Montag, der 15. November 1971

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Montag, 15. November 1971

Kreisky hat überraschend eine Besprechung über die Tarife einbe-
rufen. Ich war sehr verwundert, dass dort auch die Gemeinde-
verwaltung mit einer grossen Delegation erschien. Bürgermeister
Slavik, Finanzstadtrat Schweda und Stadtwerke-Vertreter Stadt-
rat Nekula. Ausserdem war der Wiener Obmann NR-Präsident Probst
für die Wiener anwesend. Für den Gewerkschaftsbund erschien
Benya, Hofstetter und Robert Weisz. Veselsky war zeitweise dann
anwesend und Frühbauer kam später. Androsch war angeblich auch
eingeladen, aber es hat nicht funktioniert, er kam daher nicht.
Kreisky eröffnete und meinte, man müsste sich über die zeitliche
Folge der Tariferhöhungen einigen. Slavik meinte und Nekula er-
gänzte, wenn die Gemeinde Wien nicht die Strassenbahntarife von
5.– auf 7.– erhöhen kann, dann müssten sie einen Grossteil
ihrer geplanten Investitionen in der Höhe von 268 Mill. S einstellen.
Sie bevorzugen nach wie vor österreichische Firmen, kaufen z.B.
bei Saurer oder Gräf & Stift Autobusse mit 1,1 Mill. S das Stück
und zwar für 1972 30 Stück, obwohl sie in der BRD bei MAN um 960.000
die Busse bekommen könnten. Für die SGP und für Lohner sind die
Grossraumwagenzüge ein entscheidender Auftragsteil. Bei der SGP
macht es 28 % ihres Kapazitätsanteils aus. Nächstes Jahr sollen
66 Grossraumzüge bestellt werden. Die Hauptwerkstätte, die voll-
endet werden muss, damit man die Grossraumzüge reparieren kann, kostet
126 Mill. S nächstjährige Investitionen. Im Wirtschaftsplan 1972
wird die Gemeinde für Pensionen 550 Mill., nach anderer Version
515 Mill. S Zuschuss gewähren, ausserdem wird 180 Mill. vom E-Werk
den Stadtwerken zugeführt. 1967 hat die Strassenbahn, die ebenfalls
damals 5 Jahre warten musste, eine 66 %-ige Erhöhung durchgeführt.
Das Defizit von 1962 bis 1967 betrug 1,2 Mia. S. Von 1967 bis 1972,
die Erhöhung soll mit 1.1.1972 erfolgen, beträgt der Verlust
schon 2,9 Mia. S. 1967 wurde der Schaffnerfahrschein von 3.– auf 5.– S,
der Vorverkaufsfahrschein von 2.70 auf 4.–, die Kinderkarte von
–.50 S auf 1.– S erhöht. Der Durchschnittspreis betrug damals
2,39 S. Jetzt wird er 3,35 betragen. Kostendeckend müsste allerdings
5.69 S der Durchschnittspreis sein, dies würde einen Schaffner-
preis von 16.– S bedeuten. Robert Weisz wies darauf hin, dass
bereits in der Wiener Vorstandssitzung gegen diese exorbitante Höhe
polemisiert hat. Nach seiner Berechnung würden die Lebenshaltungs-


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kosten um 68.80 S pro Monat steigen, dies wären 2 %. Demgegenüber
versicherte Nekula, dass nur 1,7 % die Verteuerung des Lebenshaltungs-
kostenindex ausmachen würde. Sie haben unter dem Druck der Gewerkschaf-
ten bereits die Wochenkarte für 6 Tage von 50.– geplant auf 46.– S
reduziert und für die 5-Tage-Wochenkarte von 42.– auf 38.– S.
Ausserdem soll das Tarifgebiet II aufgelassen werden und eine Tages-
netzkarte neu eingeführt werden, die 25.– S kostet. Wenn die vorge-
schlagenen Erhöhungen durchgehen, dann werden die Stadtwerke eine
Einnahme von 318 Mill. S brutto haben, die durch den Abzug der
Verkehrssteuer, der Provision und sonstige Abgabe auf 292 Mill. S
reduziert werden. Graz beabsichtigt ebenfalls den Schaffnerfahrschein
auf 7.– S und Linz mit einer wesentlich kleineren Fahrleistung auf
6.– S zu erhöhen. Slavik meinte dann noch, im Jahre 1969 hätte
die ÖBB mit 30 % Tariferhöhungen ihre Situation wesentlich ver-
bessert, während die Stadtwerke damals infolge der Gemeinderats-
wahlen nicht eine Erhöhung durchführen konnten, Nekula meinte
noch, dass die 1967 eingeführt Wochenstreckenkarte für die Arbei-
ter nicht 10 Fahrten, sondern 12 Fahrten im Durchschnitt machen
und die 6-Tage-Wochenkarten nicht 12 Fahrten sondern 15 Fahrten im
Durchschnitt durchführen. In wendete mich vor allem gegen die
Schocktherapie-Lösung und wies darauf hin, dass doch die Gemeinde
beabsichtigt hat, den Vorverkaufsfahrschein auf 5.50 und nicht
wie jetzt auf 6.– S und damit um 50 % zu erhöhen, währenddem der
Schaffnerfahrschein nur um 40 % steigen würde. Die Wochenkarte
würde sogar um 52 % teurer werden. Benya polemisierte auch gegen
die exorbitante einmalige Erhöhung und schlug vor, man sollte in
Etappenvorgehen, einen Teil mit 1.1.1972, der Zeitpunkt ist richtig
gewählt, denn da kann es zu keinen Streikaktionen à la "Roten Punkt"
in Deutschland kommen und den zweiten Teil erst im Jahre 1973.
Probst stimmte der Erhöhung im Prinzip zu, er erklärte nur, dass
Nekula vom Wiener Vorstand und Ausschuss ermächtigt wurde, Berechnungen
auf der von ihm dargelegten Basis zu führen. Mein Einwand, dass doch
innerhalb der Partei grosse Widerstände gegen diese Regelung sind,
entkräftete Probst damit, dass er erklärte, weder in der Ausschuss-
sitzung noch in der Gemeinderatsfraktion hätten sich ernste Be-
denken dagegen gemeldet. Auch im dritten Bezirk, so wurde ihm be-
richtet und Jacobi hat mir ebenfalls in diesem Sinne Mitteilung ge-
macht, hätte Seeböck erklärt, sei dies alles mit mehr oder minder
Zustimmung zur Kenntnis genommen worden. Kreisky schlug vor, es
sollte eine Kommission unter meinem Vorsitz zusammenzutreten, um


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fraktionell die entsprechenden Vorschläge noch einmal durch-
zudiskutieren, zu überlegen und gegebenenfalls bessere zu er-
statten. Slavik war an und für sich zum Schluss bereit, auf
eine Diskussion überhaupt einzugehen.

Wie Schweda mitteilt, beabsichtigt die Gemeinde Wien noch den
Kulturschilling 5.– S fürs Fernsehen und 2.– S für Radio einzuführen.
Ebenso soll eine Parkometergebühr von 2.– S die halbe Stunde ge-
schaffen werden. An Gebühren wird das Wasser so erhöht, dass für
einen 3-Personen-Haushalt 9.35 S pro Monat, die Kanalgebühren
3.10 pro Monat und die Müllabfuhr 2.40 pro Monat Belastung heraus-
kommen würden. Bei den Bädern sei eine Erhöhung beabsichtigt, das
Brausebad würde von 2.– auf 3.– S steigen. Ebenso sollten die Ver-
pflegsgebühren bei den Altersheimen von 60.– auf 70.– S und bei
den Spitälern von 360.– auf 430.– S erhöht werden. Mit der Kranken-
kasse bedarf es einer eigenen Verhandlung, die derzeit 200.- S
würden nach Wunsch von Schweda auf 300.- S zu erhöhen sein. Auch
die Fernheizwerke müssten von 250.– auf 295.– S die Diakalorie
erhöhen. Von 150.– auf 180.– S würde der m² pro Monat belastet
werden und von 150.– auf 170.– S wäre die Leistung zu belasten.
Ich versuchte den Genossen auseinanderzusetzen, dass im ersten
Halbjahr 1972, da der Lebenshaltungskostenindex im heurigen Jahr
im letzten Zeitraum sehr wenig gestiegen ist, jede zusätzliche
starke Preissteigerung und Tariferhöhung automatisch zu über 6 % der
Lebenshaltungskostenindexsteigerung kommen müsste. Benya meinte,
bis zu 6 % sei es noch tragbar, aber darüber hinaus würde er als
eine Alarmstufe bezeichnen. Der Wunsch von Frühbauer, dass man
jetzt doch auch sehr bald Elektrizitätspreise behandelt, wurde
sehr negativ aufgenommen. Insbesondere meint Benya und ich bin
ebenfalls dieser Ansicht, dass vor dem 1.7. auf gar keinen Fall
eine Stromtariferhöhung kommen dürfte. Die Bahntarife, die in der
Höhe überhaupt noch nicht fixiert sind, sollten mit 1.3. oder
1.4. in Kraft treten.

Der Staatsbesuch begann mit allen wie vom Protokoll vorge-
schriebenen Ehren. Min.Rat Meisl und seine Frau, die ihn auf den
Flugplatz begleitet, waren so besorgt, dass sie zu spät kommen,
sodass ich dann nicht einmal auf meine Frau wartete, sondern


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dran und ich war der erste Minister. Mit der Zeit kamen der Bundeskanz-
ler, der Vizekanzler, der Innenminister und der Landwirtschafts-
minister. Wenn man boshaft wäre, könnte man sagen, die Regie-
rung muss wenig zu tun haben. Dabei hat sich dies schon wesent-
lich gebessert, denn bei den vorhergehenden Regierungen war immer
die gesamte Regierung zur Verabschiedung angetreten. Zum selben Zeit-
punkt, als der Bundespräsident eintraf und die Regierung fein säuber-
lich am roten Teppich aufgefädelt stand, kam genau eine KLM wieder
zum Flugplatz hingefahren und machte mit ihren Düsen einen derartigen
Lärm, dass man nicht einmal die Bundeshymne hörte. Da mit dies
bereits einige Male passierte und Kirchschläger mir sagt, dass dies
mit einer Präzision immer der Fall ist, wenn ein Staatsempfang ist,
nehme ich fast an, dass vielleicht im Flugsicherungsraum jemand
sitzt, der dem Protokoll einen Strich durch die Rechnung machen
will. Da der Bundespräsident auf die Minute genau eintrifft,
so könnte man entweder ein ankommendes Flugzeug auf der Piste draussen
stehen lassen, resp. gegebenenfalls eine Warterunde drehen lassen
und die abfliegenden Flugzeuge könnte man veranlassen, die 5 Minuten
zuzuwarten. Andererseits aber, wenn das Protokoll auf Draht ist,
hätte ich schon längst herausgefunden, wann eine flugfreie Zeit ist
und hätte dann zu diesem Zeitpunkt die Zeremonie festlegen können.
Ich selbst finde es als ungehörig, dass bei einer solchen Feier
überhaupt keine Rücksicht auf den Bundespräsidenten genommen wird.
Ein so starker Flugverkehr ist ja nicht in Schwechat, dass nicht
jede Minute zum Abkommen und zum Landen dringendst benötigt wird.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, erkundige Dich einmal bei der Flughafen-
gesellschaft, warum dies nicht funktioniert, es würde mich persönlich
stark interessieren.

Der Flug war herrlich und nachdem ich vor einigen Monaten ja erst
im Cockpit fliegen konnte, habe ich die Strecke verhältnismässig
sehr genau gekannt und der Bundespräsident war sehr überrascht,
dass ich obwohl ich erst das zweite Mal nach Rom geflogen bin,
so gute Kenntnisse hatte. Beim Überfliegen des jug. Staatsgebietes
äusserte der Bundespräsident den Wunsch, Tito ein Telegramm zu
schicken. Das Aussenamt und das Protokoll hatte nichts vorbe-
reitet, doch Halusa setzte schnell eines auf. Winterstein übersetzte
es dann ins Französische was nicht sehr viel Sinn hatte, denn der


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Navigator der Maschine war ausnahmsweise, wie ich mich im Cockpit
überzeugen konnte, mit einem solchen besetzt, ansonsten fliegt ja nur
der Pilot und der Copilot, ersuchte um einen englischen Text.
Winterstein übersetzte es daher jetzt vom Französischen ins
Englische zurück, erklärte dann aber, als er zurückkam, dass doch
ein Mann in der Leitstelle Laibach gefunden wurde, der das franz.
Telegramm angenommen hat. Ich bezweifle dies zwar, aber irgend
etwas wird schon bei Tito angekommen sein. Wenn man die Leute
vom Protokoll wie z.B. Winterstein näher kennen lernt, so sind sie
wirklich liebwerte Menschen. Schade nur, dass sie so eine vertrottel-
te Arbeit haben und in Wirklichkeit mit einigen Fragen ganz aus
ihrer Fassung gebracht werden können. Winterstein ist vom Protokoll
des Aussenministeriums. Kirchschläger nimmt ihn zu seinen Auslands-
reisen nie mit. Jetzt aber war Kirchschläger hier nicht immer
mit dem Bundespräsidenten zusammen, z.B. hatten wir Fachgespräche
und auch eigene Programme. Ich fragte so per Hetz Winterstein, was
er nun machen wird, ob er mit dem Bundespräsidenten zu den offiziel-
len Feiern fährt oder mit seinem Minister. Wenn ich gewusst hätte,
welche Verlegenheit ich ihm damit bereite, hätte ich diese Frage
sicherlich nicht gestellt, denn er wusste nicht, wie er sich ent-
scheiden sollte, fuhr aber dann doch mit dem Bundespräsidenten.
Als ich Kirchschläger darauf ansprach, was richtig gewesen wäre,
meinte er selbstverständlich, dass er mit dem Bundespräsidenten ge-
fahren ist, denn er hat hier als Protokollmann den Höchsten zu be-
gleiten. Auch bei den Entscheidungen, die der österreichische Bot-
schafter Löwenstein traf, bemerkte ich, dass das Protokoll in den
seltensten Fällen wirklich eindeutige Auskunft gibt, oder sie das
Protokoll nicht genau kannten. Kirchschläger entschied in solchen
Fällen immer souverän, abgesehen davon, dass sich sowieso niemand
etwas gegen ihn zu sagen getraut, habe ich den Eindruck, dass alle
glücklich waren, wenn eine solche Entscheidung gefallen ist. Dass
es irgendeine Protokollordnung geben muss, sehe ich ja ein und habe
ich immer eingesehen, ich weiss nur nicht, ob man sich wirklich bis
ins letzte Detail, wie sich auch die Italiener noch viel viel mehr
zeremoniell handhaben, festlegen sollte. Denn in den Durchführungen
gibt es dann immer wieder Pannen, die in wirklich aber mit
normalem Menschenverstand ohne weiteres auszubügeln sind. Ich kann
mir natürlich vorstellen, dass wenn eine Regierung nicht vernünftige
Mitglieder hat oder wenn diese vor allem gegenseitig in einem
Kampfstehen, dass es dann Schwierigkeiten geben wird. Ich hatte ein


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eigenes Auto, dieses aber nie benützt, bin immer mit Kirchschläger
gefahren, denn ich stehe auf dem Standpunkt, man soll die Zeit
nützen, um Besprechungen zu führen. Andererseits war Kirchschläger
immer wieder bemüht, mich auf die rechte Seite setzen zu lassen,
damit ja nicht der Eindruck entsteht – scheinbar – irgendjemand
der dies nicht weiss oder uns nicht kennt daraus ableitet, dass ich
nicht ein gleichberechtigter Minister wäre. Ich lernte dadurch kennen,
dass man bei einem Auto unbedingt bei der Abfahrt das Fenster aufmachen
muss, damit der Betreffende, der draussen steht, nicht beleidigt ist
wenn er mit geschlossenem Fenster wegfährt. Eine nützliche Erkennt-
nis. Blödsinnig fand ich dagegen, dass ich bei zwei Essen nicht un-
mittelbar neben Aussenhandelsminister Zagari zu sitzen kam, sondern
beim zweiten Essen sogar einen Platz weiter sass, aber neben mir
der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, der weder Deutsch noch
Englisch konnte und ich ihn in Französisch mit ihm überhaupt
nicht verständigen konnte. Wohl wurde mir ein Dolmetsch resp. Dolmetsche-
rin zur Verfügung gestellt, aber die Sachgespräche zogen sich dahin, wie
ein Strudelteig. Kirchschläger meinte allerdings, dass eben hier die
Rangordnung eine so grosse Rolle spielt, dass man eben auf vernünftige
Gesichtspunkte wie Sprachkenntnisse materielle Interessen womöglich
die beiden Minister, die mitsammen reden könnten, nicht ausschlag-
gebend sein können. Hier diktiert das Protokoll mit seiner ganzen
Strenge. Im Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung wird es
mit der Zeit besser werden. Ich bin überzeugt, man wird früher
oder später die Gäste, die man einladet in einen Computer geben,
und der wird dann einem Protokoll entsprechend das programmieren
und die bestmöglichste Kombination der Tischordnung auswerfen.

Die Verhandlungen verliefen in einer freundschaftlichen Atmosphäre,
da die Italiener aber die ganze österreichische Presse eingeladen
hatten und anschliessend eine Besichtigungsfahrt durch ganz Italien
veranstalteten, waren verhältnismässig viele österreichische
Zeitungen vertreten. Sie waren über die Grosszügigkeit der Italiener
und vor allem über die freundige Aufnahme der österreichischen
Delegation verwundert oder zumindestens wollten sie gegen den Gastgeber
nicht Negatives schreiben. Das Endergebnis war, dass eine phantastische
österreichische Presse ja auch eine italienische und sogar die
Weltpresse positiv berichtete. Da Jonas Italienisch sprach
und seine Reden immer deutsch und teils italienisch hielt, waren die
so national eingestellten Italiener von ihm mehr begeistert als
von jemals einem anderen Staatspräsidenten. Die Tatsache aber,


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dass die österreichische Presse so positiv schon nach dem ersten
Tag berichtete, bedeutete, dass wir wirklich in der Delegation das
Gefühl bekamen, einen entscheidenden Durchbruch errungen zu haben.
Sicher ist, dass nach so langer Zeit der gespannten italienisch-öster-
reichischen Verhältnissen jetzt eine wesentliche neue Zeit anbrechen
wird. Die Einwände, die Mussil z.B. vor unserer Abreise mir gegenüber
gemacht hat und die er dann unglückseligerweise auch noch im Parlament
wiederholte, dass man nämlich erst nach der Streitendfertigung in Er-
wägung hätte ziehen sollen, nach Italien zu reisen, hat sich als
vollkommen falsch erwiesen. Nach seiner Auffassung und wahrscheinlich
auch die des Protokolls, hätte zuerst der Aussenminister der italieni-
sche nach Österreich zum Gegenbesuch kommen müssen, dann hätte der
Bundeskanzler, resp. der italienische Ministerpräsident fahren sollen
und ganz zum Schluss erst gegebenenfalls die Staatsoberhäupter. Da
auch hier ein Protokoll, von dem allerdings der italienische Botschafter
behauptet, dass es gar nicht existiert, durchstossen wurde, so
war es wieder einmal ein Beweis für meine Theorie, dass das Protokoll
längst überholt ist. Politisch gesehen war es auch viel wichtiger,
dass Jonas jetzt gefahren ist, denn er konnte damit durch die Einladung
Saragats bedingt, wirklich eine geschichtliche Tat setzen. Auf die
Frage der Journalisten, die von uns sehr gut betreut wurden, meine
Meinung dazu, äusserte ich sofort einen Vergleich. Ich sagte: Wenn
ich mit jemandem gut bin, so kann er mir kaum etwas abschlagen, oder
zumindestens muss er sich bemühen, meine Wünsche und Forderungen zu
erfüllen. Wenn ich dagegen mit jemandem bös bin, dann fällt es
mir leicht, ihm seine Wünsche abzulehnen oder ihn schlecht zu
behandeln. Die Presse versuchte natürlich sowohl bei Jonas als auch
bei Kirchschläger und letzten Endes auch bei mir immer wieder Details
zu erfahren. Klima vom Kurier meinte mir gegenüber, dass er einem
ÖVP-Journalisten erklärt hätte, dass es früher undenkbar gewesen
wäre, von einem ÖVP-Minister irgendwelche Details oder gar viel-
leicht eine private Information zu bekommen. Ohne uns Mehl streuen
oder sich hineinraunzen zu wollen, muss er anerkennen, obwohl er kein
Sozialist ist, dass hier in dieser neuen Regierung und mit diesen
Männern wesentlich anders zu reden ist und dass dies wahrscheinlich
mit einer unserer Erfolge ist.



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Ich habe darüber nachgedacht und bin zur Überzeugung gekommen, dass
letzten Endes die ÖVP-Mitglieder, soweit sie nicht persönlich
eitle Menschen gewesen sind, wahrscheinlich auch aus der Kompetenz-
situation heraus nicht so freimütig handeln konnten, denn wenn ein
Journalist einen frägt, dann sagt man und ich habe bei Kirchschläger
dies einige Male beobachtet und ich habe es selbst auch getan, dass
wenn man in das andere Gebiet hineinkommt, natürlich auch zu einem Ge-
biet etwas, das eigentlich nicht in die eigene Kompetenz fällt. Kirch-
schläger
hat immer und ich habe es aber auch so gehalten, dann
sofort darauf hingewiesen, dass es doch besser ist, den dafür kompe-
tenten Kirchschläger und er sagte, den dafür kompetenten z.B. in
der Integrationsfrage Staribacher zu fragen. Trotzdem waren alle
wahrscheinlich von der harmonischen Zusammenarbeit positiv überrascht.
Bei der ÖVP-Regierung wäre es sicherlich undenkbar gewesen, dass
der Aussenminister und der Aussenhandelsminister so eng zusammen-
arbeiten und solche freundschaftliche Beziehungen pflegen.

Fielhauer von der Kronen-Zeitung und Dr. Katscher von der AZ wollten
einmal eine längere private Aussprache mit mir. Auch Dr. Klima vom
Kurier zu einem anderen Zeitpunkt. Auch wenn man einen Journalisten
oder mehrere zusammen gelegentlich irgendwo traf, so fragten sie natür-
lich sofort um neue Ergebnisse. Da sie insbesondere von mir einige
Gags erwarteten, Kirchschläger hatte sie ja sogar direkt auf mich
verwiesen, als sie ihn darum frugen, musste ich mir immer den Kopf
zerbrechen, irgendeine besondere Sache ihnen präsentieren zu können.
Bei der Aussprache KirchschlägerMoro, wo ich auch durch die Integration
anwesend war, ist gerade das Licht ausgegangen, als Kirchschläger dies
zur Sprache brachte. Guter Gag: Eni bringt sich Moro in Erinnerung.
Nächsten Tag in der Villa Madama versucht Jonas die italienischen
und österreichischen Regierungsmitglieder zwischen zwei Säulen zu
postieren. Er will immer weiter nach links und da wir verkehrt stehen,
geht das immer nach rechts. Auch ein Gag, der bei der Presse gut ankam.
Auch die Liter-Milch-Wette war ein phantastischer Gag. Kirchschläger war
nicht ganz damit zufrieden, doch ich glaube der Presse-Erfolg hat mir
rechtgegeben. Hier habe ich viel von Koppe gelernt.

Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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    Tätigkeit: österr. Botschafter in Italien


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        Tätigkeit: Wr. Bgm. bis 1973
        GND ID: 107489872


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: ital. Politiker


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            Tätigkeit: Journalist, Kurier


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
              GND ID: 118723189


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


                Einträge mit Erwähnung:
                  GND ID: 125942052


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                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Staatschef Jugoslawien


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                        Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                        GND ID: 12053536X


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ital. Abgeordneter, Außenhandelsminister


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                              Tätigkeit: Redakteur Express [??] [15.11.1971 Kronen Zeitung genannt]


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                                Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                GND ID: 102318379X


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                                  Tätigkeit: Stv. GS im Außenministerium [1971]


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                                    Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                      Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                      GND ID: 136895662


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                                        Tätigkeit: ital Staatspräs. bis 1971, dann Senator auf Lebenszeit


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                                          Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                          GND ID: 119083906


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                                            Tätigkeit: Journalist AZ


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                                              Tätigkeit: SP Wien-Landstraße, ZBO Tabakregie


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                                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                GND ID: 118566512


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                                                  Tätigkeit: Delegationsleiter EWG-Kommission [1971]


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                                                    Tätigkeit: Finanzminister
                                                    GND ID: 118503049


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                                                      GND ID: 127033629


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                                                        Tätigkeit: FSG-Vors., SPÖ-Klubobmann, Volksanwalt


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                                                          GND ID: 12254711X


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                                                            GND ID: 124089623


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