Dienstag, der 5. Jänner 1982

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Dienstag, 5. und Mittwoch, 6. Jänner 1982

Die katholische Jungschar Österreichs besucht in der Dreikönigsaktion
Sternsingen, Jahr für Jahr auch die Minister. Diesmal ist mir aufge-
fallen, daß es fünf junge Mädchen waren, die entsprechend verkleidet
nicht nur ein Gedicht aufsagten, sondern auch außer in Deutsch in En-
glisch Dreikönigslieder sangen. Der begleitende Kaplan sagte ganz offen,
daß diese moderne Form eben vom Lied bis zur Messe immer mehr Anklang
bei der Jugend findet. Ich selbst habe ihm auch zugestanden, daß auch
mir eine Jazz-Messe, die ich gelegentlich höre, sehr gut gefällt, auch
wenn ich sie mit der Schubert-Messe, die man ja am besten kennt, ver-
gleiche.

Die Gemeinde Wien, das Planungsamt, Stadtrat Wurzer, hat eine Ausstel-
lung, Wien 2000, laufen. Burian und ich beschlossen diese zu besuchen.
Zweckmäßig hat Burian die zuständige MA verständigt, so daß ein spezieller
Führer für uns zur Verfügung stand. Da ich mich seit je über die Pla-
nungstätigkeit der Stadt Wien immer sehr interessierte, sind mir die
Unterlagen von dem bedeutenden Planer Brunner und Rainer sehr gut be-
kannt. In der Ausstellung selbst wird zweckmäßigerweise von 1945 bis
jetzt die Entwicklung der Stadt und die durchgeführten Planungsmaßnah-
men dargelegt. Ich habe mit den Magistratsleuten freimütig diskutiert,
ich glaube, daß der große Fehler der bis jetzt geschehen ist, immer der
war, daß die Stadtverwaltung in dem Fall die politisch verantwortlichen
also Stadträte, der Stadtsenat usw. geglaubt haben, man kann die Fach-
leute zur Änderung ihrer Planungsergebnisse aus politischen Überlegungen
zwingen. Die einzige Möglichkeit, die es in einem solchen Fall gibt ist
bereits bei der Erstellung des Planes entsprechend vorsichtige Beein-
flußung durch entsprechende Mitteilung der politischen Absicht zu ver-
suchen. Wenn erst einmal die Planungsunterlage erstellt ist, das Konzept
fertig, kann man doch allen ernstes nicht erwarten, daß man die auf
entgegengesetzte Einzelwünsche von Bezirkspolitikern über den Stadtsenat
berücksichtigt werden können. Dies war der Grund, warum seinerzeit Stadt-
rat Thaller mit Brunner oder Stadtrat Heller mit Rainer den beiden größ-
ten Stadtplanern nach dem zweiten Weltkrieg die bekannten Schwierigkei-
ten dann hatten. Dazu kam und kommt noch, daß in einem so großen Körper
wie der Gemeinde Wien, die Koordination zwischen den einzelnen Magistrats-
abteilungen sehr schwierig ist, so daß zweifelsohne außer der politischen
Absicht auch viele beamteten Schwierigkeiten die Verwirklichung eines
Planungsziels oft nicht erreicht werden kann. Information und Koordina-


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tion ist glaube ich das Hauptproblem in jeder größeren bürokratischen
Gruppe. Ob dies in einer Gemeinde, ein Land oder im Bund ist, ist in
diesem Fall wirklich vollkommen egal.

Zum Schluß gab es dort noch einen sehr schlecht stilisierten Fragebogen,
ich erklärte mich zwar sofort bereit ihn auszufüllen, aber alle mußten
zugeben, daß dies sehr schwierig war. Die Folge davon ist, daß zwar
schon 7.500 Leute diese Ausstellung besucht haben, aber ein verschwin-
dend kleiner Prozentsatz die Fragen, auf die gerade die Ausstellungslei-
tung größten Wert legen müßte, ausfüllen. Ich habe mich sofort gefragt
und dort auch vorgeschlagen, warum dies nicht mit Drucktasten, also
wenn man so will, computermäßig gemacht hat, denn dort ausgestelltes
Modell, wo man mit Druck die entsprechenden Objekte aufleuchten sieht,
wird, wie mir der Ausstellungsleitung sofort versichert hat, sehr gerne
benützt.

Die Firma Santora ist nachträglich noch mit entsprechendem Kaffee und
Schnitten erschienen um bei Burian über ihre Probleme kurz zu berichten
und ein gutes Neues Jahr zu wünschen. Burian hat zweckmäßigerweise mich
zugezogen und dort erfuhr ich, daß wie bei den Brauereien auch jetzt
in der Kaffeebranchen ein irrsinnig harter und sicherlich auch nicht dem
normalen Marktgeschehen üblicher Konkurrenzkampf herrscht. Der größte
Kaffeeproduzent Jacobs hat angeblich jetzt für Kleinhändler, die 3 kg
pro Woche abnehmen 70.000,-- S bezahlt, bei 16 kg pro Woche schon 700.000
S die Abnahmeverträge belaufen sich auf 5 bis 6 Jahre. Man wünscht aber
keine Einschaltung des Handelsministeriums weil die Kaffeemittelerzeuger
jetzt noch selbst Gespräche führen um diese unglückselige Entwicklung
zu stoppen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Vielleicht kann das Referat entsprechend vorsich-
tige Erhebungen tätigen.

Der jugoslawische Außenhandelsminister Rotar, der mit einer jugoslawi-
schen Maschine angekommen ist, die bekanntlich keine erste und zweite
Klasse-Abteilung hat, der Einstieg nicht vorne sondern rückwärts, so daß
wir alle sehr überrascht waren. Dr. Haffner meinte, der macht es ähnlich
wie ich, kümmert sich also nicht ums Protokoll. Ich muß allerdings zu
meiner Entschuldigung sagen, daß ich wenn eine Delegation mich erwartet
sehr wohl versuche den Ausgang zu benützen, wo ich tatsächlich erwartet
werde. Rotar hat sich dann nur noch bei mir besonders entschuldigt, daß
ich überhaupt aufs Flugfeld gekommen bin, er hat gemeint, damit hätte


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er mir nur meinen Feiertag zerstört.

Bei der Fahrt vom Flughafen zum Hotel, dann aber auch beim informellen
Essen, sprachen wir freimütigst über die politische Situation sowohl in
Jugoslawien wegen Kosovo, als auch weltweit insbesondere wegen Polen.
Die Jugoslawen haben reichlich Erfahrung über die sowjetische Einmischung
sowohl in Albanien als auch in Polen fürchten sie, daß es immer wieder
indirekter russischer Einfluß ist ja dort eben mit Polen oder Albanern
stärker werden kann in ersterem Fall sogar ja schon sehr stark ist.
Die wirtschaftliche Situation von Jugoslawien ist derzeit auch nicht
rosig, Rotar hat mir angekündigt, daß er über alle diese Fragen sehr
oft bei der offiziellen Sitzung sprechen möchte. Ich erklärte ihm sofort,
daß ich damit sehr einverstanden bin.

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Tagesprogramm, 5.1.1982


Tätigkeit: Olympisches Komitee


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    Tätigkeit: Architekt


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      Tätigkeit: jug. Außenhandelsminister


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        Tätigkeit: Wr. Stadtrat a.D. (SPÖ)


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          Tätigkeit: Wr. Planungsstadtrat


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            Tätigkeit: MR HM


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              Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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