Sonntag, der 27. Juni 1971

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Sonntag, 27. Juni 1971

Vor der Besprechung mit Kreisky über die neue Taktik und die
propagandistische Vorbereitung ersuchte mich Androsch um ein Gespräch
unter vier Augen. Bei dieser Gelegenheit stellte er sehr zurückhaltend,
aber ich glaube sogar mit Recht fest, dass in der letzten Zeit unsere
Leute versuchen, Probleme, die eindeutig er lösen müsste, zu uns
herüberzuziehen. Für ihn hat diese Situation eine Wendung angenommen,
wo er mich doch darauf aufmerksam machen muss, dass wir hier in einer
Aussprache dies klären sollten. Im Prinzip hat der Finanzminister natür-
lich auf seinen Kompetenzen festzuhalten, und vor allem muss versuchen,
nicht die negativen sondern auch positive Erledigungen zu erreichen.
Ausgehend von der KFZ-Haftpflichtversicherungsfrage über die Grüne
Versicherungskarte bis zu den Verhandlungen jetzt mit den Finanz-
referenten der Länder über eine Koordinierung der Kreditaktionen hat
Androsch das Gefühl, versuchen wir nicht nur in seine Kompetenzen ein-
zubrechen, sondern auch – wie er sich ausdrückt – das Federl auf den
Hut zu stecken. Insbesondere dürften ihm einige Journalisten über
das Verhalten von Koppe in der ersten Frage falsch informiert haben.
Ich versicherte ihm neuerdings, dass ich ihm doch schon einmal erklärt
habe, dass ich unter allen Umständen in diesen Fragen durch dick und dünn
mit ihm gehen werde. Ich hatte ihm seinerzeit ja erklärt, dass die
Teamarbeit für mich wichtig ist als irgendwelche persönlichen Erfolge.
oder Misserfolge des einzelnen. Scheinbar haben einige Journalisten, so
wie sie seinerzeit gegenüber Veselsky Koppe versucht haben, aufzustacheln
jetzt bei Mauhart dasselbe Spiel scheinbar erfolgreicher gemacht.
Ich habe anschliessend sofort mit Koppe dieses Problem durchbesprochen
und Koppe wird in Hinkunft mit Mauhart einen besseren Kontakt haben.
Wieder einmal hat sich meine Theorie und meine Auffassung als richtig
erwiesen, als ich vor einigen Tagen über dieses Problem mit Koppe eine
ernste und freundschaftliche Aussprache führte, hat man mir noch nicht
geglaubt, dass in so kurzer Zeit sich meine Theorie sich bestätigen wird.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich bitte auch mit Gehart in jedem einzelnen Fall
reden, damit er mit Vranitzky diese Probleme bis ins einzelne abstimmt.

Bei der Aussprache, an der Androsch, Veselsky, Fischer und Reiter vom
Klub, Brantl von der Zentrale und Mussi, Pressereferent Kreiskys, sowie
ein sowohl Koppe als auch mir unbekannter Meier. Die Aufzeichnung über
diese Sitzung wird Koppe machen. Da Meier kein Fahrzeug hat, haben wir


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ihn dann nach Hernals nach Hause geführt. Allein meinte ich dann zu
Koppe, das wäre die grösste Hetz, wenn dieser unbekannte Meier überhaupt
von niemanden bekannt wäre und eingeladen worden wäre und sich dann als
ein Spion der ÖVP entpuppen würde. Die Besprechung und die nächsten Schritte,
die unternommen werden müssen, wird Koppe einen Bericht machen. Ich bin
sehr froh, dass ich bei der seinerzeitigen ersten Diskussion über diese
Wirtschaftsdebatte den Vorschlag des Androsch, der sofort erklärt hat, er
wird alle Unterlagen zur Verfügung stellen, mich nicht dagegen ausgespro-
chen habe. Androsch hätte ansonsten vielleicht die falsche Bestätigung
dadurch bekommen hat, dass ich wirklich alles an mich reissen will.

Der bulgarische Aussenhandelsminister, der ursprünglich erst in einer
Woche nach Österreich zur dritten bulg.-österr. Gemischten Kommission
kommen sollte, hat überraschend ganz kurzfristig ersucht, bereits jetzt
diese Kommission abzuwickeln. Da die Bulgaren am Sonntag gewählt haben,
er selbst ist Abgeordneter und ich konnte ihm bei seiner Ankunft bereits
zu seiner Wiederwahl beglückwünschen, obwohl die Wahl noch gar nicht
ausgezählt war, muss er ab 1. Juli wieder in Sofia zur Regierungsbildung
sein. Die Verhandlungen, die wir unmittelbar im Ministerium aufnahmen,
gestalteten sich äusserst schwierig. Bereits bei den protokollarisch vorge-
sehenen offiziellen Besuch des Ministers mit seinem Stellvertreter Penkow
zu meiner grössten Verwunderung war weder der Handelsrat noch der Botschaf-
ter mitgenommen, kam ich gleich auf die Schwierigkeiten zu sprechen.
Ich halte nämlich nichts davon, wenn man im Laufe der Verhandlungen
dann den Verhandlungspartner mit seiner Stellungnahme überrascht.
Ich wies deshalb auf die Möglichkeit hin, dass wir während der Verhand-
lungen noch ein Fremdenverkehrsabkommenspapier unterzeichnen können,
das ähnlich dem bulg.-franz. Abkommen ist, in Wirklich aber sehr wenig
Konkretes beinhaltet. Betreffend des neuen Vertrages über Handel und Schiff-
fahrt kann keine Einigung erzielt werden, wenn die bulg. Seite von den
ursprünglich von ihnen selbst als möglich bezeichneten Punkt wieder ab-
weichen. Die bulg. Donauflotte ist grösser als die österreichische
und leidet derzeit unter mangelndem Frachtaufkommen. Deshalb will sie
keine wie immer geartete Aufteilung der Fracht. Die im Artikel 11, Abs. 5
vorgesehenen Rechte und unter Wahrung der Interessen dieser Unternehmungen
aufzuteilende, sodass eine zufriedenstellende Beteiligung an diesem
Donautransporten beiderseits gesichert ist, lehnen die Bulgaren deshalb
ab, weil sie in Wirklichkeit die Fracht als Gegengeschäft z.B. bei VÖEST-
Lieferungen günstig verkaufen. Das Verkehrsministerium besteht, aber auf


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solch eine Formulierung gegebenenfalls auch im Donauschiffahrtsabkommen.
Unter diesen Umständen würde das neue Abkommen sich nur auf ein Handels-
abkommen beschränken. Nedew war mit einer solchen Lösung nicht ein-
verstanden und schlug vor, dass Verhandlungen darüber nicht unterbro-
chen werden sollen, sondern dass Experten beauftragt werden sollen,
entsprechende Vorarbeiten zu leisten, damit man im Oktober in Sofia
und in Wien ohne dass man zusammenkommt, ein solches Abkommen paraphieren
könnte, was dann bei der 4. Tagung im Mai in Sofia endgültig unterzeich-
net werden könnte. Scheinbar ist es ausserstande, das von Popow mir in
Wien von 14 Tagen zugesagte Kompromiss derzeit zu verwirklichen. Der
Botschafter war damals nämlich im Prinzip einverstanden, dass man dieses
Problem im Donauschiffahrtsabkommen gleichzeitig lösen könnte. Das
schwierigste Problem ist aber die Kreditsituation. Die Bulgaren haben
derzeit einen Stand von 73,3 Mill. $ Schulden. Dieser Stand wird sich
bis Jahresende mindestens auf 80 Mill. $ erhöhen. Die Exporte bis zu
Ende Mai waren zu 18 Mio. $ gegenüber 6 Mio. $ Importe wesentlich höher.
Die Bulgaren erwarten nun, dass wir für das Jahr 1972 ihnen einen Kredit
von 40 Mill. $ und für das Jahr 1973 einen solchen von 20 Mill. $ um
ihre Umschuldung vornehmen zu können. Die Nationalbank hat sich bis jetzt
nur bereiterklärt, 4 Mill. $ längerfristig innerhalb von 5 Jahren zu
kreditieren. 1,5 Mill. $ wäre Technischer Kredit, 2,5 Mill. $ Konto C.
Die Bulgaren erwarten nun, dass die einen Staatskredit in immerhin einer
Höhe von etlichen Dutzenden Millionen bekommen. Derzeit haben sie bei der
OeNB 19 Mill. $ Swap-Operation liegen, die aber auch in den nächsten
Wochen fällig wird. Vitar Malinow, der Direktor bei der bulg. Aussen-
handelsbank, hat unseren Leuten zu erkennen gegeben, dass sie sich
um einen Konsortialkredit bemühen würden. Verhandlungen mit der Österr.
Kontrollbank, Dir. Dr. Haschek, waren bis jetzt nicht erfolgreich, da
die Österr. Kontrollbank eine Bundeshaftung für diese Kredite wünscht.
Das Maximum, das das Finanzministerium bereit ist, ist, dass die diesen
Konsortialkredit, der von den Banken gegeben werden müsste und für
den keine Bundeshaftung aus präjudiziellen Grünend in Fragen kommt,
diesen Kredit als Durchlaufer betrachten würde und nicht dem Kontroll-
abkommen anrechnen. Das Währungsrisiko auszuschalten, meint Handels-
attache bei der österr. Botschaft Syrovatka, müsste man diesen zweck-
gebundenen Kredit mit einer Rückzahlungsklausel in ö.S. versehen. Malinow
ist es angeblich gelungen, von der Giro-Zentrale einen 5-Mill.-$-Kredit
zu bekommen.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte sofort feststellen, ob tatsächlich die Giro-
zentrale einen solchen Kreditvertrag beabsichtigt.



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Nedew meinte, dass die bulg. Seite annimmt, dass sie das Passiv-Saldo
mit einem Kredit in 4–5 Jahren dadurch abdecken kann, dass sie den
Export um 10–15 % erhöht. Derzeit betragen nach seiner Auffassung
der Export 20–30 Mill. $ und könnte dann auf 40–45 Mill. $ erhöht
werden. Tatsächlich macht nach seinen Berechnungen das gesamte Handels-
volumen 1970 ca. 50 Mill. $ aus. Unsere Statistik wird die Einfuhr mit
11 Mill. $ und unsere Ausfuhr mit 26,6 Mill. $ ausgewiesen. Dies ergibt
zusammen ein Volumen von 36 Mill. $. Durch Swap-Operationen resp. durch
Transit müsste sich deshalb u den 50 Mill. $, die er angibt, zu gelangen,
14 Mill. $ im vergangenen Jahr abgewickelt haben. Nedew meinte, dass
die Kräfte des Ministeriums weder österreichischer aber auch nicht
bulgarischer Seite ausreichen, um diese Diskrepanz zu beseitigen. Deshalb
sei eine grössere politische Aktion nötig. Käme es zu keiner Lösung,
müsste der österr. Export beschränkt werden, was die bulg. Regierung
nicht wünscht. Es gibt zwischen unseren Staaten keinen Streitpunkt und
trotzdem würde dann die Welt nicht verstehen, dass sich unser Handel
so zurückentwickelt. Andererseits wollen die Bulgaren aber keine Schuld-
ner weiter bleiben. In ihrem 5-Jahresplan, der 1971 jetzt beginnt, haben
sie vorgesehen, dass der Warenaustausch, der 1970 4 Mia. $ betragen hat,
bis 1975 um 60 % zunehmen sollte. Der 10. Parteitag hat die diesbezüg-
lichen Richtlinien aufgestellt. Um diese 60 %-ige Steigerung des Waren-
austausches zu erreichen, wird jetzt versucht werden, nicht nur die tradi-
tionellen Warenlisten durch Kontingentaufstockung zu erhöhen, sondern
auch die Warenlisten zu erweitern. In Maschinenausrüstung und elektroschen Sektor beträgt derzeit der Export in Bulgarien 600 Mill. $ und
Österreich ist daran mit einem ganz verschwindenden Prozentsatz nur
beteiligt. Nedew wies darauf hin, dass ihn die Kreditfrage und die
damit im Zusammenhang restriktive zu erwartende Aussenhandelspolitik
sehr beunruhigt.

Da Androsch nicht bereit ist und ich verstehe diesen Standpunkt, eine
Bundeshaftung für diesen Vertrag, der abzuschliessen wäre, auszusprechen,
wird es sehr schwer werden, die Banken für einen Konsortialkredit zu
gewinnen. Nur so weit sie eigene Konzern-Interessen haben, d.h. Firmen,
die sie mitvertreten, ebenfalls an weiteren bulg. Experten interessiert
sind, wird es möglich sein, eine vorübergehende Lösung zu erreichen.

Bei der offiziellen Arbeitssitzung, die mit 1 Stunde Verspätung erst
beginnen konnte, wies ich auf die guten freundschaftlichen Beziehungen
zwischen Bulgarien und österr. Volks hin und strich als positivst heraus,
dass wir mit den neu zu schaffenden Fremdenverkehrsabkommen eine völker-


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verbindende Aktion starten. Bei der Ankunft hat Nedew darauf hingewiesen
dass Wien das Glück hat, an der Donau zu liegen und ich konnte jetzt
zurückgeben, dass sie ein viel grösseres Glück haben, dass sie das
Meer haben und die Österreichischer immer wieder gern dorthin fahren.
Betreffend das längerfristige Abkommen erklärte ich dass wir bezüglich
der offenen Punkte Schiffahrt, aber auch Meistbegünstigungsklausel
vielleicht möglich wäre. vielleicht während der Tagung noch eine
Formulierung zu finden. Nedew meinte, man sollte die Liste versuchen
zu vergrössern, sie würden sich bemühen, die Verbindungen zu Geschäfts-
kreisen zu verstärken und ausserdem neue Erzeugnisse nach Österreich
zu exportieren. Betreffend die Kreditfrage wies ich darauf hin, dass
wir auch hoffen, dass positive Verhandlungen zwischen den Banken und
den bulg. Stellen jetzt in Österreich geführt werden können und dass
trotz alledem wie immer die Verhandlungen ausgehen, kein Schatten auf
unsere freundschaftlichen Beziehungen fallen soll. Nedew meinte im
Passiv-Saldo könnte auf die Dauer nicht getragen werden und es müssten
tiefere gründlichere Besprechungen der Experten erfolgen. Min.Rat
Heller vom FM schickte mir einen Zettel, dass diese Besprechungen
nicht zwischen Finanzministerium und Nationalbank und bulg. Stellen
erfolgen sollen und können, sondern ausschliesslich auf privater Basis
der Banken Österreichs mit den bulg. Stellen. Nedew meinte immer wieder,
dass Österreich die Möglichkeit hätte, den Organisationen des Handels
Direktiven zu erteilen, um eine Politik zu machen, die den Abbau dieses
Passiv-Saldo ermöglicht. Er meinte, man müsste de nationale Politik
den Handelsorganisationen einprägen und sie beeinflussen, dass sie
bestimmte Massnahmen treffen. Ich versuchte ihm auseinanderzusetzen,
dass wir über 70 % bereits liberalisiert haben und dass unsere Kontin-
gente nur Lizenzierungsverpflichtungen des österr. Staates gegenüber
dem Importeur sind. Ob und inwieweit die österr. Unternehmungen Waren
kaufen, liegt ganz in der Entscheidung dieser Unternehmungen. Nedew
meinte, sie hätten bereits ihre Waren 100 %-ig liberalisiert und
der österr. Botschafter hätte ihm heute bei der Verabschiedung mitge-
teilt, dass morgen wieder 30 Unternehmungen nach Sofia kommen, um nach Ab-
satzmöglichkeiten zu forschen. Die Bulgaren selbst müssten sich nun auch
in Österreich mehr um eine Absatzmöglichkeit ihrer Waren umschauen.
Wichtig ist, dass die Bulgaren in Wirklichkeit sehr wenig sich um
österr. Absatzmöglichkeiten bemühen, da sie für uns interessante Waren
lieber in der BRD verkaufen, da sie dort einen höheren Preis erzielen.

Der Hinweis Würzls, dass die Fremdenverkehrsziffern ein sehr günstige
Bild für Bulgarien geben, trifft leider nur zum Teil zu. Würzl hat


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aus der Statistik festgestellt, dass 31.000 österreichischer nach
Bulgarien gefahren sind. Er nimmt diese mit 4.000 S Ausgaben an und er-
rechnet damit 140 Mill. S Aufwendungen Österreichs in Bulgarien für
Fremden Demgegenüber stehen nur 18.000 Übernachtungen in Österreich,
die maximal 10 Mill. S Ausgaben darstellen. Die Rechnung ist nur deshalb
falsch, weil von den 31.000 Österreicher-Besuchen in Bulgarien nur
7.800 mit Charterflugzeugen an die Küste gekommen sind und nur die
überhaupt längere Zeit sich in Bulgarien aufgehalten haben. Der grösste
Teil davon, nämlich 23.000 Besucher waren Geschäftsleute, die sich nur gar
kurzfristig in Bulgarien aufgehalten haben. Die letztere Mitteilung hat
mir Syrovatka geflüstert, ich habe sie selbstverständlich Nedew nicht
gesagt, um ihn nicht weiterhin auf einen schwachen Punkt unserer Situation
hinzuweisen.

Ursprünglich war beabsichtigt, für Dienstag und Mittwoch Besichtigungen
von Werken, sei es in Wien oder in Linz bei der VÖEST oder Stickstoff
vorzunehmen. Nedew selbst aber hat zu erkennen gegeben, dass er sich
lieber in Wien einige Museen und historische Gebäude ansehen will.
Er interessiert sich sehr für Kunst und auch für Geschichte. Ich ver-
suchte deshalb Min.Rat Ottahal, er möge alles daran setzen, damit wir
noch Opernkarten für ihn bekommen könnten. Obwohl am Dienstag die gesamte
Oper von der Regierung resp. der Präsidentschaftskanzlei für den Staats-
besuch aufgekauft wurde, erklärt Ottahal, dass es unmöglich sein würde,
dafür Karten zu bekommen. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, dann muss
ich sagen, bin ich nicht nur sehr enttäuscht sondern glaube,
dann ist es höchste Zeit, dass wir im Protokoll wirklich einmal einen
entsprechenden Wirbel machen. Einen ausländischen Gast mit insgesamt
12 Personen nicht in eine geschlossene Vorstellung unterzubringen, wäre
gelinde gesagt, ein Skandal.

Auf Vorschlag von Fälbl fragte ich Nedew dann unter vier Augen, ob er
eventuell bereit wäre, an dem Empfang des Bundespräsidenten morgen für
den ungarischen Präsidenten um 22 Uhr in Schönbrunn teilzunehmen. Ich
überlegte nicht, dass dies beim Protokoll ganz grosse Schwierigkeiten
auslösen wird. Nedew erkannte hier viel besser die Klippe und meinte,
wenn eine Möglichkeit sei, würde er es akzeptieren, aber er meint doch,
dass man in diesem Punkt zuerst die protokollarische Frage klären müsste.
Ich glaube, ich war hier ein bisschen zu voreilig. Ich bin gespannt,
was das Protokoll für Widerstände wird herausfinden.



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TB 27. Juni 1971

Besprechung bei Kreisky.

Neben Androsch, Staribacher und Veselsky sowie Fischer und Reiter
vom Klub sind auch Brantl, Mussi, Koppe, ferner ein unbekannter Mann
eingeladen. Es geht um die und eine sorgfältig vorbereitete Regie
für den Ablauf der dafür entscheidenden Parlamentssitzung.

Für diese Sitzung sollen verschiedene Unterlagen vorbereitet werden,
die den Bericht Kreiskys untermauern und bereits während der Parla-
mentsdebatte an Journalisten verteilt werden sollen. Es ist dabei an
zwei verschiedene Unterlagen gedacht:

1. Eine vom Bundespressedienst herauszugebende Zusammenstellung von
nicht kommentierten sondern für sich selbst sprechenden Statistiken
und Kurven über die wirtschaftliche Situation, sofern sie für
die Regierung sprechen, bzw. günstige Vergleiche mit der vorher-
gehenden ÖVP-Ära ermöglichen. Vranitzky soll unverzüglich ein Redak-
tionskomitee einberufen, dem Mauhart, Gehart, Reiter, Krämer von
der AK und Koppe angehören.

2. Heinz Fischer ist federführend für die andere Unterlage, die eine
Zusammenstellung der Verhandlungsgrundlage mit der ÖVP, der Re-
gierungserklärung und der verwirklichten Punkteenthalten soll.

Die Dokumentation der Arbeiterkammer soll in der Debatte verwertbare
Aussprüche von Koren, Schleinzer und Withalm vorbereiten. Kohlmaier
soll vorläufig eher ignoriert werden.

Für einen Entschliessungstext wird eine Zusammenstellung preisdämpfender
Aktivitäten benötigt. Ferner wird für die Parlamentsdebatte eine Zusammen-
stellung der flankierenden Massnahmen vom Finanzministerium vorbereitet.
Androsch spricht überhaupt sehr grosszügig von einigen Dutzend Statistiken
die in seinem Ministerium bereits vorbereitet seien.

Die Einzelheiten der besprochenen Regie sollten wohl zweckmässigerweise
nicht schriftlich fixiert werden. Als Neuling in einer solchen Sitzungs-
runde möchte ich jedoch einige Eindrücke, die mir als bemerkenswert


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erscheinen, festhalten.

Da ist zunächst einmal die Tatsache, dass Kreisky offenbar auch in
dieser Runde nicht darauf verzichten kann, wie der Meister zu seinen
versammelten Jüngern mit entsprechender Verspätung und entsprechenden
theatralischen Effekt zu erscheinen.

Für eine Sitzung, die sich mit einer Aktion nicht zuletzt vom Gesichts-
punkt mit der Wirkung auf die Öffentlichkeit beschäftigt, gab es
bemerkenswert viel Intuition und erschreckend wenig sachliche Arbeits-
unterlagen, die bei professionellen Meinungsmachern eigentlich selbst-
verständlich sind. So registriert man beispielsweise die politische
Berichtserstattung und Kommentare der Tageszeitungen etwa im gleichen
Geist wie alte Schauspieler die Rezensionen der Theaterkritiker, ohne
nüchtern zu überlegen, wie man diese Berichterstattung dauernd beeinflus-
sen kann. Durch die Lieferung dauernder echter Neuigkeiten könnten wir
nämlich alle diese Blätter zwingen, uns zumindestens im Nachrichten-
teil, wenn schon nicht im Kommentarteil, dauernd entsprechenden Raum
einzuräumen.

Verblüfft war ich auch von der Reaktion unserer Spitzenpolitiker.
Hannes benahm sich wie ein Musterschüler, der seinem Lehrer mit
Fleissaufgaben imponieren möchte und Ernst-Eugen war offensichtlich
stolz, dass sein Beitrag in dieser Runde gewürdigt wurde, obwohl
er praktisch nur in drei Sätzen bestand, die den Abschluss der Kreisky-
Rede bilden sollen. Diese Entwicklung Ernst-Eugens, der sich einmal
als grosser Meister der Strategie empfand, ist beinahe erschütternd.

Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll, aber diese Sitzung war, trotz
der souveränen Art Kreiskys, desillusionierend.

Androsch machte Staribacher darauf aufmerksam, dass in der Frage
der Haftpflichtversicherung, Journalisten von uns gegen ihn ausge-
spielt würden. Dies ist – fast hätte ich gesagt, leider – unwahr.
Ich habe mich im Gegenteil bemüht, den in Journalistenkreisen vor-
handenen Eindruck, Staribacher siegte über Androsch, oder Stari-
bacher
holte für Androsch die Kastanien aus dem Feuer, zu entkräften


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und das Ganze eher als vernünftige und kompetenzmässig nötige
Arbeitsteilung darzustellen. Es war vor allem die Linie des ÖAMTC,
der Staribacher als Retter Androsch 's propagieren wollte. Ohne
diesen entschiedenen Einsatz in allen Gesprächen wäre Staribacher
zweifellos viel besser, die Regierung als Ganzes jedoch schlechter
weggekommen. Dass Androsch mir nun vorwirft, was ich in Wahrheit mit
grossem Einsatz fast zur Gänze verhindern konnte, ist wirklich be-
dauerlich. Ich werde mich bemühen, den wahren Sachverhalt klarzustellen,
aber vermutlich wird ein Rest an Unbehagen zurückbleiben.

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Tagesprogramm, 27.6.1971




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD Kontrollbank
      GND ID: 170084094


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Beamter HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., ÖVP-GS


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: SPÖ-Wahlkampfmanager, Journalist


            Einträge mit Erwähnung:
              GND ID: 118634100


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: bulgar. Außenhandelsminister


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Teilnehmer Aussprache 27.6.1971


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: bulgar. Botschafter [1971; in späteren Jahren, wo der Name vorkommt, ev. in anderer Funktion oder doch verschiedene Personen?]


                    Einträge mit Erwähnung:
                      GND ID: 125942052


                      Einträge mit Erwähnung:


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Präs. bulg. HK, ab 1980 HR


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: SChef HM
                            GND ID: 12195126X


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Finanzministerium; evtl. Vorname Johann oder ident mit Heller, B


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                GND ID: 102318379X


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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                                    Tätigkeit: Beamter HM, u.a. zuständig f. Protokollfragen


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: -obmann


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Dir. bulg Außenhandelsbank; wohl Falschschreibung


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: AR-Vors. Austria Tabak


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                                              GND ID: 138375976


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                                                Tätigkeit: HK, Handelsattaché öst. Botschaft Sofia


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                                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                  GND ID: 118566512


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                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Kabinettschef Kreisky [ident mit Reiter, C; 3.11.1971 Fredi Reiter genannt]]


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                                                        Tätigkeit: Finanzminister
                                                        GND ID: 118503049


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                                                          Tätigkeit: Statistiker AK


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                                                            GND ID: 12254711X


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