Samstag, der 1. Juli 1978 bis Sonntag, der 2. Juli 1978

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Samstag und Sonntag, den 1. und 2. Juli 1978

Bei der Eröffnung des Malta-Kraftwerkes durch den Bundespräsidenten
waren 4 Regierungsmitglieder anwesend. Dies war nicht zuletzt darauf
zurückzuführen, weil es gelang einen Militärhubschrauber für den
Hin- und Rückflug zur Verfügung zu haben. Die VÖEST-Vertreter sind
übrigens auch mit ihrem Betriebshubschrauber gekommen. Der Haupt-
grund, warum ich für den Hubschraubereinsatz war, ist allerdings
nicht zugetroffen. Ich hatte fest gerechnet, dass es am Samstag
zu einer Verkehrskatastrophe kommt. Tatsächlich hat es nur die
üblichen Stauungen auf der Autobahn im Salzachtal gegeben. Der
Ofner-Tunnel führt während der ganzen Zeit, wo ein normaler Reise-
verkehr schon herrscht, Irrsinnsstauungen. Wenn man aber einmal
drinnen steckt, kann auch nicht mehr über Pass Lugeck ausweichen.
Diese Ausweichsroute, die ich ja selbst vor nicht allzu langer
Zeit gefahren bin und dadurch der Stauung entgangen, kann man
aber nicht propagieren, denn dann kommt es wieder bei Werfen,
wo die Autobahn wieder in die Bundesstrasse mündet, ebenfalls zu
den gefürchteten Stauungen. Der Stauraum in der Autobahn ist natür-
lich günstiger als der auf der Bundesstrasse, weshalb niemand diese
offizielle Ausweichroute empfiehlt. Präs. Benya, der dies nicht wusste,
ist deshalb zu spät gekommen. Er hätte doch mein Anbot, ebenfalls
mit dem Hubschrauber mitzufliegen, annehmen sollen.

Bei den Ansprachen, die natürlich alle in Dur gestimmt waren,
wurde vom Präsident des Aufsichtsrates, Frühbauer, Dir. Hautzenberg
und vor allem Betriebsratsobmann Inthal erwähnt, dass Malta nur
in Kombination mit Zwentendorf rentabel arbeiten kann. Dies ver-
anlasste mich bei meiner Ansprache, in welcher ich ja nur die Absicht
hatte auf dieses Problem einzugehen, konkret mitzuteilen, dass die
Kilowattstunde sich ohne Pumpstrom aus Zwentendorf auf 1.90 Schilling
stellen würde. Nur durch Einsatz von Pumpenergie könnte dann der
irrsinnig hohe Strompreis auf noch immer sehr beträchtliche 1.25
Schilling pro Kilowattstunde gesenkt werden. Gen.Dir. Herbeck von
Porr äusserte den Wunsch, es müsse alles getan werden, damit die
gut eingespielte Mannschaft, die das Kraftwerk Malta, insbesondere
aber den Staudamm errichtet haben, sich nicht verkauft. Ich konnte
darauf antworten, dass die Finanzierung des Zillergründels jetzt
gesichert ist und deshalb die Tauernkraftwerke in absehbarer Zeit
den Baubeschluss fassen können und auch werden. Wie der Zufall


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schon spielt, hat Bandhauer von der Verbundgesellschaft mir zeit-
gerecht noch mitgeteilt, dass mit der Elektrizitätsversorgung
Schwaben EVS die notwendigen Vereinbarungen über die Vorfinanzierung
geklärt wurden. Nur der ÖVP-Direktor Dichtl glaubte in seiner An-
sprache auf die finanziellen Schwierigkeiten hinweisen zu müssen.
Ein Drittel Eigenkapital sei ideal, 25% hätte man seinerzeit vorgese-
hen und jetzt sei man bei 7% Eigenfinanzierung gelandet. Der Haupt-
grund ist natürlich die Kostensteigerung, mehr als verdoppelt und
fast 10 Mia Schilling. Meine Gegenargumentation war aber, wenn
man auf die Lehrbuchfinanzierung, eben 1/3 Eigenkapital, warten
würde, könnte man so grosse Projekte in der Elektrizitätswirt-
schaft, wie z.B. Malta, Zwentendorf usw. gar nicht in Angriff
nehmen. Ebenso verwies ich darauf, dass es heute überhaupt kein
Kraftwerk mehr gibt, wo nicht irgendwelcher Widerstand und Beden-
ken, wie schon mein Vorgänger für die Elektrizitäts. Frühbauer,
jetzt Aufsichtsratspräsident der ÖDK, bei seiner Ansprache verwies,
überwunden werden muss. Bei der Feier waren viele Bauunternehmungen
und vor allem auch alle Elektrizitätsversorgungsunternehmungen
vertreten und ich konnte anschliessend mit ihnen über das Problem
Zwentendorf eingehend diskutieren. GD Wolfsberger von Siemens
teilte mir mit, dass von der KWU Bartelt kommen wird, mit Benya
vormittags und Kreisky abends eine Aussprache haben wird. Ich
sagte ihm zu, dass ich ebenfalls an einer solchen Besprechung mit
ihnen sehr interessiert wäre.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte für Dienstag 8 Tage Termin mit
Wolfsberger vereinbaren.

Selbstverständlich nützte ich die Gelegenheit, um alle Vertreter,
die ja dort Pro-Kernkraft eingestellt sind, zu veranlassen, in ihrem
Rahmen für diese auch einzutreten. Den Gen.Dir. der SAFE, der sich
über die Stellungnahme seiner Partei wunderte und der meinte, Has-
lauer
, sein Landeshauptmann, würde keinesfalls gegen Zwentendorf
argumentieren, wird so wie viele andere versuchen, die ÖVP festzu-
legen, damit sie nicht eine Nein-Empfehlung gibt. Da glaube ich,
geben sich die Elektrizitätsvertreter der ÖVP einer Illusion hin.
Selbst wenn in meinen Augen der Parteivorstand der ÖVP offiziell
eine solche Nein-Empfehlung nicht beschliesst, so genügt schon
allein, dass Taus seine Stellungnahme klar und deutlich, bevor es
zu einem solchen Beschluss gekommen ist, mitteilte. Dies hat
innerhalb der Atomgegner Freude und Genugtuung ausgelöst. Die –
wenn ich so sagen darf – Anführerin Schmitz, hat ja bereits mitge-


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teilt, dass sie jetzt wieder der ÖVP beitritt, sehen darin
schon eine eindeutige Stellungnahme dieser Partei. Von den
Argumenten, Österreich macht sich lächerlich in der Welt, bis
zu, das kann sich doch kaum jemand leisten, 8.5 Mia Schilling
zu investieren und dann stehen zu lassen, hörte ich alle Für-
Argumente zur Inbetriebnahme von Zwentendorf. Selbst der Bundes-
parteiobmann der FPÖ, Peter, hielt sich nicht zurück, die konträr
der offiziell der Parteiauffassung ist, jedermann zu sagen, der
es hören wollte. Das Dilemma ÖVP ist auch ein ganz grosses, denn
50% ihrer Wähler und Sympathisanten sind für die Inbetriebsnahme
von Zwentendorf. Ich glaube, dass es zu einem positiven Ergebnis
des Plebiszit kommt, doch werden wir uns sehr anstrengen müssen.
Da diese Entscheidung von der Masse der Wähler rein emotionell
getroffen wird, wird es letzten Endes auch davon abhängen, wie
unmittelbar vor der Wahl am 5. November die wirtschaftliche und
vor allem auch die sonstige Situation ist. Nichts wird diese Ent-
scheidung mehr beeinflussen als irgendwelche Ereignisse rund um
Österreich und natürlich auch in Österreich.

Mit Landeshauptmann Wagner besprach ich die Möglichkeit von
stärkeren Investitionen und damit besseren Beschäftigungen in
Völkermarkt von der Firma Wild. Ich berichtete über die Aussprache
mit dem Direktor, der eine positive Erledigung sieht, da das
Aussenministerium und Verteidigungsministerium zugesagt haben, die
Zielfernrohre könnten ohne weiters exportiert werden. Die Ge-
spräche mit Steyr-Daimler-Puch, Malzacher, wegen Ausrüstung der
Kürassiere mit optischen Geräten sind von mir eingeleitet worden.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Was weiss die Industriesektion über diese
geführten Verhandlungen.

Landeshauptmann Wagner urgierte neuerdings die für ihn notwendigen
Kommerzialratstitel. Dadurch dass ich die 10 mir zustehenden Titel
der Handelskammer bereits 1970 überantwortet habe, wodurch der
Freie Wirtschaftsverband ein wesentlich stärkeres Kontingent be-
kommen hat, werden jetzt nach Meinung von Wagner unparteiische
Titelanwärter zu wenig berücksichtigt. Die einzige Lösung, die
ich ihm vorschlagen konnte, war, er sollte aus irgend einem
plausiblen Grund irgend ein Sonderkontingent einmalig für eine
passende Gelegenheit vom Bundespräsidenten verlangen. Die Frage


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ist nur, wie man ein solches Ereignis konstruiert, damit der
Bundespräsident ein Sonderkontingent geben kann.

Die ägyptische Gemischte Kommission unter Minister Sayeh ver-
langte ein 3-tägiges Arbeitsprogramm. Mir ist es vollkommen
rätselhaft, was an diesen 3 Tagen, Montag, Dienstag und
sogar dann noch Freitag verhandelt werden soll. Da es sich ja hier
ausschliesslich nur um Wünsche der Ägypter um zusätzliche Unter-
stützung handeln kann und weil mein Zeitplan eine wirklich
so lange Verhandlung nicht zulässt, schlug ich Sayeh vor, die
beiden Minister sollten nur bei der Einleitung und dann bei der
Unterzeichnung anwesend sein. Sayeh war mit dieser Vorgangsweise
sehr einverstanden, weil er natürlich viel lieber Wien ein wenig
kennenlernen möchte. Insbesondere war er sehr begeistert, dass
er mit seiner Frau und der Delegation nach Salzburg fahren kann,
um dort die Kompostieranlage der VÖEST zu besichtigen. Bei dieser
Gelegenheit hat er dann von Zell am See aus jedwede Möglichkeit,
die Bergwelt, die die Ägypter ja sicherlich nicht kennen, zu be-
suchen. Wenn das Wetter schön ist, wird er sogar einen Rundflug
haben. Davon war er sehr begeistert.

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Tagesprogramm, 1./2.7.1978

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
GND ID: 119083906


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    Tätigkeit: BRO ÖDK


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      Tätigkeit: kfm. Dir. ÖDK


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        Tätigkeit: Wirtschaftsmin. Ägypten


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          Tätigkeit: GD Steyr-Daimler-Puch


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            Tätigkeit: ÖDK


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              Tätigkeit: GD Verbund


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                        Tätigkeit: Obfrau Katastrophenhilfe öst. Frauen, Anti-AKW-Aktivistin


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                          Tätigkeit: GD Siemens Österreich


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                            Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                              Tätigkeit: LH Kärnten, SPÖ


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                                Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
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                                  Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                                    Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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