Sonntag, der 5. Dezember 1971

08-1437

Sonntag, 5. Dezember 1971

Bei der ausserordentlichen Vorstandssitzung in der burgenländischen
Kammer zur Verleihung der zusätzlichen Kommerzialratstiteln, hatte
ich provozierend den Präsidenten Graf erklärt, ich würde sehr gerne
wieder kommen, um über Wirtschaftsprobleme in der Handelskammervollver-
sammlung zu sprechen Graf hat damals sofort – ohne es sich zu überlegen
– erklärt, dass er mich auf alle Fälle zur nächsten Vollversammlung ein-
laden wird. Sallinger meinte damals, dies würde sehr schwer gehen, denn
an diesem Tag, so ist er überzeugt, würde der Wirtschaftsbund eine wich-
tige Tagung haben. Er wollte damit Präs. Graf zu verstehen geben, dass
er keine Chance hätte, mich einzuladen. Ich muss sagen, dass ich zu
meiner grössten Überraschung doch jetzt zu einer Vollversammlung ein-
geladen wurde. Es war zwar wieder eine Jubiläumssitzung, nämlich 25
Jahre Wiedererrichtung der Handelskammer im Burgenland. Ich hatte auch,
als ich die Tagesordnung sah, überraschend feststellen müssen, dass ich
nicht ein Hauptreferat halten sollte, sondern dass ich nur eine Be-
grüssungsansprache hätte. Auf alle Fälle aber war es Graf als erstem ge-
lungen, mich zu einer Kammervollversammlung einzuladen. Sallinger be-
merkte bei seiner Ansprache, dass ich immer gerne gesehen bin und über-
all reden könnte. Eine sehr umfangreiche Tagesordnung war vorgesehen,
daher fragte ich Graf vorher, wie lange er mir Zeit gibt. Er
meinte, er könnte den Minister nicht beschneiden und ich hätte unbe-
schränkt Zeit, ergänzte dann aber, dass er doch damit rechnet und er
kennt mich vom Parlament, dass ich mit 20 Minuten das Auslangen finden
werde. Den Rechenschaftsbericht gab der Kammeramtsdirektor Holzwarth,
der einleitend feststellte, der Präsident hätte ihm für jedes Jahr eine
Minute zugebilligt, deshalb müsst er in 25 Minuten fertig werden. Dies
war für mich ein guter Gag als Aufhänger, denn ich erklärte, dass mit
der Präsident für jedes Monat meiner Tätigkeit auch eine Minute zugestan-
den hat und deshalb müsste ich in 20 Minuten fertig sein. Ich ging des-
halb nur auf die unmittelbar in der Vorwoche geführten Verhandlungen –
wobei ich Sallinger auch wieder entsprechend herausstrich – mit den
Ungarn betreffend den Handelsvertrag und der Schillingfakturierung
und der Kooperationen ein. Dann widmete ich mich der Integration und
habe ihnen doch ohne wirkliche Spezialkenntnisse vorausgesetzt,
Detailinformationen gegeben, die für sie sicherlich neu waren, ohne
dass ich natürlich irgendwelche taktischen Überlegungen verraten habe.
Es war nämlich immerhin die APA anwesend und auch einige Zeitungen.



08-1438

Zum Schluss bemerkte ich nur noch, dass ich auch über die Gewerbe-
ordnung noch vieles zu sagen hätte, meine Zeit aber abgelaufen
ist, ich nur aber bemerken möchte, dass ich in der Vorwoche eine
Diskussion mit dem Präsidium resp. Vorstand der Freien Berufe gehabt
habe, und dass hier arge Differenzen zur Auffassung mit der Handels-
kammer bestehen. Ich verkniff mir nicht darauf hinzuweisen, dass der
Vorsitzende dieser Präsidentenkonferenz und des Vorstandes der
ehemalige Vizekanzler Bock ist, der sich jetzt ebenfalls mit den Freien
Berufen gegen eine allzu grosse Anlehnung des Handelsministeriums an
die Handelskammer ausspricht. Ich versicherte nur allen, dass wir
über die neue Gewerbeordnung noch mit jedem verhandeln werden. Graf
versprach, mich neuerdings einzuladen.

08_1436_01

Tagesprogramm, 5.12.1971


Tätigkeit: ehem. ÖVP-Vizekanzler, Präs. Donaueurop. Institut, AR-Vors. Leykam


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Präs. HK Bgld.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: KAD bgld. HK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


        Einträge mit Erwähnung: