Donnerstag, der 1. April 1971

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Donnerstag, 1. April 1971

Interne Information dürfte noch immer nicht ganz funktionieren.
Während Sekt. Rat Würzl sofort erfaßte, um was es beim Investition-
sprogramm des Bundes ging und jetzt ein vollkommen zielführendes
und durchgedachtes Exposé vorlegte, hat Dr. Lejolle, der für die
gewerbliche und industrielle Seite, aber auch eventuell für den
Handel ein solches Investitionsprogramm vorschlagen sollte, bis
jetzt immer noch nicht den richtigen Ansatz gefunden. Da er in
der Kommission beim Finanzministerium das Ressort vertritt und
man ihm dort gesagt hat es kämen nur Investitionen in Frage die
bis jetzt mit einem höheren Ansatz als 20 Mio. S im Budget ihren
Niederschlag gefunden haben, hat er überhaupt nicht ein wirkliches
zusätzliches Investitionskonzept entwickelt. Vielleicht ist es
wirklich in Zukunft zielführender, wenn wir gleich eine kleine
kurze Arbeitsbesprechung mit den dafür ausgesuchten Referenten
machen, wenn wir ein neues Programm oder eine neue Idee entwickeln.

Der jugosl. Botschafter Vošnjak kam nicht wie wir angenommen
haben wegen der Arbeitsbewilligung für jugosl. Arbeiter, war
aber sehr erfreut zu erfahren, daß die gemischte Kommission,
die sich mit diesen Problemen beschäftigt, am 3. Mai in Wien
zusammentreffen wird. Er hat sich als Vermittler angeboten,
wenn irgendwelche Fragen vorverhandelt oder geklärt werden
sollten. Ich habe diese Mitteilung des Botschafters sofort
dem Sozialminister weitergegeben. Er selbst wollte nur, daß
die Jugotours eine Zweigstelle in Wien errichten kann. Sekt.
Chef Jagoda meinte nachher, daß Jugotours nur ein Ansuchen
für ein Reisebüro im Ministerium laufen hätte. Da nun der
Botschafter behauptet, daß Jugotours nur eine Großfirma für
große Anzahl von Bettenvermittlungen sich betätigt, d.h. keine
Einzelarrangements abschließt, so könnte man doch auf alle
Fälle andere Maßstäbe anlegen als wenn ein Reisebüro um eine
Konzession für eine Kleinabgabe oder Vermittlung von Touren
ansucht. Jugotours hat angeblich die Hälfte bis 2/3 der jugosl.



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Bettenkapazität zu vermitteln. Es ist ein Engros–Geschäft
für den Fremdenverkehr.

Anmerkung für Dr. Heindl:
Bitte dieses Problem weiter verfolgen und wenn möglich positiv
erledigen.

In weiterer Folge wünschte er, daß die gemischte Kommission
von demn im Vorjahr keine Sitzung stattgefunden hat, jetzt
doch ihre nächste Sitzung bald abführen sollte. Der Außen-
handelsminister Pavletic war im Vorjahr in Österreich und
hat dazu erkennen gegeben, daß eine gemischte Kommission nicht
notwendig sei. Der Botschafter meint nun, daß man doch über
den Wunsch Jugoslawiens ein Accordino zwischen Süd-Kärnten und
Steiermark und Jugoslawien überlegen sollte. Diese Accordino-
Lösung ist vollkommen unmöglich, aber man wird sie halt im
Rahmen der gemischten Kommission noch einmal diskutieren.
Außerdem meint Vošnjak, daß die industrielle Kooperation
jetzt in einem Stadium sich befindet, wo doch die Staaten
einige Probleme daraus bereinigen sollten. Hillebrandt, der
anwesend war, sagte sofort, daß eine solche nächste Sitzung
in Belgrad stattfinden müßte. Ich ersuchte, alle Vorbereitungs-
arbeiten für eine solche gemischte Kommission zu treffen und
daß ich die Jugoslawen schon einigemale eingeladen hatte, be-
reit wäre, an dieser teilzunehmen.

Generalanwalt Dr. Rasser und GenSekr. Dr. Reinthaler hatten
mir zugesagt, zu einer Vorbesprechung des Genossenschafts-
und Gewerbeproblem zu kommen. Korp hatte mir nämlich einen
Brief geschrieben, wo er mir mitteilen, daß es zielführender
wäre, vor der großen Sitzung am nächsten Tag auf alle Fälle
mit diesen beiden Männern zu reden, da sie letzten Endes die
Entscheidung innerhalb ihrer Organisation herbeiführen könnte.
Rasser zeigte sich sehr kooperationsbereit. Dies ist wahr-
scheinlich darauf zurückzuführen, daß die Bauernvertreter
befürchten, diese Bundesregierung könnte alle für die Land-


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wirtschaftlichen Genossenschaften negative Beschlüsse fassen
und es im Parlament immerhin möglich ist, mit der SPÖ, FPÖ
Mehrheit dies auch dann Gesetz werden zu lassen. Ich
hatte ein Konzept für die Gewerbeordnung kaum erörtert, als
Rasser meinte, dies sei eine Schocktherapie. Ich gab unum-
wunden zu, daß ich aus der Begutachtung ein vernünftiges
Kompromiß machen würde, aber vorerst alle Genossenschaften
der Gewerbeordnung unterwerfen müsse. Jagoda erörterte die
rechtliche Situation. Mit schaudern denke ich daran, daß wenn
wir den Einflüsterungen einzelner Genossen gefolgt wären und
einen anderen Sektionschef auf diesen Posten gebracht hätten,
wir in dieser Materie und vielen anderen Fragen ja ganz schön
hilflos dagestanden wären. Jagoda kennt Reinthaler sehr gut
und wird deshalb Detailbesprechungen mit ihm weiterführen.
Rasser berief sich darauf, daß ich aus der Zeit der GThex,
d.h. aus den Verhandlungen noch unter Böhm, Raab und die
Landwirtschaft kennt und bezog sich auf unsere damalige
zielführenden kooperativen Verhandlungen. Er meint, daß
in seiner Organisation alle Ein- und Verkaufsgenossenschaften
ohne weiteres der Gewerbeordnung unterworfen werden können.
Darüber hinaus glaubt er, daß es durch diese Bestimmungen die
wir vorschlagen möglich sein wird, seinen alten Plan eine
Trennung zwischen der Geldseite und der wahren Seite bei
den einzelnen ländlichen Genossenschaften in Örtern, Be-
zirken oder Städten zu erreichen. Er selbst bemüht sich seit
Jahrzehnten eine klare Trennung herbeizuführen. Die Kredit-
genossenschaften unterstehen ja dem KWG d.h. Kreditwesen-
gesetz und sind deshalb für unsere Betrachtungen auszuscheiden.
Die kleineren örtlichen Genossenschaften wie zum Beispiel
die Weidegenossenschaften oder Viehzuchtgenossenschaften
sind ja uninteressant und wir haben sowieso vorgehabt sie in
der Begutachtung dann aus dem Gesetz herauszunehmen. Strittig
blieben nur noch die Milchgenossenschaften. Ich weiß,
und Rasser hat besonders darauf hingewiesen, daß mit dieser
Gewerbereform eine Revolution in der Struktur der Genossen-
schaften eintreten wird. Derzeit sind alle diese Organisationen die
nicht der Gewerbeordnung unterliegen, und die darin Beschäftigten


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gehören auch nicht der allgemeinen Sozialversicherung sondern
Landarbeiterversicherung an. Ebenso unterstehen sie nicht der
Arbeiterkammer, sondern der Landarbeiterkammer,. Darüber hinaus
gilt derzeit als einziger Maßstab, daß nur bis zu 5 Beschäftigte
der Landarbeiterviersicherung unterliegen. Über 5 Beschäftigte
unterliegen der allgemeinen Versicherung und damit auch anderen
Kollektivvertragspartnern. Die Landwirtschaft hat sich seit eh
und je bemüht, diese 5-Beschäftigten-Grenze auf mindestens 100
vorgeschlagen haben sie 200 Beschäftigte, anzuheben. Dies hat
in der Gewerkschaft der Lebens- und Genußmittelarbeiter zu
einem einstimmigen Kampf aller Fraktion gegen solche Bestrebungen
geführt und Schleinzer mußte damals als Landwirtschaftsminister
sehr bald diese Idee aufgeben. Jetzt würde genau das Konträre
eingeleitet werden. Es würden 7–10.000 Beschäftigte, die heute
in den Einkaufs- und Verkaufsgenossenschaften tätig sind und
7–10.000 Beschäftigte, von denen ein Großteil unter die 5-Mann-
Grenze fällt, ebenfalls von der Landarbeiter zur allgemeinen
Versicherung kommen. Ein ganz großes Problem stellt die Frage
der Organisationszugehörigkeit dar. Jetzt sind diese Organisationen
bei der Landwirtschaftskammern, und das sind die Geldgeber dieser
Organisation. In Hinkunft würden sie der Handelskammer unterstellt
werden. Sallinger hat mir nun seinerzeit schon erklärt, daß man
auf der politischen ÖVP-Ebene einen finanziellen Ausgleich finden
würde, denn er selbst weiß, daß es ganz unmöglich wäre, die Land-
wirtschaftskammern diese Einnahmen zu entziehen. Die Handelskammer
selbst braucht nach seiner Auffassung diese Mitgliedsbeiträge nicht
Allerdings meint Rasser, daß immerhin die ca. 130 Gewerbescheine,
die bereits die Landwirtschaft besitzt, doch dazu führen würde,
daß die Kooperationsgebühr bei den Innungen und Gremien zahlen
müßten. Wir verblieben so, daß noch Spezialbesprechungen statt-
finden werden und die Genossenschaften ihre negative Stellungnahme
zur Gewerbeordnung entsprechend begründet und detailliert
übermitteln werden. Dann werden wir in der Regierung einen ent-
sprechenden Kompromißvorschlag vorlegen.



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Präsident Thaler kam mit dem Dienststellenausschuß des
Patentamtes uund dem Vorstand der Präsidialabteilung, um
über die Personalnot zu klagen. Er wurde von Schipper ver-
ständigt, daß im Zuge der Dienstposteneinsparung, die Bundes-
regierung will ja wieder 2 % der Dienstposten einsparen,
für das Patentamt eine Ausnahme gemacht werden muß. Nach
seiner Auffassung müßten sogar neue Dienstposten für das
Patentamt geschaffen werden. Er gab zwar zu, daß die Patent-
anmeldungen rückläufig sind, meint aber, daß dafür jeder
Akt viel genauer studiert werden müsse. Ich selbst erklärte,
daß die Oppositionspartei, die ÖVP, von der Bundesregierung
die Fortsetzung der Reduzierung des Beamtenstandes verlangt
und dies sogar eine berechtigte Forderung ist. In unserem
Haus gibt es Abteilungen, die zweifelsohne noch viele
Reservekräfte besitzen. Da das Patentamt, wie mir Thaler aber
mitteilt, von 100 Akademikern nur 20 Sekretärinnen und B-Be-
amte besitzt, ist dies ein natürlich und richtiges Verhält-
nis. Die allgemeinen Zahlen ergaben ja daß bei uns genauso-
viele B-Beamte und Sekretärinnen beschäftigt sind als A-Beamte,
d.h. wir haben einen 1 : 1 Schlüssel, den es auf der ganzen
Welt und in einem Privatbetrieb überhaupt nicht gibt. Heindl
führte dann die Gespräche mit ihnen weiter und ich hoffe, daß
wir sie überzeugt haben, daß wir ihre Probleme uns zwar an-
hören, aber daß es ganz sinnlos ist zu hoffen, daß wir den
Beamtenapparat bei uns weiter aufblähen werden.

Im Konsumentenbeirat waren diesmal auch die Arbeitsgruppen-
leiter anwesend. Deshalb entspinnte sich über das Problem der
Kennzeichnung eine lebhafte Diskussion. Für mich war es ganz
selbstverständlich, daß dieses Forum und auch die einzelnen
Arbeitsausschüsse sowie vor allem die darauf basierenden Tä-
tigkeiten die die Unternehmer dann beeinflussen, nur auf frei-
williger Basis erfolgen kann. Z. B. wäre es unvorstellbar,
daß eine Kennzeichnungspflicht für Unternehmer festgelegt wird.
Die einzige Möglichkeit besteht darin, in der Konkurrenz, das
Kennzeichnungsmerkmal so interessant zu machen, daß sich


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alle Unternehmungen bemühen, dieses auch zu erreichen. Wenn
sie sich aber der Kennzeichnung bedienen, dann müssen sie sich
auch nach den Qualitätsvorschriften und Anordnungen die der
Ausschuß oder die Arbeitsgruppe erläßt, 100 % halten, denn von
den aufgestellten Normen jemand abweichen würde, dann bestünde
die Möglichkeit, ihn zur Verantwortung zu ziehen, resp. zu be-
strafen. Soweit wäre die Bundeskammer auch bereit mitzugehen.
Die Überlegung von der Konsumentenseite, daß man eine Kennzeichnungs-
verordnung, ähnlich wie bei Lebensmittel oder Arzneimittel be-
steht, ergreifen sollte, halte ich zwar für sehr ideal, aber
auf Grund der jetzigen politischen nicht für erreichbar. Wir
müssen deshalb mit dem System der kleinen Schritte jetzt ein-
mal dieselben Regelungen für Österreich finden, als sie in
Schweden, aber auch teilweise auch in den Niederlanden und
anderen nordischen Staaten bereits mit Erfolg angewendet werden.
Hier ist die Bundeskammer bereit mitzugehen. Eine weitere leb-
hafte Diskussion entspannt sich über die Frage des Werbe-Aus-
schusses. Prof. Mittag, der Vorsitzende, fragte an, ob er namens
des Ministeriums, wenn der Ausschuß sowas verlangen könnte,
also im Auftrag des Handelsministers Firmen, die sich in der
Werbung gegen die guten Sitten oder gegen die grobe Informations-
pflicht verstoßen, zurechtweisen könnte. Er selbst war aber
sehr unglücklich wie ich aus seinen Ausführungen entnahm, wenn
ich ihn dazu tatsächlich zu so etwas beauftragen würde. Ich
schlug deshalb als Kompromiß vor, man sollte zuerst über eine
Enquete die Richtlinien abstecken und den weiteren Vorgang
konzipieren. Dann würde man wahrscheinlich über die Fachver-
bände und Gremien und Innungen auf die schwarzen Schafe ein-
wirken. Würde dies auch nichts nützen, dann bleibt noch immer
die Möglichkeit der direktion Intervention bei der Firma. Die
Handelskammervertreter sind der Meinung, und ich teile sie,
daß, wenn es über eine Organisation zu einer Beanstandung einer
Firma kommt, die Konkurrenten dann wesentlich stärkeren Druck
auf dieses schwarze Schaf ausüben und dieser eher bereit ist
selbst von seiner Werbemethode abzugeben. Ein interessantes
Detail: Frau Dr. Preiß, die Obmännin des Vereins für Kon-


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sumenteninformation, eine ausgesprochen attraktive Frau,
hat in der Diskussion ungefähr dieselbe Art wie ich selbst.
Sie spricht sehr schnell und ist imstande manchmal ganz gute
Bonmots und Gags in ihre Diskussion einzuflechten. Trotzdem
stoßt sie fast ununterbrochen auf den Widerstand der Herren,
aber auch der Frauen der Handelskammer. Scheinbar hat sie
doch nicht die richtige Tonart, um mit verbindlichem Charme
ihre Angriffe so vorzutragen, daß sie von der anderen Seite
nicht sofort mit größten Widerspruch aufgenommen werde. Ich
glaube hier gilt dasselbe, was auch für Tommy Lachs gilt.
Der Ton macht die Musik und beide haben leider nicht den
richtigen Ton bis jetzt gefunden.

Die Industriellenvereinigung Kottulinsky, Marquet, Helbich
und die Bundeskammer Dr. Ewanka von der Industriesektion,
wollten wegen der Freihandelszone und der Mehrwertsteuer
eine Aussprache. Reiterer der nach Schweden fliegen mußte,
war bei dem ersten Teil der Sitzung mit MR. Wenzl anwesend.
Die Industriellenvereinigung möchte, daß wir im Rahmen der
neuen Freihandelszonengesetzgebung doch nicht allzusehr die
Industrie bereits ihrer Subventionen beim Export entblößen.
Sie selbst wollten zuerst ein unbefristetes Gesetz, haben
dann aber eingesehen, daß wir da nur unsere Glaubwürdigkeit
innerhalb der EFTA verlieren würden, daß die Mehrwertsteuer
mit l. l. 1973 Inkrafttreten wird. Deshalb kann es nur ein
Gesetz für das Jahr 1972 geben. Andererseits meinten sie
dann, wir sollten sowenig wie möglich von den derzeitigen
8,5 % für die Gruppe VI, die dann nach der Gruppe I hin
immer mehr abnimmt, die %-Sätze reduzieren, da die Industrie
sonst ein sehr großes Opfer bringen wird. Androsch selbst
möchte, und er hat es ihnen bereits mitgeteilt als Verhandlungs-
basis allerdings, die Vergütungsgruppen um zwei Gruppen zurück-
reihen. Eine Erhöhung der Veredelungssätze von derzeit 133 %
auf einen höheren %-Satz lehnt die Industriellenvereinigung
deshalb ab, da von den 28 Milliarden, die über Veredelungs-
verkehr exportiert werden, ca. 7 Milliarden in der Gruppe
von 133 bis 150 % Veredelung liegen. Wir werden dieses Pro-
blem innerhalb der Verbändekomitees nochmals besprechen und


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Reiterer wurde beauftragt, in Schweden zu erforschen, wie
weit dieser Staat insbesondere im Rahmen der EFTA bereit
wäre, eine kleinere Lösung als noch wesentliche Änderung,
so lautete die Vereinbarung bei der letzten Wiener Kommission,
entsprechen würde.

Für die Mehrwertsteuer entwickelte Helbich dann folgendes
Programm. Er meint, daß wenn die Mehrwertsteuer eingeführt
wird, es viele Maßnahmen bedürfe, um die Industrie überhaupt
exportfähig zu erhalten. Als erstes stellt er sich vor, daß
eine kleine Vergütung Platz greifen sollte. Für die Altinvestition-
en geben einen Stock von 250 Milliarden Schilling ohne Land-
und Forstwirtschaft. Wenn man demgegenüber nur annimmt, daß diese
mit 10 % entlastet werden sollen, müßte dies ein Betrag von
25 Milliarden sein, dem eine Gesamtsumme von 28 Milliarden
Umsatzsteuereingängen gegenübersteht. Er glaubt deshalb, daß
die Investitionssteuer mit 3,5 Milliarden Schilling erste
Jahresrate Ertrag nicht abgeschafft werden kann. Mein Argument,
daß die Investitionssteuer schon deshalb kommen muß, damit
die Investitionen auch dann kontinuierlich fortgesetzt werden
und nicht in letzten Jahr keinerlei Investitionen mehr getätigt,
parierte er mit einem neuen Konzept. Wenn der Staat bereit
wäre, in den letzten Jahren vor der Einführung für Mehrwert-
steuer einen Investitionsabschlag zu gewährleisten, dann würden
natürlich die Unternehmer sowieso die Investitionen fortsetzen
wenn der Abschlag entsprechend groß ist, sogar einen Investitions-
anreiz erhalten. Sollte sich aber die Regierung zu einer solchen
Politik nicht durchringen, dann könnte noch immer nach Ein-
führung der Investitionssteuer den Unternehmungen eine kleine
Vergütung durch drei Jahre mit 1,5 % und in weiteren 3 Jahren
mit l % gegeben werden, daß einem Ersparnis von 5,5 Milliarden
Schilling ausmachen würde. Die Altvorräte, die er mit 70 Milliar-
den Schilling annimmt, würden laut Institut mit 5 Milliarden
Schilling zu entlasten sein, während die Industriellenver-
einigung errechnet hat, daß 7 Milliarden Schillinge notwendig


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wären. Auch hier meinte er, könnte durch die Erhöhung des
Mehrwertsteuersatzes um 1 % jährlich ca. 1,8 Milliarden ge-
wonnen werden, die man für Maßnahmen zur Entlastung der
Unternehmer einsetzen könnte. Ihm schwebt zweitens vor, daß
man die Lohnsummensteuer in der Höhe von 2 Milliarden aber
auch die Gewerbesteuer in die Mehrwertsteuer einbauen müßte,
wie dies bereits mit der Beförderungssteuer geschehen ist.
Drittens glaubt er, daß Exportforderungen nicht mehr im
Einheitswert 100 %-ig berücksichtigt werden. Ebenso könnte
man das Delkredere, das derzeit 2 % von der Finanzbehörde
anerkannt wird, auf 6–10 % erhöhen. Viertens meinte er,
daß die Finanzierung des Vorrats und Umlaufvermögens durch
einen entsprechenden Abschlag in der Steuerbilanz berück-
sichtigt werden könnte. Die Schweiz hat einen 30 % Abschlag,
die Bundesrepublik einen 20 %-igen und in den nordischen Staaten
beträgt der Abschlag sogar 40 %. Als fünfte und letzte Maßnahme
schlug er die Erhöhung des Diskontrahmens in der Nationalbank
von derzeit 3 Milliarden auf, wenn möglich, 5 Milliarden Schilling
vor. Ich erwiderte auf alle diese Vorschläge, daß wir sie im
Rahmen des Verbändekomitees beim Finanzminister ja noch be-
sprechen können. Ich halte manche Ideen für sehr interessant,
aber man darf doch nicht vergessen, daß die budgetäre Lage
des Bundes alle diese Maßnahmen kaum ermöglichen wird. Dar-
über hinaus verwies ich, daß das ganze Problem damit steht
und fällt, was sich die große Oppositionspartei bereiterklärt,
dieses Problem mit uns gemeinsam in Angriff zu nehmen, wenn
die ÖVP diese einmalige Chance nicht erkennt, daß eine sozialis-
tische Regierung eine Mehrwertsteuer einführt, die eigentlich
gegen ihre altmarxistischen ideologischen Grundsätze ver-
stößt, ein ungeheures Opfer für den Staat bringt, dann kann
man ihr nicht helfen. Was dann allerdings die Verhandlungen
mit den internationalen Organisationen EWG, EFTA und GATT be-
trifft, so würde ich sagen, daß wir dann kaum eine Chance mehr
hätten als glaubwürdig anerkannt zu werden.



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In der Hofburg hat Kreisky 5000 Intellektuelle zu einem
Vortrag von Galbraith eingeladen. Es waren nach seiner An-
gabe von den 5.000 Eingeladenen immerhin fast 2.000 erschienen.
Ein wirklich beachtlicher %-Satz. Da ich zu einer Bezirks-
konferenz mußte, konnte ich mich leider nicht die ganze Zeit
von Galbraith widmen. Bei der Organisation dieses Kongresses
ist mir eine Idee gekommen. Da Galbraith
Englisch sprach, wurden die Simultanübersetzungsanlagen
vorbereitet. Ich bin überzeugt, daß 90 % oder noch mehr der
Anwesenden Schulenglisch oder etwas Englisch verstehen. Es
wäre deshalb meiner Meinung nach zielführender gewesen den
Vortrag von Galbraith zu übersetzen und den deutschen Text
den Betreffenden auszuhändigen. Dadurch hätte sie auf der
einen Seite mitlesen können und so die Ausführungen
wesentlich exakter zu erfassen, auf der anderen Seite hätten
sie nicht diese Simultanübersetzung gebraucht, die immer sehr
problematisch und schwierig ist.

Bei der Jahreskonferenz auf der Landstraße wurde als vierter
Obmann Dr. Heindl gewählt. Die Gefahr die man erwartete, daß
vereinzelte Stimmen gegen ihn laut werden, hat sich nicht ein-
gestellt. Im Gegenteil als Sevcik als Wahlleiter seine Person
schilderte, wurde vielen Genossen bekannt, daß es sich hier
nicht um jemanden handelt der halt jetzt von Staribacher ein-
geschleust wird, sondern um wirklich einen Genossen der seit
seiner frühesten Jugend in Organisationen der sozialistischen
Partei als Mitarbeiter tätig gewesen ist. Mit dieser Wahl in
das Präsidium haben wir jetzt endlich wieder einen aktiven Mann,
der für die Zukunft der Landstraße von größter Bedeutung sein
wird. Wenn ihm nicht, wie wir im Wienerischen sagen, der
Papp ins Hirn steigt, und ich bin überzeugt davon, daß dies
nicht der Fall sein wird, dann steht ihm eine Karriere bevor,
denn die Landstraße ist mit tüchtigen Leuten sehr sehr spär-
lich bedacht. Eine kleine Episode am Rand kann ich mir nicht
verkneifen noch schnell zu diktieren.

Ich habe bei der Begrüßung unserer Genossen im Vorraum einen
Japaner entdeckt. Ich dachte schon irgendein Funktionär in
unserem weitverbreiteten Organisationszweigen ist endlich
einmal ein Ausländer. Ich wurde allerdings dann insofern ein


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bißchen enttäuscht, als der Japaner nur seine kleine Tochter
begleitete, die dann eine Turnübung vorgeführt hat. Er
hat also Gruppenanschluß zu unseren Turnern gefunden und be-
gleitet immer scheinbar seine kleine liebe Tochter. Trotzdem
hat es mich sehr gefreut, daß wir wenigstens in unseren be-
freundeten Organisationen über die nationalen Grenzen hinaus
den Gastarbeitern oder anderen Rassen Möglichkeit geben mitzu-
tun, ein Prozeß, der nicht genug gefördert werden kann.

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Tagesprogramm, 1.4.1971


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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    Tätigkeit: [HK, Industriesektion; unklar, im Tagesprogramm hs. Iwanka geschrieben]


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        Einträge mit Erwähnung:


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Vizebgm. Krems


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: (ehem.) Präs. Patentamt


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: jugoslaw. Außenhandelsminister


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister
                  GND ID: 118503049


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: SPÖ-GR-Abg. (Landstraße)


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Min.Sekr. HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: erster ÖGB-Präs.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: oö. LH (ÖVP), GD OKA
                            GND ID: 119017555


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                              GND ID: 118566512


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Bundesrat OÖ, ÖVP


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


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                                    Tätigkeit: Ökonom


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                                      Tätigkeit: GS Raiffeisen


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                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Vors. Ausschuss Wirtschaftswerbung im Konsumentenbeirat d. HM


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: MR HM


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                                              GND ID: 125942052


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                                                Tätigkeit: GF IV
                                                GND ID: 142815691


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: GD GÖC


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                                                    Tätigkeit: jugoslaw. Botschafter


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                                                      Tätigkeit: IV


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                                                        Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                        GND ID: 102318379X


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Raiffeisen-Generalanwalt


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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