Montag, 26. Jänner 1976
Beim Jour fixe in der Bundeskammer gab es nur zwei alte Probleme:
Vergütung der Repräsentationsspesen und Besetzung der Industrie-
sektion. Sekt.Chef Meisl hat mit Präsidialisten Reiger und dem
Vertreter des Rechnungshofes festgestellt, es muss eine Gesetzes-
änderung erfolgen. Sallinger und Mussil meinten, dies sei nur durch
die Repräsentationskosten ausgelöst. Ich konterte sofort, dass auch
die Leistungen der Bundeskammer an die ÖFVW und vor allem einmal
die 5 Mill. S an den Skipool nicht gedeckt sind, da im jetzigen
Gesetz nur vom Warenexport die Rede ist. Sallinger wollte dann den
jetzigen Zustand belassen, wenn wir übereinkommen, dass wir dies
für richtig finden. Hier konnte ich mit Recht sagen, dann hätten
wird den Rechnungshof nicht erst einschalten sollen, der jetzt
alle Unterlagen besitzt. Dieser kritisiert ganz besonders, dass
auf Ansuchen von Ottahal, die schriftlich erfolgen mussten, weil
es die Handelskammer so wünschte, Mussil dann handschriftlich ver-
merkte, dies genehmigt er, das andere nicht. Mussil hat auch grosse
Bedenken gegen solche Vorgangsweise, nämlich den jetzigen Zustand
zu belassen, nachdem der Rechnungshof jetzt alle Akten abschriftlich
besitzt. Ich schlug vor, zu versuchen, einen Initiativantrag aller
drei Parteien im Parlament, damit nicht durch eine Gesetzeseinbringung
über das Ministerium die Interessensvertretungen und weiss nicht wer
sonst noch aller entsprechende Novellen wünsche bei der Begutachtung
äussern. Die beste Gelegenheit für Anhängen eines Initiativantrages
ist das Exportfinanzierungsgesetz, das jetzt in der nächsten Zeit
im Nationalrat vom Finanzministerium eingebracht wird. Sallinger mit
Bundesparteiobmann Peter über eine eventuellen einstimmigen Beschluss
auf den ich grössten Wert lege, verhandeln.
Sallinger wollte unbedingt, wen ich zum Sektionsleiter der Industrie-
sektion bestelle. Er lässt meinen Hinweis, dass ich mich auf den
Vorschlag der Kommission verlassen, nicht gelten. Mussil meinte
spasseshalber, sollte der Kommission sagen, wen ich wünsche und
die Handelskammer wird mir sagen, wer bestellt werden soll. Kommis-
sionen dienen nach ihren Auffassungen nur dazu, das zu erreichen,
was man will. Ich erklärte dagegen, ich hätte mich immer bis jetzt
bei allen Besetzungen der Sektionsleitungen auf die Vorschläge von
Kommissionen oder dafür Berufenen gestützt. Die Bundeskammer favori-
siert jetzt Min.Rat Steiger. Eine Äusserung von mir konnten sie
nicht erreichen.
Nach § 68 ist das Staatswappen nur erlaubt im Briefverkehr und sonstigen
Ankündigungen zu führen. Angeblich ist das Handelsministerium nicht
bereit durch einen Erlass festzuhalten, dass Autos nicht mit den
Staatswappen bemalt werden dürfen. Deshalb führen jetzt einige
Firmen sie jetzt als Reklame auf ihren Lieferwagen. Ich bin auch
der Meinung, dass wir dies raschest abstellen sollten.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte sofort Jagoda einen Erlass erarbeiten
lassen.
Euro-Cotal-Kongress erstmalig in Europa wird glaube ich wirklich ein
Erfolg. 800 Teilnehmer südamerikanischer Reisebüros und viele Re-
präsentanten europäischer Staaten sind gekommen. Unterlagen, die
man mir gegeben hätte, waren ganz interessant, enthielten aber
nicht die wichtigsten Punkte. Ich ging bei meiner Rede selbstverständ-
lich davon aus, herauszustreichen, wie gut die Beziehungen zwischen
Eurocotal-Vorstand bis jetzt schon waren und wie durch gegenseitige
Einladungen der Kongress jahrelang vorbereitet wurde. Zum Schluss
zeichnete ich noch 3 Funktionäre und den Gen.Sekr. mit goldenen und
silbernen Fremdenverkehrsmedaillen aus. Kardinal König, der
neben mir sass, meinte, es ist immer schön, wenn man so eine Gelegenheit
hat bei einer Begrüssungsansprache. Tieber hat sich sehr geärgert,
dass die Unterlagen unvollständig und vor allem einmal erst so
spät von den Abteilungen zur Verfügung gestellt wurden. Ich ärgere
mich über diesen Zustand auch schon 6 Jahre, muss zugestehen, dass
wir ihn bis jetzt aber noch immer nicht abstellen konnten.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Vielleicht kannst Du jetzt als neuer Mann im
Büro erreichen, dass ich 8 Tage vorher bei monatelangen bekannten
Terminen alle Unterlagen bekommst.
Bei der feierlichen Eröffnung der Ausstellungskojen musste ich
dann einen Rundgang anschliessen. Hier handelt es sich um eine
richtige Verkaufsausstellung sowohl der südamerikanischen Staaten
und Firmen als auch der europäischen. Ich bin gespannt ob durch diesen
Kongress tatsächlich mehr Südamerikaner nach Österreich kommen. Die
Nächtigungsziffern werden einen unbestechlichen Beweis erbringen.
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Beim Journalistenfrühstück hatten wir nur das Thema der Recycling
und einen Bericht von Fälbl über seine Moskau-Reise Vorbereitung der
Gemischten Kommission. In einer schriftlichen Unterlage hätte Fälbl
mitteilen, wollen, dass das Protokoll für die nächste Tagung bereits
abgestimmt ist. Dies veranlasste mich, sofort die schriftliche Unter-
lage einzuziehen. Wenn ich als Journalist der Opposition dies in
die Hand bekomme, frage ich sofort, wozu wir dann eine Gemischte
Kommission überhaupt noch abgehalten. Das System der Gemischten Kommission
ist nämlich im Grund genommen wirklich sinnlos. Wenn die Oststaaten
nicht so sehr darauf drängen würden, ich hätte es schon längst aufgegeben
und durch eine besseres ersetzt. Meisl hatte überhaupt Bedenken, dass
man über diese Reise von Fälbl berichten soll. Da wir aber keine anderen
Themen parat hatten, blieb uns nichts anderes übrig.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte versuche zeitlosere Themen in Reserve
zu haben.
Zum Glück entwickelte sich anfangs, da ich ja zum Cotal-Kongress
zurück musste die Diskussion über Energiesicherung und Preise. Bei
dieser Gelegenheit konnte ich über den Unterausschuss um Parlament
berichten und den Angriff von Abgeordneten König scharf zurückweisen,
dass ich einen Gesetzesbruch begangen habe. Ich erklärte den Journa-
listen und hoffentlich bringen sie etwas, dass wegen der Aufhebung des
Notstandes auf Grund des Lastverteilungsgesetzes maximal eine Auffas-
sungsdifferenz zwischen der Opposition und mir herrschen kann aber
niemals daraus ein Gesetzesbruch abgeleitet werden könnte. Wenn dies
dann nach Auffassung der Opposition trotzdem der Fall ist, dann müssten
sie mich im Parlament durch Dringliche Anfragen stellen, resp. sogar
beim Verfassungsgerichtshof verklagen. Da ich mich im ersten Unter-
ausschuss gegen die Behauptung schon gewehrt habe und damals Heinz
Fischer vom Klub meinte, es sollte am besten ein Abgeordneter darüber
berichten, hat Heindl dies übernommen. Die SK aber hat es zwar gebracht
nicht aber versanden in einer einzigen Zeitung zu lancieren. Tieber
zieht mit Recht daraus die Konsequenzen, er wird in Hinkunft mehr
über die APA und sonstige Agenturen arbeiten als über die SK.
Mir kann es recht sein, ich glaube nur, dass das Wichtigste ist,
wenn man irgendetwas unterbringen will, dass man durch persönlichen
Kontakt dies erreichen muss. Mit Papier allein ist heute nichts mehr
getan. Auch das Journalistenfrühstück dient ja primär diesem per-
sönlichen Kontakt und weniger der Aussage von irgendwelchen Presse-
mitteilugen. Diese macht Puffler auch recht brav, kommen tun sie ja
nie ausser vielleicht in der Wiener Zeitung.
Bei der Eröffnung der Technischen Tage DDR in Österreich lernte ich
Präs. Murgott von der Handelskammer aus Berlin kennen. Ausserdem waren
einige Professoren hier, die man mir vorstellte. Nachmittags hatte ich
dann mit Murgott, Botschafter Fleck und dem Handelsrat Krüger in
Anwesenheit von Meisl und dem Handelsdelegierten Wratschko eine
Aussprache. Letzterer fragte mich vorher, ob er zu der Sitzung
kommen dürfte. Noch immer ist scheinbar nicht bekannt, dass ich
selbstverständlich immer die Anwesenheit des Handelsrates wünsche.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte besprich mit Meisl, wie man dies automatisch
bestens lösen könnte.
Botschafter Fleck verabschiedete sich, da er jetzt auf einen anderen
Posten kommt und brachte mir gleich ein Antwortschreiben von Staats-
sekretär Beil auf unseren Wunsch, im nächsten Fünfjahresplan eingebaut
zu werden. Die DDR begrüsst dies, weist nur darauf hin, dass der
Anteil ihrer Exporte von der Metallverarbeitung sehr gering ist
und dass sie vor allem einmal durch die EG-Zollsenkung diskriminiert
werden. Murgott aber auch Fleck stimmten mit mir überein, dass man
dieses Problem gewissenhaft studieren soll und durch Aussprachen, die
grössten Auswüchse versuchen sollte zu beseitigen. Eine generelle Lösung
wäre nur im Rahmen von GATT-Verhandlungen möglich. Murgott sieht aber
jetzt viel mehr eine protektionistische Zeit anbrechen. Ich musste ihm
zugeben, dass jetzt solche Massnahmen gesetzt werden, dass aber bei
dem nächsten Konjunkturaufschwung damit zu rechnen ist, dass man
wieder zum liberaleren Prinzip übergehen wird.
Das Mittagessen von Bielka für den rum. Aussenminister Macovescu be-
nützte ich dazu, um diesem Grüsse an Avram meinem Vis-a-vis der rum.-
österr. Gemischten Wirtschaftskommission zu bestellen und gleichzeitig
einige Andeutungen über unsere Exportwünsche in Rumänien zu machen.
Der Aussenminister Macovescu dagegen wieder verwies besonders auf
die Möglichkeit Österreichs sich an dem Kanalbau Donau-Abkürzung
Schwarzes Meer zu beteiligen. In der nächsten Gemischten Kommission
können wir mit Sicherheit hier wieder mit entsprechenden Wünschen
der Rumänen rechnen, die wir aber mangels Finanzierungsmöglichkeit
kaum erfüllen können. Die Rumänen stehen nach wie vor auf dem Stand-
punkt mit Dienstleistungsentgelten würden sie den österreichischen
Anteil damit bezahlen.
Nach dem Essen hatte ich Bielka, der sich für meine Teilnahme
wirklich innigst bedankte, auf den Erlass eines Beamten Dengler
aufmerksam gemacht, wonach die österr. Botschaft in Moskau uns
mitteilte, sie dürfe nicht mehr mit uns direkt korrespondieren.
Bielka rief sofort Schober, der für die Wirtschaftspolitik jetzt verant-
wortlich ist, und erklärte ihm, dass an dem bisherigen Zustand nichts
geändert werden darf. Das Handelsministerium ist also gleichzeitig
mit dem Aussenministerium über alle wirtschaftspolitischen Aktivitäten
zu informieren. Ich versicherte ihm, dass an dem jetzigen System, das
zwischen Meisl und Schober vereinbart wurde, sich nichts ändern dürfe
und sollte.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte darauf zu achten, dass von unseren Aktivitäten
das Aussenministerium verständigt wird. Wo bleibt übrigens der Bericht
über die Grossprojekte in Nahost ?, den ich Bielka versprochen habe?
Jagoda wurde von Böhm jetzt verständigt, dass er ihm die Unterlagen
über die Bewerbung der Industriesektion übermitteln wird. Meisl wurde
überhaupt noch nicht verständigt, dass er von mir in eine Kommission
berufen wurde. Böhm wird die gute Ausrede haben, dass die Gewerkschaft
noch immer nicht den Vertreter nominiert hat. Scheinbar besteht jetzt
die Absicht die ganze Angelegenheit zuziehen. Ich kam mit beiden
überein bei der Durchsicht der Bewerber sollte man nichts über-
stürzen. Jeder Wunsch von der Gewerkschaftsseite über entsprechende
zusätzliche Informationen oder persönlichen Aussprachen sollten
akzeptiert werden. Wir einigten uns auch darauf, dass die anderen
Bewerber von Jagoda oder Meisl keinesfalls immer dieselbe Meinung
haben müssten. Meisl wird z.B. gegen die Bestellung einer Gruppe bei
Jagoda, in dem Fall handelt es sich um Kinscher Einspruch erheben,
da er die Notwendigkeit nicht einsieht. Bei der Besetzung der Abteilung
3, wo der Stellvertreter Edelmann, eine ausgesprochene Niete sein soll
und wo Jagoda zuerst Slezak einen Sektionsrat vorgesehen hat, der
einige Ministerialräte überspringt, hat sich nun vom Verkehrsministerium
ein Sektionsrat Aigner gemeldet. Auch hier glaubt man, dass die
Personalvertretung diesen ablehnen wird, ebenso Slezak. Wahrschein-
lich wird Min.Rat Huber von einer anderen Abteilung, der sich
beworben hat, zum Zuge kommen. Hier wäre ein einstimmiger Beschluss
vielleicht möglich, wenn die Personalvertretung sich hinter Huber
stellt. In der Abteilung gibt es bereits 600 rückständigen Berufungen.
Jagoda hat es hier sicherlich nicht leicht, den richtigen Mann zu
finden.
Slezak wäre der bessere, aber wird wahrscheinlich von den Mitarbeitern
abgelehnt, nach Rücksprache mit Wanke komme ich dann überein,
dass wenn er zum Sektionschef bestellt wird, dass schon allein
auf Grund seiner bisherigen Laufbahn und vor allem seiner exqui-
siten Bewerbung, die wie alle mir bestätigen, auch objektiv die
beste Lösung ist, wird die Gruppe von ihm aufgelöst. Min.Rat
Schwarz hat nämlich so etwas ähnliches erwartet und gemeint,
er wird sich nicht bewerben und dann immer wieder abgelehnt werden.
Auf der anderen Seite wird behauptet werden, dass man die Grundsatz-
gruppe nur als Sprungbrett für Meisl und jetzt für Wanke benützt
hat. Ich dagegen werde mit Recht sagen, dass im Parlament die Re-
gierung immer wieder attackiert wird, dass sie so viele Sektionen
Gruppen zusätzliche Abteilungen usw. geschaffen hat. Ich habe
genug sachliche Begründungen gegen die Personalvertretung, wenn
sie einen Weiterbestand der Gruppe und damit automatisch eine
Besetzung mit ihren Leuten wünscht.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky die letzte Fassung
der Unterlagen für den morgigen OPEC-Terroristen-Bericht vorge-
legt. Kreisky meint, die ÖVP wird eine Gratwanderung bei dieser
Diskussion zu bestehen haben. Einerseits wird sie die Regierung
kritisieren, andererseits weiss sie, dass die Bevölkerung der
Lösung zugestimmt hat, die wir getroffen haben. Eine Errichtung
eines Krisenmanagements kommt überhaupt nicht in Frage, denn da
hat Kreisky vollkommen recht, regieren müssen wir. Heinz Fischer
erwartet, dass deshalb die ÖVP eine dringliche Anfrage noch startet.
Innerhalb des ÖVP-Klubs ist man sehr unzufrieden, dass man so
wenig die Regierung attackiert. Kreisky wieder teilt mit, dass
sich doch auch die Einstellung der ÖVP gewandelt hat. In die
CSSR wird ihn jetzt auch Koren sowie LH Wenzl, Kery und Maurer
begleiten. Bisher hatte Koren ein einziges Mal mitfahren dürfen,
dann hat es ihm Schleinzer verboten. Jetzt wird Kreisky wieder
mit grossem Gefolge aller Parteien reisen. Die ÖVP kann und kann
ihm nicht an. Dies muss ja wirklich in ihren Reihen deprimierend
wirken. Sie müssen wahrscheinlich doch darauf warten, bis schin
die soz. Partei in sich zerstreitet. Wenn die Personalrochade
vorüber ist, ist wieder einmal eine Gelegenheit dafür, auch end-
gültig Gott sei Dank vorbei. Derzeit gibt es natürlich riesige
Spannungen. Firnberg ist wegen der Äusserung, dass sie Vizekanzler
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werden sollte, dafür aber zu alt ist, sehr verärgert. Auch
bei unseren Landesregierungen und Landesparteiorganisationen
gibt es in verschiedenen Punkten Opposition. So wurde trotzdem
wir am Sachsengang beschlossen haben, dass die Kraftfahrzeug-
steuer als Bundeszuschlag kommt, jetzt einstimmig in
verschiedenen Ländern z.B. jetzt auch in Oberösterreich beschlossen,
dass die Länder diese Einnahmen für sich wünschen, um damit Nah-
verkehrsprobleme zu lösen. Dies kommt nach Meinung Kreiskys
überhaupt nicht in Frage. Das wäre ja auch wirklich ein
starkes Stück: Wir erhöhen die Steuern und übernehmen das
Negativ-Image und die Länder kassieren dann und machen damit,
was sie wollen. Moser berichtet, dass wieder über die Auto-
bahngebühr von Niederl eine 3/4-Zustimmung schon vorliegt.
Damit müsste auch Sebastian dann dafür sein. Wagner hat schon
zugestimmt, nur Maurer ist noch dagegen. Wenn dieser ablehnt,
meint Moser, müsste man den Ausbau Seebenstein/Wechsel zurück-
stellen. Hier hat aber wieder Kreisky mit Recht grosse Bedenken,
dass sich dies dann gegen die Partei wenden wird und nicht gegen
Maurer.
Kreisky meinte, dass die Einflüsse des Bundes auf die mittel-
bare Bundesverwaltung in den Ländern viel stärker zum
Ausdruck kommen müsste. Der Verfassungsdienst hat keine ein-
deutige Stellungnahme und Kreisky möchte am liebsten an einem
konkreten Fall vom Verfassungsgerichtshof ein Urteil erzwingen.
Kreisky vermutet, dass im Laufe dieser Legislaturperiode ein
schwarzes Land, vielleicht alle ÖVP-geführten Länder die Gefolg-
schaft verweigern werden. Dann müsse man ein entsprechendes
Mittel haben, um in der mittelbaren Bundesverwaltung wirklich
durchgreifen zu können. Dies gilt ganz besonders für Strassenbau-
oder Schulprobleme. Da Kreisky keine mittelbare Bundesverwaltung hat,
möchte er am liebsten, dass ein anderer Minister dieses Problem
konkret aufgreift und durchficht. Gott sei Dank habe auch
ich keine unmittelbare Bundesverwaltung. Rösch hat einmal einen
Krieg wegen der Bestellung von Gendarmeriebeamten mit Landeshaupt-
leuten geführt. Der Verfassungsdienst hat damals festgestellt,
im Gesetz § 16 steht drinnen, dass die LH zustimmen müssen und
dass deshalb das Einvernehmen hergestellt werden muss. Anderer-
seits hat er gleichzeitig gesagt, hätte Rösch auch ein Weisungs-
recht an den LH, wenn der seinen Vorschlag nicht akzeptiert.
Das ist eine verfassungsrechtlich komplizierte und komische
Situation. Auf der einen Seite ist der Landeshauptmann um
Zustimmung und Einvernehmen zu bitten, auf der anderen Seite
kann, wenn dieses Einvernehmen nicht hergestellt wird, Rösch
ihm eine Weisung geben. Zum Glück geht mich diese ganze
formelle Frage, die natürlich materiell einmal eine grosse
Rolle spielen wird oder kann, nichts an. Wenn tatsächlich die
ÖVP-Landeshauptleute einen solchen Krieg vor der nächsten Wahl
beginnen, sollten, dann hat Kreisky wieder einmal den richtigen
Riecher gehabt. Andererseits aber wieder muss ich zugeben, dass
wenn er jetzt die Frage aktualisiert und vielleicht sogar konkrete
Massnahmen vorbereitet, dann bringt er die andere Seite vielleicht
erst auf diese Idee. In der Politik ist es immer am schwersten
festzustellen, was ist Ursache und was ist Wirkung.
Eine heftige Diskussion gab es über die Frage der Finanzierung
von Oberdorf, Köflacher Kohlenrevier. Veselsky berichtete dazu
seien 720 Mill. S in vier Jahren erforderlich. Kreisky war
darüber sehr ungehalten und meinte, jetzt hätte er seinerzeit
in Köflach mit den anderen Ministern eine Lösung versprochen,
Monate vergehen und nichts geschieht. Dagegen habe ich mich
sofort zur Wehr gesetzt und erklärt, es wurde von mir ihm sogar
ein Ministerrat, den er einzubringen hatte auf seinen Wunsch
zugeleitet. Da der Finanzminister nicht anwesend war, wollte er
unbedingt wissen, was der dazu sagt. Ich erklärte nur, ich nehme
an, dass die Beamten des Finanzministeriums den Entwurf kennen
die Finanzierung sei nicht meine Frage und ich hätte deshalb
auch keine diesbezüglichen Verhandlungen persönlich geführt.
Kreisky bezweifelt, dass die GKB überhaupt dann an dem Abbau
dieser Kohle Interesse hat. Wenn die Bergarbeiter dort jetzt aber
unruhig werden und dann letzten Endes die ganze Angelegenheit
erzwingen, da wir ja positiv zu dem Abbau stehen, werden die
Fohnsdorfer Arbeiter dann aber auch sagen, mit Gewalt muss
man vorgehen. Hier hat Kreisky wieder vollkommen recht. Er muss
aber dieses Problem in seinem eigenen Haus lösen. Die GKB untersteht
ihm als für die verstaatlichte Industrie Zuständigen und der
ERP-Fonds erst recht.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Wie weit ist da Projekt mit dem Finanz-
ministerium wirklich abgesprochen?
Kreisky berichtet auch, dass Frank ihm wegen der Errichtung einer
Projektierungsgesellschaft in Kärnten eine Brief geschrieben hat.
Ich mische mich nicht besonders drein, weil ich über die ganze
Exploration und Projektierung nichts weiss.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Was ist hier vorgegangen? Sofort von
Frank berichten lassen.
Kreisky berichtet, dass man zur 300-Jahr-Feier USA nicht weiter-
kommt. Scheinbar ist es nicht möglich, die notwendigen finanziellen
Mittel aufzubringen, der beabsichtigte Lehrstuhl in Amerika
für österr. Geschichte oder Beziehungen würde 20 Mill. S kosten.
Kreisky schlägt deshalb vor, es soll ein österr. Nationalkomitee
gegründet werden mit den zuständigen Ministerien, Parteien und
Interessenvertretungen und man sollte einen Aufruf an die Öster-
reicher erlassen, sich durch Spenden des Marshall-Planes dankbar und
der amerikanischen Nation würdig zu erweisen. Er schätzt, dass
der Bankverband z.B. 500.000 S geben könnte, die Sozialpartner
und Künstler entsprechende Veranstaltungen machen. Davon würden
2 – 3 Mill. S hereinkommen und die Regierung soll sich ver-
pflichten, den Betrag dann zu verdoppeln. Wenn daher die finan-
ziellen Mittel nicht allzu grosse sind, hat er optisch in
Amerika für sich, dass sich die österr. Bevölkerung daran beteiligt
hat. Niemand wird dann, so hofft er sicherlich, ohne dass er es
sagt, über den geringen Betrag in Amerika etwas sagen, sondern
dass es sich hier wirklich um eine nationale Aktion handelt. Wird
die Wirtschaft sehr kleinlich sein, dass wird man sie wissen
lassen, dass sie die Amerikaner sehr enttäuschen würde. Die
Amerikaner, meinte Kreisky, haben zur Erhaltung dieser Gesell-
schaftsordnung für die Wirtschaft mehr getan, als irgend jemand
anderer. Die Idee des Nationalkomitees und damit das ganze
Problem anders zu lösen ist wieder typisch Kreisky. Vielleicht
kommen wir wirklich aus diesem Dilemma am besten heraus. Für die
Philharmoniker und für Folklore-Veranstaltungen vorgesehene
Subventionen für Amerika-Reisen werden selbstverständlich vorge-
schossen.
Kreisky regt auch eine Alfred-Adler-Plakette an, die gewünscht wird.
Dabei macht er mit recht die hämische Bemerkung, dass Adler
niemals an der Universität lesen durfte. Nur am Montag abends
hat er irgendwo ein Institut gemietet gehabt. Er meinte mit recht
in Österreich werden alle, auch wenn sie berühmt sind, nur mehr
verbal geehrt. Wittgenstein wird nichts gesagt, aber man sagt,
ein Museum soll her, Alfred Adler soll man etwas geben, aber seine
Lehren werden fast nicht auf den Unis vorgetragen. Mit Sigmund Freud
schmückt man sich in der Welt, aber auch er wurde in Österreich
immer Schmafu behandelt. Fast würde ich allerdings sagen, ein
österreichisches Schicksal.
Kreisky hat grosse Bedenken, dass jetzt in der Wasserreinhalte-
Aktion von Leuten ein Beitrag zur See-Reinhaltung verlangt wird,
wo niemand mehr einen Zutritt zu den Seen hat. Er denkt nicht an
eine Enteignung des Seegrundes wie es teilweise die Dänen
gemacht haben. Ihm schwebt vor, man müsste die Anrainer einigen,
dass sie einen Teil ihres Grundstückes für die Öffentlichkeit
zur Verfügung stellen. Sein Vorschlag wäre, dass die 5 oder 6
Anrainer, die ein geschlossenes See-Ufer haben zusammenrücken und
einen kleinen Teil dann für die Öffentlichkeit freigeben. Auch dazu
wird er meiner Meinung nach ein Gesetz brauchen, das ungeheuren
Wirbel auslösen wird. Vorerst hat er allerdings nur vorgeschlagen
eine Arbeitsgemeinschaft von Staatssekretär Haiden, Moser und Broda.
In der Hofburg wurde die "Künstler helfen Künstlern" aus zwei Kammerln
gekündigt. Muliar hat sich bei Kreisky beschwert und dieser hat sofort
Moser beauftragt, dies zu regeln. Direktinterventionen haben
also bei Opinionleadern immer einen Erfolg.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte kläre, was hier wirklich vorgefallen
ist, und was Muliar dazu sagt.
Die Schallplattenfirma Ariola hat in der Mariahilferstrasse in
einem Stadtkaffee im zweiten Stock die Platte "Happy-Pepi" präsentiert.
Tieber und ich sind dort erschienen und ich habe selbstverständlich
mein Möglichstes getan, um Aufnahmen mit den Autoren und dem Sänger
zu machen. Viel war dort nicht los, hat Tieber abschliessend gemeint.
Womit er vollkommen recht hat. Die Platte, davon bin ich auch überzeugt,
wird auch kaum ein Riesenerfolg. Ob der Schallplattenfirma resp.
den Autoren damit etwas genützt hat, dass sie mich jetzt als den
bedeutendsten Happy-Pepi hinstellen, bezweifle ich überhaupt.
Da es ein vollkommen apolitisches Lied ist, wird es Leute, die für
Politik etwas übrig haben, überhaupt nicht ansprechen. Für die,
die nichts übrig haben, kann es höchstens abstossend wirken, dass
ein Politik damit in Zusammenhang gebracht wird. Als Plattenmanager
hätte ich es mir daher sehr genau überlegt, mich überhaupt dazu
einzuladen. Bei so miesen Platten ist es vielleicht wirklich notwendig,
jede Aufhängung, auch wenn sie dann ein Negativ-Image gibt, zu
nützen, wenigstens in ein paar Zeitschriften und ins Radio zu
kommen.
Tagesprogramm, 26.1.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)