Sonntag, 23. Mai 1971
Bei der Ankunft des iranischen Handelsministers Ansari in Schwechat
musste ich einige Schwächen unserer Organisation feststellen. Ich
kannte den Botschafter von Iran nicht, ich habe ihn sicher bei
etlichen Empfängen schon getroffen, aber ich erinnerte mich auf keinen
Fall, wie er aussah. Ich hatte ausserdem festgestellt, dass dort
bereits Herren von der VÖEST, von der ÖMV und von der SGP gewesen
sind. Alle drei Herren kannte ich dem Namen nach ebenfalls nicht.
Ich hatte sie zwar einige Male schon getroffen und im weiteren Ge-
spräch erinnerte ich mich sehr genau, wo ich sie bereits getroffen
hatte. Doch ich musste immer lavieren, ohne dass ich eigentlich ihre
Funktion genau feststellen konnte. Genauso war es beim Handelsrat
der persischen Botschaft. Ich glaube, dass dies einen sehr schlechten
Eindruck machen muss, wenn man dies nicht kaschieren kann. In Hin-
kunft bitte ich deshalb, dass mir unbedingt die genauen Namen aller
die an dem Empfang teilnehmen, mitgeteilt werden. Ausserdem ist es
glaube ich notwendig, dass Heindl in Hinkunft dabei ist, damit er
organisiert, dass ich allen vorgestellt werde und dadurch leichter
die Namen erfahre. Min.Rat Fälbl, der wegen seiner Fussverletzung
nicht bei dem Empfang anwesend sein konnte, hat mich nur flüchtig
informiert, dass er mit den Persern entsprechende Vorgespräche
geführt hat. Er hat aber in seiner bekannten zynischen Art sehr
negativ über diese gesprochen. Vielleicht ist es möglich, dass
überhaupt nichts bei den Gesprächen herauskommt. Die Firmen selbst
aber, das konnte ich dort aus Bemerkungen entnehmen, rechnen sehr
fest damit, dass es zu einem Arrangement kommen wird. Die Grund-
konzeption des Geschäftes wäre, dass die SGP mit der VÖEST gemeinsam
eine chemische Fabrik oder wenn es geht auch zwei in Iran errichten
und dafür Öl über die israelische Pipeline von Eilat ins Mittelmeer
geliefert bekommt. Die Iraner dürfen diesen Transportweg nicht allzu
laut sagen, damit sie sich nicht die Freundschaft der Araber ver-
derben, wissen aber ganz genau, dass auch andere Staaten diese Pipeline
benützen. Durch diese Vorgangsweise verringert sich der Transportweg
um ein Beträchtliches. Die ÖMV-Vertreter hoffen nun, dass sie mir
dem iranischen Generaldirektor der Ölgesellschaft einen diesbezüg-
lichen Vertrag abschliessen können, der erstens eine womöglich
schwefelarme und preisgünstig grössere Ölmenge nach Österreich ex-
portieren will. Der persische Botschafter Sadri meinte, dass Iran
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grosses Interesse daran hat, mit Österreich in Kontakt zu
kommen, weil Österreich als neutrales Land zwischen den Blöcken
liegt und deshalb auch alle Bezüge von Österreich in Iran aus
politischen Gründen gerne gesehen werden. Der Vertreter der SGP
verwies darauf, dass sie leider nicht imstande waren, den Anschluss
vertrag für das Kraftwerk II Meschet zu bekommen. Das Dampfkraft-
werk mit 60 MW ist ist der zweiten Ausbaustufe an die Tschechen ver-
geben worden. Das Interesse von Iran für Lieferungen aus Österreich
erlahmt glaube ich, wenn die Offertpreise nicht entsprechend sind.
Der Botschafter Sadri meinte allerdings, dass sich hier insbesondere
die Russen sehr eingeschaltet hätten, dass die Tschechen diesen
Auftrag bekommen. Vertreter der SGP allerdings ist der Ansicht,
dass die SU dieses Interesse hier nicht gehabt hat, denn sie hat
ja selbst gegen die Tschechen Offerte gelegt.
Am Rollfeld entstiegen aus der Kabine zuerst eine österreichische
parlamentarische Delegation, die in Frankreich auf Besuch gewesen
ist. Ich weiss nicht, ob dies dem Protokoll entspricht, auf alle
Fälle aber fahren sie erster Klasse. Am Flughafen war wieder weder
vom Fernsehen noch vom Rundfunk wer anwesend. Nur beim Hoteleingang
beim Intercontinental wurde dann von irgendeinem Reporter geknipst.
Was den Briefwechsel, den ich in einer Aktennotiz gefunden habe,
konnte ich entnehmen, dass unter meinem Vorsitz die zweite iranisch-
österreichische Gemischte Kommission tagen wird.
Kirchschläger wurde während des Festkonzertes von seinem Ministerium
angerufen, das bewies mir, dass er dort einen ständigen Journal-
dienst hat. Als er zurückkam, teilte er mir mit, dass der italieni-
sche Aussenminister Moro, die Südtirol-österreichischen Besprechungen
in Bozen nicht beschicken wird. Wir werden deshalb unsere Delegation
zurückbeordern müssen. Die Italiener sind wegen des Freispruches
im Prozess von der Porzescharte sehr verbittert. Kirchschläger, der
jahrzehntelang selbst Richter gewesen ist, konnte sich den Freispruch
ebenfalls nicht erklären. Die Geschworenen hatten hier eine typische
Fehlentscheidung getroffen. Kirchschläger wird nun in Rom gegen die
Art der Absage Protest einlegen. Ich bin neugierig, wie lange es
bei uns im Hause dauern wird, bis uns über den Tatbestand Mitteilung
gemacht wird. Ich glaube, dass das Aussenministerium hier eine wesent-
lich bessere Organisation hat als wir im Handelsministerium Eigent-
lich hätte Sekt.Chef Reiterer dies mindestens gleichzeitig wissen
müssen, als dies wahrscheinlich Marquet vom Aussenamt weiss. Ich
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bin überzeugt, dass Marquet, wenn sein Minister jemanden abholt,
automatisch ebenfalls am Flugplatz erscheint, wenn er als
Sektionsleiter dafür zuständig ist.