Samstag, der 24. April 1971

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Samstag, 24. April 1971

Bei der Fraktionssitzung des Arbeiterkammervorstandes nützte
ich die Gelegenheit, um sowohl mit Präs. Benya als auch dem
Vorsitzenden des BFI, Busta, über das Problem der Erwachsenenbildung
zu reden. Busta versuchte natürlich, Benya sofort in der Art des
Vortrages, er selbst ergriff nämlich bei dieser Diskussion das
Wort, Benya zu beeinflussen. Er meinte, es hätte bis jetzt das BFI
durch Jahre hindurch auf der Hungerburg gehalten und man sei immer
im Einvernehmen mit dem WIFI vorgegangen. Die Bundeshandelskammer
hätte sich um diese Probleme überhaupt nicht gekümmert und es sei
deshalb nur selbstverständlich, dass Gratz eben jetzt das BFI
die Erwachsenenbildung mit Subvention des Unterrichtsministeriums
allein durchzuführen. Ich braucht, da Benya dieses Problem von
der politischen Warte sofort erfasste, gar nicht allzu lange da-
gegen polemisieren, dass eine solche Vorgangsweise von der Handels-
kammer niemals akzeptiert werden kann. Wenn die BFI und die
Wifis nicht in Hinkunft gegeneinander arbeiten sollen, dann müssten
solche Probleme vorerst in Wien auch höchster gewerkschaftlicher
und Handelskammerebene besprochen werden. Benya stimmte mir sofort
zu und erklärte sich bereit, dass wenn man an ihn herantritt
er dieses Problem in Angriff nehmen wird. Hrdlitschka selbst, der
ebenfalls bei der Diskussion anwesend war, wird nun mit Fellinger
über dieses Problem eingehend sprechen. Im Fraktionsvorstand
brachte ich auch das Problem der Berufsbilder und der Verhält-
niszahlen für die Lehrlingsausbildung zur Sprache und ersuchte
die Gewerkschaften, sie sollten alles daransetzen, so schnell wie
möglich diese Vorarbeiten abzuschliessen, damit der Beirat mir
endlich die Verordnungen genehmigt. Die anwesenden Gewerkschafts-
verteter meinten, dass hauptsächlich von Seiten der BHK gegen ihre
Vorschläge grösste Bedenken erhoben werden und sie deshalb kaum
in absehbarer Zeit gemeinsame Vorschläge erstatten könnten.
In so einem Fall, schlug ich vor, sollten sie halt Minderheits-
gutachten abgeben. Ich hoffe, dass Dr. Neuwirth, wenn er nun
einen entsprechenden Anstoss von Seiten des Kammeramtsdirektors
Scheer und des Präsidenten bekommt, nicht allzu verärgert ist,
aber ich habe mich schon wirklich über die langsame Vorgangs-
weise und das lange Hinauszögern von einer Materie, die die Lehr-
linge und die Arbeiterkammer selbst verlangt hat, geärgert. Das
Gesetz ist jetzt zwei Jahre in Kraft und noch ist keine einzige
Verordnung erschienen.



05-0501

Abschlussveranstaltungen in Wien waren alle sehr gut besucht
und bei der letzten in Liesing war trotz strömenden Regens der
halbe Bahnhofsplatz voll. Jonas war auf Grund seiner langjährigen
Reisen und seiner Anstrengungen verhältnismässig noch immer sehr,
sehr gut und selbst im Fernsehen hatte ich den Eindruck, dass
er einen frischeren Eindruck machte als Waldheim. Waldheim
dürfte, da er doch kein Politiker ist, für die Schwierigkeiten,
die sich aus diesem Geschäft ergeben, noch sehr wenig widerstands-
fähig sein. Ich bin allerdings überzeugt, dass er ins politische
Geschäft als Bundespräsident nicht einsteigen wird müssen. Da ich
mich nicht verschweigen will, gebe ich jetzt nachdem ich selbst
durch Wochen hindurch in Versammlungen in allen Bundesländern und
in letzter Zeit auch in Wien geredet habe, meinen Wahltip bekannt:
Obwohl keinerlei Meinungsumfragen in den letzten Wochen gemacht
wurden – die letzte Meinungsumfrage liegt im März zurück – und
ist daher vollkommen unbrauchbar, schätze ich doch, wenn nicht
alles täuscht, dass mit 52–53 % Jonas durchbringen. Ich gebe
mich allerdings keiner Illusion hin, dass die Versammlung, die
gut besuchten Versammlungen auf der Landstrasse hatten wir eine,
die seit Jahrzehnten nicht mehr so gut besucht war, auch täuschen
könnten. Dennoch bin ich überzeugt, dass der zukünftige Bundes-
präsident Franz Jonas heisst.

Tätigkeit: Leiter Jugend- u. Lehrlingsschutzabt. AK Wien


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    Tätigkeit: AK


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      Tätigkeit: Kammeramtsdir. AK Wien


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        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
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            Tätigkeit: UNO-Generalsekretär


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              Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


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                Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., Vors. BFI


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                  Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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