Freitag, der 17. Dezember 1982

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Freitag, 17. Dezember 1982

Im Nationalrat werden die Kapitel Handel und Finanzen seit etlichen
Jahren gemeinsam diskutiert und auch abgestimmt. Eröffnet wird die
Diskussion stets mit Präs. der Handelskammer Sallinger. Dieser befaßte
sich diesmal aber auch wesentlich mehr mit den Problemen des Finanz-
ministeriums als mit dem Handelsministerium. Seine bescheidenen
Bemerkungen, Angriffe kann man das wirklich nicht nennen, die er zum
Budget Handelsministerium machte, waren so positiv, daß Staatssekretär
Albrecht, die liebenswürdigerweise die ganze Zeit auf der Regierungs-
bank gesessen ist, sich sehr wunderte. Ich selbst habe in dem vergange-
nen Jahrzehnt auch immer festgestellt, daß Sallinger, eigentlich fast
alle anderen Oppositionsdiskussionsredner sehr vorsichtig mit ihrer
Kritik und überhaupt nicht gehässig waren. Diesmal ist es aber ganz
besonders aufgefallen. Albrecht glaubt nicht, daß es auf ihre Mit-
wirkung zurückzuführen ist. Sie unterschätzt den bedeutenden Einfluß,
den eine Frau, Tichy-Schreder, Albrecht, usw. auf Sallinger hat. Auch
der FPÖ-Hauptsprecher Dr. Stix zum Kapitel Handel war geradezu fast
ein Pro-Redner. Das einzige, was er konkret forderte, war mehr Kompetenz
für den Handelsminister. Seine Handelspolitik, wo er besonders die
Liberalität seiner Partei herausstrich, könnte von mir nur akzeptiert
werden, wenn es nicht dann doch immer wieder einzelne notwendige Maß-
nahmen wie z.B. die Videorecorderkontingentierung gegenüber Japan ge-
ben muß. Diesmal hat Stix gar nicht auf die wirtschaftliche Landesver-
teidigung Bezug genommen.

Kritisiert hat er nur, daß wir für die ÖFVW zu wenig Geld ausgeben, er
hat ja bereits im Ausschuß vorgeschlagen, wir sollen 100 Mio. S zusätzlich
aufwenden; wenn man bedenkt, daß aber vom Jahre 69, wo 56 Mio. das Budget
betragen hat und wir im nächsten Jahr 290 Mio. S haben werden, sieht man,
daß jetzt 100 Mio. dazu die ÖFVW gar nicht verkraften könnte. Darüber
hinaus aber haben ja die Länder bis jetzt eine Erhöhung mehr als
6 % pro Jahr abgelehnt. Den Vorwurf muß er also primär an die Länder
richten.

Nach wie vor hat Stix allerdings zu meinem großen Leidwesen bestätigt,
daß die FPÖ oder zumindestens er persönlich seine Einstellung zur Kern-
energie nicht geändert hat. Er behauptete sogar, es hätte in den monate-
langen Verhandlungen jetzt im Unterausschuß, wo Univ.Professoren und
andere Experten Fragen der Sicherheit des KKW Zwentendorf beantworte-
ten, an seiner Auffassung nichts ändern können. Bei diesen Ausführun-


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gen hat, als die anderen FPÖ-Mitglieder, zumindestens die, die im Saal
waren, Stix Beifall spendeten, Klubobmann Peter demonstrativ sich ge-
schneuzt. Nachher hat er Albrecht und mir auf der Regierungsbank
zugeflüstert, dies war seine einzige Möglichkeit, um eben nicht applau-
dieren zu müssen.

Der Sprecher der SPÖ in Energiefragen, Heindl, hat dann sofort auf Stix
Antworten können, weil eigentlich dann in der Finanzrunde Veselsky
zu spät gekommen ist und Heindl deshalb vorrückte. Er ging sofort auf
Stix' Argumentation ein, er ist glaube ich aber auch überzeugt, daß Stix
nie für die Atomenergie nie wird gewonnen werden kann.

Von den 2 Dutzend Rednern beschäftigten sich nur die wenigsten mit dem
Handelsbudget, von der Opposition Landgraf und Westreicher über den
Fremdenverkehr und Köck über die Energiefragen. Der Abg. Egg hatte dann,
obwohl Albrecht ihn ersuchte, wie sie mir nachher erzählte, eine Lauda-
tion auf die Arbeit der Staatssekretärin gehalten, die Albrecht
peinlich war. Diese Leichenrede wäre auch gar nicht notwendig gewesen,
da zur großen Freude Albrecht die ÖVP jetzt doch noch ihr gefährliches
Produktengesetz machen wird. Die Notwendigkeit sozusagen bei der Bud-
getdebatte jetzt schon einen Schwanengesang zu machen, war gar nicht
gegeben. Alle Sprecher der Parteien haben Albrecht bei dem Gesetzesbe-
schluß dann zu sagen, was sie wirklich in dieser verhältnismäßig
kurzen Zeit ausgleichend, kalmierend, für mich ungeheuer wertvoll, weil
sie bestens kooperierend jederzeit für mich zur Verfügung stand, gelei-
stet .

Da ja bekanntlicherweise am letzten Tag im Nationalrat vor den Weih-
nachtsfeiertagen nur eine Stimmung herrscht so schnell als möglich
Schluß zu machen, wollte ich mich überhaupt nicht melden. Traditionsge-
mäß nämlich spricht der Finanzminister nach den Hauptrednern und
kümmert sich dann nicht mehr um die Abgeordneten, ich dagegen höre
mir die Redner sehr wohl bis zum Ende an. Mein Debattenbeitrag ist da-
her immer sehr kurz. Diesmal habe ich überhaupt nur erklärt, die Aktio-
nen, die wir machen, werden bezüglich der Richtlinienänderungen für die
Gewerbekredite und sonstigen Subventionen, vor allem verwies ich da-
rauf, daß die Betriebsmittelkredite jetzt für die Kleinstgewerbetrei-
benden und für die Gewerbestruktur im nächsten Jahr kommen und damit
der Entschließung des Nationalrates zumindestens teilweise Rechnung
getragen wurde. Vorher hatte ich dies dem Finanzminister bereits ange-
kündigt. Obwohl seine Leute, wie mir SC Jagoda versicherte, dem zuge-


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stimmt haben, war er über die vorgesehenen Maßnahmen sehr überrascht.
Ich konnte ihn nur mühsamst überzeugen, daß eigentlich gar keine neuen
Richtlinien damit erlassen werden, sondern daß nur jetzt schon bestehen-
de Möglichkeiten in den Richtlinien vielleicht in Hinkunft auch ge-
nützt werden. Damit war er letzten Endes auch zufrieden.

Leichter war es mir Salcher davon zu überzeugen, daß wir unbedingt für
Grundig etwas machen müssen. Salcher schlug sofort vor, ähnlich wie
für Semperit, daß Dallinger aus der Arbeitsmarktförderung 30 Mio.
S zur Verfügung stellt. Salcher hat nämlich sofort eingesehen, daß
es ohne eine riesige Verärgerung mit Konsequenzen bei Philips nicht
gehen wird, wenn wir Grundigs Wunsch erfüllen und weiterhin zollfrei
Farbfernsehröhren aus Japan hereinlassen. Salcher hat dann in meiner
Anwesenheit sofort mit Dallinger, der auch auf die Regierungsbank gekom-
men ist, weil er mit Salcher etwas anderes absprechen mußte, über diesen
Vorschlag mit ihm verhandelt. Dallinger hat letzten Endes dann auch
zugestimmt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Brandtner sofort verbinden.

Der Besuch von Staatssekretär Beil in Österreich war mir nicht ganz
klar, ursprünglich hatte Beil auf meine Anregung mit Haiden vereinbart,
daß er Freitag spät am Abend kommt, damit er das Wochenende als Gast
von Haiden verbringen kann. Beil mußte absagen, weil er andere dringende
Geschäfte hat und in Berlin sein muß. Trotzdem ist er aber nach Wien
gekommen, um hier mit Präs. Sallinger und dann auch mit mir entspre-
chende Gespräche zu führen, die wir allerdings leicht hätten tele-
fonisch erledigen können.

Beil teilte nur mit, daß jetzt die Vereinbarung mit der VÖEST-Alpine
steht, es werden pro Quartal 200 000 to Öl geliefert, vom heurigen
Jahr sind noch 70.000 to offen, die im nächsten Frühjahr zusätzlich
geliefert werden. Die DDR kauft deshalb neben der schon traditionsmä-
ßigen und scheinbar auf langfristigen Verträgen aufbauenden VEW Pro-
dukte im nächsten Jahr wieder 140.000 to Stahl von der VÖEST-Alpine.
Die Konsumgüter werden im nächsten Jahr nicht 700 Mio., wie wir vorge-
sehen haben, sondern 820 Mio. S ausmachen. Beil hat mir gegenüber
versichert, er wird im nächsten Jahr auch für Konfekt und Schokolade
den selben Betragen ausgeben wie heuer, bezüglich der Weinexporte
können wir mit einer wesentlichen Steigerung, ich habe vorgeschlagen,
eine Verdoppelung der heuer zu liefernden 15 Mio. S, rechnen. Beil hat
auch mir gegenüber versichert, daß die Holzschuhe, die voriges Jahr


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hätten gestoppt werden sollen, auch heuer und im nächsten Jahr wieder
abgenommen werden, überraschend für mich hat er dann sogar zugestimmt,
daß er von Stubai wieder Werkzeug kaufen wird. Er hat ursprünglich
1 Mio. S dafür geplant, ich habe ihn dann schön langsam auf 3 1/2 Mio.
rauflizitiert. Da die DDR in Innsbruck eine Zweigstelle der Handels-
delegation hat, habe ich Beil sofort vorgeschlagen, daß diese mit den
Stubaiern das Geschäft machen soll. Niemals soll vorher offiziell
darüber etwas verlautbaren. Die Innsbrucker DDR-Stelle braucht schließ-
lich und endlich auch einen Erfolg.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit dem Direktor von Stubai verbinden.

Zu der Besprechung sind dann Finanzminister Salcher und Landwirtschafts-
minister Haiden gekommen. Beil erörterte, daß eine Aussprache mit Präs.
Koren von der Nationalbank gebaht hat. Dort hat er die finanzielle
Situation der DDR gar nicht zur Sprache gebracht. Koren selbst hat
damit begonnen. Er erklärte Beil die Situation, die OeNB betrachtet die
DDR nicht als zahlungsunfähig, die Schwierigkeit liegt für Koren nur
darin, daß wir kurzfristig Geld im Westen aufnehmen; wenn wir dies jetzt
im stärksten Maße auf Oststaaten und damit auch der DDR transferieren,
besteht die Gefahr, daß wenn die DDR irgendwo nicht zahlen könnte, dann
Österreich auch seine Kredite gekündigt bekommt. Beil erklärte dezi-
diert, die größte Zahlung wird am 4. Jänner fällig und die DDR wird
knapp vorher alles begleichen.

Beil ersuchte den Landwirtschaftsminister Haiden, ob er für nächstes
Jahr ebenfalls wieder Getreide liefern kann. Die DDR hat im Durch-
schnitt 1 Mio. to Getreideeinfuhr Bedarf, heuer haben wir 200.000 to
liefern können. Eine weitere Menge kann für heuer nicht mehr bereitge-
stellt werden. Im nächsten Jahr wird es ganz davon abhängen, wie die
Ernte ausfällt. Ich persönlich sagte sofort bin überzeugt, daß wir
nächstes Jahr auch größere Getreidemengen werden importieren müssen.

Da ich weiß, daß die DDR auch aus Kuba Zucker importiert, fragte ich,
ob nicht aus Österreich Zucker in die DDR liefern könnte. Beil erklärte,
daß sie natürlich vorrangig Zucker aus Kuba nehmen, um einen Teil ihrer
Kredite, die sie dort hingegeben haben, zurückzubekommen. Beil wird
prüfen, ob nicht doch noch 40.000 to Zucker aus Österreich genommen
werden könnten. Die Entscheidung darüber wird im Frühjahr fallen.



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ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Mauthner verbinden.

Beil hatte, wie er immer sagt, auf mein Anraten nicht nur mit Präs. Koren,
sondern auch die Absicht mit dem HK-Präs. Sallinger diesmal ein Ge-
spräch zu führen, ursprünglich war beabsichtigt, daß dieses Gespräch
in der Bundeskammer am Abend um 8 Uhr erst erfolgt; da Beil aber
nachher sofort nach Berlin zurückfliegen mußte, gelang es mir dann
Sallinger kurzfristig ins Parlament zu bringen. Beil war darüber
sehr erfreut, Sallinger wollte unbedingt, daß ich auch bei dieser Be-
sprechung dabeibleibe; da ich aber unbedingt ins Plenum zurück wollte,
habe ich schmunzelnd erklärt, ich will die Gespräche zwischen der Bundes-
handelskammer und der DDR in keiner Weise beeinflusse. Sallinger hat
dann, wie man mir erzählte, die Abg. Tichy-Schreder zu dieser Aussprache
sofort zugezogen.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Du siehst, wie ich doch in mancher Beziehung
recht habe.

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Tagesprogramm, 17.12.1982


Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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    Tätigkeit: Sts. HM


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      Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.


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        Tätigkeit: Lebensmittelhändler
        GND ID: 118579304


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          Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO DoKW


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            Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


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              Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                  Tätigkeit: MR HM


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                    Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


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                        Tätigkeit: GD Wiener Werk Grundig


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                          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                            Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                              Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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                                Tätigkeit: -min.


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                                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                  GND ID: 102318379X


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                                    GND ID: 12254711X


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                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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