In der Sektionschefsrunde, die am Vortag ausgefallen ist,
weil ich die Pressekonferenz von Kreisky mitmachen mußte,
konnte ich wieder feststellen, daß die Koordination inner-
halb des Ministeriums kaum funktionierte. So wurde uns mit-
geteilt, daß der Abteilung, die Fragen des unlauteren Wett-
bewerbes zu behandeln hat, nicht einmal Verordnungsentwürfe
oder darauf bezughabende Gesetzesstellen rechtzeitig bekannt-
gegeben werden, sondern wenn überhaupt, in sehr unzulänglicher
Weise, oder verspätet Akte vorgeschrieben werden, die dann
bereits größtenteils überholt sind.
Auf Wunsch von Heindl habe ich Klada empfangen, der auch ein
Interview für den Taxispiegel einer Zeitung des Freien Wirt-
schaftsverbandes wollte. Bei dieser Gelegenheit konnte ich
feststellen, daß das Taxiproblem viel komplizierter ist, als
ich es mir vorgestellt hatte. Es gibt derzeit drei Gruppen.
Das eine ist WIHUG, das ist ein Selbsthilfering wo auf Kasko-
basis versucht wird, die Taxler zusammenzufassen und es
sind derzeit 280 PKW erfaßt. Die Methode ist, daß eine
Kaskoversicherung mit 1.000,-- Selbstbehalt für die Mit-
glieder angeschlossen ist. Sie müssen derzeit viertel-
jährlich 1.500,-- Beitrag leisten und sind damit versicherungs-
mäßig abgedeckt. Diese WIHUG steht dem Freien Wirtschafts-
verband nahe. Komm. Rat Klein ist der Vertreter im Gremium.
Außerdem hat diese Organisation den Taxifunk Wien aufge-
richtet. Die Wiener Akrobiden Tonbandbetriebsgenossenschaft
ist die ihnen angeschlossene.Verwaltungsgenossenschaft, die
derzeit 60 PKW von Kommissionsinhabern verwaltes und 3 %
der Spesen dafür verrechnet. Die Gewinne, die sich aus dieser
Konzessionsvermietung ergeben, fließen dem Konzessionsin-
haber zu, der gar kein eigener Taxler sein muß, sondern
gegebenenfalls einen Lenker beschäftigt. Die zweite Gruppe
ist die dem Verband österreichischer Transporteure, die dem
Wirtschaftsbund nahestehen und auch ein Selbsthilfering
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ist mit ca. 300 Taxis. Die Zeitung die sie herausgeben, ist
der "Österreichischer Personenverkehr". Der Taxiruf ist
die entsprechende Organisationsform, wo Taxis angefordert
werden können. Die dritte Gruppe ist der Verband öster-
reichischer Autotaxiunternehmer, der der FPÖ nahe steht
und viertens gibt es eine scheinbar unparteiische Gruppe,
Normann, die ca. 400 Taxi umfaßt und unter der Funkzentrale
angefordert werden kann. Der Vertreter der ÖVP ist im
Gremium der Vorsteher Komm. Rat Broda. In Wien wurden
bisher 2.340 Taxikonzessionen ausgegeben mit Stand
20.6.1970, und es ist selbstverständlich, daß noch immer
entsprechende Ansuchen eingebracht werden. Durch meine
Forderung, man sollte großzügiger mit den Ansuchen vor-
gehen, wurden seit März 1970 – wo ca. 100 offene Fälle
bei uns im Ministerium gelegen sind – 42 positiv erledigt
und 27 mußten abgelehnt werden. Sodaß am 28. Juli nur noch
50 Fälle offen sind, von denen allerdings erst 30 seit
dem 14. Juli neuerdings beim Bundesministerium angefallen
sind. In Wien dürfen laut Gesetz pro Wagen nur eine
Konzession vergeben werden. Allerdings ist es möglich,
daß sich Besitzer oder Unternehmer mehrere Konzessionen
beilegen, sei es durch Kauf – sei es, daß sie neu ansuchen.
Insgesamt gibt es derzeit eine gewisse Fa. BAAR, die
11 Konzessionen besitzt. Das Ministerium hat sich Richt-
linien gegeben, die vom Verfassungs- und Verwaltungsge-
richtshof bestätigt wurden, in fast 300 Fällen judikatur-
mäßig entschieden wurden. Das System der Richtlinien be-
ruht darauf, daß 1.) Taxilenker die gleichzeitig Pächter
sind, 2.) daß Taxilenker die beschäftigt sind – wenn beide
Gruppen mindestens durch 5 Jahre bereits als Taxilenker ge-
fahren sind – bevorzugt zu behandeln sind. An 3.) Stelle
kommen dann Leute in Frage, die vor 1937 mit Taxis bereits
gefahren sind – das sind noch ca. 80 die in Frage kommen. In
all diesen Fällen wird reihungsmäßig vorgegangen, wenn Kon-
zessionen verliehen werden. Wie sehr aber dieses Prinzip un-
zulänglich ist, ergibt-sich daraud, daß noch immer mit den
Konzessionen ein schwungvoller Handel betrieben wird und
zwar, wenn jemand seine Konzession an einen anderen ver-
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kauft. Der Vorschlag von Klada war, man sollte die Konzessionen
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nicht mehr verkaufen lassen, sondern sollte veranlassen, daß sie
in eine Genossenschaft eingebracht werden müssen. Ich habe mit
MinRat Metzner, der bei der Besprechung anwesend war, ersucht,
er sollte diesbezügliche Überlegungen anstellen derzeit ist die
Situation so, daß zwar die Bürges Taxi-Konzessionen nicht mehr
als Sicherstellung annimmt und daß die Erste Österreichische
maximal mit 130.000 S belehnt, tatsächlich aber ist der Markt-
wert derzeit für eine Konzession ohne Wagen 160-170.000 S und
mit Wagen – wobei der Wagen in einem nicht sehr guten Zustand
sein muß – bis zu 240.000 S bezahlt werden. Der Verwaltungs-
gerichtshof verlangt vom Ministerium, daß jährlich ein Bericht
über die Bedarfslage vorgelegt wird und der letzte Bericht
wurde der Interessensvertretung zur Stellungnahme übermittelt.
Der Hinweis, daß dieser Bericht und die Überprüfung der Bedarfs-
lage nicht nach objektiven Gesichtspunkten durchgeführt wird,
konnte ich nur dahingehend beantworten, daß man sich dann an
die erhebende Stelle – den Magistrat der Stadt Wien – wenden
müßte.
Direktor Koller, von der neugegründeten Internationalen Außen-
handelsbank, ein Genosse, sprach bei mir vor und teilte mir
mit, daß mit 1. März 1970 diese Bank mit einem Grundkapital
von 75 Millionen S gegründet wurde. Österreich ist daran mit
50,1 % beteiligt, die Bundesrepublik Deutschland, die Hessische
Landesbank – deren Präsident, Conrad, auch Vorsitzender des
Aufsichtsrates ist, ist daran maßgebend beteiligt; aber Frank-
reich und auch die USA haben sich an dieser Konstruktion
beteiligt. Die Firma Winter ist mit 20 % an dem österreichischen
Anteil der Außenhandelsbank beteiligt, und Moskovics – einer
der größten und tüchtigsten Transiteure und hat der
Bank zwar nicht zugesagt, daß er Geschäfte an sie abtreten wird,
glaubt aber, daß die jungen Leute dort doch einiges erreichen
könnten. Dir. Koller war bis jetzt bei der Zentralsparkasse,
sein zweites Vorstandsmitglied, Dr. Höbert ist von der Ersten
Österr. Sparkasse in die Intern. Außenhandelsbank gekommen.
Wir werden ja sehen, ob und inwieweit die Bank florieren wird.
Bei der Verleihung der Ehrenzeichen hatte ich Gelegenheit mit
Gen.Dir. Buchner, von den Stickstoffwerken, zu reden. Da die
Grundlsee-Arbeiter nach Wien gekommen waren, hatte ich beim
Mittagessen im Rathauskeller mich dafür bedankt, daß ich nicht
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nach Grundlsee fahren mußte, sondern sie nach Wien gekommen sind.
Mit Buchner konnte ich feststellen, daß er noch immer große Hoffnun-
gen hegt, daß das Petrochemische Kombinat zwischen BASF, Stick-
stoffwerke und ÖMV in Schwechat zustandekommt. Er meint, es wäre
vollkommen unmöglich, daß ÖSW mit BASF und die ÖMV mit Höchst
ein Arrangement anstreben könnten oder sollten. BASF und Höchst
haben sich nicht nur in Deutschland,sondern in der ganzen Welt,
als zwei getrennte Unternehmungen etabliert – die seinerzeitige
gemeinsame "Mutter", nämlich IG-Farben, wurde ja verlassen – und
es befinden sich derzeit die beiden Firmen in einer Art Kriegs-
zustand – sowohl am deutschen als auch am europäischen und Welt-
markt. Österreich könnte, nach Meinung Buchners, deshalb unter
garkeinen Umständen hoffen, daß sie hier diese beiden Unterneh-
mungen gegeneinander oder vielleicht gar miteinander ausspielen
könnte.
Der Konsumverband, Korp Schmidt und Dr. Rauter, kamen um mir
ihre Wünsche zur Gewerberechtsreform vorzutragen. Ich stimmte
mit ihnen ja größtenteils überein und versicherte mir nur, daß
sie auch noch eine weitere Liberalisierung, die ich beabsichtige,
akzeptieren würden. Nicht einverstanden sind sie allerdings mit
der Entwicklung, daß jetzt auch die Landwirtschaftliche
Genossenschaft in die Supermärkte – das heißt in die Verbraucher-
märkte – einsteigen will. Ich bin überzeugt davon, daß es sich
hier um ein Betätigungsfeld handelt, das natürlich auch mit der
Bundeskammer einen Krieg auslöst, aber andererseits bin ich
genauso überzeugt, daß die Vertreter der Landwirtschaftlichen
Genossenschaften infolge ihres Geldüberflusses und ihrer Expan-
sionschancen auch diesen Markt an sich reißen werden, oder
zumindest einen diesbezüglichen Versuch anstellen werden.