Freitag, 18. Feber 1972
Im Integrationsausschuss berichtet Kreisky über seine Reise und damit
natürlich hat er den Hauptpart für die ganze Diskussion gestellt. Da
die ÖVP kaum etwas dagegen einzuwenden hat, hat sie nur gemeint, es
wäre der Zeitpunkt zu früh oder zu spät. Die wirkliche Kritik gegen mich
richtige sich wieder nur, warum ich nicht bereits längst schon in
Brüssel gewesen bin. Ich glaube, dass die Taktik doch richtig ge-
wesen ist, der Opposition eine Chance zu geben, einen Punkt der Inte-
grationspolitik heftig zu kritisieren, nämlich meine mangelnden Aus-
landsreisen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Haupt-
kritiker Lanner und Mitterer nicht anwesend waren. Lanner hat seine Raum-
ordnungskonferenz Länd-
licher Raum, in Krems und Mitterer war erkrankt. Ausserdem dienen
ja die Ausschussitzungen für die Opposition primär dazu, um ihr Mate-
rial für die Haussitzung zu ergänzen. Sie kam 1 1/2 Stunden zu spät,
als bereits die Diskussion ziemlich dem Ende zugeht, da im Finanzmini-
sterium bei der Steuersitzung gewesen und wiederholte deshalb Anfragen,
die bereits gestellt wurden. Am Anfang sassen die Beamten vom Tisch
weg, da sich immer wieder herausstellt, dass Abgeordnete später kommen
und dann fast keinen Platz haben. Ich ersuchte deshalb die Beamten,
sich doch neben Kirchschläger und mich, der Kanzler kam auch später,
zu setzen. Beim ersten Tagesordnungspunkt, die wissenschaftlich-
technischen Abkommen, sollte ich dies schon bereuen. Wer wirklich die
Details kennt, Min.Rat Steiger, hatte keinen Platz mehr am Tisch gefun-
den. Reiterer, der neben Kirchschläger bei mir sass, gibt einem Informa-
tionen, mit denen man nichts anfangen kann oder die ich selbst schon
längst kenne. Dadurch entsteht sicher optisch der Eindruck, er muss
mir alles sagen, obwohl ich ihn gar nicht fragte. Dr. Karasek wollte
wissen, ob der Verfassungsdienst jetzt dieser Regelung zugestimmt hat,
da er ursprünglich grosse Bedenken angemeldet hat. Es kam der Hin-
weis von Reiterer, dass ja jedes Gesetz und jede Verordnung durch
den Ministerratsdienst und damit automatisch der Verfassungsdienst
passiere. Kirchschläger sagte sofort, das genüge doch keinesfalls,
weil es sich ja doch um die Frage handelt, ob der Verfassungsdienst und
wie der Verfassungsdienst jetzt zu seiner endgültigen Stellungnahme ge-
kommen ist. Steiger dürfte seinen Sektionsleiter kennen, denn er ist
sofort zu mir gekommen und hat mir mitgeteilt, dass der Verfassungs-
dienst zuerst geglaubt hat, er brauche überhaupt keine gesetzliche
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Regelung für diese Materie und sich nachher dann für eine Vorgangs-
weise entschieden hat, von der er behauptet, die sei hundertprozentig
der Verfassung jetzt entsprechend. Zum Überdruss wurde ich dann noch
von einem Abgeordneten gefragt, nach welchen Gesichtspunkten die Leiter
der Delegation für das Interims- und für das Globalabkommen gewählt
wurden. Ich konnte und wollte intern, dass nämlich in Wirklichkeit
mit Abstand beste Marquet und dann zweifelsohne Leitner zweitbester ist,
nicht deutlich sagen und erklärte deshalb, es waren ausschliesslich
sachliche Gesichtspunkte entscheidend. Was ein Delegationsleiter und
ganz besonders natürlich ein Sektionsleiter eigentlich wissen muss,
ist nicht nur alle Detailkenntnisse sondern auch das Wichtigste,
dass man dem Minister referieren muss, resp. was er in einer
Oppositionsdiskussion erwarten muss. Schon bei der Vorbesprechung
im Ministerium am Vortag hat sich für mich gezeigt, dass Marquet
eine solche Analyse imstande ist zu machen. Ich bin neugierig, was
Kreisky erzählen wird, wenn er von de Reise zurückkommt. Ich fürchte,
dass ihn Reiterer mit seinen Detailinformationen, mit denen man aber
in den meisten Fällen gar nicht viel anfangen kann, da sie ja nicht
in ein System gebracht und damit für einen Aussenstehenden leicht
verständlich sind, auf die Nerven gehen wird. Dann hat Reiterer
zwar durchgesetzt, dass er auch bei dieser Delegation mitfahren darf,
wahrscheinlich aber Kreisky so enttäuscht, dass es schwierig sein wird,
für ihn dann den gewünschten Posten im Aussendienst zu bekommen.
Bei der Ausstellungseröffnung "Bunte, weite Welt" im Palais Palffy
kam ich durch den Integrationsausschuss behindert, um 20 Minuten zu
spät. Da ich immer sehr pünktlich bin, waren natürlich die ganze
Botschafter und das Eröffnungspublikum längst versammelt. Vorher baute
ich meine Eröffnungsansprache auf die völkerverbindende Tätigkeit des
Fremdenverkehrs. Da hier Ost und West gleichmässig fast vertreten ist,
habe ich insbesondere die Friedensmission der ausländischen Gäste in
Österreich und andererseits auch der Österreicher, wenn sie ins Aus-
land fahren, ganz besonders hervorgestrichen. Heuer fiel mir dann im
letzten Moment ein, Unterlagen hatte ich ja keine, über die Kosten-
Nutzen-Rechnung solcher Ausstellungen zu sprechen. Ich ersuchte, dass
die vielen ausl.-österr. Gesellschaften, die eigentlich die Träger
dieser Ausstellung sind, wahrscheinlich wesentlich mehr Geld dafür
ausgeben, als es scheinbar in dem Fremdenverkehr dieser Länder dann
zum Niederschlag kommt. Noch könnte auch wir bei der ÖFVW eine
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solche Berechnung nicht machen und ich empfahl deshalb auch insbeson-
dere da so viele Botschafter anwesend waren, die kleinen österr.-
ausländischen Gesellschaften mehr zu unterstützen, die hier oft wirk-
lich eine entsprechende Arbeit leisten, die ihnen gar nicht zusteht.
Ganz besonders gilt dies z.B. für Irland, wo mir der Ausstellungs-
leiter, der Honorarkonsul, zwei Damen vorstellte, die für die Ge-
sellschaft und damit für Irland die Werbung hier durchführen, ohne
dass sie dafür auch nur einen Groschen bekommen, weder als per-
sönliche Unterstützung, noch materiell um die Ausstellung zu ge-
stalten. Unwahrscheinlich, und dies fiel Wanke besonders auf,
der csl. Teil: Nicht einmal ordentliche Plakate und nur ganz wenige
Prospekte waren vorrätig. Der Botschafter wies gleich anfangs darauf
hin, dass er mit CEDOK, das ist das offizielle Reisebüro noch ein
ernstes Wort reden werde. Vielleicht war dies nur die Ausrede,
denn Wanke meint, sie dürften kein Geld haben und sich deshalb
zurückziehen. Ich glaube allerdings, dass es eher daran liegt, dass
der Präsident der österr-.csl. Gesellschaft, der ehemalige
Finanzminister Korinek, sich hier viel zu wenig eingesetzt hat.
Eine Aussprache unter vier Augen mit Präsident Turnauer von der
Neusiedler AG ergab, dass er grössten Wert darauf legen würde,
wenn ich neuerdings vermittelnd eingreife. Die Gewerkschaft, resp.
der Betriebsrat hat 1 Mill. S für die Sozialfälle verlangt, d.h.
die Gewerkschaft will ja für jeden, der in Stuppach beschäftigten
etwas bekommen und Turnauer hat für die wirklichen Sozialfälle
400.000 S geboten. Ich telefonierte deshalb in Anwesenheit von
Turnauer mit ZS Teschl und redete beiden zu, sie sollten doch noch
einmal einen Versuch unternehmen. Teschl hat nämlich in einer Vor-
besprechung mir gegenüber geäussert, er könnte sich vorstellen,
dass man bei 800.000 abschliessen sollte. Ich selbst war nicht
ganz sicher ob ich dies erstens einmal erreichen würde und zweitens
aber wollte ich keinesfalls, dass ich in dem Fall der Mann sei, der
nachher einen Betrag bringt, von dem zum Schluss die Gewerkschaft
oder gar vielleicht die Belegschaft meint, dass er doch zu wenig ge-
wesen ist. Meine Funktion kann deshalb nur sein, immer wieder als
Vermittler aufzutreten. Keinesfalls aber den Abschluss zu tätigen.
Es sei denn, beide Teile sitzen bei mir und ich kann dann wirklich
den entscheidenden Abschnitt mit Zustimmung beider machen. Bei
der Chemiegewerkschaft gibt es aber scheinbar nicht das gute Ein-
vernehmen wie ich es mit ZS Blümel habe und Hrdlitschka als Obmann
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von dieser Gewerkschaft will scheinbar eine schärfere Gangart
einschlagen. Am Sonntag Abend und Montag sollen deshalb die Be-
sprechungen fortgeführt werden.
Die Arbeitsgemeinschaft der Messen hatte ihre Routinesitzung im
Ministerium. Auf meinem Plan steht zwar nur Grazer Messe, doch
in Wirklichkeit haben alle österr. Messevertreter dann bei mir
wegen der Mehrwertsteuer vorgesprochen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte in Hinkunft Tagesprogramm genauer
ausfüllen.
Die Messen wollen nun den ermässigten Mehrwertsteuersatz von 8 %
nach dem Schaustellern. Entgegen meiner Taktik sonst überall zu
erklären, dass dies bereits von der Regierung erledigt sei und
im Parlament jetzt über das Mehrwertsteuergesetz noch genau verhandelt
wird, erklärte ich, dass ich zwar die Forderungen aus einer Vorsprache
der Wiener Messe schon genau kenne und dass im Finanzministerium
von meinen Beamten und ich selbst in den Klub sondieren werde, ob
einem solchen Antrag stattgegeben wird. Bei der Besprechung über
die Bergbauförderung abends traf ich dann Androsch, der mir aller-
dings dann erklärte, dass er keine Möglichkeit sieht, den Messen
den 8 %-igen Steuersatz zu geben. Als Ausweg habe ich bei der Vor-
sprache mir schon offengelassen, was die Messen argumentieren sollen,
sie seien auch Schausteller, wie dies eben für die Zirkusleute und
sonstige Veranstalter bereits jetzt ein 8 %-iger Steuersatz vorge-
sehen ist, gilt. In diesem Fall hätte es sich nur um eine Auslegung
des derzeitigen Gesetzentwurfes schon gehandelt. Da nun Androsch da-
gegen ist, glaube ich, bleibt mir als einziger Ausweg, die Ansprache
umzufunktionieren, dass ich bereits ja immer die Meinung vertreten
habe, dass es sich hier um eine Interpretationsfrage handelt.
Anschliessend an die Sitzung haben mich Römer und Wagner wegen der
Personalsituation in der Sektion III um eine Aussprache gebeten.
Römer entschuldigte sich dutzendmal, dass er mich mit dieser
Frage belästigt. In Wirklichkeit ist derzeit Wagner der seinen
zweiten Mitarbeiter Pellech verloren hat und Min.Rat Droessler
meint, er arbeitet nur zur Hälfte für ihn, immer derzeit allein
und glaubt, seine umfangreichen Agenden nicht wahrnehmen zu können.
wenn man nach der Geschäftsordnung geht, wo er sich eine Unzahl von
Arbeiten zurechnet, die sicherlich alle auch mit 10 Leuten nicht
erfüllt werden könnten, hat er vollkommen recht. In Wirklichkeit
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aber liegt das Problem darin, dass Römer immer wieder erklärt, die
Beamten und auch er seien darauf ausgerichtet, alles genau und gewissen-
haftest zu arbeiten. Dadurch gibt es keine Rangordnung für ihre Tätig-
keit und sie nehmen jede Auskunft, die ich z.B. möchte und wo man
zum Telefon greift und mir unverzüglich nur das sagt, was man eben
weiss, zum Anlass, um einen Akt anzulegen und umfangreiche Informationen
einzuholen. Meistens kommen dann alle die Auskünfte sowieso zu spät
und wurden in Details gegeben, die ich gar nicht gewollt hätte. Genau
so geschieht es glaube ich mit allen Interpellationen, Vorsprachen usw.
wenn man nun dann die umfangreichen Reisen, die gerade Wagner viel-
leicht auch wirklich machen muss, dazurechnet dann kann ich mir vorstel-
len, dass er einigermassen in Zeitdruck kommt. Römer beschwerte sich
auch noch, dass die Sektion I mit den Fachreferaten einen Grossteil
der Arbeiten von seinen Mitarbeitern blockiert. Da diese Fachreferate
früher oder später aber aufhören und in die Branchenreferate übergehen,
so wird jetzt Römer versuchen, innerhalb der Sektion das Problem von
Wagner d.h. einer Zweitbesetzung oder einer Zuteilung versuchen zu
lösen.
Bei der Unterzeichnung des sowj.-österr. Arbeitsübereinkommens über
die Kommission, die getagt hat, war ich nur 5 Minuten anwesend. Ich
wollte damit nur die Bedeutung der russischen Delegation herausstrei-
chen, da ja insbesondere es zuerst ja wochenlange Diskussionen gegeben
hat, ob man dies nicht auf Sektionschefebene machen sollte. Die
Handelskammer hat ja immer wieder interveniert, dass man doch unbedingt
den Reiterer und Manschulo mit dieser Arbeit betrauen müsste. Ich
möchte wissen, wieso zu einem so mageren Ergebnis, das von vornherein
zu erwarten war, Sektionschefs eingesetzt werden sollen.
Direktor Manhart vom Kuratorium für Verkehrssicherheit wollte ausser
seinem Bericht vor allem über die Ausstattung seiner Organe mit Legi-
timationen mit mir sprechen. Bis jetzt hat er nur eine Legitimation,
die nichts anderes sagt als ganz gross herausstreicht, dass ein
Erlass des Bundesministeriums für Inneres, die ist gross gedruckt,
ihn ermächtigt, Arbeiten durchzuführen. Ich hatte eigentlich erwartet,
dass es für uns äusserst schwierig sein wird, seinem Wunsch, nämlich,
dass man diesen Organen seines Kuratoriums mit Legitimationen des
Handelsministeriums auszustatten, bei uns grosse Schwierigkeiten machen
würde. Zu meiner grössten Überraschung war Ottahal aber der Meinung,
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dass dies ohne weiteres geht, man hätte so ähnliches schon bei der
Bergbaubehörde gemacht und ich war überrascht über den kooperativen
Geist von Ottahal und Manhart war glücklich, dass er jetzt seine Legi-
timationen kriegt. Details werden die beiden absprechen.
Vom propagandistischen Standpunkt ist es wahrscheinlich traurig, wenn
wir einmal die ganze Strassenkompetenz verlieren. Die Frage des
Verkehrs, insbesondere des Autoverkehrs spielt jetzt schon eine
grosse Rolle und wir es in Hinkunft noch viel stärker tun. Doch
stellt sich jetzt bereits heraus, dass auch unser neues System,
wo wir das Schwerpunktprogramm gegen den Strassentod nur eine Woche
stark von der Exekutive überwachen lassen wollen, mangels der Möglich-
keiten scheitern, wie mir zwar Manhart nicht mitteilte, wie ich
aber e-fahren konnte, waren einzig und allein einmal 4 Stunden
die Gendarmerie NÖ und die Polizei Wiens gegen die Alkoholsünder
in einem verstärkten Einsatz. Sonst plätschern halt die Schwerpunkt-
programme nach wie vor sowie bisher dahin. Zilk, erklärt mir
Manhart, hätte sich bereits erklärt, einmal im Jahr, wenn eine
grosse Sache startet, das Fernsehen einzuschalten. Koppe selbst
wieder, der an den Detailbesprechungen teilnimmt, ist todunglück-
lich, wie bürokratisch und unorganisiert und unkoordiniert vor allem
einmal diese ganze Aktionen vor sich gehen. Andererseits aber wieder
habe ich, da ich mit den Kraftfahrverbänden sehr gut kooperiere,
natürlich in einer grossen Masse von organisierten Mitgliedern der
Kraftfahrer entsprechenden Widerhall gefunden. Hier könnte man mit
viel Aufwand an Zeit und letzten Endes auch an Geld sicher einiges
für die Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums leisten. Für das
halbe Jahr steht es sich allerdings nicht mehr dafür.
Kreisky, Androsch, Veselsky, Gatscha und ich sollten über die Berg-
bauförderung Detailbesprechungen führen. Gatscha hat ein Konzept
vorgelegt, wo er anstelle der 68 Mill. 115 Mill. S wünscht.
Die GKB hat 72,60 Mill. S angefordert als Verlustabdeckung. Dieser
Verlust soll nun nach dem Konzept Gatscha und der Alpine auf
50 Mill. S reduziert werden. Dafür soll aber für die Investitionen
in den gesunden Betrieben der GKB 25 Mill. S aus der Bergbauförderung
bereitgestellt werden. Dies ergäbe 75 Mill. für die aber wahrschein-
lich nach dem Gesetz kaum eine Deckung sein wird. Derzeit richtet
sich nämlich die Bergbauförderung nach der Liquiditätslage der
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Unternehmungen und der entsprechenden Verluste. Kupferbergbau Mitterberg,
wo 9,8 Mill. vorgesehen sind, meint Gatscha, müssten 20 Mill. mit BÜG
bereitgestellt werden. Androsch replizierte sofort, aus dem Kopf, und
das hat mir wieder sehr imponiert, dass Kupferbergbau Mitterberg aber
selbst nur 15 Mill. S verlangt hat. Die SAGOK soll anstelle der 6 Mill.
wie gewünscht und vorgesehen 12 Mill. bekommen. Die WTK hat 8 Mill.
lt. Kommission zu erwarten und würde nach Gatscha-Plan auf tatsächlich
nur 8 Mill. bekommen, Ich kann mir nicht vorstellen, dass wenn man
nun der GKB wirklich die 75 Mill. S gibt, dass man dann der WTK 8 Mill.
S nur Beihilfe gibt. Kreisky sieht dieses Problem ausschliesslich von
der politischen Seite. Er meint, dass man nicht hier mit den Millionen
allzu knauserig umgehen soll, dass das jetzige System der Verlustabdeckung
falsch ist, wo ich ihm hundertprozentig zustimme und dass man deshalb
der GKB, d.h. dem ganzen Alpine-Konzern mehr helfen solle. Er rechnet
sehr stark, dass der neue Generaldirektor Sernetz hier Ordnung
wird schaffen. Ich bin allerdings gespannt, ob dann Androsch tatsäch-
lich beim BÜG diese ca. 40 Mill. S beantragen wird. Ich wies darauf hin,
dass ich dem Wunsch von Kanzler entsprechend für die GKB ausser den
6 Mill., die im Feber bereits angewiesen werden sollten, jetzt an das
Finanzministerium den Antrag gestellt habe, weitere 9 Mill. flüssig
zu machen, dies war der Betrag, den die GKB resp. die Alpine er-
klärt hat, benötigt sie, um die Prämienerhöhung von 2.000 auf 3.000 S
bezahlen zu können. Nach Angaben von Gatscha, die er allerdings bei
der grossen fraktionellen Sitzung nicht ausgeführt hat, beträgt
der Aufwand für die Prämien nur 6 Mill. S. Die Alpine hätte uns in
diesem Fall wieder falsche Angaben gemacht, denn mir hat sie ausdrück-
lich auf meine Frage geantwortet: Die Prämie beträgt für die GKB, wenn
sie von 3.500 Forderung auf 3.000 S reduziert wird, 9,6 Mill. S Mehrauf
wand.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte über Sterk feststellen, wieviel die Pro-
duktionsprämie im Vorjahr und im heurigen Jahr betragen wird.
Mit Jagoda konnte ich seinem Wunsch entsprechend wenigstens einmal
eineinhalb Stunden über die neue Gewerbeordnung sprechen. Jagoda
selbst hat ziemlich exakt alle die wichtigsten Wünsche aus der Begut-
achtung zusammengestellt und arbeitet sie jetzt systematisch in unseren
Entwurf ein. Bei dieser Gelegenheit referiert er mir gleich und wünscht
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in dem einen oder anderen Fall auch die Entscheidung. In diesem
Fall ist mit die Detailinformation fast zu viel. Trotzdem will und
werde ich Jagoda nicht enttäuschen, indem ich ein geringeres Inter-
esse dafür bekunde. Ich kann mir aber z.B. beim besten Willen nicht
vorstellen, wie Androsch oder auch der Sozialminister, der ja
auch Dutzende von Gesetzen zu machen hat, dieses Problem bewältigt.
Die beiden wirklich grösseren Gesetzeswerke in unserem Haus, die
Gewerbeordnung und das Berggesetz, nehmen mich eigentlich verhältnis-
mässig sehr stark in Anspruch. Wenn dabei aber etwas vernünftige heraus-
kommt, hat sich sicher der Aufwand gelohnt. Am Abend hat Kreisky
für Künstler helfen Künstlern einen riesigen Empfang in der Hofburg
gegeben. Ich glaube mit einer solchen Methode kann er wirklich die
Künstler für sich gewinnen. Klaus, sein Amtsvorgänger, hat bekanntlich
aber zumindest hat Kreisky dies zweimal erzählt, eine andere Methode
eingeschlagen. Er hat einzelne zu sich gebeten, hat ihnen dann er-
klärt, sie gehören nun zum inneren Kreis des Bundeskanzlers und
hat damit geglaubt, er kann Künstlern damit imponieren. Sicher mag
einer oder der andere das erhebende Gefühl gehabt haben, mit dem
Bundeskanzler geredet zu haben, aber sicherlich hat die Mehrzahl
der Künstler dies innerlich abgestossen. Kreisky dagegen versteht es,
wo er die Zeit hernimmt, ist mir unerklärlich, sich immer wieder mit
Künstlern zu beschäftigen und ihnen sein grosses Interesse zu be-
kunden. Ich glaube, dass er wirklich ein gutes Politisches Gspür
dafür hat, wann und in welchem Umfang er sich einem gewissen Problem
widmet. Jetzt glaubt er eben, dass die Zeit für einen EWG- Vertrag
reif ist und deshalb unternimmt er jetzt die Reise in die Hauptstädte
Die Opposition hat es sicherlich recht schwer, ihn deswegen anzugrei-
fen. Eine Äusserung, die er im Integrationsausschuss gemacht hat,
dass er nämlich wegen der sensiblen Produkte der Landwirtschaft inter-
venieren wird, könnte für ihn verheerend sein, weil er dort kaum
positive grosse Erfolge zurückbringen kann. Ich bin aber überzeugt,
dass dies nicht ihm wird dann angelastet werden, sondern sicherlich
mir, der ich für die Integration verantwortlich bin. Ich hatte
Sonntag abends Gelegenheit, mit dem französischen Botschafter Leduc
noch einmal über die Frage der sensiblen Produkte und der Landwirtschaft
zu sprechen. Leduc meint, dass wir doch mit dem Vertrag 90 % zufrieden
sein könnten und 10 % eben die Frage der sensiblen Produkte, Landwirt-
schaft und Ursprungszeugnisse vielleicht nicht ganz befriedigend wäre
Meine Angriffe, wonach es mir unerklärlich ist, dass die Kommission
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die heiss-schmelzenden Metalle, die insbesondere Plansee inter-
essieren auf die Sensiblen-Listen gesetzt hat, meint Leduc, auch
für ihn sei dies nicht ganz verständlich. Der Metallsektor dürfte
also vielleicht doch nicht auf französischen Wunsch zurückzuführen
sein oder Leduc weiss davon nichts. Er sieht die einzige Schwierig-
keit für Papier, weil hier eine gewisse Zollaufwertung gegenüber den
anderen beitrittswilligen EFTA-Staaten entstehen würde. Für alle
anderen ergibt sich doch gegenüber dem jetzigen Zustand keine Ver-
schlechterung und erst mit einem Zeitabstand von 3 Jahren dann eine
auch letzten Endes Zollabbau betreffende positive Lösung. Für die
Landwirtschaft ergibt sich doch eine gute Situation, dass sie
nicht für den Beitritt etwas noch bezahlen müssen. Er meinte, im
Vergleich zu England und Dänemark, die jetzt noch eine gewisse
finanzielle Leistung erbringen müssen, damit sie in die EWG aufge-
nommen werden. Hier erwiderte ich sofort, dass sie dafür aber auch
an dem Gemeinsamen Agrartopf der EWG in Hinkunft teilnehmen könnten.
und deshalb ein solcher Vergleich für Österreich vollkommen inak-
zeptabel sei. Leduc meinte noch zum Schluss, er würde mir jederzeit
zur Verfügung stehen, wenn ich irgendwelche Probleme hätte.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Vielleicht ist es wirklich zielführend, ihn
mit Spezialfragen zu fassen und unsere Wünsche entsprechend zu de-
ponieren.
Peschke hat sich geopfert, den sowjetischen Delegationsführer zu
verabschieden und ich und Würzl mit einem zweiten Kollegen (Dr. Ober-
länder) haben Todorow empfangen. Beim Essen sieht man mehr Beamte,
das sollte man ändern.
Tagesprogramm, 18.2.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)