Mittwoch, 8. Juni 1977
Bei der Beiratssitzung in der Bürges wurde berichtet, dass
nach dem Gewerbestrukturverbesserungsgesetz mindestens mit dem
doppelten Volumen der Ansuchen heuer zu rechnen ist. Die dafür
zur Verfügung stehenden Mittel, 227 Mill. aus dem Budget, aber
insbesondere der reichlichen Eigenmittel werden ausreichen.
Die Bürges hat 200 Mill. mit 5,5 % verzinsten dem Exportfonds
borgen müssen und 200 Mill. noch mit durchschnittlich 7 %-iger
Verzinsung angelegt. 170 Mill. davon sind allerdings Anleihen,
die nicht sofort flüssig gemacht werden können. Ich berichtete,
dass das Finanzministerium Min.Rat Kaber mir mitteilte, dass
der Finanzminister sich klar ist, zusätzliche Mittel für die
Bürges früher oder später zuschiessen zu müssen, wenn wir alle
Ansuchen nach Richtlinien erfüllen wollen. Dies ist aber die
erklärte Absicht von Androsch. Würzl bestätigte mir diese
Politik. Wenn man bedenkt, dass wir 1970 nicht einmal 700 Mill.
1976 2,2 Mia. und heuer das Doppelte vielleicht machen werden,
so konnte ich dort den Vertretern der Handelskammer demonstrieren,
welche erfolgreiche Politik wir für die Klein- und Mittelbetriebe
machen. Dr. Kopecky hatte nämlich Sorge, dass die Mittel nicht
ausreichen und wir mit Milliarden-Überhängen in das neue Jahr
gehen würden. Deshalb hat die Handelskammer den Antrag gestellt,
die 5 % im Gesetz vorgesehene Zuweisung an die Bürges auf 6 % des
Gewerbesteuerertrages zu erhöhen. Durch die Zusage des Finanzmini-
sters konnte ich dieses Verlangen glatt ablehnen, da ich nicht an-
nehme, er wird weitere Budgeteinnahmen automatisch zweckmässig
binden. Dr. Hackl von der Fremdenverkehrssektion beschwerte
sich, dass es nicht möglich ist, die Fremdenverkehrsquote wegen
der eingeschränkten Richtlinien und der fünfjährigen Laufzeit
auszunützen. Im Vorjahr hat die Bürges in ihrem Budget 75 Mill.
gehabt und nur 40 Mill. wurden ausgenützt. Würzl meinte mit Recht,
dafür stünden ebne die ERP- und ERP-Ersatz-Aktion sowie die Haus-
aktion besser zur Verfügung. Wie z.B. für Infrastrukturmassnahmen,
Sport unter Dach usw. Ob wir hier in Hinkunft auch getrennte
Budgetposten für Gewerbe und Fremdenverkehr haben sollen, müsste
man eigentlich überprüfen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND HAFFNER: Wenn möglich wieder Bürges-
budget zusammenziehen.
Der Besuch des
Die Kollegen waren doch einigermassen beeindruckt. Die GKT gibt jetzt
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Informationsblätter heraus. Der PR-Mann muss entweder ein
Atomgegner sein oder eine ausgesprochene Niete. Im Blatt 2
wird der Erörterung der technischen Details über die Vergiftungs-
länge von Regulierstäben gesprochen. Wenn ein Laie sich dies
anschaut, sagt er sofort, aha, da sieht man, hier wird mit Gift
gearbeitet. Dir. Staudinger wollte mir allen Ernstes erklären, die
Techniker verlangen die genaue Bezeichnung und deshalb sei dies
in dieses Flugblatt hineingekommen. Eine dümmere Argumentation
kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Da für mich klar
ist, dass in Zwentendorf und ich habe Erbacher und Nentwich
ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, ein externes Lager
auch Zwischenlager nicht gebaut werden kann, habe ich mit
dem Bürgermeister von Zwentendorf neuerdings gesprochen, ob wir
nicht ein Kompaktlager ruhig durch den Gemeinderat bringen können.
Die Gemeinde hat einen einstimmigen Beschluss gefasst, dass keine
weiteren Belastungen erfolgen dürfen. Ein diesbezügliches Schreiben
wurde vor drei Wochen bereits auch an das Gesundheitsministerium
geschickt. Leider hat er bis jetzt noch immer keine Antwort
bekommen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort feststellen, wo dieser Brief
liegt und wer ihn bearbeitet.
Mich mit Leodolter verbinden.
Um der Gemeinde die Situation zu erleichtern, haben Erbacher,
Nentwich und ich dem Bürgermeister versprochen, dass wir die
Wasserversorgung von Zwentendorf wesentlich verbessern können.
Derzeit ist in der Siedlung der GKT so schlechtes Wasser, dass
es nicht einmal abgekocht getrunken werden kann. Der Bürgermeister
war über diese Zusage erfreut, möchte aber vorher unbedingt noch
die Briefbeantwortung vom Gesundheitsministerium.
In der anschliessenden Pressekonferenz wurde insbesondere Benya,
aber auch ich über Inbetriebnahme und Lagerung gefragt. Die nö.
Reporter insbesondere auch ORF wollten natürlich wissen, ob
Benya einer Lagerung im Waldviertel zustimmt, dort erwartet und
was er zur Äusserung Kerys nicht im Burgenland sagt. Zum Glück konnte
ich ihm das Flugblatt Nr. 1 geben, wo GKT die einzelnen Länder
aufzählt, die sich am Kernkraftwerk Tullnerfeld beteiligen.
Ausser Wien und eben das Burgenland, alle anderen Bundesländer.
Stöger vom Kurier wollte wissen, ob die österr. Bundesregierung
so wie die deutsche mit 23. März 1977 jetzt auch beschliessen wird,
ein eigenes Bundeslager für Atomabfälle zu errichten. Ich erklärte
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dezidiert, dass an eine solche Politik von mir aus gesehen nicht
gedacht ist. Die Lagerung selbst einer Dauerlagerung von 30 Jahren
die ich jetzt anstrebe, ist ausschliesslich Aufgabe der betreibenden
Gesellschaft. Nach wie vor bin ich überzeugt, dass früher oder
später die Endlagerung ganz anders kommen wird, als man sich das
jetzt vorstellt.
Bei der Heimfahrt erzählt mir Erich Schmidt, ÖGB, dass er im Rahmen
des Wirtschafts- und Sozialbeirates eine Arbeitsgruppe über
Vorschläge zur Sanierung der Zahlungsbilanz gründen möchte. Benya
hat sich dazu nicht sehr positiv geäussert.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND HAFFNER: Bitte nächste AK-Jour fixe setzen.
Bei der Betriebseröffnung der Fa. Riedl treffe ich Sallinger und
diskutiere mit ihm die weitere Vorgangsweise bei der Einschaltung
des Kernkraftwerkes. Ich informiere ihn, dass ich beim Besuch in
Zwentendorf Gelegenheit hatte, mit Gen.Dir.Gruber die sachliche Frage
der Mitwirkung der Länder und dann mit der ÖVP zu diskutieren.
Ich habe Gruber nicht im unklaren gelassen, dass wenn eine Ver-
schiebung der Inbetriebnahme erfolgen sollte, weil die ÖVP jetzt
eine solche Idee ernstlich verfolgt, die daraus entstehenden Kosten
ausschliesslich von den Landesgesellschaften getragen werden müssen.
Der Bund ist nicht bereit, Zuschüsse zu geben und ich werde kaum
imstande sein, bei den nächsten Strompreiserhöhungen diesbezügliche
Verlustposten anzuerkennen. Der ÖGB hat sich hier ganz entschieden
dagegen ausgesprochen. Gruber, aber vor allem Sallinger ist der
Meinung, dass es gelingen wird, eine einvernehmlich Vorgangsweise
im Parlament zu besprechen und zu beschliessen. Sallinger ist nur
erschüttert, weil er Taus eingeredet hat, er solle Kreisky auf-
fordern, dass man eine gemeinsame Lösung bereits im vorparlamenta-
rischen Raum anstreben sollte. Kreisky lehnt dies nicht zuletzt
wegen der Erfahrung aus dem Ortstafelkonflikt in Kärnten ganz
entschieden ab ohne dass ich dies Sallinger mitteile, kommen wir
überein, dass nach Vorlage des Berichtes im Parlament dort eine
entsprechende gemeinsame Vorgangsweise gesucht werden soll.
Im Unterausschuss des Handelsausschusses betreffend Altöl, Vor-
sitzender ist der Abg. Schwimmer, beginnen die Arbeiten genauso
zu laufen wie ich es mir vorgestellt habe. Heindl hat mit Schwimmer
und auch mit Stix über das Gesetz sehr konkret schon gesprochen
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und gehofft, dass es schnell über die Bühne gehen wird. Zu
diesem Zweck hat man auch keine Regierungsvorlage mehr abgewartet
sondern zu dem seinerzeitigen Antrag von Stix schon aus dem Jahr 1973
jetzt einen Initiativantrag Schwimmer und Heindl dazugelegt. Die
drei sind übereingekommen, so schnell wie möglich jetzt einen
gemeinsamen Gesetzesantrag an den Handelsausschuss zu stellen.
Abg. Leitner von der ÖVP aber möchte hunderterlei Auskünfte.
Immer wieder konnte ich feststellen, dass auf der einen Seite
er sich als gewissenhafter Abgeordneter geben will, deshalb sehr
viel Detailinformationen verlangt, andererseits aber nicht expeditiv
ist sodass er in Wirklichkeit nur die Arbeit hemmt. Da Heindl an diesem
Altölbeseitigungsgesetz besonders interessiert ist, wird er sich noch
lange mit Leitner herumstreiten müssen.
In der Paritätischen Kommission musste ich den Vorsitz führen. Dies-
mal standen die gesamten Preisanträge der Bauindustrie und ganz
besonders Baustoffindustrie zur Debatte und Beschlussfassung.
Obwohl es 22 Punkte umfasst, gelang nach manchmal sehr heftiger
Diskussion einvernehmliche Lösungen zu erzielen. Wirkliche
Schwierigkeiten bereitete der Nachtrag, was die befristete Er-
höhung des Raffinerieabgabepreises für Heizöl, schwer, von
1.350.– S im März 1977 auf 1.000.– bis Ende Mai jetzt im Juni
von den Ölgesellschaften nicht mehr wieder zurückgeführt wurde.
Die Begründung ist einfach, die Weltmarktpreise liegen höher,
bei Benzin müssen diese Gesellschaften entsprechende Mindererlöse durch
freiwillige Preissenkungen von 7.30 auf 7.– und jetzt durch
die Selbstbedienungsanlagen sogar auf 6.80 akzeptieren, weshalb
sie eben bei Heizöl, schwer, wo es der ausländische Konkurrenz-
preis noch ermöglicht, bei den 1.400 bleiben wollen. Sollte es
nicht möglich sein, innerhalb der Paritätischen Kommission
zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, so werde ich mich
einschalten müssen. Mussil schilderte dort in bewegten Worten,
wie ich Preisverhandlungen führe, indem ich die einzelnen Ölge-
sellschaften gegeneinander ausspiele und sie letzten Endes unter
Druck setze. Bis zu einem gewissen Grad hat er recht, doch konnte
ich mit gutem Gewissen dort sagen, dass ich mich stets als ehrlicher
Makler bemühe, eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Bis jetzt
haben ja doch mehr oder minder alle Beteiligten immer zugestimmt.
Nach der Paritätische Kommission habe ich mit Hofstetter und
Mussil noch einmal die Novelle des Berufsausbildungsgesetzes
besprochen. Der wirklich harte Kern wird eine optische Be-
stimmung. Mit Recht verlangt der ÖGB, wenn man schon keine
paritätische Selbstverwaltungslösung wie in der Sozialver-
sicherung durchsetzen kann, weil die Handelskammer dies ganz ent-
schieden ablehnt, dann müsste der Lehrlingsausschuss, wenigstens
alternierenden Vorsitz haben. Dazu ist Mussil nicht bereit
die Zustimmung zu geben. Er meint, er kommt unmöglich bei
seinen Leuten durch. Jetzt schon muss er feststellen, dass er
alle Zusagen, die er gemacht hat, seinen Leuten auf heftigsten
Widerstand stossen. Wenn der ÖGB unbedingt auf diesen Vorsitz-
wechsel besteht, dann glaubt Mussil, ist es ihm leichter, die
Lehrlingsstellen den Landeshauptleuten bzw. der Bundeslehrlings-
stelle, also dem Beirat im Handelsministerium zu unterstellen.
Dies würde bedeuten, dass Beamte dann den Vorsitz führen.
Als letzten Ausweg würde ich so etwas auch akzeptieren, doch be-
deutet dies, dass wieder die Beamten stärker eingeschaltet
werden und wahrscheinlich früher oder später dann erklärt wird,
man bräuchte dazu zusätzlich Beamte.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND WAIS: Wie sieht die Rechtslage für diesen
Vorschlag aus?
Tagesprogramm, 8.6.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)