Dienstag, 23. November 1971
Im Ministerrat berichtete Kreisky, dass die Gewerkschaft den
ersten Entwurf über die Prüfung des rechtskundigen Dienstes
zugestimmt hatte, dagegen die jetzige Vorlage ablehnt. Details
hatte er keine gesagt. Trotzdem hat er aber darauf bestanden, nach-
dem es in seinen Ressortbereich fällt, dass die Vorlage – wie er sie
jetzt vorgeschlagen hat – den Ministerrat passieren sollte. Ich
weiss nicht, ob die anderen Minister informiert waren, ich jedenfalls
war es nicht. Ich habe deshalb auch bei der Sektionsleitersitzung
nichts erwähnt. Schipper hat dann im Bericht des Präsidiums mitge-
teilt, dass im BKA eine Besprechung stattfand, wo man die Schulung
der Beamten für den rechtskundigen Dienst und die Prüfung durch Sta-
tistik und Managementausbildung und Nationalökonomie ergänzte. Hätte
ich z.B. dies früher gewusst, dann wäre es mir im Ministerrat leichter
gewesen, denn dann hätte ich ja geahnt, um was es sich hier bei dem
Einspruch der Gewerkschaft gehandelt hat. Dies ist wieder ein typisches
Beispiel für mich, wie die Verwaltung wahrscheinlich ohne dass
die Minister zeitgerecht davon erfahren, auf Beamtenebene ihre
Politik und ihre Richtlinien sich selbst geben.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ein typisches Beispiel dafür, wie wir in Einzel-
fragen noch danebenliegen. Wahrscheinlich aber ist es gar nicht anders
möglich, diesen Zustand wirklich abzustellen, weil wir ihn arbeitsmäs-
sig nicht erfassen können.
Mit Frühbauer und Androsch habe ich das Problem des nächstjährigen Kon-
gresses der Reisebüros, welcher 500.000 S für den Transport im Verkehrs-
ministerium benötigt, besprochen. Androsch meint, es wäre nicht sehr
gut, wenn man jetzt bereits, wo das Budget nicht einmal noch im Haus
beschlossen ist, ein Budgetüberschreitungsgesetz in Erwägung zieht,
damit der Verkehrsminister für die Transportkosten aufkommen kann.
Androsch hat es nicht abgelehnt, aber natürlich auch keine Zusage
gemacht, sondern meinte, es müsste halt jedes Ressort versuchen, mit
seinen Ansätzen durchzukommen. Frühbauer verhält sich in dieser
Frage sehr passiv. In Hinkunft sollten wir wirklich vorher ganz exakt
klären, wo die Mittel herkommen, bevor man eine solche grosse Einladung
ausspricht.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte in Hinkunft, wenn Fremdressorts davon be-
troffen sind, wirklich die finanzielle Frage eindeutig vorher klären,
indem man dem FM einen Akt vorschreibt und sich dann dort die notwendi-
gen Mittel bestätigen lässt.
Da Staatssekretär Karl Nachmittag den familienpolitischen Beirat hat,
wollte sie klären, ob der Bundeskanzler wirklich so gegen jedwede
Erhöhung der Schülertarife ist. Ich habe seit je den Standpunkt ver-
treten, es ist ganz unmöglich, hier keinerlei Erhöhung vorzu-
nehmen, sondern als Kompromiss hier immer wieder vorgeschlagen,
es sollte die allgemeine Erhöhung auch dann für die Schülertarife gel-
ten. Dies würde bei der Bahn an Stelle der 64 % eine 20 %-ige Erhöhung
bringen. Die Aussprache zwischen Kreisky, Kreisky, Karl und mir
hat dann auch dieses Kompromiss ergeben. Kreisky hat Karl allerdings
ersucht, sie soll überhaupt auf Detaildiskussionen sich im familien-
politischen Beirat gar nicht einlassen.
Im Rom hat mich der Südtiroler Abgeordnete Riz ersucht, ich möge
Kreisky bitten, dass er ihm eine Aussprache gewährt, um die Idee
Riz's, nämlich Wiedervereinigung der ÖVP-Gruppe der Südtiroler Volks-
partei mit der sozialdemokratischen Gruppe von Jenny herbeizuführen.
Ich teilte Kreisky diesen Wunsch mit und er erklärte mit Recht,
dass dazu gar keine Veranlassung besteht. Die Südtiroler Volkspartei
hat sich jetzt noch mehr zerstritten, Dietl ist ausgeschieden, Magnago
und Brugger bekämpfen sich, der Zerfallsprozess ist also nicht mehr
aufzuhalten. Wenn Riz sich an ihn wendet, so ist er gerne bereit,
ihn zu empfangen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich weiss nicht, ob es zielführend ist, Riz von
dieser Terminmöglichkeit zu verständigen, oder ob man es dem Zufall
überlassen sollte, wenn Riz einmal bei Kreisky anfrägt.
Riz selbst sagt, Kirchschläger ist ein ausgesprochen hinterfotziger Po-
litiker.
Die Fraktion des Arbeitnehmerflügels im Wirtschafts- und Sozialbeirat
hat zu einer Energiekonzeptaussprache eingeladen. Das seinerzeitige
Konzept, welches zu Regierungsantritt Kreisky fertig war, war überholt
und ist vor allem derzeit überhaupt nicht mehr zu gebracht. Peyerl
von der Sektion Energie im Frühbauer-Ministerium hat dort den Vorsitz
geführt. Ich war sehr erstaunt, als ich wirklich alle führenden Genossen
der Energiewirtschaft bei dieser Energiesitzung antraf. Hrdlitschka
hat Begrüssungsworte gesprochen und auf die Bedeutung dieser Arbeits-
gruppe hingewiesen und Frühbauer hat dies wiederholt und ganz besonders
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Beschlüsse, die hier gefasst werden, dann auch für alle bindend
sein sollten. Ich glaube, er hat hier insbesondere die Gegnerschaft
innerhalb der Elektrizitätsgruppen, die auch zwischen den Genossen
herrscht, gemeint. Ich selbst wurde auch aufgefordert, habe aber nur
erklärt, dass ich mir vorstelle, wenn tatsächlich die Energiewirtschaft
in mein Ministerium kommt, ich sofort einen Energiebeirat auf brei-
tester Basis interfraktionell unter Heranziehung der Interessen-
vertretungen gründen werde. Dieser Energiebeirat wird dann für die
einzelnen Sektoren Kohle, Gas, Öl, Strom entsprechende Vorschläge
auszuarbeiten haben. Wenn dann ein solches Konzept von den einzel-
nen Arbeitsgruppen erstellt ist, werde ich ersuchen, über den Energie-
beirat ein gesamtes Energiekonzept vorzulegen. Wenn ich eine solche
breite Basis als Grundlage nehme, dann kann ich hoffen, dass es
von der Opposition nicht allzu starken Angriffen ausgesetzt ist.
Ich mache auf gar keinen Fall den Fehler, wenn die ÖVP bei der Er-
stellung ihres Energiekonzeptes gemacht hat und mache aber auch ander-
erseits nicht den Fehler, dass ich von vornherein mit einem beschlos-
senen Konzept in den Beirat resp. in die Verhandlungen mit den an-
deren Interessenvertretungen eintrete. Trotzdem halte ich die Arbeit
für sehr sinnvoll und zielführend, erklärte ich, obwohl ich
davon gar nicht überzeugt bin, wenn die fraktionell jetzt
tagende Arbeitsgruppe versucht, jetzt eine Vorarbeit für dieses
grosse Konzept zu leisten. Ich bin überzeugt, dass die einzelnen
Gruppen und Interessenten, die an diesem Tisch beisammensitzen,
nur äusserst mühselig, wenn es sich nicht um Lehrformeln handelt,
auf eine Linie gebracht werden können. Die Anfrage Fremuths, ob die
dirigistischen Ansätze, die wir vor zwei Jahren noch erstellten,
noch heute Gültigkeit haben, hat bereits dieses Dilemma gezeigt.
Da die Minister von Fremuth gefragt wurden, Frühbauer sich aber
nicht äusserte, erklärte ich unumwunden, wenn es in meinem Ressort
ist, dann kann ich nur sagen, dass ich mit der Handelskammer und
den anderen Interessensvertretungen ein Konzept würde versuchen
zu erstellen, daher könnte ich jetzt noch nicht endgültig sagen,
wie weit dirigistische Massnahmen möglich wären. Ich lehnte aber ab
wenn man mir zumuten würde, z.B. eine weitere Dezentralisierung der
Elektrizitätsproduktion auf der einen Seite, auf der anderen Seite
aber das so vernünftige Konzept eine einzige für ganz Österreich
zuständige Elektrizitätsgesellschaft. An der Frage Fremuths ent-
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zündete auch sofort die Diskussion, weil einzelne Landesgesell-
schaften z.B. die KELAG sofort jedweden dirigistischen Einfluss
ablehnten. Min.Rat Peyerl vom VM, der hofft, Leiter der E-Sektion
zu werden, als Vorsitzender hat hoffentlich auch die Schwierig-
keiten erkannt. Falls er tatsächlich aus dieser Arbeitsgruppe
ein Konzept erstellen lassen könnte, oder selbst erstellt, wel-
ches einigermassen Hand und Fuss hat und nicht als Lehrformeln
besteht, würde ich sagen, hätte er sich wirklich für eine leitende
Stelle ausgezeichnet. Ich fürchte nur, dass ihm dies sicher nicht
gelingen wird.
Bei der Besprechung im Haus mit den deutschen Vertretern über
den grenzüberschreitenden Güterverkehr auf der Strasse, gelang
es, nachdem ich die Wünsche der deutschen Delegation beim
Antrittsbesuch mir angehört hatte, einen Kompromiss zu finden.
Wir wollten eine Erhöhung um 100 rote Karten, die Deutschen wollten,
nachdem das Verhältnis schon 3:1 zu unseren Gunsten
liegt, in der tatsächlichen Ausnützung nur 50 Karten geben. Es
gelang dann ein Kompromiss von 75, wobei insbesondere die Transit-
wünsche der Deutschen – ohne dass das Wort Transit vorkommt –
erledigt werden konnte. Es werden von den 75 40 Karten ausgegeben,
die nicht für den Loco-Verkehr bestimmt sind. Von den derzeit
670 Karten, die die BRD hat, werden 450 für den Italienverkehr
verwendet. Im Italienkontingent Österreichs sind 80 % Transitkarten.
Die Deutschen wollen in Hinkunft, da der Leber-Pfennig mit 1.1.
1972 wegfällt, die Kraftfahrzeugsteuer wesentlich erhöhen. Während
jetzt linear von 1.000 bis tausend Kilogramm 1.50 DM bezahlt wer-
den, soll dann ab 12 t in Hinkunft eine progressive Staffel bis
zu 10 DM eingeführt werden. Durch diese starke Belastung des
deutsche Kraftverkehrs wünscht die deutsche Delegation, dass
in Hinkunft eine Revision des steuerlichen Abkommens aus dem
Jahr 1969 mit Österreich verhandelt wird. Der Wunsch wird dem
Finanzministerium mitgeteilt werden. Ich dachte zuerst, dass hier
das Verkehrsministerium grössere Schwierigkeiten machen wird und war
sehr freudig überrascht, dass der Beamte erklärte, er könnte hier
ohne Rücksprache mit seinem Minister zustimmen. Der Leiter der
deutschen Delegation Präs. Rautenberger hat sich auch bei mir er-
kundigt, ob tatsächlich Metzner bei uns bleibt, auch wenn die
Strassensektion nach dem grossen Kompetenzgesetz ins Verkehrs-
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ministerium kommt. Ich erklärte vor Metzner, dass dies in seiner
Entscheidung liegt, ich aber schon hoffe, dass er bei uns bleibt,
weil er ein äusserst tüchtiger Beamter ist.
Telefonisch verständigte ich Bundesrat Brugger, dass ich die
Absicht habe, nach Brüssel zu fahren, um die innerpolitischen An-
griffe der ÖVP zu entgegnen. Brugger meinte, dass wäre eine voll-
kommen sinnlose Reise, was ich sofort bestätigte, und er gedenkt
nicht, die Delegation nach Brüssel zu begleiten. Er hat aber die
innenpolitischen Gründe verstanden und hat gegen eine Reise von
mir überhaupt nichts einzuwenden. Brugger wird Ende April seinen
Vortrag bei der schweizerisch-östereichischen Handelskammer in
Wien halten und anschliessend daran den offiziellen Besuch auf
Grund der Einladung Mitterers bereits an seinen Vorgänger ausge-
sprochen wurde, von Mitterer abstatten.
Bei der Budgetbesprechung im Hause habe ich von Schipper eine
Aufstellung bekommen, wo wir bereits mit Ende Oktober unsere
500.000 S Repräsentationsausgaben ausgegeben haben. In dieser
Aufstellung erscheint zu fast 90 % immer das Ministerbüro als
auftraggebende Stelle auf. Wenn der Rechnungshof dies einmal prüfen
wird, werden wir sicherlich eine grosse Beanstandung haben. Mir
fällt auch auf, dass mich niemand im Haus aufmerksam macht, ob ich
nicht die Einladungen von den Ministern, die offiziell zu uns
kommen, im Ministerrat genehmigen lassen müsste. Die anderen Mini-
ster haben bis jetzt immer jedwede Einladung dort vorgebracht und
sind durch einen Ministerrat gedeckt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wenn dies notwendig sein sollte, müssten wir
aktmässig irgendwie festhalten, dass die meisten Einladungen ja
noch von meinem Amtsvorgänger stammen und es sich daher nur um ei-
ne Verpflichtungserfüllung handelt. Wenn allerdings jetzt erst der
Akt angelegt werden wird, bedeutet dies, dass der Rechnungshof so-
wohl auf die Ausgaben durch das Ministerbüro als auch auf die
nichtbestätigten Einladungen aufmerksam wird und entsprechend bean-
standen wird. Insbesondere habe ich mich über die hohen Ausgaben
für die ununterbrochenen Essen, die wir gegeben haben, eine Unzahl
von Beamten teilnimmt und die ich persönlich so hasse, sehr geär-
gert.
Bei den Budgetvorbesprechungen im Haus stellte sich auch
heraus, dass die Fremdenverkehrsmillionen gar nicht für
die Zinsenzuschüsse verwendet werden können. Wir müssen
deshalb von der Bürges – Gewerbestrukturverbesserungsakte zurück-
nehmen, damit nicht diese Gelder verfallen. Sekt.Rat Marhold
behauptet auch, es müsste möglich sein, dass die Bürges gar
nicht für die Gewerbestrukturverbesserung 45 Mill. Vorgriffe
für die nächsten Jahre benötigt, um die Überhänge für die Normal-
fälle wegzubringen. Ich glaube ihm allerdings in diesem Punkt
nicht, denn ich habe ihm vor etlichen Monaten dieses Problem
auch ziffernmässig erörtert und damals meinte er nur, es müsste
Wege geben, und er würde mit der Abteilung darüber sprechen. Einen
konkreten Vorschlag habe ich bis jetzt nicht bekommen und ich
glaube auch, dass er hier mehr verspricht, als er imstande wäre, zu
halten. Auf alle Fälle haben wir noch immer kein wirkliches Kon-
zept, wie wir einen Überblick über die Förderungsmittel bei uns
im Haus oder von der Bürges verlangen können. Er wird höchste Zeit,
dass sich Jagoda, der natürlich mit der Gewerbeordnung sehr
überlastet ist, mit der Zeit wird auch dieser Förderungsausgaben
annehmen kann. Wohlgemuth ist dazu nicht fähig. Wenn ich mir
vorstelle, dass man Wohlgemuth noch zum Sektionschef hätte machen
wollen, der imstande gewesen wäre, in der Gewerbeordnung genau-
so einen heillosen Wirbel dann zusammenzubringen, wie bei seinen
Förderungsausgaben, so kann ich nur von Glück reden, dass wir
dies verhindert haben. Schipper hätte mir das nämlich glatt
zugemutet, nur um keine Schwierigkeiten zu haben. Als Trost-
pflaster wollten wir ja Wohlgemuth in der Pension den Titel
Sektionschef verleihen und dies wird aber von Markovics, mit
dem ich im BKA persönlich sogar gesprochen abgelehnt. Die Be-
stellung würde gegen alle Richtlinien und bisherigen Entscheidungen
verstossen. Ich habe Wohlgemuth, der gestern seinen 65. Geburtsgag
feierte, gratuliert und ihm davon Mitteilung gemacht, ich hätte
persönlich noch einmal mit Markovics über die Frage
gesprochen, leider aber eine negative Antwort zu erwarten ist.
Schipper hat am Vortag ersucht, wir müssten mit Thaler die Frage
des Vizepräsidenten besprechen und er selbst sei, da Thaler Leberl
vorschlägt, mehr oder minder auch für diesen Vorschlag, obwohl
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er mitteilte, dass Schmeiser von den Abteilungsleitern der
technischen Abteilungen mit 11:1 in geheimer Wahl gewählt wurde.
Mein Argument, dass doch nicht die einzelnen Abteilungsleiter
ihren Vorgesetzten wählen können, hat Schipper sofort als richtig
bezeichnet und gemeint, letzten Endes müsste man sich auf
Thalers Vorschlag stützen. Zu meiner grössten Verwunderung hat
er heute bei einer Aussprache mit Thaler versucht Schmeiser
unbedingt als den Nachfolger zu präsentieren. Er sei der ältere,
sei länger im Patentamt, sei ausserdem bei allen beliebt und würde
das ruhige Klima dort nicht stören und im Interesse des Arbeits-
klimas sollte man unbedingt Schmeiser als Vizepräsidenten ein-
setzen. Hier haben wir einen grossen Fehler gemacht, dass wir nicht
unmittelbar, nachdem Thaler den Vorschlag Leberl gebracht hatte,
eine Entscheidung getroffen haben. Ich erklärte neuerdings, dass
ich keinen Zweier- oder Dreiervorschlag möchte, sondern dass
für mich nur in Frage kommt, dass wir den besten Mann, der
fachlich geeignet ist, als Vizepräsidenten einsetzen sollen.
Thaler beharrte darauf, dass Leberl der Tüchtigere ist, auch
dann wenn er von den einzelnen jetzt vielleicht bevor die Be-
stellung erfolgt, als Vorgesetzter nur sehr ungern gesehen wird.
Im Akt von Thaler steht auch drinnen, dass Schmeiser bei einer
Abstimmung von ÖAAB-lern als richtiger Nachfolger bezeichnet
wurde. Schipper meinte aber, beide seien nicht beim ÖAAB und
diese Bemerkung hätte überhaupt im Akt nichts verloren. Ich
stimmte dieser Auffassung zu, Thaler erklärte nur, er hätte
dies auf ausdrücklichen Wunsch von Schmeiser hineinschreiben
müssen. Schipper hat allerdings, als er gesehen hat, dass Thaler
von seinem Vorschlag nicht abgeht und ich bereit bin, Thaler in
dieser Frage zu unterstützen, sofort mehr oder minder kapituliert.
Österreichischer Ferstl hat sondiert, ob wir eine westliche Kapital-
gruppe, welche Hotels in London und München errichtet, mit den
Fluggesellschaften gemeinsam auch in Wien eine Möglichkeit be-
steht. Ihre Marktforschung hat ergeben, dass ein Bedarf, was wir
allerdings sowieso wissen, vorhanden ist. Er will deshalb jetzt
mit der AUA gemeinsam und mit einigen Versicherungsgesellschaften
ein 400-Betten-Hotel errichten. Pro Bett rechnet er 20.000 $,
sodass sich dieses Hotel auf ca. 200 Mill. S stellen würde. 60 %
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davon müsste durch ERP-Hilfe und Hypothekarkredit aufgebracht
werden und die restlichen 80 % zwischen den einzelnen Kapital-
gruppen aufgeteilt werden. Sie selbst würden 12,5 Mill. S dazu
beitragen. Das Hotel würde dann von ihnen gemietet werden, das
System ist ähnlich dem Hilton- resp. dem Intercontinental-System.
Nur sollen die Preise ca. 30 % unter den Preisen der Luxushotels
liegen. Dieser Hoteltyp würde also keine Konferenzräume und
grosse Speisesäle usw. umfassen, die Ausstattung würde zwar
A 1 sein, doch würden die Verpflegungsmöglichkeiten nur in einer
Snack-Bar oder Cafeteria bestehen. Ich versicherte Ferstl, dass
wir an einem solchen Hotel ebenfalls sehr interessiert sind,
weil gerade die A-1-Qualität bei uns noch Mangelware ist. Trotz
der zu erwartenden Neubauten wird es auch so bleiben.
Regisseur Antel hofft, dass er jetzt den amerikanischen Spielfilm
Produktion, die Prof. Hacker mir am Semmering bereits angedeutet
hat, tatsächlich nach Wien bringen kann. Die amerikanische Kapital-
gruppe würde 2 Mill. $ zur Verfügung stellen und erwartet
nur in Österreich entsprechende Sachleistung durch Bereitstel-
lung von Ateliers usw. Wenn Antel dies tatsächlich glückt, dann
hat er bei mir bewiesen, dass er imstande ist, eine Produktion
aufzuziehen, was z.B. Dürer von der Wien-Film nicht imstande
war.
Mit Dr. Bock und seiner Begleitung hatte ich ein Interview
für eine Rundfunksendung über die Preise. Da mehrere gefragt
werden und dann die ganze Diskussion zusammengeschnitten wird,
kann man natürlich von vornherein nie wissen, was ausgestrahlt
werden wird. Kreisky hat sich einmal über eine solche Sendung
sehr aufgeregt und ist deshalb nicht mehr bereit, mit Bock
überhaupt eine Sendung zu machen. Eine Bemerkung von Koppe, dass
wir ja nicht wissen, wie dann der Schnitt aussehen wird, hat
deshalb ihn sofort veranlasst, sarkastisch zu bemerken, dass
selbstverständlich alles manipuliert wird werden. Derzeit
glaube ich auch leben wir nicht zuletzt auch deshalb in der
öffentlichen Meinung so gut, weil wir die Journalisten, den
Rundfunk und das Fernsehen ganz normal behandeln und mit ihnen
noch keinen Streit gehabt haben. Da andere leider einen Streit
haben oder die Massenmedien vollkommen negieren, kriegen wir
immer eine gute Presse und verhältnismässig kommen auch im
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Rundfunk und Fernsehen gut weg. Hier gilt derselbe Grundsatz,
den ich bereits beim römischen Besuch gesagt habe, wenn man mit
jemandem gut ist, dann kann einer einen nicht so schlecht be-
handelt, als wenn man mit jemandem im Streit liegt.
Mit einem deutschen Redakteur, die Zeitung weiss ich nicht,
weil sie mir auch nicht aufgeschrieben wurde, Dr. Eyck, hatte
ich ebenfalls ein Interview über Wirtschaftsprobleme und Beziehungen
EWG-Österreich. Er kam in Begleitung eines Österreichers,
dessen Namen ich auch nicht kannte.
ANMERKUNG FÜR KOPPE UND HEINDL: Ich bitte in Hinkunft mir nicht
nur einen Termin zu vermitteln, sondern wirklich auch aufzuschrei-
ben, wer aller dazukommt. Ausserdem möchte ich einen kurzen Hin-
weis, für welche Zeitung hier dieses Interview abgegeben werden
soll. Ich sehe vollkommen ein, dass ihr nicht bei allen anwesend
sein könnt, doch möchte ich mich nicht immer so vorsichtig erst
vortasten müssen, bis ich weiss, um was es sich eigentlich handelt
und mit wem ich es zu tun habe.
Bei der Sektionsleitersitzung im dritten Bezirk kam natürlich wieder
das Preisproblem zur Sprache. Koppe hat gestern bei den soz.
Frauen ein diesbezügliches Referat gehalten und ich bin nachdem er
schon weg war, auch hingekommen, um den Frauen den politischen
Background für dieses Problem zu erzählen. Vielleicht, weil
ich dort weniger Zeit hatte, hat die Diskussion nicht so harte
Formen angenommen, wie bei der Sektionsleitersitzung. Ich
bin sehr froh, dass wir über dieses Problem so freimütig diskutieren,
aber ich glaube wirklich, dass die Preiserhöhungen die wichtig-
ste und schwierigste Frage für unsere Vertrauenspersonen und
Funktionäre ist. Der Druck, dem sie in den Betrieben ausgesetzt
sind, muss ungeheuer sein. Sie verlangen von mir Argumente und
ich kann ihnen watscheneinfache Erklärungen leider nicht geben.
Eine unbefriedigende Situation.
Tagesprogramm, 23.11.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 4. Ministerratssitzung, 23.11.1971
08_1385_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)
SL-Besprechung 23.11.1971
08_1385_07Notiz f. Herrn BM betr. Patentdokumentationszentrum
Vorschlag Meisl f. TO SL-Besprechung 23.11.1971