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Josef Staribacher – Tagebücher

Josef Staribacher wurde am 1921 als Sohn eines Straßenbahners in Wien geboren. Nachdem der gelernte Stein- und Offsetdrucker die Matura in Abendkursen nachgeholt hatte, studierte er Staatswissenschaften an den Universitäten Groningen und Wien. Seine politische Tätigkeit, wegen der er, zuletzt 1939/40 im KZ Buchenwald, zeitweilig inhaftiert war, begann bei den Kinderfreunden und den Roten Falken. Von 1945 bis 1970 war Staribacher in der Wiener Arbeiterkammer tätig, wo er 1968 zum Kammeramtsdirektor aufstieg. Seine politische Karriere führte ihn parallel dazu 1961 in den Nationalrat und schließlich 1970 in die Regierung Kreisky, in der er bis 1983 als Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie fungierte. Daneben war er von 1960 bis 1989 Vorsitzender der Gewerkschaft der Lebens- und Genussmittelarbeiter. Josef Staribacher starb 2014 in Wien.

Josef Staribacher hat während der gesamten Regierungszeit Bruno Kreiskys Tagebuch geführt. Frühmorgens diktierte Staribacher die Beobachtungen, die er in seiner Eigenschaft als Handelsminister am Vortag gemacht hatte, auf Band. Diese Bänder wurden ins Ministerium gebracht, dort transkribiert, abgelegt und vom Kabinett des Ministers, an welches sich die häufig mit Arbeitsaufträgen versehenen Aufzeichnungen vorrangig richteten, gelesen und paraphiert. Schließlich wurden die Einträge, die meist fünf bis zehn Seiten umfassen, gemeinsam mit dem Tagesprogramm und dem Pressespiegel des Bundespressedienstes abgelegt. An Tagen, an denen der Ministerrat stattfand, findet sich außerdem die Tagesordnung inklusive oft umfangreicher handschriftlicher Kommentare Staribachers. Neben den Vorgängen im Ministerrat, die oft nicht Eingang in die offiziellen Protokolle gefunden haben, informiert das Tagebuch über die eigentliche Tätigkeit des Handelsministers, die Sozialpartnertreffen, Verhandlungen mit Unternehmen und Agenden der Verstaatlichten Industrie ebenso miteinschloss wie Fragen der europäischen Integration, Dienstreisen und Staatsbesuche wichtiger Handelspartner oder auch ressortfremde Angelegenheiten wie die Restitutionsproblematik.

Die gesamten Tagebücher umfassen ca. 20.000 maschinschriftliche Manuskriptseiten in 70 Büroordnern. Diese für die österreichische Zeitgeschichte der 1970er Jahre einzigartige Quelle wird im Rahmen des vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank geförderten Projektes „Politik in der Krise? Am Beispiel der österreichischen Wirtschaftspolitik von 1970 bis 1983“ einem interessierten Publikum in digitalisierter Form online zugänglich gemacht. Die Texte sind sowohl als hochauflösende Bildscans der originalen Typoskripte als auch als durchsuchbare Volltexte verfügbar, welche mittels Texterkennung (OCR, optical character recognition) auf Basis der Bildscans generiert und in weiterer Folge manuell um Tippfehler in potentiellen Suchbegriffen sowie Lesefehler bereinigt wurden. Ein Personenindex erleichtert die Recherche zusätzlich. Damit wird die weitere zeithistorische universitäre und außeruniversitäre Forschung, aber auch die öffentliche Auseinandersetzung in Schulen und Massenmedien effizient unterstützt.

Die manuelle Textkorrektur stellte, nach der Erstellung der Bildscans und der darauf aufbauenden Texterfassung, den dritten und aufwendigsten Schritt der Digitalisierung der Tagebücher Josef Staribachers dar. Sie umfasste grundsätzlich solche Begriffe, die im weitesten Sinne für die wissenschaftliche Forschung potentiell interessant sind, also neben den Namen der vorkommenden Personen auch wichtige Ereignisse oder Themen, welche für die Ministerschaft Staribachers oder generell für die Ära Kreisky prägend waren. Aus arbeitspraktischen Gründen erfolgte im Verlauf des Projekts die Ausweitung des Korrekturumfangs auf den gesamten Text. Korrigiert wurden sowohl Tipp- als auch Rechtschreibfehler, wobei als Richtschnur die während der Verfassung der Tagebücher gültige "alte" Rechtschreibung galt. Textliche Eigenheiten, etwa umgangssprachliche oder dialektale Ausdrücke ("zumindestens") oder auch die teilweise auftretende konsequente Ersetzung des "ß" durch "ss", wurden zumeist belassen. Sofern dadurch keine relevante Information verlorenging, erfolgte die Korrektur unbezeichnet (da ja ohnehin der Scan des Originals neben dem OCR-Text zu sehen ist), wo es hingegen inhaltlich notwendig erschien, wurde der betreffende Begriff oder die betreffende Wendung mit "sic" markiert bzw. die Korrektur gesondert angeführt. Gewisse Inkonsequenzen ließen sich bei alledem aufgrund beschränkter zeitlicher und personeller Ressourcen nicht vermeiden.

Unterstützt durch Fördergelder des Jubiläumsfonds
der Oesterreichischen Nationalbank (Projektnummer: 16468).
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