innsbruck eine Dienstwohnung hat,
die in ein paar Jahren, wenn er in Pension geht, räumen muß. Über-
siedelt er nun nach Klagenfurt, wird er ebenfalls wieder in eine
Dienstwohnung einziehen, wo er ebenfalls nach der Pensionierung
diese räumen muß. Meine Idee war nun, wenn man Merlin nach Klagen-
furt versetzt und ihm die Dienstwohnung gibt, daß er vielleicht
vorzeitig in Pension geht.
Anmerkung für HEINDL
Bitte prüfe ob so etwas überhaupt möglich ist.
Die Konzentration der Berghauptmannschaften muß meiner Meinung
nach weiter fortgesetzt werden und gibt jetzt eine einmalige Ge-
legenheit, nachdem die VÖEST und Alpine beschlossen haben in Leoben
ihre Aktivitäten und Direktionen hinzusetzen. Ich werde deshalb
solange versuchen die Aufnahmen von jedweden Personen in die Berg-
hauptmannschaften zu sperren, bis nicht ein Reorganisationsplan
tatsächlich von der OB im Einvernehmen mit der Personalvertretung
mir vorgelegt wird. Ich muß allerdings Frau MR. Wildauer zugute
halten, daß sie außerstande ist, dies allein zu machen. Sie selbst
sagt, daß in der OB niemand eigentlich koordinierend eine Entschei-
dung trifft. SR. Mock meinte, wir könnten erst dann über die Re-
organisation der Berghauptmannschaften reden, bis das neue Berg-
gesetz in Kraft ist und man weiß, welche Funktionen sie in Hinkunft
auszuüben haben. MR. Pelzl, OBergpolizei , meint wieder, es müßte
doch bei einem Unfall so schnell wie möglich der Berghauptmann
zur Stelle sein, weshalb eine Zentralisierung nicht zweckmäßig ist,
Mein Argument, daß zum Unfall die Feuerwehr und die Rettung kommen
muß und nicht der Berghauptmann, damit er nachher das Protokoll
aufnimmt, kann allerdings kaum entkräftet werden. Wenn sich ein
Konzept abzeichnet, wäre ich daher mit den einzelnen Abteilungs-
leitern, womöglich dann gemeinsam mit einer Abteilungsleiterbe-
sprechung über dieses Konzept eingehend diskutieren. Vorher haber
wollte ich und habe dies Wildauer klar und deutlich zu erkennen
gegeben, daß man mir schon entsprechendes Konzept vorlegt. Zu
diesem Berufe habe ich auch den Berghauptleuten vorgeschlagen, sie
sollen sich über diese Probleme den Kopf zerbrechen.
Anmerkung für WANKE
Lasse bitte feststellen, wie viele Bergbaue in jeder
Berghauptmannschaft betraut werden.
Aus dieser Diskussion habe ich entnommen und folgende Lehre gezogen:
Wenn eine Sektion schwach geführt wird, dann kann man auch als
zuständiger Minister verhältnismäßig viel reinpfuschen. Wenn eine
starke Sektionsleitung vorhanden ist, dann braucht man dies nicht
12-1106
und würde sich dies auch der Sektionsleiter auch gar nicht ge-
fallen lassen. Vom Standpunkt des Ministers wäre deshalb ziel-
führend einen schwachen Sektionsleiter zu haben. Genau das Gegen-
teil möchte ich aber, denn letzten Endes ist es mir viel lieber
man hat einen starken Sektionsleiter der die Sektion in Ordnung
hat und auch weiß was er will und ein Konzept mit der entsprechen
den Reorganisationsmöglichkeiten immer parat hat, als man hat
einen schwachen, der nicht im Stande ist, die Probleme zu erkennen.
Dies gilt genauso für Abteilungsleiter.
Die ersten ablaufenden Besprechungen über das Europa-Institut
gingen gut über die Bühne. Da das Ministerbüro in Wirklichkeit
den zukünftigen Vorstand des Vereines bilden wird, war die einzige
Gefahr, daß Reiterer, das Feigenblatt in dieser Organisation,
vielleicht andere Ideen und vor allem Wünsche hat. Auch hier hat
sich wiedereinmal gezeigt, daß er entweder überhaupt keine zu-
sätzlichen Ideen hat, oder diese zumindestens nicht sagt. Seine
Ergänzungen, die er zum Programm, das Wanke vorlegte und Koppe
insbesondere organisatorisch und propagandistisch ergänzte, be-
stand in unbedeutenden Wünschen z.B. meinte er, es wäre doch ziel-
führend, wenn man in späterer Folge nicht nur den österreichischen
EWG-Vertrag dokumentiert und vor allem herausgibt, sondern es wäre
Vedooh auch sehr interessant, wenn man die anderen Verträge der
österreichischen Bevölkerung und Öffentlichkeit zugänglich machen
würde. Ich bin überzeugt, daß er noch immer nicht erfaßt hat, um
was es bei diesem Europa-Institut wirklich geht. Wenn wir nicht
ungeheuer schnell mit den Arbeiten des Institutes in die Öffent-
lichkeit treten besteht nämlich die größte Gefahr, daß sich andere
Stellen dieser Aufgabe bemächtigen. Nicht auf eine Perfektion
kommt es an, die ihm wahrscheinlich vorschwebt, sondern auf die
Aktualität und vor allem auf die politische Einflußmöglichkeit durch
Kommentare, Informations- und Schulungskurse, usw. Ich glaube, daß
die Vereinsleitung aufpassen muß, daß sie sich nicht nur Ergänzungs-
anträge und vor allem durch entsprechend verzögernde Wenn und Aber
usw. von diesen Grundsätzen abbringen läßt. Das Prinzip muß sein,
lieber den Vertrag, lieber das Kommentar, lieber die Aufklärung,
lieber die Schulung auch dann, wenn sie nicht vollständig und per-
fekt ist, so schnell wie möglich zu vollenden, als tüftelnd alle
Wenn und Aber zu berücksichtigen und zu spät zu kommen.
Anmerkung für WANKE und KOPPE
Auf diesen Grundsatz gegenüber Reiterer unbedingt bestehen.
Tagesprogramm, 15.9.1972