Die Taxifahrer von Wien hatten durch Unterschrift bestätigt,
dass sie gegen die VO des Handelsministeriums sind, wonach die
Taxis mit einer Alarmanlage ausgerüstet werden müssen. Diese
Anordnung wurde seinerzeit nach dem Mord an dem Taxichauffeur
Rosskop von den zuständigen Stellen einhellig verlangt. Sowohl die
Gewerkschaft HTV als auch die Bundeskammer und auch die Polizei,
Gendarmerie und sonstige davon betroffenen Stellen haben sich für
eine solche Alarmanlage ausgesprochen. Diese Alarmanlage ist erst
mit 1.1.1970 zu errichten gewesen und jetzt kommen die Taxler,
insbesondere jene, die nur tagsüber fahren, und sagen, eine solche
Alarmanlage kostet nur Geld und hilft ihnen nichts. Ja sie behaupten
sogar, dass wenn ein Taxler von einem Mann bedroht wird, er durch die
Einschaltung der Anlage sogar zu einer Kurzschlusshandlung getrieben
werden könnte und vielleicht ohne dass es beabsichtigt wäre, den
Revolver abdrückt. Ich wies darauf hin, dass seinerzeit die einstimmi-
ge Meinung auch der Innung war, dass eine solche Anlage zweckmässig ist
und dass man sich damals nur gegen eine kugelsichere Trennwand aus-
gesprochen hat, wobei diese insbesondere wegen der Unfallgefahr
nicht zur Ausführung kam. Im Westdeutschland, wo man eine solche kugel-
sichere Trennwand auch installierte und verlangte ist in der Zwischenzeit
diese VO ausgehoben worden. Ich versicherte den Vertretern, dass ich
unter allen Umständen ihr Anliegen genauest prüfen lassen würde
und Min.Rat Metzner, der anwesend war, hat den Auftrag übernommen
hier zu klären, ob und inwieweit wir diese Verordnung wieder rück-
gängig machen können. Bei dieser Gelegenheit sagten mit die Vertreter
dass die Innung ihnen mitgeteilt hat, dass Minister Mitterer einen
absoluten Konzessionsstop zugesichert hat. Ich konfrontierte diese
Behauptung sofort mit MR Metzner und dieser bestätigte, dass ihm
eine solche Weisung niemals zugegangen ist. Ich dagegen sagte, ich
würde einen solchen absoluten Stop niemals zusichern, weil er niemals
eingehalten werden kann, da man den gegebenen Bedürfnissen nach mehr
Taxis Rechnung tragen muss und versicherte aber, dass jeder einzelne
Fall gerade von Min.Rat Metzner in dieser sehr unangenehmen Aufgabe
geprüft wird und in dem einzelnen Fall entschieden wird in rein
sachlichem Gesichtspunkt.
Vor dem Ministerrat wurde seinerzeit beschlossen, dass sich alle
impfen lassen, gegen asiatische Grippe, ich glaube ja, dass dies
nicht sehr viel Sinn hat, weil jetzt maximal drei Stämme durch die
Impfung erfasst werden und man kann daher nur hoffen, dass diese drei
Stämme auch tatsächlich als asiatische Grippe einen nur befallen.
Im Ministerrat selbst war die wichtigste Frage das Budget und die
einzelnen Ressortminister konnten die Erklärung abgeben, dass sie
mit den Regelungen absolut zufrieden sind. Das Budget wurde das
erste Mal in der zweiten Republik mit allen Details gedruckt vorge-
legt. Bis jetzt war es – nicht nur in der Koalitionsregierung – so, dass
nur der Mantel, d.h. die Gesamteinnahmen und die Gesamtausgaben be-
schlossen wurden, einmal musste sogar die Uhr im BKA zurückgedreht
werden, damit noch vor 22. Oktober, 24.00 Uhr die entsprechenden Be-
schlüsse gefasst werden konnten, auch in der ÖVP-Alleinregierung hat
niemals ein wirklich fix und fertiger Budgetentwurf vorgelegen. Von dem
gedruckten Exemplar werden allerdings drei im Ministerrat noch beschlos-
sene Änderungen vorgenommen, erstens wird vom Bautenministerium 20 Mio
Schilling für das Unterrichtsministerium abgezweigt, um im Leasing
Verfahren zusätzliche Mittelschulen zu errichten, zweitens wurde die
Entwicklungshilfe von 28 Mill. auf 40 Mill. erhöht und drittens
wurde die Treibstoffverbilligung für die Landwirtschaft von 193,8
auf 240 Mill. S erhöht. Als Ausgabenpost ergibt dies eine Erhöhung
von ca. 60 Mill. S, die über die Zolleinnahmen, welche von 5,4 Mia
auf 5„460,000.000 S erhöht werden , gedeckt sind. Ausgaben betragen
107,3 Mia, die Einnahmen 101,5 Mia im ordentlichen Budget, im ausser-
ordentlichen Budget betragen die Ausgaben 3,8 Mia sodass insgesamt ein
Defizit von 9,5 Mia S im Gesamtbudget vorhanden ist. Dies ist gegen das
jetzige Defizit von 9 Mia um rund 500 Mill. S mehr und bewegt sich
absolut im Rahmen dem vom Wirtschafts- und Sozialbeirat gemachten
Aussage, wonach nämlich das Defizit höchstens im Ausmass des Brutto-
nationalproduktzuwachses zunehmen dürfte. Da wir heuer mit einem
Bruttonationalproduktzuwachs nominell von wahrscheinlich 10 % rechnen
können, hätte das Defizit auch 9,9 Mia S betragen dürfen. Von den 9,5
Mia S Defizit müssten, 9,350 Mia S für Tilgung und Zinsen im nächsten
Jahr aufgewendet werden. Im Budget 1971 wird die Tilgungsrate um
600 Mill. S höher sein als 1970. Entscheidend ist aber, dass es sich
hier tatsächlich um ein Konsolidierungsbudget handelt, welches auch
konjunkturrichtig ist, weil das inlandswirksame Defizit, welches 1970
2,9 Mia S betragen hat, 1971 auf 1,7 Mia S reduziert werden konnte.
Ausserdem haben wir ein sogenannten Konjunkturausgleichsbudget be-
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schlossen in der Höhe von 3,1 Mia S, welches dazu beitragen soll,
wenn die Konjunkturlage es erfordert, sofort zusätzliche Ausgaben
beschliessen zu können. Wir hoffen allerdings, dass dieses Budget
niemals wirksam werden wird. Da neben mir sonst Aussenminister Kirch-
schläger sitzt und Material auf seinem Platz gelegen ist, er aber in
die Sitzung nicht erschien, habe ich angenommen, dass er sich verspäten
würde, deshalb hatte ich bei seinem ersten vom Bundeskanzler aufge-
rufenen Tagesordnungspunkt sofort erklärt, ich bitte um Annahme, der
Kollege Kirchschläger ist momentan nicht hier. Kreisky schmunzelte,
und sagte, ich wüsste scheinbar nicht, dass er bereits auf dem Weg
zur UNO sei und er ihn beauftragt hätte, ihn zu vertreten. Wahrschein-
lich hätte er zu ihm doch mehr Zutrauen, da er bei meiner Vertretung
scheinbar nicht gut seine Interessenlagen berücksichtigt fand. Dies
war eines der üblichen Geplänkel, denn in Wirklichkeit ist die Ver-
tretung eine rein formelle Sache, ein jeder wird ja von den Bürokratie
des Ministeriums, das er zu vertreten hat, im äussersten Notfall nur
herangezogen und in Wirklichkeit fallen fast nie Entscheidungen, die
einigermassen von Bedeutung sind. Minister Weihs machte mich gegen
Ende der Sitzung darauf aufmerksam, da ich mir ja die Ordensverleihungen
nie anschaue, dass ich vom rumänischen Staatspräsidenten hoch
dekoriert werden sollte. Laut einer Mitteilung hätte der Bundeskanzler
und dann sofort ich, weil nämlich der rum. Aussenhandelsminister mit-
kommt, und dann Frühbauer an dritter Stelle einen Orden bekommen sollen.
Ich sprang wie von einer Tarantel gestochen auf, stürzte mich während
der Sitzung noch zu Kreisky und erklärte, dass ich überhaupt nicht ge-
fragt wurde und im Prinzip alle Orden ablehne, Er ragte, ob sich dies
auch auf österreichische Orden beziehen würde, was ich bejahte. Er
erwiderte, dass er seinerzeit bei der Diskussion, ob überhaupt die
Orden wieder eingeführt werden sollen, als Präsidialist beim Bundes-
präsidenten sich dagegen ausgesprochen hatte, aber nicht durchgekommen
sei. Er akzeptiere zwar meinen Beschluss, aber meinte, dass man jetzt
über dieses Problem in der nächsten Ministerratsvorbesprechung sehr genau
reden müssten. Offiziell in der Sitzung teilte er mit, dass in der Frage
der Ordensverleihung davon Abstand genommen werden sollte, mir einen
zu geben, wobei er darauf hinwies, dass er dies mit dem Bundespräsiden-
ten besprechen müsste. Ich konnte erwidern, dass ich gleich bei meinem
Regierungsantritt erklärt hatte dem Herrn Bundespräsidenten, dass ich
keine wie immer gearteten Auszeichnungen und Titel annehmen würde. Ich
hatte auch nachmittags durch ein Telefongespräch Gelegenheit, dem
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Bundespräsidenten davon Mitteilung zu machen.
Eine Besprechung mit SChef Habel und Frau Min.Rat Mache über die
Gewerbeordnung ergab folgendes: Die Bundeskammer lehnt es ab, bei der
Erstellung der Gewerbeordnung schon mitzuwirken, andererseits wieder
hat Sallinger ganz erschrocken gefragt, als ich ihm Mitteilung machte,
dass ich mein Mandat über die Wirtschaftsgesetze jetzt der Regierung
zurücklege, ob ich auch über die Gewerbeordnung diesbezügliche Be-
schlüsse in der Regierung beantrage. Ich erwiderte, dass dies nicht
der Fall ist, sondern dass ich im vorparlamentarischen Raum noch immer
hoffe, mit ihnen zu einer Einigung zu gelangen. Sallinger hat dann
Mussil informiert, dass das Ministerium jetzt eine Gewerbeordnung
ausarbeitet und bevor es ihm zur offiziellen Begutachtung ausge-
schickt wird, mit der Bundeskammer im Detail noch besprochen werden
soll. Ich halte diese Vorgangsweise für sehr unzweckmässig und Frau-
Min.Rat Mache erklärte auch, dass sie ja dann eine dreifache Arbeit hat
Deshalb versuchte ich mit Mussil Kontakt aufzunehmen und bekam von
ihm die Zusicherung, er wird dieses Problem neuerdings mit Sallinger
besprechen. Mir persönlich ist es ja egal, wie die Bundeskammer sich
hier entscheidet, ich halte es nur für sehr unzweckmässig, wenn wir
uns dann in monatelagen Detailverhandlungen erst zusammen streiten
und nicht gleich jetzt die wirklichen harten Kernprobleme vorerst
ausscheiden und die grosse Anzahl von unbestrittenen Positionen und
Punkten bestätigen. Ich sicherte Mussil zu, dass er dann am Ende der
Arbeit noch immer sagen könnte, dass die ganze Gewerbeordnung oder
der und der Teil abgelehnt werden, ich mich nicht darauf berufen
werde, dass Christian von der Bundeskammer bereits eine diesbezüg-
liche Zustimmung gegeben hat oder zu erkennen gegeben hat, dass er
nur ein Scheingefecht gegen diese Bestimmung führt.
Die Fremdeverkehrsreferenten, d.h. die Funktionäre der einzelnen
Bundesländer, meistens Landesräte oder Vizebürgermeister Sandner
wie in Wien, hatte ich eingeladen zu einer ersten Verständigung
Es erschienen tatsächlich von Niederösterreich, Tirol und Steiermark
der zuständige Landesrat, während die anderen Länder doch die von ihnen
beauftragten Fremdenverkehrsreferenten entsendeten zu dieser Sitzung.
Ebenso waren die Interessensvertretungen gekommen und der Städtebund,
Landesrat Schweder, der Gemeindebund, Dr. Hammer, und der Kurorte- und
Heilbäderverband, Bürgermeister Wallner von Baden. Ich erläuterte
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mein Fremdenverkehrskonzept, welches wir vor der Sitzung austeilte n
und es entspann sich daran eine sehr rege Diskussion, die aber absolut
positiv verlief. Ich konnte keine einzige ablehnende Stimme feststellen
nur Landesrat Lackner von Tirol sagte, er müsste doch zuerst das Ela-
borat in allen Details studieren, bis er dem zustimmen könnte, er aber
würde ja noch Gelegenheit haben, mit mir darüber zu reden, wenn ich
nach Innsbruck zum Wochenende komme. Selbst der von mir vorgeschlagene
Fremdenverkehrsbeirat beim Handelsministerium wurde nicht bekrittelt,
umso mehr als ich ja sagte, dass die Herren, die anwesend sind, in
Wirklichkeit ja das höchste Gremium für den Fremdenverkehr darstellen.
Im Bezirk konnte ich die Sektionsleiter neuerdings auf die Wichtig-
keit der Wahlen vorbereiten, andererseits hatte ich dann Gelegenheit
bei einer Vertrauenspersonenkonferauz im 4. Bezirk doch feststellen
zu müssen, dass dies von allen drei Bezirken in unserem Wahlkreis
der schwächste ist. Im ersten Bezirk waren verhältnismässig viele
Vertrauenspersonen gekommen, währenddem beim 4. Bezirk zwar auch
125 erschienen, aber für diesen grossen Bezirk er sich doch nur um eine
kleine Gruppe handelt. Dies ist deshalb so typisch, weil Windisch es
seinerzeit gesagt hat, es sei gar nicht notwendig, dass ihm ein anderer
Bezirk Hilfe leistet, sie würden dies schon allein machen, sicher
strengen sie sich auch sehr an, unter anderem werden ausser dieser
Konferenz noch eine Rentner-Versammlung stattfinden, die Frauen werden
eine Marktaktion starten und die Junge Generation eine Fragebogen-
aktion. Ich hoffe und bin überzeugt, dass der neue Bezirkssekretär
ein junger agiler Mitarbeiter der Jungen Generation, doch wird die
Organisation besser in Zukunft führen als die jetzt im Landessekre-
tariat arbeitende Bezirkssekretärin.
Tagesprogramm, 15.9.1970
Tagesordnung 21. Ministerratssitzung, 15.9.1970
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