Bei einer Landeskonferenz des Freien Wirtschaftsverbandes im
Burgenland vereinbarte ich mit dem Finanzreferenten Vogl, ein
Mann, den ich schon von der Arbeiterkammer sehr gut kenne, eine
Besichtigung des Seewinkels. Er will, dass ich in diesem vernach-
lässigten Gebiet, wo derzeit die ÖMV Bohrungen durchführt, in Er-
scheinung trete, damit die SPÖ-Landesregierung einen gewissen Er-
folg auch dort verzeichnen kann. Ich erklärte mich sofort dafür be-
reit, denn Vogl meinte, ich sei ja noch nie offiziell beim Landes-
hauptmann bzw. bei der Landesregierung gewesen. Für die Partei des
Burgenlandes und für die Landesregierung sagte ich, bin ich bereit,
jede Schandtat zu machen, nur der offizielle Antrittsbesuch muss
auch mehr als nur eine formelle Floskel sein und deshalb müsste man
dies mit einer Besichtigung oder Aussprache über ein bestimmtes
Projekt verbinden. Vogl war von dieser Entscheidung sehr angetan
und wird sich bemühen, ein diesbezügliches Arrangement mit meinem
Büro, dem Nationalratsklub und mir zustandezubringen. Den NR-Klub
braucht er deshalb, weil ich ja ab Dezember dort alle Tage Sitzungen
habe.
Das Referat bewegte sich in dem üblichen Rahmen und zu meiner
Verwunderung schloss sich daran keine Diskussion an. Ich fragte Vogl,
neben dem ich sass, ob dies üblich sei, worauf er mir erwiderte,
bei uns wird nicht diskutiert. Da ich den Vorsitzenden aber immer
wieder aufforderte, er sollte doch Leute fragen, ob sie nicht
irgendwelche Wünsche und Anregungen, vor allem aber Kritik an
meinem Ausführungen hatten, meldeten sich dann doch wenigstens
drei Diskussionsredner. Der eine sprach ein richtiges Blabla,
was mich veranslasste zu Vogl zu sagen, jetzt verstehe ich, warum
ihr keine Diskussion wollt. Aber die beiden anderen Diskussions-
redner waren ganz vernünftig. Ich stehe auf dem Standpunkt, wenn
man auf einer Versammlung oder in einer Konferenz den Mitgliedern
dieser Institution keine Möglichkeit einer Kritik gibt, dann
hat man eigentlich entweder ein schlechtes Gefühl oder man
lässt eine Gelegenheit vorübergehen, ohne eben den Vertrauensper-
sonen der Sozialistischen Partei in allen Organisationen die Mög-
lichkeit der Aussprache zu geben. Ich verlange deshalb überall,
dass über Ausführungen von mir diskutiert wird. Und je härter
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ich genommen werde, umso lieber ist es mir eigentlich.
Ich gebe allerdings zu, ich weiss nicht, ob ich diese Einstellung
auch im Laufe der nächsten Jahre oder Jahrzehnte beibehalten werde.
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass es sehr angenehm ist, wenn
man nur wohin kommt, seinen Spruch heruntersagt und gleich
wieder entschwindet. Dann allerdings befindet man sich in einem Zu-
stand, wo es besser ist, nicht mehr in dieser Partei und Institution
mitzuwirken.