Samstag, der 11. September 1982 bis Sonntag, der 12. September 1982

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Samstag, 11., und Sonntag, 12., September 1982

Die Eröffnung der 116. Wiener Herbstmesse wurde, wie Altbürgermeister
Marek sowohl Bundespräsident Kirchschläger als auch mir erklärte, in
einem Festzelt durchgeführt, damit mehr Leute daran teilnehmen können
als in der Südhalle. Zu meiner größten Überraschung haben sowohl Präs.
Sallinger als auch Bgm. Gratz zwar mit anderen Worten, aber doch, wie
ich in dem vergangenen Jahrzehnt immer wieder versucht habe, Optimismus
zu verbreiten. Sallinger attackierte die Regierung nur verhältnismäßig
wenig außer den Sozialminister, neben dem er zufälligerweise zu sitzen
kam. Gratz selbst hat, was mich sehr überraschte, in seiner Rede darauf
verwiesen, daß es jetzt endlich geglückt sei mit den Kraftwerkserrich-
tern für das Kohlekraftwerk Dürnrohr eine Lösung zu finden, die auch
die gemeinde Wien akzeptieren kann. Die Entschwefelung wird dadurch
optimal, so zumindestens die Behauptung von Gratz.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte diese Vereinbarung verschaffen.

Ich selbst habe daher nur, fast als Gag, darauf verwiesen, daß ich sehr
kurz sein kann, da ich, und da wiederholte ich alle Punkte, die optimi-
stisch klangen, meiner Vorredner, sozusagen die Zustimmung geben kann, wei
sei auch seit eh und je meiner Auffassung entsprechen.

Nach der feierlichen Eröffnung Kirchschlägers war dann wie gehabt das
Zeremoniell die LKW-Ausstellung, Eröffnung durch Lausecker, und die
Landwirtschaftseröffnung. Wer diese beiden und wie diese abliefen, weiß
ich nicht genau, da ich anschließend nach der Rede Kirchschlägers sofort
mit Staatssekretär Albrecht die ausländischen Aussteller besuchte.

Die Kollektivausstellungen der einzelnen Länder sind sehr verschieden.
Bei manchen handelt es sich sogar um reine Firmenausstellungen wie z.B.
für Südkorea, wo der größte koreanische Konzern Samsung, Schwerindustrie-
produzent bis Konsumgütererzeuger, alles dort zeigte. Fast 3 Dutzend
Firmen sind in diesem Konzern, 1938 vom jetzigen Besitzer eröffnet,
gegründet und zu diesem mächtigen weltweit bedeutenden Konzern geführt
hat. Das so etwas jetzt in unserer Zeit noch möglich ist, habe ich
nicht geglaubt. Im vorigen Jahrhundert, also im Frühkapitalismus, war
dies Gang und Gäbe, in der jetzigen Zeit, hätte ich gewettet, gibt es
so etwas nicht mehr.



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Die Taiwanchinesen stellen auch wieder nur als Firma aus, trotzdem
besuchte ich sie, denn die Wiener Messe hat mit den taiwanesischen
Ausstellern vereinbart, daß sie, um Rotchina nicht zu desavouieren und
einen Messekrieg nicht zu entfachen, nur diesen Status bekommen können.
In der Vergangenheit hat es allein schon wegen der nationalchinesischen
Fahne und der rotchinesischen, die damals gleichzeitig ausstellten, einen
Riesenkrach gegeben. Jetzt wird alles über die sogenannte Firmenaus-
stellung abgewickelt und niemand regt sich auf.

Die Polen waren für mich überraschend groß vertreten, obwohl sie eigent-
lich kaum etwas liefern können. Jeder der einzelnen Ausstellungsreprä-
sentanten ersuchte mich, ich sollte mich dafür einsetzen, daß sie
größere Möglichkeiten bekommen mit Kooperationen österreichischer
Firmen auf Drittmärkten oder auch in Österreich selbst mehr Geld zu
verdienen, um ihre Schulden zurückzahlen zu können.

Die tschechoslowakische Ausstellung war durch Modevorführung und vor
allem auch musikalische Einlagen von Nationalkünstlern, also höchste
Qualität, aufgelockert. Da die Messe verhältnismäßig sehr schlecht
besucht war, zumindestens am Eröffnungstag war der Besuch von diesen
Attraktionen auch sehr mager.

Der russische Pavillon war so wie immer sehr großzügig. Als reine
Machtdemonstration ergänzt wurde er noch durch eine eigene sowjetische
Republik, nämlich Georgien.

Der sowjetische Botschafter hat mich dann beim Mittagessen, das Altbür-
germeister Marek für die sowjetische Delegation, ergänzt durch tsche-
chische, gegeben hat, auf die Seite geholt. Dort teilte er mir strengst
vertraulich mit, daß die Firma Hübner Grey für 33 Mio. S hätte sollen
in den letzten Tagen einen Kontrakt unterschreiben, alles war darauf
vorbereitet und im letzten Moment hat Hübner Grey abgelehnt. Botschafter
Jefremow erklärte, er wisse, daß diese Firma den Amerikanern gehört, er
ersuchte mich sozusagen indirekt, ich sollte intervenieren, direkt wollte
er von mir wissen, ob die österreichische Bundesregierung ihre Politik
ändert. Dies habe ich natürlich sofort verneint.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit dem Direktor Hübner Grey verbinden.

Am Sonntag hat Univ.Prof. Winkler als österreichischer Vorsitzender der
chinesisch-österreichischen Gesellschaft zu einem Mittagessen eine Reihe


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von Nationalchinesen und auch Vizebürgermeister Busek für den Minister
Li eingeladen. Dieser war Wirtschaftsminister und in der letzten Phase
Finanzminister, derzeit ist er Minister ohne Portefeuille und, wie
Winkler meint, ein bedeutender Mann. Ich habe ihm daher sofort die von
der Firma Waagner-Biro und Elin zur Verfügung gestellten Unterlagen
bezüglich Projekte, die sie in Taiwan verfolgen, gegeben und um seine
Unterstützung gebeten. Minister Li, der mir sein Buch über seine großen
Aktivitäten nach dem Abtrennen Taiwan von China darin schildert, gilt
wie Winkler mir erzählt, als der Kamitz von Taiwan.

Busek kam, wie er entschuldigend sagte, von einer Veranstaltung zu
spät und mußte dann auch gleich wieder zu einer nächsten Veranstaltung,
fast würde ich sagen, Politikerschicksal.

Beim Tag des Kindes war trotz des Schönwetters, manche behaupten sogar,
weil es so schön war, der Besuch verhältnismäßig gering. Dies konnte
ich nicht nur auf der Landstraße im Arenbergpark feststellen, sondern
dann abends auch noch in Purkersdorf. In Purkersdorf hat mir dann
noch die Bergwacht, Naturfreundegruppe, demonstriert, was sie alles in
der letzten Zeit dort an Fremdenverkehrsaktivitäten entwickelt haben.
Ich war eigentlich sehr überrascht in der unmittelbaren Umgebung Wiens
hätte ich nicht einen solchen sehr interessante Lehrpfad, Wildschwein- und
Hirschgehege und vor allem auch eine Streicheltierfarm, allerdings auf
einem anderen Platz gelegen, erwartet. Immer wieder bin ich überrascht,
wie doch in einzelnen Gemeinden Fremdenverkehrsaktivitäten, die durch
nichts bedankt sind, von vielen freiwilligen Helfern oft mit verhält-
nismäßig geringen Mitteln durchgeführt werden. Wie nicht anders zu er-
warten, hat man mich dann ersucht, ob ich nicht doch bereit wäre vom
Ministerium aus z.B. für eine Relieftafel auf der Aussichtswarte eine
kleine Subvention zu geben. Selbstverständlich habe ich dies zugesagt,
wenn ein entsprechender Antrag kommen sollte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vormerken.

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Tagesprogramm, 11.9.1982


Tätigkeit: Verkehrsminister


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    Tätigkeit: ehem. ÖVP-FM


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      Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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        Tätigkeit: Prof. (Jurist), Taiwan-Experte


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          Tätigkeit: Sts. HM


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            Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
            GND ID: 118723189


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              Tätigkeit: MR HM


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                  Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


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                    Tätigkeit: sowj. Botschafter


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                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                        GND ID: 136157653


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