Samstag, 20. November 1971
Hrdlitschka und auch Scheer wollten, dass ich unbedingt bei der Fraktions-
sitzung des Präsidiums der Arbeiterkammer, dann aber auch bei der Prä-
sidiumssitzung und bei der Vorstandssitzung anwesend bin, weil sie
hofften, das Kammeramtsdirektoren-Problem zu lösen. Da das Schulungs-
heim Annental, die Meinl-Villa, jetzt fertig ist, wurde der Vorstand
dorthin verlegt. Ich fuhr mit Blümel hin und war einigermassen erstaunt,
dass fast niemand anwesend war. Einzig und allein Vizepräsident
Prechtl war gekommen, da er als Umbauer der Villa sein Werk präsen-
tieren musste und wollte. Der Umbau hat 3 Mill. S gekostet und wenn ich
mir vorstelle, dass Blümel imstande war, um 8 Mill. unser ganzes Hartberg
abzureissen, die Strasse zu bauen, das ganze Gelände zu sanieren und
dann noch ein phantastisches Haus mit Schwimmbad hinzustellen, finde
ich, dass die 3 Mill. S gar nicht so billig waren, wie Prechtl mir er-
klären wollte. Der von ihm vorgesehene Architekt aus St. Pölten
hat den Auftrag nicht übernommen oder nicht bekommen. Er wollte anderer-
seits, dass der Architekt von Hrdlitschka, der Vöslau gebaut hat und der
nicht bedeutend ist, nicht neuerdings den Auftrag zum Umbau der Meinl-
Villa bekommt und deshalb hat er sich auch als Architekt betätigt.
Rainer hatte seinerzeit unter Wahrung der z.B. sehr schönen Stuckarbeiten
in den Zimmern oder der alten Öfen, eine Einrichtung geschaffen, die ver-
hältnismässig eine gewisse Einheitlichkeit ergab. Jetzt wurde eine
Kombination von Stil teilweise gemischt mit Kitsch angewendet, dass
einem wirklich das Grausen kommt. Da gibt es in den Zimmern schmiede-
eiserne Deckenbeleuchtungen und dann auf den Nachtkästchen moderne
orange Beleuchtungskörper. Die Nachtkästchen sind wieder im Bauernstil
irgendeiner Firma in den westlichen Bundesländern hergestellt. Der eine
Aufenthaltsraum ist mir supermodernen Sitzgarnituren ausgestaltet und
der andere hat heurigenartige Nischen , die man nicht bewegen, ver-
schieben oder zusammenstellen kann. Habe ich mich seinerzeit schon nicht
zuletzt über die bedeutenden Ausgaben, über die geringe einheit-
liche Durchführung des Schulungsheimes Vöslau geärgert. Bin ich froh,
dass ich jetzt für den Umbau Annental überhaupt nicht mehr zuständig bin.
Da so wenige vom Präsidium, es war nur die ÖVP anwesend, ausser Prechtl
und im Vorstand auch nur die Anwesenheit des zweiten ÖVP-Funktionärs über-
haupt eine Beschlussfähigkeit zustandegekommen wäre, anwesend waren, wurde
die Frage des Kammeramtsdirektors wieder vertagt. Hrdlitschka hat auch
mit den eigenen Genossen, Skritek oder Prechtl, nichts vorbesprochen.
TB Koppe, 20.11.1971
08_1366_03