Freitag, 12. März 1971
Dr. Bandhauer von der Verbundgesellschaft erörterte mir deren Finan-
zierungskonzepte. Selbst unter den günstigsten Annahmen werden in den
nächsten Jahre sehr starke Bundeszuschüsse notwendig sein oder es wird
zu einer wesentlichen Erhöhung des Strompreises kommen müssen, um die
Eigenmittel der Verbundgesellschaft zu stärken. In den nächsten 2 bis
3 Jahren kann bei einem Anhalten des jährlichen Verbrauchszuwachses
von 7 %, wie wir ihn derzeit im Schnitt längerfristig haben, von der
technischen Seite her eine Verknappung der Elektrizitätsversorgung ein-
treten. Mit Hilfe von Importen allerdings wird dies leicht zu über-
winden sein. Wenn dann aber die zusätzlichen Kraftwerke, die derzeit ge-
plant sind, in der Mitte der Siebzigerjahren im Stadium der Verwirklichung
und verhältnismässig kurzfristig auch ins Stadium der Produktion ein-
treten, kann es zu einer wesentlichen Stromüberschusskapazität kommen.
Dadurch dass das Kernkraftwerk mit 704 MW gebaut wird, dann aber anschlie-
ssend an Ottensheim sofort der Donauausbau Altenwörth in Angriff genom-
men werden soll und darüber hinaus noch das Malta-Projekt verwirklicht
wird, ergeben sich verhältnismässig sehr schnell starke Kapazitätszu-
wächse. Die finanzielle Seite dieser Projekt wurde aber mit der tat-
sächlichen Finanzierungsmöglichkeit überhaupt nicht abgestimmt. Wenn
der Staat nicht in die hundert Millionen gehende Zuschüsse jedes Jahr
gibt, bis 1969 gab er ja 300 Millionen auf Grund des alten Elektrizitäts-
förderungsgesetzes in Zukunft aber müsste er mindestens 500 Mill. geben,
oder wenn der Strompreis nicht um mindestens 15 % erhöht wird, ist die
Finanzierung der Projekte unmöglich. Bandhauer, den ich bereits aus
seiner Gewerkschaftszeit her kenne, wünscht scheinbar mit dem zukünftigen
Ressortminister einen guten Kontakt, was mir sehr recht ist. Ich liess
ihn aber nicht im Unklaren, dass wenn wir tatsächlich dieses Ressort
bekommen sollten, dann unverzüglich eine neue Periode in der Verbund-
gesellschaft abbrechen müsste. Das Jonglieren mit den Ziffern, das Nicht-
einhalten von Verträgen z.B. mit dem Bau des Atomkraftwerkes demonstriert
wurde, ohne dass die Bundesregierung oder auch nur Frühbauer wirklich ge-
nau informiert wurde, werde ich mir nicht gefallen lassen. Er stimmte
meiner Auffassung zu und bestätigte, dass derzeit in der Verbund sich
manche Beschäftigte sich fast schon genieren, ihren Dienstherren anzugeben.
Ich erklärte ihm sofort, so wie ich gleich bei der ersten Besprechung
mit den Herren eine diesbezügliche harte Auseinandersetzung gehabt habe,
würde ich auch in Zukunft im Interesse der Verbundgesellschaft auf eine
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reine Gangart drängen.
Botschafter Libsch, der nach Äthiopien geht, machte bei mir den Abschieds-
besuch. Ich stellte mit Freude fest, dass er sich für die wirtschaftlichen
Belange besonders interessiert. Auch er ist der Meinung, dass eine hohe
Politik der Botschafter, d.h. die grossen politischen Linien zu verfolgen,
total verfehlt ist. Er meinte, dass selbst die englischen Botschafter, die
noch ein grösseres Reich und bedeutendere politische Faktoren vertreten,
sich mit den wirtschaftlichen Belangen viel intensiver beschäftigen als
dies bei uns in Österreich der Fall ist. Der Handelsdelegierte aus Äthio-
pien wurde abgezogen, er wird sich daher bemühen, aus den 80 Österreichern,
die in Addis Abeba gut fundiert sind, einen Konsulenten zu finden. Da
sich der Export nur auf 62 Mill., der Import sogar nur auf 12 Mill. er-
streckt, kann er wesentliche Ausweitungen vielleicht erreichen. Mit Hilfe
der österr. Entwicklungshilfe wurde für Äthiopien eine Zementfabrik ge-
plant. Davon soll Österreich 800.000 S und Äthiopien 1 Mill. S für Pla-
nungskosten aufbringen. Er wird sich bemühen und bittet um unsere Unter-
stützung, dass man Austro-Plan die Durchführung sichern sollte.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bei den Entwicklungshilfebesprechungen in Österreich
soll das Handelsministerium, was ich sehr begrüsse, sich für diese Projekte
sehr einsetzen. Ich frage nur, wieso haben wir von diesen Tätigkeiten ei-
gentlich keine Kenntnis?
Die Mitterberger Kupferbergbau-Delegation Direktor Wohl, Dir. Dr. Biangardi
Sekt.Chef Franc von der ÖIAG und Sekt.-Leiter Gasser sowie Dr. SR Sterk
überzeugten mich, dass wir ihnen jetzt bereits 5 Mill. S aus der Bergbau-
hilfe zur Verfügung stellen sollten. Mitterberger glaubt allerdings, dass
es heuer mindestens 16 Mill. S bekommt. Im Budget sind aber sowohl für
die Mitterberger als auch für die BBU nur 9,8 Mill. S vorhanden. Da wir
der BBU im Vorjahr über 1 Mill. S Bergbauförderung ausbezahlten, ohne
dass eigentlich ein Rechtsanspruch darauf besteht, ersuchte ich Franc sich
mit Direktor Schützelhofer von der BBU ins Einvernehmen zu setzen, damit
diese womöglich gar keinen Antrag auf Beteiligung heuer aus der Bergbau-
förderung stellen.
Klaus Emmerich, der Berichterstatter des ORF und auch für den Kurier schrei-
bend, rief aus Bonn an, um die politischen Hintergründe, wenn es welche
gibt, über die nächstwöchige Verhandlung in Brüssel zu erfragen. Ich
erörterte ihm, dass sich an der Politik der Bundesregierung und an meiner
in dieser Frage nichts geändert hat. Er teilte mir mit, dass die Schweizer,
mit denen er jetzt Kontakt aufgenommen hat, bei ihrer letzten Besprechung
zu erkennen gegeben haben, zumindestens glaubt er es ist der Eindruck von
Brüssel, dass sie eine Freihandelszone anstreben mit einer Schutzklausel.
Darüber hinaus möchte sie den Vertrag höchstens für 2 bis 3 Jahre stützen
und dann im Hinblick auf die Erfahrungen in diesem Zeitpunkt einen
neuen Vertrag gegebenenfalls zu erarbeiten. Meine abschliessenden Bemer-
kungen, dass ich hoffen würde, dass er nächstes Mal nicht so hart
berichten möge, meinte er, dass seine Hinweise, dass die EWG-Kommission
den österreichischen Standpunkt als intransigent bezeichnete, begründet
waren. Er hätte mit den ständigen Vertretern von Frankreich aber auch
mit dem der BRD und vor allem in Bonn die Bemerkungen gehört, dass Öster-
reich scheinbar nicht weiss, was es will. Wenn Österreich aber nicht will,
dann sollen sie es sagen. Eine Mandatserweiterung für das Interimsabkommen
sei ja nicht vorgesehen gewesen, und darum hätte man es nicht als man
von dem Mandatsauftrag gehört hat, diesen als unbefriedigend gleich das
erste Mal indirekt abgelehnt. Ich informierte Reiterer und Steiger
über dieses Gespräch. Reiterer meinte, seine Frau hätte gehört in Brüssel
wie er in einem Gespräch darauf hingewiesen hat, dass Österreich in
einem Luxushotel den Empfang gegeben hat. Reiterer meinte, ob Österreich
vielleicht auf einem Würstelstand hätte sollen seine Repräsentations-
pflichten sich entledigen. Ich kann mir vorstellen, wie gerade diese
Kritik Reiterer hart getroffen hat. Seine Sorgen möchte ich haben.
Meszaros, den ich im Institut trat , teilte mir mit, dass die Italiener
nächste Woche zu Besprechungen nach Österreich wegen der Gaspipeline
für die ENI kommen werden. Ich veranlasste daraufhin sofort, dass unsere
Verbalnote an das Aussenamt geht, damit womöglich noch der italienische
Botschafter vor dem Eintreffen der Delegation bereits unser Antwort-
schreiben in der Hand hat.
Das Institut für Gesellschaftspolitik, wissenschaftliche Abteilung,
vergibt eine Arbeit jetzt an Dr. Pelinka, derzeitiger Assistent in Graz
bei unserem Freund Prof. Leser, den ich als Rechtsexponent der sozia-
listischen Partei gerne für die AK seinerzeit gewinnen wollte, über
die Beziehungen zwischen Politikern und Experten in Auftrag. Ich ver-
suchte dieser Arbeitsgruppe auseinanderzusetzen, dass ich sehr viel
von dieser wissenschaftlichen Untersuchung hatte, dass sie aber äusserst
vorsichtig angegangen werden muss. Pseudo-wissenschaftliche Methoden,
wie z.B. seinerzeit die Klassifizierung der Nationalratsabgeordneten
nach ihrem Auftreten im Parlament müssen zu einer entsprechenden Spannung
und Verärgerung der Politiker führen. Ich hatte bei dieser Klassifikation
sehr gut abgeschnitten und deshalb kann ich mir erlauben zu sagen, dass
man so nicht die Verhältnisse zu den Politikern klären kann. Ich glaube
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aber auch nicht, dass man mit einer solchen Methode der Politologie
tatsächlich einen guten Dienst erweist. Es haben sich damals einige
Studenten durch Tage hindurch im Parlament oben auf den Rängen aufgehalten
und jeden Redner klassifiziert, der das Wort ergriffen hat. Grobschlächtig
kann eine solche Methode eine Aussage bringen, die vielleicht den optischen
Eindruck entsprechend entspricht. Wissenschaftlich ist sie aber keines-
wegs. Die Gefahr, wenn Experten solche Arbeiten schreiben, besteht darin,
dass sie als Experten vielleicht ein delitäres Verhalten an den Tag legen
oder zumindestens eine deletäres Denken beweisen möchte. Demgegenüber würden
sie dann vielleicht geringschätzig auf die Tätigkeit der Politiker herab-
sehen. Die Arbeit soll der Wissenschaft und vor allem der Unterstützung
der Experten diesen, um sie in Zukunft stärker in die politische Entscheidung
einzubauen. Das Institut greift mit dieser Arbeit ein sehr heisses Eisen
an, es sollte damit der jungen Wissenschaft der Politologie geholfen werden.
und nicht Wege verschüttet werden.
Dr. Strickner, der sich in der volkswirtschaftlichen Gesellschaft für
die Management-Ausbildung sehr interessiert und der vor allem auf dem
Standpunkt steht, dass es zielführend wäre, die Management-Tätigkeit im
Handelsministerium zu koordinieren, erzählte mir die Leidensgeschichte,
die diese Idee in der BHK mitgemacht hat. Da ich bereits über diese Vor-
gänge sehr eingehend informiert war, hatte ich keine neue Erkenntnisse.
Er stimmte mit mir überein, dass es zielführend wäre, nicht den Krieg zu
beginnen auch nicht mit Mitterer als Präsidenten der Wiener Handelskammer,
der Hernstein jetzt ganz gross herausstreichen will, sondern entsprechend
abzuwarten, Mitterer wird nun die Greissler-Mentalität – wie sich Strickner
ausdrückte – auch in der Management-Schulung zum Durchbruch verhelfen. Bekannt-
lich hat ja Mitterer angekündigt, dass er auch für die mittleren und klei-
neren Betriebe Kurse für die Management-Schulung durchführen will. Ich
bin zwar überzeugt, dass dafür eigentlich das Wirtschaftsförderungsinstitut
WiFi zuständig wäre, aber scheinbar will sich Mitterer jetzt in den klei-
neren und mittleren Gewerbetreibenden eine Phalanx aufbauen.
Von der Fa. Goldix, die bekanntlicherweise das Gerstner-Lokal gekauft
hat, versicherte mir Simons, der von dieser Gesellschaft Beauftragte in
Österreich derzeit tätige Geschäftsführer, dass sie die Fa. Gerstner auf
alle Fälle erhalten wollen und bis das Groh-Haus mit 145 Mill. S umgebaut
sein wird in zwei Jahren den gesamten 1. Stock als Konditorei-Kaffee
wieder beziehen wird. Sie werden auch den 1. Stock des Hauses Nr. 13
und 15 in diesen Ausbau einbeziehen. Dass sie das in Aussicht genommene
Ausweichlokal "Der goldene Hirsch", den sie mit 2,6 Mill. S erwerben müssten,
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dann noch 1,5 bis 2 Mill. S in den Umbau hineinstecken, kommt für sie
nicht in Frage. Die Lokalität ist denkbar ungeeignet und liegt vor
allem nicht auf der Kärntner Strasse. Eine Möglichkeit, in das Auers-
pergpalais zu übersiedeln, scheitert an den hohen Forderungen. Es
wurde von 200.000 S pro Monat Miete gesprochen. Derzeit haben sie einem
Mietpreis von 20.000 S pro Monat und können diese aus den Spesen nicht
annähernd decken. Ausserdem ist Auersperg ebenfalls sehr abgelegen.
Simons will nun von Pruscha, der ihnen Gerstner verkauft hat,
das Küfferle-Lokal für zwei Jahre mieten und dort ein Über-die-Gasse-
Geschäft betreiben. Das Konfektionshaus, das sie bei Grob errichten
werden, ist ganz modern angelegt. Im Parterre soll eine grosse Kosmetik-
Boutique hinkommen und im Keller ein Shop für Twens sowohl männlicher als
auch weiblicher Art und für die Jugend sehr ansprechend. Im ersten Stock
wäre dann das grosse Konditorei-Kaffeehaus und darüber hinaus dann ein
modernes Konfektionshaus. Der Umsatz wird im ersten Jahr mit 70 Mill.
angenommen, müsste sich aber in kürzester Zeit auf die Höhe von Tlapa
mit 120 Mill. S derzeit bewegen. Da Simons nicht sicher war, ob die Ent-
scheidung, die er trifft, nämlich nach dem "Goldenen Hirschen" auszuweichen,
richtig ist, empfahl ich ihm, er soll über Samstag, Sonntag und Montag noch
entsprechende Fragen bei seinen Kunden erstellen. Ich selbst bin aber
überzeugt, dass in die Himmelpfortgasse niemand gehen wird, der bis jetzt
auf der Kärntner Strasse bei Gerstner eingekehrt ist.
Mit SM klärte ich die Fragen der Kommerzialräte. Da mich LH Sima bei
der letzten Parteivorstandssitzung neuerdings in dieser Frage gestellt
hat, versuchte ich Sallinger dafür zu gewinnen, dass er den Handelskammer-
präsident von Kärnten dazu bringt, dass er mit Sima den Kontakt aufnimmt.
Der Kammerpräsident hat sich sofort telefonisch mit mir ins Einvernehmen
gesetzt. Sima bestätigt, dass er bereit wäre über die neuen Kommerzial-
räte, die Kärnten jetzt für das 50-jährige Anschlussjahr an Österreich
bekommen hat, mit Landeshauptmann Sima Kontakt aufzunehmen, doch hätte
er bis jetzt keine Erfolg gehabt. Ich setzte Sallinger auseinander,
dass die Rechtslage eindeutig Sima recht gibt. Wenn nicht ich die Aus-
zeichnung durchführe, dann muss der mir nachgeordnete Landeshauptmann
die staatliche Funktion erfüllen. Es ist zwar richtig, dass bis jetzt
die Handelskammer dieses Privileg für sich in Anspruch genommen hat,
dass aber die Rechtslage dagegen spricht. Ich selbst wollte und werde
an diesem Zustand solange nichts ändern, solange ich imstande bin,
einvernehmlich mit den Landeshauptleuten dieses Problem gemeinsam zu lösen.
Meinem seinerzeitigen Vorschlag an Sima, dieses Problem der Landes-
hauptleutekonferenz zu unterbreiten, hat er allerdings nicht aufgenommen.
Sollte wider Erwarten kein Einvernehmen herzustellen sein, dann wird mir
nichts anderes übrigbleiben, als die Kommerzialräte nach Wien zu bitten
und ihnen persönlich das Dekret zu überreichen. Ich habe diese Variante
auch Sallinger mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Mussil be-
stätigte mir, dass die Gewerbeordnung, wie ich sie ihm übermittelt habe,
im Grunde und auf erste Durchsicht ihm eine brauchbare Diskussions-
basis ist. Betreffend des Pipelinegesetzes teilte er mir auf meine
Anfrage, wann endlich die Stellungnahme kommt, mit, dass sie sich nicht
einigen können. Die ÖMV wünscht die Speicherung und den Spitzen-
ausgleich aber gleichzeitig auch die Industrieversorgung. Die Landes-
gesellschaften sollten nur mehr Verteiler sein. Dagegen wehren sich
sowohl die ÖVP-Landesgesellschaften unter Führung von Gruber, als auch
die SPÖ-Landesgesellschaften unter Führung von Reisinger, die ein eigenes
Gaswirtschaftsgesetz anstreben. Ich schlug Sallinger und Mussil vor, man
sollte mir dann entsprechend eine negative Stellungnahme zu dem Entwurf
geben, damit ich die Verhandlungen fortsetzen kann. Betreffend die Koordi-
nierung der Kreditaktionen, Fremdenverkehr und in der gewerblichen Wirtschaft
wird Sallinger und Mussil, insbesondere der letztere mit seinen Beamten
reden und sich dann mit Sekt.Chef Jagoda ins Einvernehmen setzen. Sal-
linger wird nun eine Woche für seine Firma bei diversen Steinbrüchen
unterwegs sein, um entsprechendes Material einzukaufen. Da er aber nächsten
Mittwoch im Parlament anwesend sein muss, wird er mit einem Flugzeug nach
Wien zurückfliegen und dann wieder seine Geschäftsreise fortsetzen.
Ich muss sagen, ich bin begeistert über sein Veranwortungsbewusstsein
gegenüber dem Klub, denn er könnte als Wirtschaftsbundobmann sich sicherlich
bei dieser Sitzung entschuldigen lassen, da ja sowieso die ÖVP bei der
Kinderbeihilfenregelung, d.h. beim Fahrtkostenzuschuss in der Minderheit
bleiben wird, allerdings nur dann, wenn die FPÖ tatsächlich mit uns stimmt.
wie sie es versprochen hat. Mussil machte mich dann noch besonders aufmerk-
sam, dass sein Fahrschulansuchen von einem gewissen Schwarzmann, Feldbach
Steiermark, vorliegt. Dieses Ansuchen wurde von der Landesregierung ab-
gelehnt. Krainer hat bei seiner letzten Vorsprache mich ebenfalls auf
dieses Ansuchen aufmerksam gemacht und besonders darauf hingewiesen,
dass ich der Berufung unter gar keinen Umständen Rechnung tragen sollte.
Auch Mussil intervenierte in diesem Sinne. So viel ich bis jetzt weiss,
besteht in Feldbach eine landwirtschaftliche Schule und die dort ansässige
Fahrschule hat einen Vertrag mit der landwirtschaftlichen Schule, die
entsprechenden Teilnehmer an der landwirtschaftlichen Schule auch fahr-
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technisch auszubilden, damit sie den Führerschein erwerben können.
Entweder ist der derzeitige Fahrschulbesitzer, es soll sich
um eine Frau handeln, ein grosses Protektionskind oder die politischen
Organisationen haben grosses Interesse, dass keine Konkurrenz
dort entstehen soll. Auf alle Fälle werden wir diese Frage sehr
genau prüfen. Ich habe sowohl Krainer als auch Mussil nur zugesagt,
dass ich mir die Angelegenheit sehr genau anschauen werde.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte auf alle Fälle Akt, wenn er eintrifft,
sofort verlangen.
Die neue Welle, die Antel jetzt in der Filmproduktion kommen sieht,
hat ihn veranlasst, vom Sex wegzugehen und zum Familienfilm
zurückzukehren. Er hat deshalb mit einem Affen einen Tierfilm entwickelt,
dessen Premiere ich beiwohnte, um zu dokumentieren, dass ich mich für
den österreichischen Film sehr interessiere. Für meinen Geschmack ist
der Film viel zu langatmig, er hat aber zweifelsohne einige schöne
Tierpassagen und er könnte deshalb als Familienfilm für Kinder ganz
gut ankommen. Dass er die 8 oder 10.000 DM, das sind annähernd
6 Mill. S Produktionskosten auch tatsächlich einspielt, glaube ich
eigentlich schon. Bei einem anschliessenden Filmheurigen, wo ca.
80 Personen geladen waren, entwickelte das alte österreichische
Produktionsidol Reisch sein Konzept. Er meinte, in Amerika drüben
begrüsse man auch jetzt diese neue Welle und Österreich und Antel
mit diesem Film würde hier epochemachend mitwirken. Sexfilme werden
von Reisch entsprechend seit eh und je verdammt. Antel war objektiv
genug, dass er mir versicherte, er hätte ja bis jetzt auch nur Popo
und Busen gebracht. Meine sehr brutale Einstellung, dass die Film-
industrie eben eine Industrie sein soll und deshalb produzieren muss,
was der Produzent wünscht, findet in diesen Kreisen allgemeine Zu-
stimmung. Innerhalb der Partei bin ich aber überzeugt, werde ich
auf grösste Schwierigkeiten stossen. Mein Hinweis, dass mir auch
ein Mutzenbacher-Film, den ich nebenbei bemerkt nicht einmal noch
gesehen habe, recht ist, wenn er sich nur entsprechend einspielt,
wird auf die vernichtende Kritik unserer Formalisten stossen. Ich
werde mir halt dann mit dem Bonmot helfen, dass ich letzten Endes
der Mutzenbacher-Staribacher-Bacher-Kombination eine gewisse
Popularität verdanke.
Tagesprogramm, 12.3.1971