Freitag, der 6. September 1974

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Freitag, 6. September 1974

Das erste Mal, daß ich gespannt bin, was aus dem Interview mit
Herrn Wolf von der Wochenpresse dann tatsächlich geschrieben wird.
Wolf macht ein Interview über die Arbeiterkammer, insbesondere
Ing. Hrdlitschka, und wollte unbedingt von mir wissen, was ich zu
dem starken Mann, Hrdlitschka, der im Hintergrund Politik macht,
sage. Zum Glück habe ich ein Prinzip, das ich niemals bei Interviews
über andere klassifiere, deshalb ich auch eine Stellungnahme, ob
Hrdlitschka der starke Mann im Hintergrund ist, mit der Begründung
ablehnte, daß ich eben nur über Sachprobleme mit ihm diskutiere,
nicht aber über persönliche Wertungen. Ich hätte mit Hrdlitschka
als Präsident jahrelang gut zusammen gearbeitet und mein Verhältnis
zu ihm sei jetzt auch absolut freundschaftlich. In weitere Folge
wollte er dann unbedingt wissen, ob ich mich um den Posten des
Präsidenten der Arbeiterkammer bemühe resp. ob ich Aussicht hätte,
an diese Stelle berufen zu werden, was ich ebenfalls mit dem Hinweis,
daß ich mir noch niemals über irgendwelche Stellen oder Positionen
den Kopf zerbrochen hätte, ich erklärte ihm aber rundweg, die Ent-
wicklung wieso ich von der Arbeiterkammer verhältnismäßig bald nach
meiner Berufung in die Regierung ausgeschieden bin und das ich
keinerlei Absicht habe an diesem Zustand etwas zu ändern. Ich ver-
wies darauf, daß wenn Hrdlitschka nach einem Jahr Wiederwahl dann
zurückgelegt, Czettel die beste Aussicht hat und daß ich mit dieser
Lösung nicht nur zufrieden bin sondern nach einer freundschaftlichen
Aussprache mit Czettel sogar in jeder Weise unterstützen werde.
Interessant war auch, daß Wolf unbedingt wissen wollte, ob die
Arbeiterkammer nicht durch die immer stärkeren Einfluß der Gewerk-
schaften insbesondere Gewerkschaftsbundes als neuestes Indiz, das
Verlangen des Gewerkschaftsbundes in den Fonden verankert zu werden
schön langsam überhaupt überflüssig wäre. Vor allem war er über die
Zweiteilung zwischen Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund, wenn er
sich nicht verstellt hat, sehr unzulänglich informiert.

MR Würzl hat seinen Urlaub unterbrochen um mir mitzuteilen, daß er
Ortmann beauftragt hat, eine Arbeitsgruppe die allerdings schon
längere Zeit besteht, wieder im Hinblick auf meinen Wunsch, dem
Fremdenverkehr gewisse Aktivitäten zu entfalten, mit Vereinfachungs-
problemen für die Fremdenverkehrswirtschaft einberuft. Ausserdem hat


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er mit Brodinger vereinbart, daß dieser jetzt mit den Länder-
vertretern ebenfalls besondere Fremdenverkehrspläne besprechen
soll. Er selbst wird mit Zedek, der so wie er jetzt eine Woche
nach Frankreich fährt, die offenen Probleme im einzelnen besprechen.
Er möchte, und damit bin ich sehr einverstanden, diese ganzen
Aktivitäten weitestgehend dem Einvernehmen und mit Unterstützung
der Handelskammer machen. Ich habe Würzl aber nicht im Unklaren
gelassen, daß ich auch Wert darauf lege, daß Aussenstehende Arbeits-
gruppen führen, insbesondere verwies ich darauf, daß ich erwartet
habe, daß er mit Haiden von der Zentralsparkasse, den er übrigens
zu seinen Besprechungen zuziehen wollte, eine solche Arbeitsgruppe
führen soll. Er meinte, es wäre ein Mißverständnis gewesen und ein
Vorschlag Haiden mit der Führung einer Arbeitsgruppe, welche die
seinerzeitige Beiratsstudie über Fremdenverkehr durchsieht und auf
den letzten Stand bringt und vielleicht konkrete Vorschläge macht,
sei sehr gut. Ich habe sofort mit Haiden gesprochen und dieser war
damit einverstanden und wird jetzt eine solche Arbeitsgruppe unver-
züglich ins Leben rufen und mich dazu einladen.

Anmerkung für WIESINGER: Ohne daß die einzelnen Arbeitsgruppen Termin
mit mir vorher abstimmen, weil ansonsten würden sie vielleicht nie zu-
stande kommen, werden sie mir ihre Sitzungen mitteilen und wenn mög-
lich möchte ich daran zumind. kurzfristig teilnehmen.

Bei der Dienstbesprechung hat MR Gröger darauf hingewiesen, daß
jetzt die III-Sektion eine grössere Kampagne über Umweltschutz
und Recycling starten möchte. Seine Leute haben mir dann ein konkretes
Projekt, insbesondere die Altpapiersammlung vorgeschlagen. Ich war
sofort damit einverstanden, weil ich mir im Urlaub neuerdings über-
legt habe ob wir nicht wirklich auch vom Industriestandpunkt aus
jetzt zeitgerecht Maßnahmen setzen müssen. Nach meinen Dafürhalten
ist es ganz unmöglich, daß wir die Industrie weiterhin verlorene
Flaschen durch das Einwegsystem oder Blechbüchsen und viele andere
unzweckmässige Emballagen produzieren lassen und dadurch die Abfall-
beseitigung fast vor unlösbare Probleme stellen. Ich glaube deshalb,
daß es notwendig sein wird, auf lange Sicht jetzt bereits entsprechende
Vorschläge zu unterbreiten, wie wir durch Abgaben vielleicht sogar
durch Verbot von gewissen Emballagen eine entsprechende Regelung
vorbereiten. Der Hinweis, von seiten der Molkereien z.B., daß die
Bevölkerung Milchflaschen nicht mehr will, sondern alles nur in der
verlorenen Packung ist absolut falsch. Ich glaube, daß es zweck-


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mässig wäre, hier eine entsprechende Anfrage zu machen, damit
man die wahre Meinung der Bevölkerung erfährt und dann durch den
Milchwirtschaftsfonds resp. durch die Industriepolitik gegebenenfalls
sogar durch Abgaben, wenn notwendig durch Verbote eine wirklich
zweckmässigere Lenkung auf diesem Sektor zu erreichen.

Anmerkung für WANKE: Bitte dieses Problem mit Gröger besprechen und
vielleicht sogar in der Grundsatzgruppe bearbeiten.

Der Firmeninhaber Kaindl war begeistert über meinen Besuch bei der
Eröffnung in der neuen Filiale in der Singerstraße. Ich habe ins-
besondere die Absicht, mich weiterhin bei den Firmen, die sich an der
Preissenkungsaktion beteiligt haben durch solche für mich Äußerlich-
keiten, für die Firma aber scheinbar von größten Wert, d.h. eben bei
Betriebsbesuchen, Eröffnungen u. Ansprachen zu revanchieren. Bei
dieser Gelegenheit möchte neuerdings alle erinnern, daß wir jetzt
endgültig uns klar werden müssen, wie es mit der Preissenkungs-
aktion weitergeht.

Konsul Eisenberg ist mit Kohlmaier von der Agrarindustrie erschienen
um sein Projekt einer Ölraffinerie mit mir zu besprechen. Er hat
mit Kreisky, Weihs und Veselsky Verhandlungen geführt und überall
angeblich große Begeisterung für dieses Projekt gefunden. Kreisky
hätte ihm gesagt, er müsse allerdings noch mit der Arbeiterkammer
und Gewerkschaft Verhandlungen führen damit auch die für ein solches
Projekt eintreten. Die vorgelegte Studie, die zwar sehr umfangreich
ist und ganz interessante Daten zusammengetragen hat, sagt allerdings
über dieses Projekt nichts Konkretes, ausser daß 450.000 Tonnen
Kapazität mit ca. 400 Millionen diese Fabrik irgendwo an der Donau
errichtet werden soll, steht im Grunde genommen nichts drinnen. Ich
habe deshalb insbesondere Kohlmaier und Dr. Swoboda, das ist Ver-
treter von Eisenberg in Wien, ersucht sie sollen mit Gröger die Details
besprechen. Interessant war, daß Kohlmaier meinte, er hätte natürlich
volles Verständnis, daß ein solches detaillierteres Projekt, insbesondere
Kennziffern von mir verlangt werden, fürchtete aber, daß dann diese
Details der Unilever bekannt werden. Konsul Eisenberg nämlich erzählte,
daß die Fabrik die sie in Nikosia errichtet haben zuerst im Einver-
nehmen mit der Unilever arbeiten sollte dann aber von der Unilever
durch zwei Jahre hindurch boykottiert wurde, in weiterer Folge hart
mit Dumpingimporten hart attackiert wurde und sich erst jetzt dann
schön langsam durchgesetzt hat. Jetzt allerdings hat diese von Griechen


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oder mit Griechen errichtete Fabrik eine türkische Besetzung.
Ich habe Eisenberg versichert, das Material, welches er uns im
Handelsministerium gibt, selbstverständlich als strengstvertraulich
behandelt wird.

Eisenberg verwies auch darauf, daß nächste Woche Dr. Grei von der
kanadischen Atomenergiewirtschaft kommt. Ich sollte die Gelegenheit
nützen, um mit ihm über eventuelle Schwerwasserreaktoren-Lieferung
von Kanada zu reden. Seiner Meinung nach ist diese Atomenergie-
Produktion die zukunftsträchtigere. Die Amerikaner mit ihren Westing-
house-Leichtwasserreaktoren werden überall, wo man die Details der
Schwerwasserreaktoren kennt, aus dem Markt rausgeworfen. Angeblich
sind die Schwerwasserreaktoren so günstig im Betrieb, daß jetzt
England sich nur mehr auf Schwerwasserproduktionen umstellt. Auch
in Korea, wo vier Atomkraftwerke jetzt errichtet werden, sind zwei
Leichtwasserreaktoren und zwei Schwerwasserreaktoren, die Eisenberg
mit seinen Gesellschaften hinvermittelt hat. Auch in Argentinien und
Rumänien soll diese Absicht bestehen. Die Rumänen insbesondere wollen
ein paar Dutzend Atomkraftwerke errichten und Ceausescu hätte bestimmt,
daß es nur Schwerwasserreaktoren sein dürfen. Die Kanadier haben des-
halb nur bis jetzt so schlechte Verkaufserfolge, weil es sich bei
diesen um staatliche Gesellschaften handelt und die kommerziell sich
nicht einsetzen. Dies ist sicherlich möglich, aber wenn ich mir vorstelle,
dass Eisenberg der kommerzielle Verkäufer von Schwerwasserreaktoren
ist, dann bin ich überzeugt, daß er dieses Manko der kanadischen Stel-
len sehr ausgleicht. Eisenberg ist nämlich als Geschäftemacher fast
würde ich sagen verschrien. Ich habe seinen Vertreter ersucht, er soll
sich unverzüglich mit SChef Frank ins Einvernehmen setzen, ich selbst
werde wenn Dr. Grei nach Österreich kommt, gerne mit ihm Besprechungen
führen.

ANMERKUNG für GEHART: Bitte kläre was an dieser Problematik Schwerwas-
ser – Leichtwasserreaktoren usw. wirklich wahr ist, vielleicht kannst
Du auch irgendwelche Zusammenstellungen von Fachleuten bekommen.

Botschafter Magrutsch, der nach Kanada als Botschafter jetzt geht,
hat bei der Verabschiedung sich zwar über unsere Round-table Information
sowie bis jetzt alle Botschafter positiv ausgesprochen, war aber
nicht bereit mit mir, mit Konsul Eisenberg Besprechungen über die
kanadischen Exportmöglichkeiten von Atomkraftwerken mitzumachen.



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Ich habe ihm nämlich vorgeschlagen er sollte, wenn er Lust hat,
jetzt mit mir an der unterbrochenen Sitzung mit Eisenberg teilnehmen,
nachdem er nach Kanada fährt und vielleicht doch eine Information über
kanadische Atomkraftexporte für ihm von Interesse seien. Ich glaube, ohne
ihm einen Vorwurf machen zu wollen, daß eben ein Botschafter nicht daran
sehr interessiert ist, mit so direkten Geschäften oder Geschäftsleuten in
Kontakt zu kommen. Botschafter Maschke geht nach Ägypten und gibt sich
der Illusion hin, daß österreichische Firmen an der Kanalzone eventuelle
Investitionen tätigen werden. Maschke glaubte, wir sollten im Handels-
ministerium eine Arbeitsgruppe finden, die Unternehmer veranlasst oder
aus Unternehmern sich zusammensetzt, damit sie in der Kanalzone Betriebe er-
richten. Weder Meisl noch Fälbl teilen die Meinung, daß so etwas praktikabel
oder bei uns in Österreich in absehbarer Zeit durchzuführen ist. Ich
selbst bin auch sehr skeptisch, denn die Erfahrungen, die europäische
Firmen mit Ägypten gehabt haben, und dabei handelt es sich meistens um
Rüstungsbetriebe, die vom Staat geschützt werden und auch entsprechend
unterstützt, waren gerade nicht die besten.

Die Handelskammer hat jetzt in einem Schreiben mitgeteilt, daß sie der
§ 3a-Regelung für Würfelzucker zustimmt, allerdings sehr verklausuliert,
aber doch immerhin jetzt das erste Mal, genauso bei der steirischen
Wasserpreiserhöhung. Da ich nun nicht die Absicht habe, dieses System
gerade jetzt zur Anwendung zu bringen, habe ich mit Jagoda und Singer
besprochen, daß es zweckmäßiger ist, wir leiten ein allgemeines Preis-
verfahren ein und heben die Verordnung, wonach die Würfelpreisregelung
sistiert wird, damit automatisch wieder auf. Jagoda glaubt, daß eine
solche Möglichkeit ohne weiteres besteht und würde diesen Rechtsstandpunkt
entgegen der Meinung der Handelskammer bis zum Verwaltungsgerichtshof
verteidigen. Fernsehreporter Nagiller wollte unbedingt mit mir bereits
vorher ein Interview. Ich habe ihm nur informative Aussprache gewährt,
weil nämlich Mussil, bei dem er auch war, mich gebeten hat, man sollte
auf alle Fälle jetzt vor einer entsprechenden größeren Fernsehdis-
kussion Abstand nehmen. Da er selbst auch erklärte, er wird ihm kein
Interview geben und mich ersuchte ich soll dies nicht machen, außerdem
unser Pressereferent Puffler sowieso die ganze Angelegenheit am liebsten
bis Montag verschoben haben möchte, habe ich eben Nagiller erklärt,
ich könnte, da noch rechtliche Überlegungen Platz greifen, einer endgültigen
Auskunft jetzt nicht zustimmen und zur Verfügung stehen.

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Tagesprogramm, 6.9.1974


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vertr. Eisenberg


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: AK, ÖIAG
      GND ID: 128336552


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Vermittler von Geschäften, öst. Generalkonsul in Seoul, Südkorea


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Präsident AK
            GND ID: 121924882


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., ÖVP-GS


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Fa. Kaindl, Großhandel [als Konkurrent der Fa. Ignaz Röslers Nachf. genannt; besucht deren Staatswappenverleihung; die beiden Inhaber Rösler und Kaindl hätten zusammen studiert]


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: HK, Syndikus Bundessektion Fremdenverkehr, ÖFVW


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GD-Stv. Z


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Chef Energiesektion


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Beamter HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Beamter HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Staatpräs. Rumänien


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                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: MR HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Reg.R HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                        Tätigkeit: ORF


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                                            Tätigkeit: Beamter HM


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                                Tätigkeit: Beamter HM


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                                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                                    Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                                    GND ID: 130620351


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                                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                      GND ID: 118566512


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                                                        GND ID: 12254711X


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