Die Ankunft aus Innsbruck und die erst Sitzung bei der Bürges
waren so knapp, dass ich nicht mehr ins Büro fahren konnte. Bei
der Bürgessitzung, die auf meinen Wunsch auf diesen Zeitpunkt ver-
legt wurde, konnte ich feststellen, dass der Generalsekretär a.D.
Dr. Korinek die richtigen Zahlen vorlegte und damit eindeutig fest-
gestellt wurde, dass mein Haus über die Fremdenverkehrskreditumfang
vollkommen falsch Auskunft gegeben hatte. In unverantwortlicher Weise
hat man mit 776.000 S als die Ziffer genannt, welche erst durch das
Gewerbestruktur-verbesserungsgesetz vergeben waren. Mit bürokrati-
scher Genauigkeit wurde mir sogar der letzte Schilling mitgeteilt.
Nur die Globalsumme stimmte überhaupt nicht, denn wir hatten zu diesem
Zeitpunkt bereits über 4 Mill. S vergeben. Wohlgemuth hatte deshalb
veranlasst, dass in Zukunft ein lückenloses Aktenmitteilungssystem
jetzt zwischen der Bürges, die eine Einrichtung des Ministeriums ist,
und dem Handelsministerium vorgenommen wird. Meiner Meinung nach
ist dies ein vollkommen falscher Weg und ich fragte, ob zwischen
Ministerium und der Bürges nicht eine kurze und zweckmässige Informa-
tionsmöglichkeit bestünde. Ich schlug auch vor, man sollte ein anderes
System der Mitteilungen machen, denn es ist doch ganz sinnlos, wenn
jetzt bei uns im Ministerium ebenfalls jetzt wieder alle Akte zusammen-
gezählt werden und die endgültige Summe dann zu erreichen.In Hinkunft
werde ich übrigens unmittelbar bei der Bürges über den letzten Stand
anfragen, oder das Büro anfragen lassen. Ich hatte Wohlgemuth und seine
Leute ersucht, Überlegungen anzustellen, wie und in welchem Umfang
Reorganisationsmassnahmen von ihnen vorgeschlagen würden, um die Viel-
falt der Kreditaktionen zu vereinfachen. Ich hatte selbstverständlich
angenommen, dass sie diesbezüglich mit der Bürges entsprechende vor-
kehrende Gespräche führen. Zu meiner grösstenVerwunderung erklärte
mir Korinek, dass man ihm weder davon Mitteilung gemacht hatte, noch
dass man ihn jemals gefragt hätte, um seine Meinung, noch dass er
irgendeine schriftliche Auftrag von seiten des Ministeriums erhalten
hat. Entweder herrscht zwischen den Vertretern des Ministeriums in
der Bürges, obwohl sie dort Beiratsvorsitzende oder wie Sekt.Chef Habel
sogar Aufsichtsratsvorsitzende sind, ein so schlechtes Klima, dass sie
nicht miteinander in sachlichen Fragen reden wollen oder die Vertreter
des Handelsministeriums in den Abteilunge sind so erhaben, dass sie
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einen Rat der praktisch durchführenden Stelle und Vorschläge dieser
Stelle überhaupt nicht haben wollen.
Bei der Ankunft von Ceausescu am Flughafen Schwechat wurde das erste
Mal nicht mehr die ganze Bundesregierung vorstellig, sondern wir hatten
ja vereinbart, in Hinkunft nur mehr die unmittelbar beteiligten Mini-
ster zu dem Empfang zu entsenden. Ich glaube, schön langsam beginnen
wir wirklich das Protokoll umzumodeln.
Bereits am Nachmittag hatten wir die erste Arbeitssitzung mit dem
rumänischen Aussenhandelsminister Burtica. Bei der Vorbesprechung,
zu der Fälbl mit dem österreichischen Handelsdelegierten in Bukarest
Dr. Orisich erschien, hatte Fälbl nicht einmal Reiterer verständigt.
Ich holte ihn deshalb sofort zu dieser Vorbesprechung, da wir die
einzelnen Wünsche der Rumänen, soweit wir sie kennen, erfragten.
Tatsächlich wurde dann von Burtica hauptsächlich gefordert, dass
die Kooperationsverträge vorangetrieben werden sollten. Er meinte, wir
müssten doch auf die Firmen einen stärkeren Einfluss ausüben, damit
sie mit Rumänien und die rumänischen Firmen sollten auch dazu veran-
lasst werden, mit österreichischen Firmen so schnell und so umfang-
reich wie möglich Kooperationsverträge abzuschliessen. Die Bezahlung
der auf Grund der Kooperationsverträge geliefertenAusrüstungen würden
mit Produkten erfolgen, die von diesen Firmen erzeugt, dann nach
Österreich zollermässigt eingeführt werden.sollten. Da Rumänien aber
bereits die GATT-Zölle besitzt, ergibt sich hier keine Möglichkeit
Der Hinweis von ihm, dass er auch mit der BRD und mit Frankreich
diesbezügliche Verträge abgeschlossen hatte, veranlasste mich, ihn
zu ersuchen, er sollte uns diesen Abschluss zur Kenntnis bringen,
damit auch wir versuchen, eine solche Lösung, die den internationalen
Verpflichtungen allerdings widerspricht, anzustreben. Er ersuchte,
dieses Problem bei der neu zu gründenden Gemischten Kommission,
die unter Vorsitz von Ministern stattfinden soll, zu besprechen.
Seine Wünsche auf Kokslieferungen von der VÖEST musste ich entschieden
doch äusserst höflich ablehnen. Ebenso neuerdings einige Kontingent-
wünsche, die er noch durch den Handelsrat genau detailliert über-
geben wird. Ich sagte ihm nur zu, dass wir wohlwollend, wenn die
Kontingente ausgeschöpft sind, über eine etwaige Überziehung der
Kontingente reden lassen. Bezüg-lich des Wunsches Rumäniens, bei
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den GATT-Antrag auf Mitgliedschaft ihn zu unterstützen, konnte
ich darauf hinweisen, dass sich an der positiven Haltung Österreichs
in diesem Punkt nichts ändern wird.
Präsident Sallinger und Schoeller kamen mit dem internationalen
Handelskammerpräsidenten, dem Inder RAM, zu einem Antritts-
besuch. Da ich an einem Mittagsessen, das Präsident Sallinger gibt,
nicht teilnehmen kann, da gleichzeitig auch ein Mittagessen für
Ceausescu vom Bundeskanzler gegeben wird. Ebenso überschneiden sich
in den nächsten Tagen einige gesellschaftliche Verpflichtungen
und Sallinger drückte das aus, was ich schon die ganze Zeit behaupte,
dass uns das Protokoll noch vollkommen auch körperlich ruinieren
wird, obwohl wir diese Zeit dringend – und auch die Kraft – brauchen
würden, um positive Arbeit zu leisten. Da ich auch nicht mehr vom
Büro nach Hause fuhr, um mich umzuziehen, hatte ich denRasier-
apparat ins Büro mitgenommen, mich dann allerdings vergessen,
bis knapp vor Abfahrt zu rasieren, was eine weitere Verzögerung mit
sich brachte. Da auf unserer Einladung 20 Uhr stand und das Dinner
aber bereits um 1/2 8 Uhr begann, kamen wir protokollwidrig ganz
schön zu spät.
Tagesprogramm, 21.9.1970