Mittwoch, 24. Feber 1971
Landeshauptmann Gleißner entwickelt jetzt scheinbar knapp
vor seinem Abtreten eine ungeheure Aktivität, er war bereits
mit der halben Landesregierung bei Kreisky, um auf das Problem
Ranshofen hinzuweisen. Bekanntlich ist er dort für eine wesent-
liche Senkung des Strompreises eingetreten, damit die Metall-
werke ihre Elektrolyse ausbauen können. Jetzt wollte er bei An-
drosch, mir und Veselsky versprechen, um die Braunkohlenproduktion
in Wolfsegg-Traunthal durch Staatszuschüsse zu erhalten. So wie
bei der Kreisky-Vorsprache waren wieder die Landeshauptmann-Stv.
von der SPÖ Demuth, von der ÖVP Wenzl und noch der Wirtschafts-
landesrat von der SPÖ, Enge, anwesend. Ebenso hatte er den Präsidenten
des Aufsichtsrates und vor allem die Direktoren und den Betriebs-
belegschaftsvertreter mitgenommen. Er wies darauf hin, dass seiner
Meinung nach die Regierung als Eigentümer jetzt entscheiden müsste,
ob sie bereit wäre, in Hinkunft mit Hilfe der Bergbauförderung
die entsprechenden Verluste von der WTK zu übernehmen. Seiner
Meinung nach sei es unmöglich, dass das Land hier von der Bundes-
regierung im Stich gelassen wird. Nach Auffassung von Gleißner
müsste insbesondere – und er sprach sehr hart und scharf – die
Bundesregierung klare Entscheidungen jetzt treffen. Es sei – wie er
sich ausdrückte – unerhört, dass man den Steirern aus der Bergbau-
hilfe die Lohnerhöhungen, die jetzt verhandelt wurden, abdeckt.
Oberösterreich würde nach seiner Meinung nach dadurch noch weniger
Geld aus der Bergbauhilfe bekommen. Derzeit findet bereits eine
Abwanderung nach München statt und Oberösterreich befinde sich
deshalb in einem Zustand wie ein Entwicklungsland. Demuth schnitt
sogar das Problem an, dass die OKA, das ist die oberösterreichische
Kraftwerke Landesgesellschaft – zur Elektrizitätserzeugung von der
WTK entsprechend teure Kohle kauft und nachdem der Vertrag 1972
abläuft, würde man sich genau überlegen, ob man überhaupt noch
Kohle zu diesem Preis übernehmen kann. Die Aufsichtsräte wollten
wissen, ob sie nun die Zustimmung geben könnten, dass 14 Mill. S
sofort jetzt investiert werden oder ob sie den Betrieb schliessen
müssen. Ich erwiderte genau so hart wie ich gefragt wurde, dass die
Bundesregierung dem Kohlenproblem ein besonderes Augenmerk zuwendet.
Zu diesem Zweck wurde ich ja beauftragt, einen entsprechenden Vor-
schlag zu machen. Wenn aber die Regierung gefragt wird, ob sie die
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Bergwerke schliessen wird oder nicht, erwiderte ich sofort,
dass die Angelegenheit der zuständigen Organe sei. Die Bundes-
regierung würde unter gar keinen Umständen Beschlüsse fassen,
wonach Kohlenbergwerke weder in Oberösterreich noch in der
Steiermark zu schliessen sein. Dafür seien die Organe verant-
wortlich und dafür müssten auch die Organe Entscheidungen treffen.
Der Hinweis, dass sie nur dann weiter produzieren können und
insbesondere Investitionen tätigen, wenn entsprechende bindende
Zusagen für Jahre hinaus gegeben werden, musste ich ablehnen. Es
hat das Parlament die letzte Entscheidung und dieses entscheidet
nur Jahr für Jahr, welche Mittel für die Bergbauförderung bereitge-
stellt werden. Bekanntlich hat die Bundesregierung im Vorjahr
versucht und auch mit Erfolg durchgesetzt, dass wesentliche Er-
höhungen der Bergbauförderungsmitteln vom Parlament beschlossen
wurden. Bezüglich des Hinweises, dass es fraglich ist, ob die OKA
in Zukunft die Kohle abnehmen wird, erklärte ich, dass dies das
Ende der Kohlenproduktion in Oberösterreich sein müsste. Der Berg-
bau behauptet – und dies nicht zu Unrecht – dass er die Elektrizitäts-
erzeugung subventioniert, denn die OKA bekommt heute 240.000 t
zu einem Preis von 68.– S und müsste in Wirklichkeit 86 S 10^6
bezahlen. Dies seien die Gestehungskosten von Wolfsegg. Für die
Mehrlieferungen aber über die 240.000 t hinausgehend, ist die OKA
überhaupt nur bereit, 51.– S zu bezahlen. Diese 51.– S entsprechend
dem SAKOG-Preis, wie man mir sofort dagegen antwortete und die OKA
erbringe damit noch ein Opfer. Gleißner behauptete, dass die Bilan-
zen der WTK bis jetzt immer aktiv gewesen waren und erst im Jahre
1970 – indirekt wollte er damit sagen, seit der SPÖ-Regierung –
gäbe es nur Defizite. Ich konnte ihm sofort nachweisen, dass dies
nicht stimmt, denn 1966 hat die OKA 9,2 Mill. Verlust gehabt und
1967 22,4 Mill. S. Veselsky wies dann sogar in seinem Diskussions-
beitrag darauf hin, dass das Land sich bis jetzt überhaupt noch
nicht mit ihm, resp. mit dem ERP-Büro ins Einvernehmen gesetzt hat
um einen ERP-Kredit zu bekommen. Er könnte, so behauptete er, aus
dem 100 Mill. Kredit Reserve für den Kohlenbergbau 0,5 % Zinsen
kredite zur Verfügung stellen. Dem erwiderte der Betriebsrats-
obmann, der gleichzeitig Bürgermeister von Wolfsegg ist, dass sie
bereits um 2 Kredite konkret angesucht haben. Eine Firma Hofer
aus Salzburg wünscht 3,5 Mill. und vor allem einmal die neue
Produktionsstätte, die in Wolfsegg aufgebaut werden soll und wo
die Verhandlungen zwischen der Direktion der WTK und der Firma
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Werzalit bereits sehr weit fortgeschritten sind, würden 28 Mill. S
benötigen. Eine dritte Firma soll die Ha. Hessler sein, die sich
ebenfalls dafür interessiert. Die bisherigen Bemühungen waren nicht
sehr erfolgreich, denn die mit grossem Pomp angekündigte Firma
Stehle hatte dem Mann 6 Mill. S Verlust gebracht und war auch
tatsächlich dann zugrunde gegangen. Veselsky meinte, dass die Pro-
duktion von Werzalit nur 80 Arbeiter beschäftigen würde und des
halb sehr Kapitalintensiv mit 28 Mill. ERP-Kredit gerechnet werden
müsse. Zeininger erwiderte, dass in der ersten Aufbaustufe
80 Arbeitsplätze geschaffen werden. im Endausbau würden es 200 sein.
Der Kredit von 28 Mill. S würde aber nicht 1/2 % kosten sondern
1 % für die ersten 5 Jahre, wo er annuitätenfrei ist. Dann würde
er 5 % betragen wie die anderen ERP-Kredite, ausserdem entstünden
beim E-+ E-Fonds 1 % Kosten. Trotzdem würde die WTK diesen Kredit
dringend brauchen, da sie nur 10 Mill. Eigenmittel aufbringen könnte
und einen langfristigen Kredit mit 15 Mill. mit 7,5 % auf 15 Jahre
Laufzeit, die ersten 5 Jahre Tilgungsfrei in Aussicht hat. Veselsky
hat entgegnet dem Landesrat, der für die Wirtschaft zuständig ist,
vereinbart, unmittelbar nach unserer Sitzung die Modalität in sei-
nem Büro mit den ERP-Leuten zu besprechen. Da die Oberösterreicher
sich immer ärgern, dass die Steiermark für Fohnsdorf mit dem grös-
seren Defizit höhere Bergbauhilfe bekommen, schlug ich bereits
vor Monaten Zeininger, der mit eine Einhand-Gesellschaft offerierte,
vor, er möge die ziffernmässigen Unterlagen zur Verfügung stellen.
Als er deshalb wieder auf dieses Problem bei der Vorsprache zu
sprechen kam, verlange ich von ihm, dass er nun endgültig die zif-
fernmässige Aufstellung über die Kostenersparnis einer Einhand-
Gesellschaft mir übermittelt. Er war dazu nicht in der Lage oder
zumindestens nicht bereit, sondern wies darauf hin, dass von dem
Ministerkomitee, resp. Ministerialbeamten, die die Überprüfung
der einzelnen Kohlenbergbaue vornehmen, von den Fohnsdorfer
entsprechende Kosten verrechnet werde, die eigentlich herauszu-
streichen wären. Er meinte damit nicht nur die Verkaufssumme, die
die Alpine noch immer von der GKB bekommt und die Verzinsung für
das beweglichen Inventar, sondern meint auch Materialansätze und
sonstige Kosten, die eigentlich nichts in der Bergbauhilfe zu su-
chen haben. Ich erklärte dezidiert, dass Zeininger mir gegenüber
gesagt hätte, er hätte vom LH Gleißner die Zustimmung bekommen,
dass man in der ÖVP jetzt daran denke, dieses Kohlenproblem
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in Angriff zu nehmen und er, Zeininger, deshalb mit Krainer
verhandeln wird. Ich möchte nun ganz konkret wie ich ihn fragte
feststellen, dass ich bis jetzt von diesen Ergebnissen noch
nichts gehört habe, und auch keine Unterlagen bekommen habe.
Zeininger versprach mir, solche zu schicken. Gleißner behaup-
tete, dass bereits auch bei den vorhergehenden Regierungen er als
Landeshauptmann sich mit der Sorge um die Kohlenproduktion in Ober-
österreich an die zuständigen Ressortminister gewandt hat.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte, prüfen, ob dies tatsächlich der Fall
gewesen ist.
Bei einem Vortrag in der österr.-schwedischen Handelskammer hatte
ich Gelegenheit, Philipp Schoeller, den Obmann der Sektion Industrie
der Bundeshandelskammer und gleichzeitigem Vorstandsmitglied der
Industriellenvereinigung, ein guter Freund von Kottulinsky, zu er-
suchen, er möge das Problem Antidumpingbeirat mit der Industriel-
lenvereinigung besprechen. Ich erklärte ihm dass die Interessens-
vertretungen, d.h. die BHK aber auch die AK und der ÖGB gegen eine
Vergrösserung des Antidumping-Beirates um eine Stimme der Indu-
striellenvereinigung Einwand erheben. Ich müsste deshalb wahrschein-
lich diesen Gesetzentwurf novellieren, d.h. ändern und doch die
Zusammensetzung des Beirates wie er bis jetzt gewesen ist, aufrecht
erhalten. Es würde dann die Industriellenvereinigung wieder den ihr
zugesagten Sitz verlieren. Schoeller wird mit Kottulinsky sofort
Kontakt aufnehmen und mich dann benachrichtigen. Der Vortrag war
sehr interessant, da Schoeller auf dem Standpunkt stand, dass die
kleineren und mittleren Betriebe im Rahmen der EWG, wenn sie
sich entsprechend konzentrieren, Chancen haben, andererseits aber
er – wie er es ausdrückte – ein Credo ablegte, dass die Neutralität
Österreichs unter allen Umständen erhalten werden müsste und die
einzige Form zwischen den nichtbeitrittswilligen Staaten und der
EWG eine Freihandelszone sein kann. Diese Auffassung war seit
eh und je meine eigene und ich war deshalb natürlich mit diesem
Vortrag, wie ich ihm auch nachher sagte, sehr einverstanden.
ZS Blümel von der Lebensmittelarbeitergewerkschaft, Helmer, Aufsichts-
ratsmitglied der Tivoli-AG, Breitwieser, BRO der Belegschaft, und
sein Stellv. sowie Dr. Schneider von der ÖCI besprachen des Problem
Tivoli. Der Betrieb hat täglich einen Verlust von 25.000 S
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müsste im Zuge der Konzentration und Reorganisation der Süss-
warenindustrie wahrscheinlich einem potenten Besitzer übertragen
werden. Da die ÖCI, Dr. Ottl, aber bereits die Aktien, die sie
besessen hat, verkauft hat im letzten Jahr, ergibt sich die
Schwierigkeit, dass bei der nächsten Hauptversammlung nur ein
Streubesitz vorhanden sein wird.Deshalb kann niemand einen potenten
Käufer dazu gewinnen, sich an diesem Betrieb zu beteiligen, vor
einer Verpachtung will natürlich niemand etwas wissen. Die Rück-
lage sind weitestgehend aufgebraucht, nur dürfte scheinbar noch
nicht der Zeitpunkt erreicht sein, wo von den 10 Mill. Grundkapital
die Hälfte bereits durch Verluste aufgezehrt ist, womit der Vor-
stand den Ausgleich anmelden müsste. Da der Hauptschuldner mit
15 Mill. die ÖCI ist, müsste die Bank dann entscheiden, ob sie
den Ausgleich annimmt, oder ob sie nicht einen
Anschlusskonkurs verlangen soll. Die Belegschaft spürt,
dass es mit diesem Betrieb abwärts geht und will deshalb, wenn sie
ihre Abfertigungen bekommt, womöglich den Betrieb so schnell wie
möglich zu verlassen. Soweit es sich um Schlüsselkräfte handelt,
wie z.B. den Heizer, der die Kühlanlagen kennt und nur er kennt
dieses veraltete System, den Betrieb verlässt, dann steht die
ganze Bude, wie sich der BRO ausdrückt. Andererseits will der
Vorstand, Landesinnungsmeister der Zuckerbäcker, Koblischke, nur
die Leute abbauen, die keine Abfertigung bekommen. Da die Bank
kein Geld mehr zur Verfügung stellen will. Wir vereinbarten,
dass sich Schneider und ich bemühen werden, Ottl dafür zu gewin-
nen, dass er auch noch für die Abfertigungen entsprechende Beträge
bereitstellt.
Ich schaute mir jetzt zum ersten Mal die Aufzeichnungen nach einiger
Zeit wieder an, weil ich etwas suchte. Bei dieser Gelegenheit stellte
ich fest, dass sie sehr umfangreich sind und ich bin nicht ganz sich
ob diese Art der Mitteilungen für uns zielführend sind.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte, überlege einmal, ob wir nicht einen
anderen Weg einschlagen sollten und ob Du dieses Material
überhaupt einmal in Zukunft gebrauchen kannst.
Tagesprogramm, 24.2.1971