Freitag, 12. November 1982
Mit Dr. Zolles besprach ich beim Flug nach Zürich die Möglichkeit
eines Finanzplanes für den Hauskauf der ÖFVW. Dr. Graenz von der Hotel-
treuhand hat ihm mitgeteilt, man sollte doch an sie herantreten, und
sie würden einen wesentlich verbilligten Kredit zur Verfügung stellen.
Ich schlug vor, es wäre zweckmäßig an kapital- und finanzkräftige Orga-
nisationen und Leute heranzutreten, damit sie das Haus für uns kaufen,
die ÖFVW würde dann einen Mietkauf abschließen, durch entsprechende
nicht wesentlich höhere Mietzinsleistungen an die neuen Hausbesitzer
würde dann nach etlichen Jahren das Haus im Besitz der ÖFVW übergehen.
Für dieses zinsenlose Darlehen, von diesen Organisationen und Einzel-
personen geleistet, könnten sie fördernde Mitglieder der ÖFVW werden.
Als typisches Beispiel für eine finanzielle Leistung nannte ich die
Casino AG, ich bin fest davon überzeugt, daß GD Wallner dafür zu ge-
winnen ist. Auch private wie Turnauer, Böhm , Kahane usw. müßte man dafür
gewinnen können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte besprich mit Zolles die Details.
In Zürich besuchte ich die österreichische Handelsdelegation und die
Zweigstelle der ÖFVW, die eben seit 35 Jahre besteht. Früher war sie
im Zentrum von Zürich sehr teuer untergebracht. Jetzt hat sie in einem
zweckmäßigen Bürohaus an der Peripherie wesentlich größer und preiswerter
ihr Domizil. Der Zweigstellenleiter Timko hatte für die drei, die ich
mit der Goldmedaille für den Fremdenverkehr auszeichnen sollte, sehr
gute Unterlagen mir zur Verfügung gestellt. Insbesondere die Redakteu-
rin Küng von der Hotelreview hatte erst jetzt wieder einen Artikel über
die neue Aktion der ÖFVW, Festland Österreich, geschrieben. Sie verglich
sehr kritisch damit die Leistung der schweizerischen Fremdenverkehrs-
zentrale, diese imitiert jetzt unser Wanderbares Österreich.
Anschließend nach diesem Festakt besuchten wir diese Zentrale. Auch sie
ist jetzt in einem neuen Haus sehr elegant untergebracht, wir besichtig-
ten nicht nur ihre Räume, sondern ich nützte auch die Gelegenheit, um
wirklich mit den einzelnen Mitarbeitern mich zu unterhalten, um ihre
Arbeitsmethoden kennenzulernen. Diese Imitation des österreichischen
Wanderbaren Österreichs läuft dort unter der Aktion Schmetterling,
wie Redakteurin Künzer von der Hotelreview geschrieben hat, wirklich eine
blasse Imitation. Österreich ist hier wirklich immer einen Schritt
voraus.
GD Leu hatte in der Einleitung erwähnt, er besitzt, und hatte es uns auch
demonstriert, eine ganze Reihe von schweizerischen Trachtenpuppen, bei
seinem nächsten Besuch in Österreich wird er eine mitbringen, er spielte
aber gleichzeitig an, daß er dann auch eine österreichische erwartet.
Ich habe sie ihm auch dann zugesagt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte, wenn Leu uns besucht, darauf achten.
Der Swissair-Präsident Baltensweiler, der gleichzeitig auch Funktionär
der schweizerischen Fremdenverkehrszentrale ist, war noch nie dort, bei
der Überreichung der Medaillen an die Schweizer war er dagegen zu uns
gekommen, Leu konnte ihn überreden, daß er gleichzeitig mit mir auch
seine Institution besuchte. Ich nützte die Gelegenheit, um mit ihm zu
vereinbaren, daß ich über die Werbemethoden der Swissair informiert
werde. Er wird mir seine Fachleute schicken.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MARTIN: Bitte, wenn diese kommen, entsprechenden
Termin sofort geben.
Beim Mittagessen beim österreichischen Konsul lernte ich einen Fremden-
verkehrsprofessor der Hochschule St. Gallen, Schmidhauser, kennen. Dieser
teilte mir mit, daß der über die österreichischen Feriendörfer über
Auftrag der Handelskammer eine Zweckmäßigkeitsstudie dieser neuen Be-
herbergungsmöglichkeit gemacht hat. Er hat zu diesem Zweck die Ferien-
dörfer von dem Kärntner Bauunternehmer Rogner genau untersucht. Die
Studie, fürchtet er, wurde nie ernstlich diskutiert, vor allem von der
Handelskammer nicht weitergegeben. Schmidhauser sagte mir dezidiert, daß
er einerseits sehr kritisch gegen diese Feriendörfer Stellung genommen
hat, andererseits aber dezidiert erklärte, daß für diese Institution
ein großes Bedürfnis besteht. Die Nostalgiewelle, die Sehnsucht nach
ländlicher Gegend, die sehr geschickte Art, wie Rogner alte Gebäude
in diese neuen Feriendörfer transferiert, die Imitation der Häuser,
äußerlich altstilmäßig angelegt, innen modernster Komfort, kommt den
Bedürfnissen der Gäste, die nicht in ein Hotel wollen, sehr entgegen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diese Studie für das Handelsministerium von
der Handelskammer verlangen.
Da zur Zeit im Zürcher Kunsthaus die große Matisse-Ausstellung ist, haben
wir das Mittagessen sehr verkürzt und dafür diese Ausstellung besichtigt.
Der Direktor des Hauses, der durch einen Organisationsfehler von Dr.
Habsburg der ÖFVW zu spät zu uns gestoßen ist, hat mir dann ganz schnell
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noch die ständige Ausstellung des Kunsthauses gezeigt, ich war überrascht,
welch bedeutende Gemälde und Skulpturen, insbesondere aber die moderne
Malerei in Zürich vertreten ist. Ich versprach dem Direktor sicherlich
wieder zu kommen, nichts ahnend, daß ich dies dann gleich am selben
Tag noch durchführen konnte.
Die ÖFVW hat für die 35 Jahre Zweigstelle eine große Pressekonferenz
veranstaltet. Zu meiner freudigen Überraschung war tatsächlich der
Konferenzsaal in einem First-Class-Hotell im Zentrum gleich bei der
Bahnhofsstraße gut besucht. Es gab eine oft bis in die kleinsten Details
gehende Diskussion über die österreichischen Fremdenverkehr, am meisten
kritisiert wurde, daß die ÖBB jetzt eine Ermäßigtenaktion gestartet hat,
wo man von Freitag bis Sonntag um 30 sfr von Zürich nach Wien fahren
kann. Niemand kannte aber diese Aktion, die nur mehr bis 13. Dezember
läuft. Insbesondere der Vertreter der Hotelplan, Kießlik, kritisierte
daß die ÖBB so spät und so unzulänglich die Kunden, in dem Fall ganz
besonders natürlich die Reisebüroveranstalter, davon informierten. Ich
versprach dies der Österreichischen Verkehrswerbung, die ja für die
ÖBB und DDSG extra geschaffen wurde, davon sofort über diese berechtigte
Kritik Mitteilung zu machen.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Korherr verbinden.
Bei dieser Pressekonferenz war auch Landesfremdenverkehrsdirektoren von
Wien, Vbg., Tirol u. Sbg anwesend. Ich frage mich immer, wie diese ihr
Arbeitspensum zu Hause erledigen, wo manche von ihnen fast ständig ir-
gendwelche Veranstaltungen besuchen, auch dann, wenn sie dort wirklich
nicht nur nicht gebraucht werden, sondern ihre Reise nur Zeitverschwendung
und Kosten verursacht. Scheinbar gelingt es aber den Fremdenverkehrs-
direktoren ihre Funktionäre immer wieder zu überzeugen, daß ihre Anwe-
senheit dort überall dringendst notwendig ist.
Da wir nach dieser Pressekonferenz bis zur Großveranstaltung der ÖFVW
im Kunsthaus noch Zeit zur Verfügung hatten, habe ich zweimal noch die
Ausstellung besucht. Am interessantesten für mich war aber mit Otto
Schenk, der zu dieser österreichischen Fremdenverkehrsveranstaltung
extra von Düsseldorf eingeflogen ist und der sich ebenfalls die Matisse-
Ausstellung angesehen hat, diese mit ihm, wenn auch nur ganz kurz und
flüchtig, durchzugehen. Da ich vorher ja vom Direktor etliche Detailin-
formationen über einzelne Bilder bekommen habe, habe ich diese, ohne
mich mit dessen fremden Federn zu schmücken, an Schenk weitergegeben.
Dadurch entspannte sich eine sehr interessante Kunstdiskussion. Schenk
erlebt einen Maler mit einer Intensität, wie ich sie mir eigentlich gar
nicht vorstellen kann. Eines solchen Erlebnisses ist nur ein Künstler,
der Schenk sicherlich ist, fähig.
Mein Part bei dieser kulturellen Veranstaltung der ÖFVW hätte in einer
gewöhnlichen Begrüßung bestehen sollen. Als wir uns in dem Künstlerraum,
nebenbei bemerkt es war die Küche des Kunsthauses, trafen, gab es dort
ein Salzburger Trio, ein Hackbrett und Volksgruppenmusik, und eben als
Gipfel die Lesung von Schenk. Was mir, bevor ich eröffnete, aufgefallen
ist, war, daß der Saal nicht ganz voll war, daß in Zürich nicht bei
freiem Eintritt Schenk einen 400 bestuhlen Saal füllen würde, war mir
ein Rätsel, dieses hatte ich dann allerdings sehr bald gelöst, die Ein-
ladung zu dieser Veranstaltung war in meinem Namen von der ÖFVW erfolgt,
Schenk war darauf überhaupt nicht erwähnt. Die Erklärung dafür war, daß
Timko angeblich zuerst mit anderen Künstlern verhandelte, Schenk dann
im letzten Moment zugesagt hat, als die Einladung schon verschickt war.
Ich habe mich diesbezüglich bei Schenk dann sofort entschuldigt, zur
Einleitung habe ich dann nicht nur mich bei den Schweizern für die gute
Zusammenarbeit bedankt und gleichzeitig erwähnt, daß zwischen Schweiz
und Österreich gute politische, wirtschaftliche und trotz unserer Konkur-
renzsituation auch Fremdenverkehrsbeziehungen bestehen. Als Draufgabe
habe ich dann schnell ein paar Liedln mit dem Salzburger Trio auf meiner
Harmonika vorgespielt, Schenk hat mir hinter der Bühne dann gesagt, es
ist unwahrscheinlich, wie sehr ich mich für den Tourismus wirklich
überall einsetze. Was der ÖFVW passierte, nicht einen vollen Saal in
Zürich bei Schenk-Vorlesungen zu haben, halte ich für unverzeihlich. Wenn
tatsächlich die Zusage so spät erfolgte, daß meine Einladung zu einem
Cocktail schon draußen war, dann hätte man allein schon als Fremdenver-
kehrswerbung und Hit sofort noch einmal zusätzlich alle Eingeladenen,
wenn nötig, mit Telegramm anschreiben müssen, daß es gelungen ist Herrn
Schenk für diesen Abend zu gewinnen. Jedermann hätte dann gedacht, die
ÖFVW hat diese Doppeleinladung sogar beabsichtigt, um ganz besonders auf
dieses kulturelle Ereignis aufmerksam zu machen. Daß niemand in der
ÖFVW diese Idee gehabt hat, die mir sofort gekommen ist, kann ich nicht
verstehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wer war dafür verantwortlich.
Samstag, 13., und Sonntag, 14. November 1982
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Die Arbeiter von der Konsumgenossenschaft haben immer Betriebsrätekurse
im Schulungsheim der Gewerkschaft Gloriettegasse. Der BRO Serini hat
mich vor längerer Zeit um ein Referat und eine Diskussion über die
wirtschaftspolitische Lage ersucht. Ich hatte zwar der Migros-Organisa-
tion in Zürich zugesagt, daß ich ihre Institutionen an diesem Samstag
besichtigen werde, doch schien mir das Referat und ganz besonders der
Kontakt mit den Konsumarbeitern wichtiger. Serini ist einer der kri-
tischsten Mitglieder unseres Vorstandes. Ich kann ihn an und für sich
sehr gut leiden, obwohl er bei vielen anderen immer wieder aneckt. Die
Veranstaltung war für mich ein großer Gewinn, weil ich nicht nur mit ihm,
sondern auch mit den Funktionären, die ich ja teilweise kenne, wieder ins
Gespräch gekommen bin.
Tagesprogramm, 12./13.11.1982
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)