Dienstag, der 27. Dezember 1977

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Dienstag, 27. Dezember 1977

Ich hätte mir nicht vorgestellt, dass ich jemals einen Bürotag
habe, ohne einen offiziellen Vorsprechtermin.Da zwischen Weihnachten
und Neujahr sowieso fast nur Anwesenheit ist, ich ausserdem offiziell
auf Urlaub bin, habe ich jetzt Gelegenheit den Schreibtisch rein
zu machen. Die wichtigste Arbeit im Handelsministerium ist, in den
letzten Tagen des Jahres noch vor Jahresschluss notwendigen Akte
zu erledigen. Dies gilt ganz besonders für die Ausgaben, die noch
im Jahre 1977 getätigt werden müssen. Dieses Jahr haben wir bei den
Repräsentationskosten so gespart, dass wir nicht 550.000 Schilling –
wie im Budget vorgesehen – ausgegeben haben, sondern nur die Hälfte.
Vor einem Monat ist mir dies aufgefallen und ich habe ersucht, man
sollte heuer noch Ausgaben tätigen, die ansonsten im nächsten Jahr
anfallen. Schon 1976 habe ich die Repräsentationsausgabenansätze
nicht benötigt und wurde deshalb in der Presse lobend erwähnt. Dies
ist aber gegen die anderen Minister sehr unfair. Da ich mir in den
letzten Jahren mit der Handelskammer die grössten Repräsentations-
ausgaben, Besuche ausländischer Minister in Österreich, die von hier
bezahlt werden, geregelt habe, handelt es sich bei diesem Budget-
posten im Handelsministerium nicht um eine echte Ersparnis. Kein
anderer Minister hat die Möglichkeit einen Dritten mitzahlen zu
lassen. Ich ersuchte deshalb, wir müssten heuer ungefähr denselben
Betrag für Repräsentation ausgeben, nämlich 440.000 Schilling, die
wir im nächsten Jahr im Budget vom Parlament bekommen haben. Da
bin ich noch immer um 110.000 Schilling geringer als ich ausgeben
könnte. der Vorschlag von Plesch war, wir sollten für die Pokale,
die wir in den Jahre brauchen, jetzt durch eine grössere Bestellung
mit entsprechenden 30%igen Rabatt uns eindecken. Der Budgetmann
Düringer, den ich durch reinen Zufall fragte, meinte, das würde sehr
schwer möglich sein, denn wir müssten unbedingt eine Ausschreibung
machen, da es sich um eine so grosse Post handelt, die den Pokalbedarf
für die nächsten 3 Jahre decken würde. Wir einigten uns deshalb da-
rauf, die einzelnen Abteilungen, insbesondere die handelspolitische
Sektion sollte entsprechende Anschaffungen machen, die bis einen
Betrag von 20.000 Schilling jetzt ohne Genehmigung des Finanz-
ministeriums für Geschenke ausgegeben werden können. Ich habe nur
ersucht, man soll nicht irgendwelche unmöglichen Gegenstände von
Förster aus Silber, Porzellan oder sonstigen Zeug kaufen, sondern
wenn schon, österreichische Industrieprodukte. Diese kommen – so


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hoffe ich – bei den Ministern, insbesondere aus den Staatshandels-
ländern gut an und machen gleichzeitig eine Werbung für österr.
Qualitätswaren.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte dränge, dass dies noch heuer erledigt
wird.

Min.Rat Marhold hat bei der Abschiedsveranstaltung oder Weihnachts-
feier – genau weiss ich das nicht – im Finanzministerium erfahren,
dass bei der Regierungsklausur Androsch beträchtliche Mittel für
den Fremdenverkehr bereitstellen wird. Er ist fest davon überzeugt,
dass wir alle überrascht sein werden. Für die Hoteltreuhand wird
ein grosszügiges ERP-Ersatzprogramm von ihm vorgeschlagen. Gedanken
macht sich Marhold nur über die Ausgaben für Wirtschaftsförderung.
Im heurigen Jahr ist noch unvermutet zur Papierförderung zwei Fabriken
gekommen, sodass im nächsten Jahr unsere Budgetmittel kaum dafür
ausreichen werden. Mit MR Kaber im Finanzministerium für das Handels-
und Bautenministerium zuständig, hat er vereinbart, dass wenn dort
irgendwelche Budgetverbesserungen kommen, diese BÜG-Ansätze nur nach
Berechnung zwischen Marhold und Kaber aufgenommen werden sollen.
Marhold hat dadurch die Möglichkeit einige Budgetsanierungsrevirement
vorzunehmen. Immer wieder kann ich feststellen, dass Marhold mit
Kaber sich – wie man so schön sagt – die Sache schupft, ohne dass
ein Dritter davon etwas erfährt. Ich gebe zu, dass sich manch anderer
Minister darüber ärgern würde. Mir selbst erscheint es nur wichtig,
dass auf stillem Wege, ohne dass ich grosse Forderungen stellen muss,
das Handelsbudget eine gigantische Ausweitung seit 1970 bekommen hat.
Niemals wird Androsch behaupten können, dass seine Budgetlage durch
meine Forderungen herbeigeführt wurde. Er selbst ist es immer wieder,
der sicherlich aus gesamtwirtschaftlichen Gründen eine entsprechende
Anhebung der einzelnen Positionen vornimmt, oder, wie z.B. beim
Gewerbestrukturverbesserungsgesetz eben 1970 der FPÖ zusagen musste
von 3% Gewerbesteuerertrag auf 5% zu gehen. Bei anderen Positionen
wie z.B. Österreichische Fremdenverkehrswerbung ist Kaber Mitglied
in der Generalversammlung und stimmt dort immer den Erhöhungen zu,
was automatisch dann eine Erhöhung der Budgetpost bedeutet.

Mit Marsch und Jagoda haben wir endgültig die Zusammenfassung für
die Regierungsklausur durchbesprochen. Marsch wird nun dieses Papier
an die Büros des Bundeskanzlers und Finanzminister schicken. Niemand


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soll sagen können, er wurde überrascht, andererseits bin ich
fest davon überzeugt, dass am 9. Jänner die ganze Besprechung
anders laufen wird, als Kreisky ursprünglich beabsichtigte.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jeder Minister – selbst
wenn er so wie ich nur 5 Seiten Zusammenfassung vorlegt – die
Möglichkeit hätte, dieses eigentlich zwischen den einzelnen
nicht abgestimmte Papier dann zu präsentieren. Mein ursprüng-
licher Vorschlag, es sollte eine Koordinationsgruppe – ich hätte
dafür Marsch vorgeschlagen – eine endgültige Abstimmung aller
Papiere und vor allem Kürzung aller Papiere vornehmen, hat Kreisky
ja abgelehnt. Niemand soll aber dem Handelsministerium vorwerfen
können, wir hätten nicht für unsere Ressortzuständigkeit entsprechende
Vorschläge erarbeitet.

ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte versuche doch von den anderen zu erfahren,
wie es weitergehen soll.

Endlich habe ich MR Burian davon überzeugt, dass wir die Stromüber-
nahmepreise für die Klein-und Mittelenergieerzeuger festlegen müssen.
Da wir diese Lösung nicht zentral vornehmen wollen, sollte dies
den Ländern eventuell delegiert werden. Vor einem 1/2 Jahr hat mir
SChef Frank einen diesbezüglichen Vorschlag unterbreitet. Die Durch-
führung hat aber in seiner Sektion auf sich warten lassen. Der Haupt-
grund glaube ich war der, dass die Vorgangsweise nicht ganz klar war.
Zuerst wollte Burian denselben Tarif vorschlagen wie ihn die Verbund-
gesellschaft bekommt. Dagegen hat Bandhauer mit Recht protestiert,
weil er meint, die Verband hat Bereitstellungsaufgaben und vor
allem Netzaufgaben die ein Klein-und Mittelbetrieb keinesfalls hat.
Deshalb müsste – oder dürfte – höchstens ein 80%iger Verbundtarif
als Höchstübernahmetarif für Kleinst- und Kleinkraftwerke vorgesehen
werden. Dagegen wird die Handelskammer schärfstens protestieren,
weil diese Kleinst-und Kleinkraftwerke von ihr vertreten werden.
Burian möchte deshalb das Verlangen der Handelskammer auf Er-
höhung dann dazu benützen, um gleichzeitig zu einem Tarifkompromiss
bei der neuen Strompreiserhöhung kommen. Dies Ganze ist sehr verfahren.
SChef Jagoda und MR Kurzel insbesondere drängten deshalb darauf, dass
wir unter gar keinen Umständen jetzt den Tarif in Kraft setzen sollten
oder an die Landeshauptleute delegieren können ohne die entsprechende
Begutachtung durchgeführt zu haben. Das hätte man allerdings auch
schon vor 6 Monaten wissen können. Mit Ach und Krach gelang es mir


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dann wenigstens dann einen Verordnungsentwurf in die Begutachtung
aktenmässig zu erledigen. Die Koordinierung zwischen der Fach-
sektion Energie und der Obersten Preisbehörde ist sehr mangelhaft.
Hier wird es notwendig sein eine wesentliche Koordinationsver-
besserung zu erreichen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte auf die nächste Sektionsleitersitzung
setzen.

Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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        Tätigkeit: RR HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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              GND ID: 1017902909


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Bundeskanzler
                GND ID: 118566512


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: MR HM
                  GND ID: 1035518031


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                    Tätigkeit: GD Verbund


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                      Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                        Tätigkeit: Kunsthändler, Staatswappenträger


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Ministerialrat Finanzministerium


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                            Tätigkeit: Beamter HM


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