Im Sparkassenhauptverband hatte ich in einem Referat Gelegenheit,
über die triste Situation der Bürges zu sprechen. Ich schilderte
die finanziellen Probleme und wies insbesondere darauf hin, dass
mein Vorgänger Mitterer doch noch im letzten Moment aus diesen die
Konsequenzen gezogen hatte und die Bürges angewiesen hatte, für die
Alt-Bürges und für die Fremdenverkehrssonderkreditaktion keinerlei
neue Anträge mehr anzunehmen, zu genehmigen. Sallinger bemerkte
anschliessend bei einem Essen für den Generalsekretär der internati-
onalen Handelskammer, dass ich ja doch der grösste Gauner sei, weil
ich zwar sehr geschickt den Mitterer herausgestrichen hatte in seiner
Verantwortung, aber in Wirklichkeit ihm alles in die Schuhe geschoben
hatte. Auf meine Frage, ob ich irgendetwas falsch berichtet hätte,
sagte er: Nein, das ist ja das Schlimme, dass alles stimmt.
Die anschliessende Pressekonferenz des Sparkassenverbandes zeigte
deutlich, dass überhaupt die Leute, die dort hingekommen waren, an
Fragen gar nicht interessiert waren, dass sie sich sozusagen mit der
Materie gar nicht beschäftigt hatten, vielleicht auch gar nicht wollten,
sondern das Wichtigste scheinbar das gemeinsame Essen war.
Bei dem Essen mit dem Generalsekretär Head von der internationalen
Handelskammer konnte ich ein Gespräch aufschnappen, das Sallinger mit
Philipp Schoeller führte, wo er ihm zusagte, dass er sich auch im
Wirtschaftsbund dafür einsetzt, dass Philipp Schoeller jetzt scheinbar
die Wiener Handelskammer-Obmann-Stelle bekommen sollte. Dies würde
ein sehr schwerer Schlag für Mitterer sein, weil dieser hofft, dass
er die Obmannstelle der Wiener Handelskammer bekommen wird.
Da ich bei dem Kaffee aber gleichzeitig mit dem Generalsekretär, der
englisch sprach, verhandelte, ist es möglich, dass dieser Gesprächs-
fetzen nicht genau wiedergegeben ist.
Bei der Vorstandssitzung für die Wirtschaftstreuhänder, diese Organisati
tion untersteht ebenfalls dem Handelsministerium, hatte ichnGelegen-
heit alle Funktionäre dieser Wirtschaftsgruppe kennenzulernen. Sie
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übermittelten mir eine Resolution, die sie gefasst, und wo sie sich
ihre Vorbehaltsaufgabe neuerdings bestätigten. Das heisst, dass sie
sich ganz entschieden gegen alle Firmen oder Institutitionen wendeten,
die mit elektronischen Datenverarbeitungen, wie sie sagen, in ihre Hand-
werk pfuschen. Ich wies diese Resolution der Sache nach weniger, aber dem
Ton nach zurück und sagte, wenn sie auf diese Art und Weise verhandeln,
werden sie kaum zu einem Ergebnis kommen und meiner Meinung nach müssten
sie so schnell wie möglich mit der Bundeskammer zu einer Lösung kommen,
da es nur so möglich ist, dieses leidige Problem aus der Welt zu schaffen.
Sie bedankten sich, dass überhaupt ein Minister bis jetzt um sie gekümmert
hat und ersuchten mich, sie bei der Handelskammer zu akkreditieren. Ich
hatte anschliessend sofort mich telefonisch mit Sallinger ins Einvernehmen
gesetzt, der bereit war, den Wirtschaftstreuhändern eine Chance zu geben,
und vor allem, der selbstverständlich gesagt hat, er würde mit ihnen
Gespräche beginnen.
ANMERKUNG: Bitte, sofort den Präsident der Wirtschaftstreuhänder verstän-
digen, dass er unverzüglich mit Präsident Sallinger sich über
einen Termin einer Vorsprache einigen soll.
Der Leiter der russischen Handelsvertragsverhandlungen, Manschulo,
wurde von Reiterer mir vorgestellt und ich hatte Gelegenheit, nicht
nur diesen kennenzulernen, sondern gleichzeitig auch meine Bitte aus-
zusprechen, dass sich die Russen beühen mögen, zusätzlichen Koks nach
Österreich zu bringen. Ich wies darauf hin, dass ich dies bereits dem
Botschafter und dem Handelsrat Karmasin, der ebenfalls bei dieser Aus-
sprache dabei war, vor Monaten vorgetragen hatte. Manschulo wies darauf
hin, dass die Russen nicht imstande sein werden, zusätzliche Koksmengen
zu liefern, dass er aber selbstverstädnlich diesen Wunsch insbesondere
dem Aussenhandelsminister, der im Juli zur Vertragsunterzeichnung nach
Wien kommen wird, neuerdings vortragen wird. Ich hoffe, dass es gelingen
wird, diesen russischen Handelsvertrag über die Bühne zu bringen, Reiterer
erzählte bei der ersten Phase auch von den ungeheuren Schwierigkeiten,
die sich entgegenstellen, ich habe den Eindruck, dass er hier sehr stark
dramatisiert.
Bei der Ministerratsvorbesprechung ersuchte Kreisky, dass alle
Gesetze, die in die Begutachtung gehen und sich mit Jugendfragen
beschäftigen, auf Grund unserer Jugenddiskussion dem Bundesjugend-
ring zur Begutachtung zugeschickt werden sollen. Veselsky schlug vor,
da die Länder eine permanente Raumordnungskonferenz einrichten wollen,
dass die Bundesregierung hier doch die Initiative ergreifen sollte,
und ein Ministerkomitee über eine Raumplanung und einen Raumplanung-
sbeirat einrichten sollte. Er meinte, allerdings, man sollte damit
nicht die Länderwünsche unterfahren. In den seinerzeitigen Klaus-
-Regierung hat es ein solches Ministerkomitee gegeben, das aus dem
Bundeskanzler, Vizekanzler, Sozialminister, Land-
u.Forstwirtschaftsminister, Bautenminister, Verteidigungsminister und Verkehrsminister
bestanden hat. Interessant ist für uns, dass darin nicht das Handels-
ministerium vertreten war. Kreisky meinte, dass es unzweckmässig ist,
wenn so viele Minister bereits ein Komitee bilden, das in wirklich
ja fast die ganze Bundesregierung ist, nachdem auch selbstverständ-
lich das Handelsministerium in dieser Institution vertreten sein
müsste und auch das Unterrichtsministerium und das Innenministerium
sein Interesse angemeldet hatte, sodass die Regierung übereinkam,
kein eigenes Komitee zu bilden, sondern als Ganzes sich diesen Fra-
gen zu widmen. Allerdings war vollkommene Unklarheit, wer eigentlich
bis jetzt auf diesem Sektor gearbeitet hatte und Veselsky konnte hier
keine befriedigende Auskunft geben, resp. hatte dieses Problem mit
den zuständigen Stellen , wie Blecha usw., überhaupt nicht vorbe-
sprochen, sodass Kreisky erklärte, die ganze Sache wird zurückgestellt.
Gratz wies darauf hin, dass es einige Probleme gibt, die doch die
Bundesregierung inAngriff nehmen sollte, die sich insbesondere auf
eine Verwaltungsvereinfachung beziehen könnten. Er müsste z.B., wenn
er Lehrer aus Berufsbildenden Schulen einstellen will, natürlich
auf Arbeiter zurückgreifen, die mindestens 40 Jahre alt sind, weil
sie doch aus der Praxis heraus die notwendigen Erfahrungen als Fach-
arbeiter und Fachlehrer damit gesammelt haben müssten. Dies erfordert
nun, dass die Ansuchen um Vordienstzeitenanrechnung bei dem BKA
eingebracht werden müssen und dort mindestens ein halbes Jahr oder
länger bis zur endgültigen Genehmigung verweilen. Endergebnis ist,
dass die Landesschulräte diesen Leuten mindestens 1.000 5 selbst
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aus irgendwelchen Fonds zahlen müssen, weil sie ansonsten nicht
bereit sind, einen so,grossen Verlust ihres Einkommens hinzunehmen.
Kreisky wird noch mit Markowitz, dem Personalreferent reden, um eine
eventeuelle Verkürzung des Weges und die Bestätigung mit Hilfe
von Schimmel-Briefen, wie sie derzeit geschieht, zu vereinfachen.
Der Finanzminister hat Subventionslisten von den Ministerien ange-
fordert. Dort in diesem Erlass, der an die Buchhaltungen gegangen ist,
hat er genau aufgegliedert, wie diese Subventionslisten zu erstellen
sind. Interessant ist für mich, dass ich darüber noch keinerleit
Mitteilunge bekommen hatte, Gratz selbst beschwerte sich insbesondere,
dass der Bundeskanzler ebenfalls solche Listen schon verlangt hat
und der Finanzminister auch und dass er davon nichts gewusst hat,
das müste doch über ihn an die Buchhaltungen geleitet werden. Für
mich ist interessant, dass ich überhaupt von diesen ganzen Anfragen
des Bundeskanzlers und des Finanzministers keinerlei Mitteilung be-
kommen hatte.
ANMERKUNG für Heindl: Bitte, sofort überprüfen, wieso dies möglich
ist, ohne dass wir etwas davon erfahren.
Pittermann teilte mit, dass im Unterausschuss das kleine Kompetenz-
gesetz jetzt verhandelt werden wird und abgeschlossen, und dass aber
dann sofort im Verfassungsausschuss der endgültige Text zur Verfügung
stehen muss. Von Firnberg wurde erklärt, dass dies technisch bereits
alles vorbereitet sei. Die ÖVP stellt sich nun auf den selben Stand –
punkt wie die Sozialisten als sie in der Opposition waren, d.h. sie
verlangen die notwendigen Gesetzesanträge entsprechend auch dann wenn
sie nur abgezogen sind in vollkommener Weise für alle Abgeordneten
und nicht wie das bis jetzt beim BKA geschieht, in fünf Exemplaren
mit dem Hinweis, es wird sowieso in der Staatsdruckerei gedruckt werden.
ANMERKUNG für Heindl: Bitte, Vorsorge treffen, dass unsererseits
dieser Vorgang eingehalten wird und nicht der Fehler passiert,
dass wir aus formalen Gründen dann weil die ganzen Gesetze in
l65-facher Ausfertigung nicht dem Parlament vorliegen, in grosse
Schwierigkeiten kommen.
Bezüglich der Steuerfreiheit der Überstunden berichtete Androsch,
dass er mit dem Sprcher der Fraktion des ÖGB, Hofstetter, darüber
einig sei, dass er alle Unterlagen bekommt und bei der ersten Lesung
über den Antrag Peter und Graf gewappnet zu sein und gleich die
Regierungsmeinung zu vertreten. Pittermann nämlich hat immer wieder
darauf hingewiesen, dass seiner Meinung nach diese Frage vor der
Mittwochsitzung vollkommen geklärt werden muss. Es wird sich allerdings
wie Androsch darauf hinwies, die Gewerkschaftsfraktion am Dienstag
damit beschäftigen. Und Pittermann nähme gegen seinen Vorschlag des-
halb negative Haltung ein, weil er selbst nur eine Erhöhung des derzeitigen
Überstundenzuschlagsfreibetrages von 260.- auf sagen wir 520.- S plä-
diert. Der zweite Vorschlag, wonach mit einem festen Steuersatz die Über-
stunden und die Überstundenzuschläge z.B. 5 % von Androsch vorgeschlagen,
verrechnet werden, ist auch verworfen worden. Derzeit ist die Absicht,
ein Drittel der Überstunden und den Zuschlag maximal 150.- 5 pro Woche
neu zu regeln. Für die qualifizierten Überstunden, wie Nacht-, Sonn- und
Feiertagszuschläge, sollten im Punkt 18 eingebaut werden.
Die Präsidialkonferenz hat sich mit der weiteren Vorgangsweise im Parlament
beschäftigt und ist zur einhelligen Auffassung gekommen, dass erstens am
1. und dann in der nächsten Woche am Mittwoch, Donnerstag noch ein
Parlament stattfindet. Withalm hat dem zugestimmt und es wird die
Tagesordnung wie besprochen an diesen drei Tagen abgewickelt werden.
Gleichzeitig aber werden die mündlichen Anfragen, d.h. die Fragestunden
entfallen. Es besteht daher unsere Verpflichtung, diese mündlichen An-
fragen innerhalb von 8 Wochen schriftlich zu beantworten. Bezüglich des
Wahltages hat Withalm vorgeschlagen, den 4. Oktober. Peter hat dem letzten
Endes zugestimmt, da er gesagt hat, da nun Withalm der Regierung und
der kleinen Oppositionspartei in der Frage der weiteren Parlemtentsitzun-
gen so weit entgegengekommen ist, stimmt er jetzt für den 4. Oktober.
Die Frage, ob wir diesen Termin jetzt als Regierung vorschlagen sollten,
wurde abgelehnt, das die Regierung erst ein Gesetz zur Durchführung der
Nachwahlen braucht. Weiters wurde die Frage aufgeworfen, wieweit in den
Ministerien die Sicherheitsbeauftragten notwendig sind. Ich erfuhr auch
auf diese Art und Weise, das erste Mal, dass es solche Sicherheitsbeauf-
tragte in dem Ministerium gibt.
ANMERKUNG für Heindl: Unverzüglich feststellen, wer das bei uns ist und
was der Betreffende für Aufgaben hat.
Frühbauer berichtete, dass der ÖAMTC durchgesetzt hat, zu seinem
75-jährigen Bestehen für ihn eine Briefmarke herausgegeben wird.
Er fragte an. ob er dies tun sollte, ich setzte mich sofort dafür
ein und sagte, man müsste halt dann genauso für den ARBÖ bei einem
Jubiläumsjahr eine solche Briefmarke herausgeben, aber ich würde
es als einen sehr grossen Fehler betrachten, wenn wir hier restriktiv
vorgehen würden, insbesondere wenn wir uns mit dieser so mächtigen
Organisation wegen einer Briefmarke einen Krieg anfangen würde.
Der Landesverteidigungsausschuss, der sich aus 12 ÖVP- und 12 SPÖ-
Vertretern zusammensetzt, wird den Antrag Blecha auf Herabsetzung
der Dienstzeit auf 6 Monate ablehnen. Peter wollte, dass dieser An-
trag vom Landesverteidigungsausschuss verabschiedet wird und ins
Haus zur endgültigen Beschlussfassung kommen sollte, dies aber wird von
Withalm abgelehnt. Die Antwort auf eine Frage, die sich mit dem Problem
der Kleinbauern und der Bergbauern und anderen Raumfragen für die
ländlichen Gebiete beschäftigt und an alle Minister gegangen ist,
wird von Weihs beantwortet werden.
ANMERKUNG für Heindl: Bitte, die entsprechenden Abstimmungen mit
dem Landwirtschaftsminister herstellen.
Eine kleine Besprechungsrunde von Kreisky, Weihs, Androsch, Veselsky
und mir, stellte fest, dass die Milchsituation immer kritischer wird,
das Land- und Forstwirtschaftsministerium würde für heuer 320
Mio mehr und für 1970/71 500 -600 Mio mehr Budgetmittel brauchen,
die Androsch keinesfalls zur Verfügung stellen kann. Es wird des-
halb eine diesbezügliche Besprechung in der nächsten Wochen noch
zwischen uns durchgeführt werden.
Bei der österr.-amerikanischen Handelskammer hatte ich Gelegenheit
mit den Öl-Bossen zu reden und habe sie darauf aufmerksam gemacht,
dass ich dringendst ihre Mitteilung brauche, was ihr Verhandlungs-
komitee, das sie gegründet hatten, bezüglich der Versorgung mit
Heizöl und anderen Ölprodukten für den Winter erarbeitet haben.
Sie sagten mir eine diesbezügliche Unterlage in kürzester Frist zu.
Ebenso urgierte ich die notwendigen Public Relation-Arbeiten für
Lannach.