Donnerstag, 27. Jänner 1983
Die erste von mir einberufene Sitzung mit AK, ÖGB und HK bezüglich
Durcharbeitung der Rechtsvorschriften und Vereinfachung ergab eine
Übereinstimmung über das Ziel dieser ARGE. Ich selbst appellierte an
alle Teilnehmer und ersuchte, daß wir still und leise diese Arbeit
beginnen sollen; ob ein Erfolg zu erwarten ist, kann man von vorn-
herein nicht vorhersagen. Keinesfalls soll diese ARGE womöglich
jetzt im Wahlkampf als besondere Leistung herausgestrichen werden.
Zu oft und zu viel wurden schon ähnliche Vorhaben angekündigt und es
gab keine Erfolge. Dr. Bauer von der Handelskammer verwies darauf,
daß die Ergebnisse oder die ARGE dann einmal im Mittelstandsbericht
ihren Niederschlag finden sollten. Durcharbeitung der Normenbestände
müßte praxisbezogen erfolgen. Dr. Hanreich von der Wissenschaftsab-
teilung der Handelskammer meinte, im BKA wurde seit 1980 eine solche
Arbeit gemacht, bis jetzt aber kein Ergebnis. Dr. Koppe, AK und VKI,
forderte, daß nachdem alle diese Rechtsvorschriften im Handelsmini-
sterium im Einvernehmen erarbeitet wurden, auch das Streichen nur im
Konsens erfolgen sollte. Eine Kodifizierung erscheint auch AK-Vertre-
tern und ÖGB-Vertretern als notwendig und zweckmäßig. Im Konkreten
wird jetzt diese ARGE die Produktdeklaration und die Kennzeichnungs-
verordnungen durcharbeiten. Anhand dieser Fallstudie wird man dann
die Arbeitsmethode umso leichter erkennen. Die Vereinfachung der Rechts-
vorschriften für, wie es so schön technisch heißt, Rechtsunterworfene,
sollte sich letzten Endes aber nicht auf die Unternehmer, sondern auch,
wie Koppe verlangte, auf die Konsumenten erstrecken.
Die Hauptschwierigkeit liegt darin, daß in den letzten Jahrzehnten
die Forderung auf Determinierung aller Vorschriften, Gesetze,
Verordnungen aufgrund des Art 18 der Bundesverfassung immer strenger
ausgelegt werden. Die Folge davon ist, daß für einen Handelsbetrieb
und damit auch für einen Würstelstand 140 Gerichtsvorschriften Gel-
tung haben, der Burenheidl-Verkäufer kennt wahrscheinlich davon kaum
eine genau. Zugegeben wurde von allen Teilnehmern, daß selbst die Ju-
risten sie nicht kennen, daß jeder immer wieder den Spezialisten für
ein besonderes Gesetz oder Verordnung heranziehen muß. Ich fürchte,
daß wenn diese Politik fortgesetzt wird, die Rechtsstaatlichkeit nicht
erhöht, sondern ganz im Gegenteil die Rechtsstaatlichkeit früher oder
später dann scheitern wird.
GD Seefranz berichtete mir, daß er persönlich hofft den Unilever-In-
ternationalbericht die Bensdorp-Schokoladeaktivität behalten zu können.
Die mit Suchard vorgesehene Kooperation und finanzielle Verschränkung
könne nur so erfolgen, daß Unilever für den Minderheitsanteil, wahr-
scheinlich 25 bis 33 %, die volle Verantwortung für die jetzt dort
beschäftigten Bensdorpleute übernimmt. Die seinerseitigen Zusagen
beim Kauf von Bensdorp durch Unilever, die zwischen Betriebsrat und
Werksleitung ausgehandelt wurden, bleiben voll aufrecht, die von den
jetzigen Unileverbetriebsräten geforderten Sicherheiten muß Unilever
auch geben. Mag. Mandl hat einen Briefentwurf mir vorbereitet, der mit
Seefranz abgesprochen das Ergebnis unserer Aussprache festhält.
Da Unilever International sich vorbehalten hat, die Waschmittelexporte
in die Welt ausschließlich über Rotterdam zu organisieren und vertei-
len, erscheint es mir notwendig an Unilever und nicht nur an diese
Firma, sondern auch an Persil, der zweiten großen Waschmittelproduktions-
stätte Österreichs, die Forderung heranzutragen, die 30.000 to Wasch-
mittelpulver, die die SU angeblich bereit ist, aus dem Westen zu be-
ziehen, durch ein besonderes Schreiben festzuhalten. MR Fälbl hatte
mit Recht darauf verwiesen, daß die ursprüngliche Planaufteilung im
Rahmen des COMECON vorgesehen hat, daß die große neue Waschmittelfa-
brik in Rumänien den gesamten Ostblock bezüglich der ev. Waschmittel-
einfuhren versorgen sollte. Da es scheinbar Schwierigkeiten der Rumänien-
exporte in die anderen Oststaaten gibt, augenscheinlich gewisse Mängel
auftreten, hoffen die westeuropäischen Waschmittelerzeuger Exporte in
den COMECON durchführen zu können. Da Österreich im sowj.-österr.
Handelsverkehr hochpassiv ist, wäre es für unser Land zweckmäßig und
die Sowjets könnten es umso leichter bezahlen, wenn diese 30.000 to
über Österreich, sei es durch Unilever oder Persil, geliefert werden
könnten. Eine diesbezügliche Aufforderung werden wir ebenfalls an diese
Waschmittelfirmen richten, damit die österreichischen Generaldirektoren
vielleicht doch in ihren Mutterhäusern diesen Wunsch durchsetzen können.
Mit diesem Exportauftrag wären dann auch die Phosphatproduktionen in
der Krems Chemie mit 75 Beschäftigten, die schön langsam von inländi-
schen Waschmitteln herausgenommen werden muß, längere Zeit noch gewähr-
leistet.
Ein Österreicher, Dr. Wallauschek, jahrelang dann in der OECD Paris
mit Energiefragen beschäftigt, jetzt in Kitzbühel in Pension, wollte
dem SL Zluwa und mir erklären, wie sehr er für Österreich noch arbei-
ten könnte. Ich habe ihm sofort erklärt, daß wir an einem Kontakt mit
ihm brennendst interessiert sind, im Handelsministerium arbeiten viele
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Experten der Wissenschaft und auch sonstige Fachleute unentgeltlich
mit. Eine Anstellung oder gar ein Konsulentenvertrag komme nicht infrage.
Die von ihm vorgesehenen Ideen, radioaktive Abfallbeseitigung durch
Beteiligung an Arbeitsgruppen für Lagerung unter dem Meer, die die
Schweiz heute mit Amerikanern, Deutschen, Franzosen, Kanadiern,
Engländern und Japanern untersucht, kommt für uns auch nicht infrage.
Der Idee Wallauschek, daß Österreich wahrscheinlich nicht nur das
eine Kernkraftwerk in Zwentendorf, sondern dann noch mehrere bauen
wird und damit die radioaktive Abfallbeseitigung ein wesentlich schwie-
rigeres Problem in der Zukunft sein wird, als es jetzt momentan aussieht,
habe ich sofort widersprochen. Ich persönlich bin fest davon überzeugt,
daß es riesiger Anstrengungen bedarf, um überhaupt ein schon fast
fertiges Kernkraftwerk in Betrieb zu nehmen. Ich erwarte, daß bei die-
sen Verhandlungen im Nationalrat und der darauf folgenden Volksabstim-
mung klar und deutlich gesagt wird, daß es bei diesem einem bleiben
soll. Wer nämlich jetzt gleichzeitig ankündigt, daß wir so wie viele
andere westeuropäische Staaten dann ein zweites und womöglich ein
halbes Dutzend in kürzester Zeit dann in Angriff nehmen, hat von vorn-
herein gar keine Chance, daß das Atomsperrgesetz aufgehoben wird.
Die Entsorgung, sprich Abfallbeseitigung, für dieses eine Kernkraft-
werk in Zwentendorf hoffe ich, und damit bin ich nicht allein, wird
doch vielleicht über einen anderen Staat, insbesondere die USA oder
vielleicht dann sogar, wenn es nicht anders geht, die SU durchführen.
SL Zluwa wäre dann bereit gewesen mit Wallauschek Details über seine
Mitarbeit zu besprechen. Er hat mir dann berichtet, daß Wallauschek ihn
fragte, wer ihm jetzt die Eisenbahnfahrt von Kitzbühel nach Wien ver-
gütet. Zluwa und auch Grossendorfer sind der Meinung, daß wir diesen
Mann sicherlich nie mehr wieder sehen werden. Sein Hauptinteresse war
ja doch eine bezahlte Stellung zu bekommen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Jour fixe Fremuth setzen.
Bei der atb hatte ich Gelegenheit mit ausländischen Journalisten
sowie anderen atb-Teilnehmern Mittagessen mit Aussprachemöglichkeit
zu führen. Darüber hinaus wurde dann eine große Pressekonferenz durch-
geführt, insbesondere die aus dem Ausland kommenden Einkäufer ihre
Erfahrungen mit der 8. atb berichteten, auch österreichische Verkäufer
hatten die Möglichkeit dort ihre Wünsche noch zu präzisieren. Allge-
mein wurde anerkannt, und ich konnte dies beim Durchgehen durch die
atb, wo ich jeden Stand besuchte und jeden einzeln fragte, wie er mit
dem Ergebnis zufrieden ist, feststellen, daß über die Organisation
überhaupt keine Klage geführt wurde. Während die erste atb, wie bei der
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Pressekonferenz zum Ausdruck kam, noch ein fröhliches Durcheinander war,
ist die 8. jetzt streng und gut organisiert. Frau Dr. Zaunbauer, die
dafür verantwortlich ist, konnte sich nur überall Lob anhören, als sie
mich bei diesem Rundgang begleitete. Sie war sichtlich erfreut, aber
auch ich war über das positive Ergebnis auch bezüglich der durchgeführ-
ten oder zu erwartenden Abschlüsse für den Sommer 83 oder ev. schon
für den Winter 84 sehr erfreut. Gefragt wurde selbstverständlich auch,
wie viel die ÖFVW zu dieser atb dazuzahlt und ob die Anbieter auch
etwas leisten müssen. Die ganze atb wird 8 1/2 Mio. S kosten, 1/3 bringen
die 7.500 S pro Koje, die zu leisten sind, in jeder Koje können bis zu
3 Anbieter sich zusammenschließen. Um die atb nicht ins Uferlose aus-
zudehnen, wurde festgehalten, daß Anbieter mindestens 120 Betten haben
müssen. Das einzige Problem, das sich ergibt, daß die 3 Tage dauernde
atb am ersten Tag den größten Andrang, heute am zweiten noch ein sehr
guter Geschäftsgang war, am dritten Tag aber dann nur mehr ein ver-
hältnismäßig geringer Geschäftsverkehr zu verzeichnen ist. Viele Ein-
käufer sind dann nicht mehr hier und vor allem viele Anbieter haben
auch ihre Kojen kaum mehr besetzt. Hier müßten wir uns in der ÖFVW
etwas Besonderes einfallen lassen, damit auch am dritten Tag noch ein
entsprechender Betrieb weiter bleibt. Die Idee vielleicht, daß der
Minister erst am dritten Tag alle begrüßt und mit ihnen plaudert, als
Attraktion auf den dritten Tag zu verschieben, wäre keine Lösung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER : Hier müssen wir uns etwas einfallen lassen.
Im Fernsehen wurde eine Wir-Extra-Sendung für Sonntag aufgezeichnet.
Ich weiß nicht, wer es vermittelt hat, tatsächlich wurde dann, wie ich
dort war, dann mir mitgeteilt, es handelt sich darum, daß im Anschluß
an eine Diskussion über eine Ägyptenreise festgestellt werden soll,
ob diese preiswert ist und ob Österreicher daran teilnehmen sollen
resp., ob es nicht zweckmäßiger ist den Winterurlaub dafür in Öster-
reich zu verbringen. Die Idee an und für sich ist schon falsch. Ein
Ägyptenreisender hat anderer Interessen als in Österreich Ski zu fahren.
Die beiden anderen Diskussionsteilnehmer, ein Reisebürovertreter und ein
Fernflugreisefachmann, bemühten sich auch darauf zu verweisen, daß man
beides kaum vergleichen kann, für Wir-Extra paßte es eben ihr Auslands-
reisepropagandakonzept eine kleine Diskussion über diese Frage mit
dem verantwortlichen Minister und Fachleuten zu führen. Ich habe
Vecsei sofort nachher gesagt, daß Wir eigentlich ständig viel mehr
Propaganda macht, daß man Auslandsreisen tätigen soll, als dies wahrschein-
lich für einen Österreichischen Rundfunk notwendig wäre.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Überprüfe wirklich einmal diese Politik.
Die 9. europäische Sales-Management-Association-Konferenz wurde im
großen Redoutensaal für die ca. 150 Teilnehmer inkl. Frauen feierlich
mit Musik, einer Menge Ansprachen, vor allem auch von Bgm. Gratz und
mir persönlich eröffnet. Alle Teilnehmer waren zum atb-Ball einge-
laden. Sie erschienen daher feierlichst bereits in Smoking und die
Damen in Abendkleidern. Die Organisatoren, insbesondere der Hofburg-
konferenzmann Stock und vor allem der der die Medical-Konferenzen nach
Österreich bringende Straub hatten scheinbar Bgm. Gratz und auch mich
ja bewogen an dieser Eröffnung unbedingt teilzunehmen. Gratz hatte
einen durchschlagenden Erfolg, weil er perfekt englisch spricht und
daher in launiger Weise seine Erfahrungen mit solchen Konferenzen und
vor allem mit einem Zusammentreffen mit Konferenzteilnehmern frei-
weg schildern konnte. Den selben Schmäh, den ich sonst auf Deutsch ehen-
falls bei solchen Gelegenheiten rennen lasse, konnte ich natürlich
diesmal, da die Ansprache in Englisch vorgeschrieben war, nicht machen.
Mühsamst habe ich, obwohl ich es vorher ein paar Mal durchgelesen habe,
das mir aufgesetzte Konzept runtergelesen. Diese jämmerliche Art
der Teilnahme von mir hasse ich im Grunde. Wo ich nicht frei spreche,
fühle ich mich persönlich sehr unwohl.
Bei dem anschließenden Aperitif konnte ich mit Stock und Straub über
die jetzt schon dringendst in Angriff zu nehmende Organisation des
Konferenzzentrums bei der UNO und des Hofburgkonferenzzentrums reden.
Beide vertreten die Meinung, und ich teile sie, daß beide Gesellschaften
zusammengeführt werden müssen. Stock warnte, daß, wenn dann diese Ge-
sellschaft gegründet ist, sie selbst große Veranstaltungen druchführen
sollte aufgrund der Erfahrungen, die man im Konferenzzentrum Berlin
mit dieser Art des Anfüllens des Konferenzzentrums gemacht hat, ver-
heerend war . Selbst durchgeführte Veranstaltungen können, wenn sie
nicht voll besetzt sind, zu einem katastrophalen finanziellen Erfolg
führen. Beide Konferenzstätten können dann nur über die Gesellschaft
an andere Veranstalter die Konferenzräume vermieten.
Stock und Straub haben neuerdings die Idee zur Diskussion gestellt
einen Kongreßausfallfonds zu errichten. Sie haben diesbezügliche Ge-
spräche bereits mit Staatssekretär Lacina geführt. Beide wollten
wissen, ob ich persönlich oder das Handelsministerium zu dieser Idee
etwas einzuwenden haben. Ich erklärte sofort, daß dies ausschließlich
eine Kompetenz des Finanzministers ist, ob er ein diesbezügliches
Geld dafür zur Verfügung stellen kann.
Präs. Raml hat mit dem neuen Danubiusvertreter aus Ungarn auch an
dieser Konferenz teilgenommen. Beide teilten jetzt mit, daß Raml jetzt
in Linz Raml mit den Ungarn ein Büro errichtet hat. Das selbe sei
nun in Budapest geschehen. Raml hofft dadurch mehr Ungarn nach Öster-
reich bringen zu können. Er möchte darüber mit mir im einzelnen wahr-
scheinlich ohne den Ungarn sprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Tschach soll diesbezügliche Besprechung
vorbereiten.
Tagesprogramm, 27.1.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)