Mittwoch, 21. Feber 1973
Gestern wurde von mir die Fachmesse "Austro Shop" in Wels er-
öffnet. Es war dies die 2. Vor zwei Jahren, 1971 hatte ifh die
erste Eröffnung durchgeführt und durch die Anwesenheit in Wels
mir die Sympathien der Welser Genossen in der Gemeinde, aber auch
bei der Messe erworben. Mein Vorredner, Landeshauptmann Wenzl,
der immer frei spricht und sich nie ans Konzept hält, hat dies-
mals leider nicht versucht die Bundesregierung oder gar mich mit
irgendwelchen Wünschen zu attackieren. Im Gegenteil, er sprich
besonders heraus, daß meine Anwesenheit dokumentiert, wie sehr
ich mich für die Welser Messe einsetze. Präsident der Messe, Komm
Rat Pammer, ein ÖVP-Unternehmer, hatte sogar bei seiner Ansprache
die Gastwirte und Hoteliers aufgefordert, sie sollen endoich mehr
investieren und dafür sorgen, daß die Gäste, die nach Wels kommen,
auch entsprechend untergebracht werden können. Er stellte keiner-
lei Anforderungen an das Handelsministerium zur Unterstützung
dieser Forderung. Beim Essen erklärte er mir den tieferen Grund.
Er fürchtet, daß Salzburg jetzt doch ein Ausstellungszentrum er-
richten wird und daß natürlich dann die Besucher in Salzburg
eine besser ausgestattete Hotellerie vorfinden und damit Wels eine
nicht unbedeutende Konkurrenz bekommt.
KR. Pappas, dem Vertreter von Mercedes hatte ich ersucht, er solle
mich im Hotel Greif beim Mittagessen anrufen, damit mit ihm die
Mercedes-Preispolitik besprechen kann. Wie ich dann das Hotel
verlassen wollte teilte mir der Portier mit, es müßte jetzt jeden
Augenblick ein Gespräch kommen. Vor 10 Minuten hätte Pappas ange-
rufen, aber er hätte ausgerichtet, daß ich noch bei der Hauptspreise
bin und deshalb glaubte er, sollte ich doch nicht gestört werden.
Da sieht man welch friedliche Verhältnisse noch in Wels herrschen.
Der Minister soll beim Essen nicht gestört werden, ist scheinbar
ihr Motto. Pappas selbst setzte mir dann auseinander, daß er außer-
stande ist, den Termin mit 1. März zu verschieben. Da er bereits mit
1. Jänner die Preiserhöhung vom Mercedes-Werk bei uns in Österreich
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auch einführen sollte. Ich wendete mich daher primär gegen die
beabsichtigte 7%ige Erhöhung, da diese höher liegt als in der
BRD die Mercedes-Preise erhöht werden. Ein weiteres A Rausschieben
ist deshalb sinnlos, weil es nur dazu führt, daß dann der Prozent-
satz noch weiter erhöht wird. Pappas und Mercedes gehen scheinbar
davon aus, daß es primär notwendig ist, im Jahresergebnis die Er-
höhungen reinzubringen. Je später daher die Inkraftsetzung des
neuen Preises, umso höher wird der Prozentsatz. Jetzt erklärte
Pappas daß er moirgen nach Stuttgart fährt und ich erscuhte ihn.
mich gegebenenfalls von dort anzurufen, damit ich gleich mit ihm
die Diskussion weiterführen kann. Vielleicht auch dann mit den
Herren von Mercedes. Auf alle Fälle erklärte ich ihm, daß wir einen
so hohen Prozentsatz nicht akzeptieren können und daß vor allem
Mercedes dann die Preis.leadership übernimmt.
Zur Fraktionsbesprechung mit den Wirtschaftspartnern im Finanz-
ministerium kam ich später,doch wurde nichts anderes festgelegt,
als daß wir doch die Vorarbeiten für die ERP-Freigabe der Handels-
kammer konzipieren sollten. Soviel ich nentnehmen konnte der Einzige,
der fraktionellen Gesprächsrunde, der eine weitere starre Haltung
auch in diesem Punkt verlangte. Hofstetter und Lachs vom ÖGB waren
hier wesentlich flexibler. Ich glaube auch, daß man die ERP-Mittel
keinesfalls durchfallen lassen kann und daher bis 30. Juni auf ale
Fälle die entsprechenden Anträge vorbereitet sein sollen, damit
dies Ausfinanzierung erfolgt. In Wirklichkeit werden ja die ent-
sprechenden Projekte von den Unternehmern infolge ihrer langfristigen
Investitionsplanung sicherlich bereits durchgeführt oder zumindestens
in Angriff genommen und es handelt sich, wenn die ERP-Mittel nicht
freigegeben werden, eigentlich nur um eine Kostenvertreuerung der
Kredite.
Bei der Wirtschaftspartneraussprache hat Seidel vom Institut berichtet
über die letzten jetzt vorliegenden Dezemberziffern. Hier handelt
es sich umexabitante Steigerungen sowohl des Exportes als auch der
inländischen Nachfrage. Die Einzelhandelsumsätze sind nominell um
11,5 % im Dezember gestiegen und die dauerhaften Konsumgüter sogar
um 22 %. Der Großhandel hat eine 14%ige Steigerung zu verzeichnen.
Der Export hat im Dezember 47 % zugenommen. Die Fertigwarenexporte
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sogar mit 60 %. Hier handelt es sichallerdings um einen untypischen
Monat, da ja die Exportvergütung Ende des Jahres abgelaufen ist und
deshalb natürlich alle Unternehmungen so viel wie möglich Export-
vergütung erlangen wollten. Importe haben um 31 % zugenommen, insbe-
sondere PKW und Maschinen, aber auch Elektrogeräte und sonstige
dauerhafte Konsumgüter. Die Spareinlagen wurden im Dezember mit
1,850,000.000,-- geringer, gegenüber 1971, wo die mindere Einlage
nur 500 Mio S betrug. Die Kreditexpansion war weiterhin irrsinnig
hoch, nämlich + 8,6 Milliarden S. Damit ist im Jahresdurchschnitt
die Kreditexpanisonsrate 21 % geworden. Industrieproduktion, die
angeblich um 30 % im Dezember höher gewesen sein soll, wird noch
zwischen Wirtschaftsforschungsinstitut und Statistischen Zentralamt
abgestimmt, da angeblich eine solche Rate unmöglich sein soll.
Auf Grund dieser Information konnte natürlich auch die Handelskammer
nichts anderes sagen als daß sie jetzt für das Jahr 1973 gewisse
Kreditrestriktion-erleichterungen erwartet. Insbesondere für die
Importfinanzierung und für Investitionen sollte auch für das Klein-
gewerbe, Fremdenverkehr und für den Export eine entsprechende Er-
leichterung gewährt werden. Von Seiten ERP verlangte Mussil für die
Rationalisierung, Forschung und Entwicklung und für Umstrukturierung
im Zuge des europäischen Wirtschaftsmarktes entsprechende sofortige
Freigabe der Kredite. Er bedankte sich bei Androsch, der die Export-
fondsgrenze von 1,5 Mio S auf 2 Mio S wieder erhöht hat. Von der
BÜRGES erwartet er die Zustimmung des Finanzministers, daß die seiner-
zeitige verfügte, den Richtlinien entsprechende Restriktion der
Zinsenzuschußaktion nur auf Ansuchen, wo die bankmäßige Haftung
nicht vorliegt, geändert wird. Er möchte, daß aus der BÜRGES, wie
sie jetzt momentan wieder ist, wird wie untermeinen Vorgängern.
Dies bedeutet aber eine wesentliche Erhöhung der Zinsenzuschußbe-
träge, die derzeit im Budget bei mir nicht vorhanden sind und von
denen ich nicht annehme, daß sie der Finanzminister tatsächlich
geben wird. Ich mußte die Sitzung vorzeitig verlassen, daß ich zur
Eröffnung des internationalen Industrieplanungsinstitutes die "Fabrik
der Zukunft" gehen mußte. Gehart hat mir bei dieser Gelegenheit gleich
mitgeteilt, daß er über die gestrige Aussprache wegen der Reorgani-
sation der Grundsatzgruppe sehr erstaunt und erschüttert war. Er
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steht auf dem Standpunkt, es müßte gelingen, daß wir eine Lösung
der Bestellung von Wanke als Leiter der Grundsatzgruppe erreichen,
ohne daß für SektRat Schwarz eine Überordnung über ihn als Ab-
teilungsleiter erfolgt. Gehart hat in einem Punkt Recht, daß wir
durch die Dienstpragmatik bedingt, scheinbar in diesem Falle aber
leider nicht scheinbar, Zugeständnisse machen müssen, die wir na-
türlich lieber anders konstruieren würden. Vielleicht war es ein
Fehler, daß wir die Überlegungen angestellt haben, ohne daß Gehart
etwas davon gewußt hat. Andererseits wieder muß das Fernziel nämlich
ohne mit der Personalvertretung in einen Konflik zu kommen und vor-
allem die Zustimmung des Präsidiums zu erhalten, d.h. sogar den Vor-
schlag aktenmäßig vom Präsidium zu bekommen, auch auf unserer Seite
gewisse Zugeständnisse gemacht werden. Ich habe nie geglaubt, daß
es so große Schwierigkeiten in der Personalfrage auch bei uns geben
kann und wird. Wenn man auch Wünsche von Gehart berücksichtigen soll
und in den letzten Jahren haben wir dies weitestgehendst getan, darf
man doch nicht das große Ziel aus dem Auge verlieren. Natürlich wräe
uns viel lieber eine Lösung zu finden, die alle unsere Genossen be-
friedigt. Wir sind, wie Wanke sich richtig ausdrückt, eine belagerte
Festung von unseren Gegnern, die mit der entsprechenden Personal-
politik die glaube ich wirklich bis jetzt sehr erfolgreich gewesen
ist, ununterbrochen dagegen anstürmen. Wenn wir daher jetzt unter-
einander nicht nur das vollste Vertrauen haben sondern vielleicht
gar unsere weitgesteckten Pläne und Ziele außer Acht lassen s oder
vielleicht gar sabotieren, dann muß es dazu führen, daß der Gegener
endlich den Triumpf hätte, den er durch drei Jahre jetzt vollkommen
vermissen mußte. Ich glaube, daß wir jedes Prestigedenken in diesem
Falle zurückstecken müssen, Von jeder Seite.
Eröffnung des Seminars war eine ausgesprochene Pleite meinerseits.
Der Saal war bummvoll, die Gesellschaft ist im Stande, immer be-
deutendere Leute zu diesen Veranstaltungen zu bringen. So sehr ich
mich in der Eröffnung der Messe, wo ich auch einige glaube ich neue
Gedanken gebracht habe, auch ohne Konzept helfen konnte, so sehr
bin ich dann bei der Eröffnung der Fabrik der Zukunft geschwommen.
Wenn ich eine Materie nicht beherrsche, helfen mir auch die
besten Stichworte nichts. Eine Stichwortrededisposition soll
nämlich nur dazu dienen, daß ich nichts vergesse. Das Problem
muß ich aber bereits erfaßt haben.
Anmerkung für KONGRESSERÖFFNUNGEN aber auch für alle anderen,
wo ich mit neuen Materien konfrontiert werde, muß ich mir vor-
her einige Tage unbedingt die Zeit nehmen, eine Aussprache mit
den Kollegen zu führen. Ich bin überzeugt, daß Gröger, Wanke,
Koppe und vielleicht noch andere ganz gute Ideen zu dem zur
Diskussion stehenden Projekt haben, die ich eben zuerst mir er-
arbeiten muß, bevor ich auch nur eine nichtssagende Eröffnungsan-
sprache halte. Wahrscheinlich lege ich hier einen zu harten Maß-
stab an mich selbst an. Da ich derzeit aber wenig Möglichkeiten
habe in der Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten, wird sicher-
lich jede dieser blöden Eröffnungen registriert und trägt dazu
bei, na der hat wieder etwas nichtssagendes dahergesprochen.
Wesentlich besser ging es mir natürlich dann bei der Jahresver-
sammlung in meiner Wohnsektion. Hier war n ich nicht nur unter
Genossen, sondern habe auch über Probleme referiert, die ich
beherrsche und konnte deshalb sicherlich auch die Genossen da-
von überzeugen. Aufgelockert durch einige zwar alte Schmäh habe
ich immer wieder das Gefühl, daß dies eigentlich meine Stärke
aber auch gleichzeitig Heimat ist. In Gewerkschafts, in Partei-
kreisen mit dem kleinen Vertrauensmann diskutieren, da gibt es
für mich keine Schwierigkeiten. Die riesig lang dahin ziehende
Diskussion hat mir bestätigt, daß ernste Probleme für die Genossen
noch immer ausschlaggebend sind. In der großen Sache vertrauen sie
so auf die Führung, daß sie sowieso scheinbar automatisch mit ihr
übereinstimmen.
Tagesprogramm, 21.2.1973