Montag, der 24. Juli 1978

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Montag, 24. Juli 1978

Der nigerianische Industrieminister Adeleye wurde von mir
auf Wunsch der Steyr-Daimler-Puch und der VOEST eingeladen.
Zum Glück ist er gleich vom Flughafen mit den Steyr-Leuten
nach Steyr gefahren, sodass ich ihn nur empfangen musste.
Peinlich war, dass ich mich nicht erinnerte, mit ihm in Lagos
den Steyr-Vertrag unterzeichnet zu haben. Durch mein schlechtes
Englisch hat er aber sicherlich den Eindruck gehabt, ich habe mich
nur nicht richtig ausgedrückt. Dr. Leupold hat mir mitgeteilt,
dass es einen Beschluss in Nigeria geben soll, wo alle Militärs
jetzt aus der Regierung herausgezogen werden. Dies wäre äussert
günstig, denn dann würden wir den Handelsminister Shuwa, einen
ehemaligen General, verlieren. Mit ihm bin ich ausser in Nairobi
bei der UNCTAD-Konferenz zu keinem richtigen Kontakt gekommen.
Damals musste ich schon feststellen, dass er ausschliesslich für
die militärischen Importe Interesse hatte. Wahrscheinlich könnte
ein ziviler Minister auch nicht die Konsumgüter und dort teils
Luxusgüter, wie z.B. Stickerei importieren lassen. Dort gibt es ja
eine eindeutige, derzeit neuerdings wiederholte Verbotsbestimmung.
Vielleicht aber sollte man einen anderen Ausweg gemeinsam finden
können. Derzeit kommen nämlich trotz des Verbotes noch immer
grosse Mengen von Stickereien illegal nach Nigeria. Interessant
ist nur, dass ich den Mann, mit dem ich wenig Kontakt hatte und
schlechte Erfahrungen in Erinnerung hielt, während ich den
Industrieminister, der ein Historiker und Lehrer war, total ver-
gass.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte immer die alten Unterlagen und vor
die persönlichen Bekanntschaften mir mitteilen lassen.

Beim Jour-fixe bei der Handelskammer hat Sallinger dringendst
gebeten, dass der Kommerzialratstitel für den SPAR-Direktor
Präs. Drexel unbedingt vor Ende September fertig sein soll.
Die 20jährige Bestandsfeier und die Hauptversammlung wäre
der richtige Moment ihn vorher zu übergeben.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte alles veranlassen, damit dies mög-
lich ist.



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Mussil urgierte, dass für die Chlorerzeugung, Elektrolyse in
Kärnten, das Antidumpingverfahren jetzt schnell abgewickelt
werden soll. Überhaupt muss ich feststellen, dass jetzt die
Handelskammer scheinbar aus Angst vor der Industriellenver-
einigung oder zumindestens ihrer Industriesektion wesentlich mehr
für die Industriebelange einsetzt. Bei dieser Gelegenheit kam
ich gleich auf die Entliberalisierungswünsche bezüglich Stahl-
gitter von Italien zu sprechen. Sallinger und Mussil verlangten
sofort, dass Gleissner zugezogen wird. Mit ihm setzte ich mich
auseinander, dass ich eine Entliberalisierung für unzweckmässig
halte, denn dies würde im GATT sofort nicht nur italienische
Massnahmen, sondern, wie mit Sicherheit anzunehmen, die EG auf
den Plan rufen. Gleissner meinte, da es sich um eine zeitliche
Entliberalisierung handelt, müssten wir keine anderen Waren zur
Liberalisierung, die wir gerne hätten, anbieten. Wenn wir im
GATT verurteilt werden, können wir dann die Entliberalisierung
sofort wieder aufheben. Eine solche Politik lehnte ich ganz ent-
schieden ab, da sie nur dem Ansehen Österreichs schadet und der
Industrie auch nicht hilft. Selbst Mussil, der ursprünglich ganz
am Gleissner-Standpunkt verharrte, hat dann zugegeben, dass die
grosse Gefahr besteht, dass Italien dann Retorsionsmassnahmen
sofort ergreift und wir einen ähnlichen Effekt auslösen wie bei
der Grenzblockade der Frächter. Die einzige Möglichkeit, die ich
sehe, beschleunigt das Antidumpingverfahren durchzuführen.
Neuerdings habe ich der Handelskammer vorgeworfen, dass sie es
gewesen ist, die die vorläufigen Massnahmen seinerzeit aus dem
Gesetzentwurf, den ich vorgelegt hatte, herausstrich. Jetzt kann
es der Handelskammer mit dem Antidumpingverfahren nicht schnell
genug gehen. Ich schlug vor, dass die zuständigen Herren meines
Hauses Hillebrandt, Willenpart unter Vorsitz von Meisl oder
Wanke mit Gleissner und der Handelskammer unverzüglich Gespräche
führen sollen, um das Verfahren so schnell als möglich abzuwickeln.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort diese Besprechung veranlassen.

Bösendorfer-Klaviere werden in Amerika trotz härtester Konkurrenz
der amerikanischen Klavierindustrie verkauft. Jetzt hat die ......?
entdeckt, dass Österreich nicht Mitglied des Washingtoner Arten-
schutzabkommens ist. Die amerikanische Behörde hat deshalb nur


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mehr 11 in Chicago lagernde Klaviere letztmalig einführen
lassen. 100 weitere Exporte sind dadurch gefährdet. Durch das
Washingtoner Artenschutzabkommen sind auch Elefanten geschützt.
Jedes Land, welches diesem Abkommen nicht beitritt und Produkte
von Tieren verarbeitet, die geschützt sind, z.B. Elfenbein für
Tasten vom Elefanten, darf solche Produkte nicht in Amerika ein-
führen. Die Begründung wird sicherlich sein, nur wer das Arten-
schutzabkommen respektiert, sorgt dafür, dass nicht alle Elefanten
ausgerottet werden, weshalb so strenge Bestimmungen berechtigt
sind. In Wirklichkeit handelt es sich um gar nichts anderes als
um ein nichttarifarisches Handelshemmnis. Ich versprach unver-
züglich zu versuchen, dass Österreich so schnell als möglich bei-
tritt. Die Hauptschwierigkeit sehe ich darin, dass es sich hier um
Länderkompetenz handelt. Naturschutz gehört einmal den 9 Bundes-
ländern und dass es daher sehr schwierig sein wird, eine schnelle
Lösung zu finden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte unverzüglich Willenpart und seine
Leute beauftragen, international, aber vor allem national alle
Vorkehrungen zum Beitritt beschleunigt veranlassen.

Das Journalistenfrühstück war, weil halt die meisten anderen auf
Urlaub sind, sehr gut besucht. Hönlinger und Steyrer von der
BÜRGES berichteten über die 5 Aktionen, die sie abzuwickeln haben.
Überall ist eine Steigerung der Anträge zu vermerken. Mit 350 Mio
Schilling monatlichen Anträgen haben wir jetzt die Spitze erreicht,
seitdem die BÜRGES besteht. Im Jahre 1974 haben wir 2,1 Mia bei
3.000 Fällen erledigt, heuer im ersten Halbjahr waren es schon
3.400 Fälle mit 2.5 Mia Kreditvolumen. Der grösste Erfolg war für
mich, dass Feichtenberger von der Gastwirtezeitung, ein ÖVP-ler,
der sonst äusserst kritisch gegen mich eingestellt ist, sagte,
die Ausweitung und die unbürokratische Handhabung sei anerkennens-
wert. Swietly vom Fernsehen interessierte sich, was der Grund ist,
dass gerade die Gewerbebetriebe sich trotz der schlechten Konjunktur-
prognosen auf dieses Abenteuer, zusätzlich so starke Investitionen
einlassen. Meine Erklärung war natürlich simplifiziert, aber ich
glaube politisch wirksam, die Klein- und Mittelbetriebe sind gesund
und lassen sich von noch so grosser Schwarzmalerei nicht von ihren
betriebswirtschaftlich begründeten zweckmässigen Investitionen
abhalten. Qualität wird insbesondere im Fremdenverkehr verlangt,
die Familienbetriebe sind bereit, diesem Verlangen nachzukommen.



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Dass sich dann alles noch ertragsmässig ausgehen muss, gibt
schon die Bank die Gewähr, die ansonsten ja nicht den Kredit
zur Verfügung stellen würde, die nicht zur Rückzahlung kommenden
sogenannten Walidenkredite qualité négligeable. Noch immer gilt
der alte Erfahrungssatz, die kleinen Leute sind die, die am ehesten,
am besten und selbst unter persönlichen Opfern ihre Verpflichtung
einhalten.

Jagoda berichtete über die Fremdenverkehrsergebnisse im Juni,
die mit minus 10.5% ausgesprochen schlecht sind. Allerdings muss
man hier Mai und Juni gemeinsam vergleichen, weil durch Feiertagsver-
schiebungen im Vorjahr sonst ein falsches Bild entsteht. Der Mai
war nämlich irrsinnig günstig, der Juni jetzt besonders kata-
strophal schlecht. Aber beide zusammen ergeben noch immer ein
minus von 4%. Dabei hilft es gar nichts, dass die Inländer ein
plus geben, die Ausländer lassen aus. Auch die guten Devisenein-
nahmen bis Mai täuschen hier, was ich zwar nicht in der Presse-
konferenz sagte, denn natürlich liegen da die guten Winterer-
gebnisse zugrunde, die ein verfälschtes Bild für den Sommer erge-
ben. Ähnlich gilt übrigens auch für die immer Jahr für Jahr trotz
Sommerrückgang steigenden Fremdenverkehrsübernachtungs-Plus-
ergebnisse. Schulmeister vom WIFO hat dann erörtert, wieso
es zu diesen falschen Sommerprognosen kommen konnte. In seinem
Modell war der Sommer als eindeutig schlecht ausgewiesen. Durch
die Meldungen aber der Fremdenverkehrsverbände, der Zweigstellen
der Österr. Fremdenverkehrswerbung, der grossen Reisebüros in
Deutschland usw. hatte man angenommen aber, dass dieses Modell
nicht stimmen würde. Ich selbst hatte ja immer einen guten Sommer
prophezeit, weil eben die Unterlagen, die wir bekommen, einen
solchen erwarten liessen. Natürlich war dies für mich enttäuschend,
aber sicherlich noch viel mehr für die Fremdenverkehrswirtschaft.
Nach wie vor glaubt man, dass die Schlechtwetterperiode besonders
daran schuld ist. Dies kann stimmen und erklärt dann teilweise
wieder, warum die Fremdenverkehrsbetriebe gerade für Schlecht-
wettereinrichtungen grosse Investitionen tätigen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Trotzdem sollte man ein besseres Vorhersage-
system versuchen aufzustellen.

Fälbl berichtete über die Ergebnisse der UdSSR-Gemischten
Kommission. Da war natürlich dann sofort die Frage, wie geht


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es mit dem Autoproduktionsprojekt weiter. Ich liess keinen
Zweifel, dass eine Beteiligung der UdSSR an der Beteiligung
der Produktion mir ausgeschlossen erscheint.

Mit Hrdlitschka und Grünwald besprach ich dann auch die Details
der sowjetischen Meinungen bei der Gemischten Kommission.
Grünwald ist davon überzeugt, dass meine Auffassung richtig
ist und die Sowjets sich unter keinen Umständen sich an dem
Assembling-Werk beteiligen. Bezüglich einer Beteiligung am
Verteilungssystem, d.h. einer gemischten Verteilungsgesell-
schaft, hätte Österreich nur dann ein Interesse, wenn wir
schon 20.000 TAIGA bei uns erzeugen, dann die Garantie be-
steht, dass diese Gesellschaft auch in Westeuropa verkaufen
kann. Eine Marktabgrenzung ist unbedingt notwendig. Auch hier
haben die Sowjets noch keinerlei konkrete Zusagen gemacht.
Hrdlitschka selbst urgierte dann noch bei mir die Büroerrichtung
von Chemie Linz und VOEST in Moskau. Beide waren sehr erfreut
von mir zu hören, dass ich neuerdings dieses Problem Patolitschew
vorgetragen habe, dort aber leider keinen positiven Entscheid
bis jetzt bekommen konnte. Hrdlitschka möchte übrigens dann auch,
dass nicht die Chemie Linz und VOEST ein Büro errichten, sondern
die ÖIAG. Das würde innerösterreichische Schwierigkeiten bringen,
noch mehr aber sicherlich den Sowjets einen Vorwand geben, zu
sagen, dass ist wieder eine neue Gesellschaft, die man erst über-
legen müsste. Ich glaube daher auch gar nicht, dass wenn die
Sowjets dem Wunsch Österreichs nahetreten, dann sich Hrdlitschka
sich mit dieser Idee durchsetzen würde.

Dir. Gehart, nicht als Perlmooser, sondern als Institut für
Umweltschutz, ist mit Dir. Bergmann und dem Handelskammervertreter
Knoll in diesem Institut gekommen, um 350.000 Schilling für
eine Beratung resp. Studie für abfallholzgefeuerte Dampf- und
Warmwasserkesselanlagen zu bekommen. Die ganze Studie kostet
650.000 Schilling und wird zur Hälfte von der Handelskammer
mitfinanziert. Für die Beratertätigkeit sehe ich keine Mög-
lichkeit, dass wir grössere Beträge zur Verfügung stellen,
denn die dafür vorgesehenen Mittel werden ja dem WIFI gegeben.
Das Institut müsste eben beim WIFI entsprechende Unterstützung
bekommen. Ich habe zugesagt, dass wir diesbezüglich bei der
nächsten Budgetbesprechung mit dem WIFI intervenieren werden.



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Die Studie soll mit einem gewissen Betrag finanziert werden,
wenn die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte lass die ganze Frage prüfen.

Dir. Zambello von der Fluggesellschaft TWA wurde mit der
Goldmedaille ausgezeichnet, weil er sich in der Zeit, wo
er in Österreich war, sehr um den österreichischen Fremden-
verkehr bemüht hat. Selbstverständlich war die Fluggesellschaft
viel mehr interessiert amerikanische Fluggäste zu transportieren,
aber Zambello hat mehrere Kongresse nach Österreich dirigiert,
insbesondere nachdem das Hilton Hotel fertig war, das ja mit
TWA kooperiert, wurden von ihm etliche Veranstaltungen arrangiert.
Derzeit ist er nach Frankfurt versetzt worden, worüber er sehr
unglücklich ist, aber auch unsere Fremdenverkehrsorganisation
trauert. Der Ausgezeichnete, aber auch von der amerikanische
Botschaft anwesende Handelsattache waren ganz gerührt über diese
hohe Anerkennung.

Jagoda teilt mir mit, dass gegen Ortmann neuerdings eine schwere
Beschuldigung wegen Honorarnahme bei Kreditgewährung vorgebracht
wurde. Während es sich bis jetzt meistens um anonyme Mitteilungen
handelte, wurde diesmal eine mit vollen Namenszug vorgelegte
Beschwerde Jagoda gegeben. Ortmann behauptet, hier handelt es sich
um einen Racheakt, Jagoda steht auf dem Standpunkt, den ich 100%ig
teile, dies müsste die Disziplinarkommission prüfen und feststellen.

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Tagesprogramm, 24.7.1978

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GF BÜRGES, ÖVP-nahe


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Staatssekr. a.D., Vorstandsvors. Perlmooser Zementwerke AG


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: AK, ÖIAG
      GND ID: 128336552


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Gastwirtezeitung; evtl. Falschschreibung


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Industrieminister Nigeria


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Vertreter HK


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Beamter HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                        GND ID: 1053195672


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: BKA


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: GF BÜRGES, SPÖ


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: MR HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Dir. (Institut f. Umweltschutz?)


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Dir. Fluggesellschaft TWA


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Außenhandel BWK


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Ökonom WIFO


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Beamter HM


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                                                  Tätigkeit: Spar Österreich


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Handelsminister Nigeria


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: ORF-Wirtschaftsjournalist


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                                                        Tätigkeit: MR HM


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                                                          Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                                          Einträge mit Erwähnung: